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  BFH-Beschluß vom 25.3.1992 (I B 98/91) BStBl. 1992 II S. 878

1. Unter Ausland i. S. des § 17 KVStG 1972 ist das Gebiet zu verstehen, das nicht zum Inland im Sinne der Vorschrift gehört.

2. Für die Zeit vor dem 1. Januar 1991 zählte das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) nicht zum Inlandsbegriff des § 17 KVStG 1972.

3. Ein unter Beteiligung wenigstens eines Inländers vor dem 1. Januar 1991 in Berlin (Ost) abgeschlossenes Anschaffungsgeschäft über Aktien unterliegt der Börsenumsatzsteuer.

KVStG 1972 §§ 17 ff.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1992, 157)

Sachverhalt

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine in einem sog. alten Bundesland ansässige Aktiengesellschaft, die durch Vertrag vom 16. August 1990 von der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums in Berlin (kurz: Treuhandanstalt) eine Beteiligung an dem Aktienkapital einer in dem Gebiet der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ansässigen Aktiengesellschaft erwarb. Der Vertrag wurde in Berlin (Ost) unterzeichnet. Der Verwaltungsrat der Treuhandanstalt und das Ministerium der Finanzen der damaligen DDR stimmten dem Vertrag am 9. Oktober bzw. am 28. September 1990 zu.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) sah in dem Erwerbsvorgang ein börsenumsatzsteuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere i. S. des § 17 Abs. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 und setzte mit Bescheid vom 3. April 1991 Börsenumsatzsteuer in Höhe von 1,25 v. T. (§ 24 Abs. 2 KVStG 1972 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3) des Kaufpreises fest. Der Einspruch der Antragstellerin blieb ohne Erfolg. Die Antragstellerin hat Klage erhoben, über die - soweit bekannt - noch nicht entschieden ist.

Das FA wies die Antragstellerin in der Einspruchsentscheidung nachrichtlich darauf hin, daß im Falle einer Klageerhebung mit einer Verlängerung der Aussetzung der Vollziehung nicht zu rechnen sei. Deshalb beantragte die Antragstellerin am 14. Juni 1991 beim Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Börsenumsatzsteuerbescheides. Diesen Antrag lehnte das FG am 19. August 1991 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1992, 157) ab. Es ließ die Beschwerde zu.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren mit der Maßgabe weiter, daß sie nunmehr um die Aufhebung der Vollziehung bittet.

Sie beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses vom 19. August 1991 die Aufhebung der Vollziehung des Börsenumsatzsteuerbescheides vom 3. April 1991 anzuordnen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.

1. Nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das FG der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ganz oder teilweise aussetzen bzw. aufheben. Auf Antrag soll die Vollziehung u. a. dann ausgesetzt (aufgehoben) werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche Zweifel sind dann anzunehmen, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen sie sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Im Streitfall sind derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Börsenumsatzsteuerbescheides vom 3. April 1991 nicht zu erkennen.

2. Nach § 17 Abs. 1 KVStG 1972 unterliegt der Abschluß von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere der Börsenumsatzsteuer, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Antragstellerin eine in einem sog. alten Bundesland ansässige Kapitalgesellschaft ist. Sie ist damit Inländer i. S. des § 17 Abs. 1 KVStG 1972. Die Antragstellerin tätigte am 16. August 1990 ein Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere (Aktien) i. S. des § 17 Abs. 1 KVStG 1972. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 3. September 1975 II R 88/74, BFHE 117, 106, BStBl II 1976, 7; vom 13. Februar 1980 II R 12/78, BFHE 129, 513, BStBl II 1980, 236; vom 27. Februar 1991 I R 66/89, BFHE 164, 467, BStBl II 1992, 19) entspricht der Begriff "Dividendenwerte" i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972, wie er zur Definition des Begriffes der Wertpapiere i. S. des § 17 Abs. 1 KVStG 1972 verwendet wird, dem der Gesellschaftsrechte i. S. des § 6 Abs. 1 KVStG 1972 an Kapitalgesellschaften i. S. des § 5 KVStG 1972. Danach sind Aktien Wertpapiere. Entsprechend ist für den Streitfall von einem unter Beteiligung wenigstens eines Inländers abgeschlossenen Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere auszugehen.

3. Zwar enthalten die §§ 17 ff. KVStG 1972 keine Regelung darüber, wann ein Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere im Ausland abgeschlossen wird. Es ist jedoch die logische Konsequenz aus der o. g. Rechtsprechung, daß der Begriff "Ausland" in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 4 KVStG 1972 zu bestimmen ist. Danach ist "Ausland" alles, was nicht "Inland" ist. Unter "Inland" ist nur der Geltungsbereich des KVStG 1972 zu verstehen. Das "Inland" erstreckte sich bis zur Herstellung der Einheit Deutschlands nur auf die sog. alten Bundesländer einschließlich Berlin (West). Das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) zählte damals nicht zum Inland, weil der Bundesrepublik damals dort keine Staatsgewalt zustand. Für die Zeit ab dem Abschluß des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 bis zum 31. Dezember 1990 gilt die im Einigungsvertrag Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 14 getroffene Regelung, die durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II 1990, 885, BStBl I 1990, 654) in nationales Recht umgesetzt wurde. Danach behalten für den Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern, wozu auch die Börsenumsatzsteuer zählt, u. a. die Begriffe "Inland" und "Ausland" für die Zeit vor dem 1. Januar 1991 die Bedeutung, die sie vor der Herstellung der Einheit Deutschlands in dem Staat hatten, in dessen Recht sie enthalten waren. In sinngemäßer Anwendung des § 5 Abs. 4 KVStG 1972 ist deshalb für die Zeit vor dem 1. Januar 1991 das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) dem Auslandsbegriff i. S. des § 17 Abs. 1 KVStG 1972 zuzuordnen.

