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  BFH-Urteil vom 7.4.1992 (VIII R 86/87) BStBl. 1993 II S. 21

Fremdvermietete Grundstücke, die dem Gesellschafter einer KG gehören, können in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft auch dann als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen werden, wenn sie nicht mit Grundpfandrechten zur Sicherung von Darlehensverbindlichkeiten der KG belastet sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Grundstücke schon vor Gründung der KG in dem Einzelunternehmen des Gesellschafters als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt worden sind.

EStG § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger zu 1 (Kläger) war geschäftsführender Gesellschafter der R-GmbH & Co. KG (KG), die seit 1980 in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführt wird. Weitere Gesellschafter der KG waren die Beigeladenen und Revisionskläger zu 2 bis 4. Die Beigeladene und Revisionsklägerin zu 5 ist Rechtsnachfolgerin der im Jahre 1978 verstorbenen Gesellschafterin M. R. M. R. war in den Streitjahren (bis zum 1. August 1977) nur als Treuhandkommanditistin für die Ehefrau des Klägers, Frau A. R., an der KG beteiligt.

Bis Ende 1964 wurde der Betrieb der KG von dem Kläger als Einzelunternehmen betrieben. Durch Gesellschaftsvertrag vom 26. November 1964 wurde die KG zum 1. Januar 1965 gegründet. Der Kläger verpachtete durch Vertrag vom 3. Januar 1965 das bisher von ihm unter der Firma .... betriebene Handelsgeschäft an die KG. Nach § 1 Abs. 4 des Pachtvertrages war der Grundbesitz des Verpächters, der aus acht einzelnen Mietobjekten besteht, von der Verpachtung ausdrücklich ausgenommen. Gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) erklärte der Kläger, er wolle die bisher als Betriebsvermögen des Einzelunternehmens bilanzierten Mietwohngrundstücke nicht in das Privatvermögen überführen. In der Folgezeit wurden diese Grundstücke jeweils in einer "Ergänzungsbilanz" der KG aktiviert. Die Einnahmen und Ausgaben, die im Zusammenhang mit diesen Mietwohngrundstücken anfielen, gingen über eine besondere Gewinnermittlung in den Gesamtgewinn der KG ein.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung änderte das FA u. a. die Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1972 bis 1977 wegen verschiedener, im vorliegenden Verfahren nicht streitiger Punkte. Außerdem erließ es auf den 1. Januar 1977 einen geänderten Einheitswertbescheid.

Gegen diese Bescheide legte die KG Einspruch ein und beantragte, die Bilanz zum 1. Januar 1971 zu berichtigen. Die Mietwohngrundstücke des Klägers seien zum Buchwert auszubuchen. Alle steuerrechtlichen Folgen aus dem falschen Bilanzansatz müßten beseitigt werden. Die Behandlung der Grundstücke als gewillkürtes Betriebsvermögen sei unzutreffend. Die Grundstücke seien weder in die KG eingebracht, noch an diese verpachtet worden. Sie seien von der KG auch nicht zur Sicherung betrieblicher Kredite eingesetzt worden. Die Mietwohngrundstücke seien vielmehr mit der Verpachtung des Betriebs an die KG im Jahre 1965 notwendiges Privatvermögen des Klägers geworden.

Das FA hat den Kläger zum Rechtsbehelfsverfahren hinzugezogen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die KG und der Kläger Klage erhoben, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurückgewiesen hat.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das FG die Revision zugelassen.

Der Kläger und die Revisionskläger zu 2 bis 5 haben Revision eingelegt. Sie rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision u. a. vor, das FG habe § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) falsch ausgelegt. Die bloße Möglichkeit, ein fremd vermietetes Grundstück zur Sicherung betrieblicher Kredite der KG einzusetzen, reiche nicht aus, um ein solches Grundstück zum Sonderbetriebsvermögen zu willküren.

Auch habe das FG rechtsfehlerhaft keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen, ob und wann der Kläger seinen Grundbesitz in das Sonderbetriebsvermögen bei der KG eingebracht habe.

Der Kläger und die Revisionskläger zu 2 bis 5 beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA hat keinen Antrag gestellt. Es hat lediglich erklärt, es schließe sich den Ausführungen des FG in dessen Beschlüssen über die Zulassung der Revision an.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Erträge der Mietwohngrundstücke des Klägers in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden zu Recht als dessen Sonderbetriebseinnahmen behandelt worden sind; das Bankguthaben aus diesen Erträgen ist bei der Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1977 zutreffend dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers zugerechnet worden.

Zu den gewerblichen Einkünften eines Mitunternehmers gehören neben den Anteilen am Gesellschaftsgewinn auch die Ergebnisse aus der Veränderung von Sonderbetriebsvermögen in der Hand des Gesellschafters (BFH-Urteile vom 20. Juni 1985 IV R 36/83, BFHE 144, 230, BStBl II 1985, 654, und vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können Wirtschaftsgüter, die weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen darstellen, als sog. gewillkürtes Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG berücksichtigt werden, wenn sie objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Gewillkürtes Betriebsvermögen kann auch von einem Gesellschafter gebildet werden. Im Vergleich zum Einzelunternehmer ist allerdings zu beachten, daß der Gesellschafter unabhängig von der Personengesellschaft keinen eigenen Betrieb unterhält. Deshalb gehören Wirtschaftsgüter nur dann zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen, wenn sie objektiv geeignet sind, dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters zu dienen, und wenn der Gesellschafter die Widmung der Wirtschaftsgüter für diesen Zweck klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; BFH-Urteil vom 17. Mai 1990 IV R 27/89, BFHE 162, 219, BStBl II 1991, 216, m. w. N.).