4. Der erkennende Senat hält die hier vorgenommene Auslegung des § 17 Abs. 1 KVStG 1972 für eindeutig. Ihr steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - (Urteil vom 31. Juli 1973 2 BvF 1/73, BVerfGE 36, 1 ff.; Beschluß vom 22. Oktober 1985 1 BvL 2/82, BVerfGE 71, 66 ff.) nicht entgegen. Danach zählte zwar das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) zu "Deutschland" und konnte im Verhältnis zur Bundesrepublik nicht als "Ausland" behandelt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) als Inland behandelt werden müßte. Es war durchaus möglich und entsprach auch den Anforderungen, die an die tatsächliche Durchsetzbarkeit der Steuergesetze zu stellen waren, das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) zwar als einen Teil Deutschlands zu behandeln, für den jedoch die gleichen Besteuerungsfolgen wie im Ausland eintraten.

Die entsprechende Gleichstellung ergibt sich für den Bereich des KVStG 1972 aus dessen § 5 Abs. 4, in dem sinngemäß das Ausland als das Gebiet definiert wird, das nicht Inland ist. Da das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) nicht Inland war, war es im steuerlichen Sinne wie Ausland zu behandeln. Dieses Vorgehen des Gesetzgebers entsprach auch dem in anderen Steuergesetzen. So werden die DDR und Berlin (Ost) auch in §§ 1 Abs. 1 und 4, 49 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 (vgl. Abschn. 1 Abs. 5 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1987; § 50 Abs. 3 Satz 3 EStG 1987), in § 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 (vgl. Abschn. 4 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien - KStR - 1990), in § 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 25. Juni 1990 (BGBl II 1990, 518) zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (vgl. §§ 2 Abs. 3, 21 ErbStG), in § 2 Abs. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung vor Inkrafttreten des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 - BGBl II 1990, 885, BStBl I 1990, 654 - (vgl. § 7 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -, Abschn. 23 Abs. 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR - 1990) faktisch wie Ausland behandelt. Entsprechendes gilt für den Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die von der Bundesrepublik abgeschlossen wurden. Der Grundsatz ist für den Bereich des KVStG 1972 um so mehr zu beachten, als die §§ 1 bis 10 KVStG 1972 der Umsetzung der Richtlinie 69/335/EWG vom 17. Juli 1969 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - vom 3. Oktober 1969 Nr. L 249/25) dienten. Die Richtlinie wurde als solche nur für den Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (EG) beschlossen. Sie sollte nur dort gelten.

Das Territorium der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) gehörte damals nicht zur EG. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung dem § 5 Abs. 4 KVStG in der Fassung vom 16. Oktober 1934 (RGBl I 1934, 1058, RStBl 1934, 1314) zukam. Jedenfalls ist für die Zeit ab dem 1. Januar 1972 nur das Gebiet der sog. alten Bundesländer einschließlich Berlin (West) als Inland zu behandeln. Alle anderen Territorien sind begrifflich Ausland im steuerlichen Sinne.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf § 1 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 berufen. Zwar ergibt sich aus der Vorschrift, daß die DDR zum Inland gehörte. Die Regelung ist jedoch auf dem Hintergrund des innerdeutschen Handels zu sehen. Sie sollte bewirken, daß Lieferungen in die DDR keine Ausfuhrlieferungen und damit nicht von der Umsatzsteuer befreit waren. Lieferungen aus der DDR in die Bundesrepublik sollten keiner Einfuhrumsatzsteuer unterliegen. Im übrigen wurde die Regelung durch § 1 Abs. 2 UStG 1979 abgelöst. Danach zählte das Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) nicht mehr zum Inland, ohne deshalb Ausland zu sein. Die im Umsatzsteuerrecht bestehenden Besonderheiten sind jedoch im Bereich der Börsenumsatzsteuer nicht gegeben, weshalb die Regelung des § 1 Abs. 2 UStG nicht auf §§ 17 ff. KVStG 1972 übertragen werden darf.

5. Der Hinweis der Antragstellerin auf das Gesetz vom 25. Juni 1990 (BGBl I 1990, 518, BStBl I 1990, 294) zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik greift nicht durch. Durch dieses Gesetz werden weder § 5 Abs. 4 noch die §§ 17 ff. KVStG 1972 geändert. Art. 15 des Gesetzes enthält lediglich eine Änderung des § 2 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 und des § 7 Abs. 4 Nr. 3 Satz 2 KVStG 1972. Selbst diese Änderungen zielen letztlich darauf ab, die DDR einschließlich Berlin (Ost) einem ausländischen Staat gleichzustellen. Dies folgt aus den Sätzen 1 und 2 des § 2 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 KVStG 1972, in denen gerade aus diesem Grunde jeweils das Wort "ausländisch" durch die Worte "nicht inländisch" ersetzt wurde. Damit war z. B. die Verlegung der Geschäftsleitung oder des satzungsmäßigen Sitzes einer in der DDR ansässigen Kapitalgesellschaft in das Gebiet der sog. alten Bundesländer einschließlich Berlin (West) vor dem 1. Januar 1991 ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KVStG 1972 steuerbarer Vorgang. Von der Besteuerung wurde nach Satz 2 allerdings abgesehen, wenn die Kapitalgesellschaft schon vor dem 1. Juli 1990 in der DDR als Kapitalgesellschaft angesehen wurde. Damit wurde das Gebiet der DDR einschließlich Berlin (Ost) lediglich den EG-Mitgliedstaaten gleichgestellt. Der Vertrag zwingt jedoch nicht zur Annahme, das Gebiet der DDR einschließlich Berlin (Ost) sei als steuerliches Niemandsland zu behandeln.

6. Dem FA ist auch kein Fehler bei der Auswahl des Gesamtschuldners unterlaufen. Dazu kann dahinstehen, ob im Streitfall überhaupt eine Gesamtschuldnerschaft besteht oder ob die Antragstellerin alleiniger Steuerschuldner ist. Jedenfalls schloß sie das Anschaffungsgeschäft als Privatgeschäft i. S. des § 20 Abs. 3 KVStG 1972 ab. Zwar bestimmt § 25 KVStG 1972, daß bei Privatgeschäften alle Vertragsteile Gesamtschuldner sind. Möglicherweise ist diese Auslegung jedoch mit Rücksicht auf § 24 Abs. 2 KVStG 1972 dahin einzuschränken, daß im Falle eines Auslandsgeschäftes, an dem auch Nicht-Inländer beteiligt sind, die Nicht-Inländer keine Gesamtschuldner sind. Zumindest ist dem hinter der Vorschrift stehenden Rechtsgedanken dadurch Rechnung zu tragen, daß das FA im Rahmen seiner Ermessensausübung regelmäßig nur den an dem Auslandsgeschäft beteiligten Inländer als Steuerschuldner in Anspruch nehmen darf. Dem steht das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 22. Februar 1979 2 U 215/78 (Der Betrieb - DB - 1979, 886) nicht entgegen, zumal seine Richtigkeit im Schrifttum angezweifelt wird (vgl. H. P. Westermann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 448, Rdnr. 7).

7. Schließlich kann die Vollziehung auch nicht mit Rücksicht auf Billigkeitserwägungen ausgesetzt werden. Persönliche Billigkeitsgründe sind weder zu erkennen noch von der Antragstellerin geltend gemacht. Für die Annahme einer sachlichen Unbilligkeit fehlt die erforderliche Grundlage. Auch wenn es die Aufgabe der Treuhandanstalt ist, eine rasche Privatisierung der Unternehmen im Beitrittsgebiet zu fördern, so folgt daraus nicht, daß Anschaffungsgeschäfte i. S. des § 17 Abs. 1 KVStG 1972 nicht der Börsenumsatzsteuer unterworfen werden dürften. Zwar mag die Steuererhebung den Verkauf erschweren. Deshalb ist sie aber noch nicht sachlich unbillig. Sie kann z. B. bei der Kaufpreisbildung berücksichtigt werden. Vor allem aber hat der Gesetzgeber insoweit einen weiten Ermessensspielraum, ob er Anschaffungsgeschäfte mit Börsenumsatzsteuer wirtschaftlich belasten will oder nicht. Die vom Gesetzgeber dazu getroffenen Entscheidungen sind auch bei der Ermessensausübung zu beachten. Es ist nicht die Aufgabe der Finanzverwaltung, eine Besteuerung für sachlich unbillig zu halten, die der Gesetzgeber erhoben wissen wollte. Die Finanzverwaltung kann insoweit nicht die Ermessensentscheidungen des Gesetzgebers berichtigen. Vielmehr darf sie eine Billigkeitsentscheidung nur in den Fällen in Betracht ziehen, in denen Besonderheiten festzustellen sind, die der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Solche Besonderheiten sind jedoch für den Streitfall bisher nicht dargetan.

Die Tatsache, daß die §§ 17 ff. KVStG 1972 bereits zum 1. Januar 1991 außer Kraft getreten sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 des Finanzmarktförderungsgesetzes vom 22. Februar 1990, BGBl I 1990, 266, BStBl I 1990, 152), rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Aus dem Gesetz folgt, daß nach dem Willen des Gesetzgebers Anschaffungsgeschäfte, die vor dem 1. Januar 1991 abgeschlossen wurden, der Börsenumsatzsteuer unterworfen sind.