Fremdvermietete Grundstücke sind nicht notwendiges Privatvermögen; sie können daher in einem Einzelunternehmen zu gewillkürtem Betriebsvermögen gemacht werden. Sie stellen ebenso wie Wertpapiere oder unbebaute Grundstücke Vermögenswerte dar, die als Vermögensanlage der finanziellen Absicherung des Betriebs dienen und seine Ertragsfähigkeit steigern können (BFH-Urteile vom 13. August 1964 IV 304/63 S, BFHE 80, 78, BStBl III 1964, 502; vom 10. Dezember 1964 IV 167/64 U, BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377; vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315). Auch Mietwohngrundstücke im Eigentum eines Gesellschafters können geeignet und bestimmt sein, als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen den betrieblichen Zwecken der Personengesellschaft zu dienen. Zum einen besteht die Möglichkeit, den Grundbesitz des Gesellschafters zur Sicherung betrieblicher Kredite einzusetzen, zum anderen können die Mieterträge ggf. dazu verwendet werden, der Gesellschaft zusätzliche Mittel für betriebliche Zwecke zuzuführen. Im Streitfall ist der Grundbesitz des Klägers zwar unstreitig bisher nicht für betriebliche Zwecke der KG genutzt worden. Gleichwohl ist er objektiv geeignet, künftig für derartige Zwecke eingesetzt zu werden (vgl. BFH-Urteil vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; ebenso: L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 15 Anm. 80; Bordewin in Rechts- und Wirtschaftspraxis - RWP - 1991, SG 1.3., S. 3554). Das genügt, um die Behandlung des Grundbesitzes als gewillkürtes (Sonder-)Betriebsvermögen zu rechtfertigen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582, für Grundstücke eines Einzelunternehmers; L. Schmidt und Bordewin, a. a. O., für Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen).

Im Streitfall kommt hinzu, daß die Mietwohngrundstücke schon vor der Gründung der KG im Einzelunternehmen des Klägers als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanziert worden sind. Der Kläger hat nach Verpachtung seines Unternehmens an die KG sein unternehmerisches Engagement lediglich in anderer Form fortgesetzt. In einem solchen Fall kann es dem Grundstückseigentümer nicht verwehrt sein, ein Grundstück, das nicht zum notwendigen Privatvermögen gehört, weiterhin im Sonderbetriebsvermögen zu führen (BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; BFHE 162, 219, BStBl II 1991, 216). Das Urteil des BFH vom 1. Oktober 1986 I R 96/83 (BFHE 148, 32, BStBl II 1987, 113) steht dieser Auffassung nicht entgegen. In diesem Urteil hat der BFH entschieden, ein als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeltes vermietetes Grundstück eines Einzelunternehmers sei im Zeitpunkt der Aufgabe dieses Betriebs als entnommen anzusehen. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil der Kläger - anders als der Steuerpflichtige im Fall des Urteils I R 96/83 - seine gewerbliche Tätigkeit im Zeitpunkt der Verpachtung des Einzelunternehmens nicht eingestellt hat.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 FGO), waren im Streitfall auch die subjektiven Voraussetzungen für die Behandlung der Mietwohngrundstücke und des Bankguthabens als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen erfüllt.

Die Widmung eines Wirtschaftsguts zu betrieblichen Zwecken wird regelmäßig durch den Ausweis der mit diesem Wirtschaftsgut zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge in der Buchführung der Personengesellschaft und in der Aktivierung dieses Wirtschaftsguts in einer Sonderbilanz für den Gesellschafter zum Ausdruck gebracht (vgl. BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, m. w. N.).

Im Streitfall hat der Kläger durch seine Erklärungen gegenüber dem FA und den übrigen Gesellschaftern und durch die Aufnahme des streitigen Grundbesitzes in die Gesamtbilanzen der KG seinen Willen klar erkennbar gemacht, den Grundbesitz in das Sonderbetriebsvermögen einzulegen.

Der Einwand der Revision, der Kläger habe jedenfalls im Zeitpunkt der Gründung der KG nicht den Willen gehabt, seinen Grundbesitz in das Sonderbetriebsvermögen bei der KG einzulegen, greift nicht durch. Aus dem Schreiben des damaligen Bevollmächtigten des Klägers an das FA vom 31. Mai 1965 und aus der Ergänzungsvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag vom 3. Januar 1965, die durch Bezugnahme Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen des FG geworden sind, geht eindeutig hervor, daß der Kläger die Mietwohngrundstücke, die schon bisher in seinem Einzelunternehmen als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanziert worden waren, auch nach Gründung der KG weiterhin im Betriebsvermögen führen wollte. Es ging ihm dabei offensichtlich darum, eine andernfalls erforderliche Überführung des Grundbesitzes in das Privatvermögen und eine Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden. Das FG ist deshalb zu Recht der Behauptung des Klägers entgegengetreten, die Aufnahme des Grundbesitzes in die Gesamtbilanzen der KG beruhe nicht auf seinem Willen, sondern auf einer rechtsirrigen Auffassung des Betriebsprüfers (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 I R 76/79, BFHE 140, 182, BStBl II 1984, 294, m. w. N.). Selbst wenn der Kläger - entgegen seinem gegenüber dem FA und den übrigen Gesellschaftern geäußerten Willen - die innere Absicht gehabt haben sollte, den Grundbesitz auch künftig nicht für Zwecke der Gesellschaft einzusetzen, muß er sich an dem objektiven Erklärungswert seines äußerlich erkennbaren Verhaltens festhalten lassen (BFH-Urteil vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731).