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  BFH-Beschluß vom 25.11.1992 (II B 86/91) BStBl. 1993 II S. 122

Für eine Anfechtungsklage gegen den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Verwaltungsakt des FA besteht dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn das FG bereits über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO entschieden hat. Diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung geklärt (BFH-Beschluß vom 27. Januar 1982 II B 38/81, BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326).

FGO § 40, § 69 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 1.

Sachverhalt

I.

Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen Grunderwerbsteuerbescheide stellten die Kläger Anträge auf Aussetzung der Vollziehung beim beklagten Finanzamt (FA). Diese Anträge hat das FA am 7. März 1988 abgelehnt. Die daraufhin von den Klägern bei Gericht gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wies das Finanzgericht (FG) mit Beschluß vom 20. Juni 1989 5 V 1635/88 zurück.

Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung durch das beklagte FA legten die Kläger am 5. April 1988 Beschwerden ein. Diese wies die Oberfinanzdirektion (OFD) mit Beschwerdeentscheidungen vom 12. Oktober 1989, vom 6. Dezember 1989 und vom 7. Dezember 1989 zurück.

Mit den hiergegen erhobenen Klagen, die vom FG zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, verfolgen die Kläger ihr Aussetzungsbegehren weiter.

Das FG hat die Klagen als unzulässig abgewiesen. Den Klagen auf Aussetzung der Vollziehung fehle das Rechtsschutzbedürfnis.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger grundsätzliche Bedeutung, Abweichung und Verfahrensmängel als Zulassungsgründe geltend.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet, da ein Grund zur Zulassung der Revision i. S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegt.

1. Die Rechtssache hat nicht die von den Klägern behauptete grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Eine derartige bisher ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird durch den Rechtsstreit nicht aufgeworfen. Der erkennende Senat hat bereits durch Beschluß vom 27. Januar 1982 II B 38/81 (BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326) entschieden, daß für eine (anschließende) Anfechtungsklage gegen den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Verwaltungsakt des FA (in Gestalt der Beschwerdeentscheidung der OFD) dann kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn das FG über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 FGO entschieden hat. Dem Steuerpflichtigen steht zwar grundsätzlich ein Wahlrecht zu, ob er die Frage der Vollziehungsaussetzung im Klageverfahren oder im Beschlußverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO klären lassen will. Der Steuerpflichtige muß sich aber für eines der beiden Verfahren entscheiden. Schwebt eines der beiden Verfahren beim FG, kann ein weiteres Verfahren so lange nicht eingeleitet werden, als jenes Verfahren nicht durch Rücknahme des Antrags oder der Klage beendet wird (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 1967 GrS 4/67, BFHE 90, 461, BStBl II 1968, 199). Beide Verfahren können grundsätzlich auch nicht nacheinander durchgeführt werden, zumindest fehlt einer nach Abschluß des Beschwerdeverfahrens nach § 69 Abs. 3 FGO erhobenen Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Durch den Senatsbeschluß in BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326 - an dem der Senat festhält - ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage geklärt.

Entgegen der Auffassung der Kläger ergeben sich aus der Rechtsprechung auch keine neuen wesentlichen Gesichtspunkte, die eine erneute Überprüfung und Klärung dieser Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren notwendig erscheinen ließen.

Zu Unrecht berufen sich die Kläger insoweit auf den - der Entscheidung des erkennenden Senats vorangegangenen - Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 90, 461, BStBl II 1968, 199. Diesem Beschluß läßt sich nicht entnehmen, daß eine Klage auf Aussetzung der Vollziehung auch nach Abschluß eines Beschlußverfahrens nach § 69 Abs. 3 FGO zulässig ist.

Auch aus dem BFH-Urteil vom 12. Oktober 1982 VII R 84/82 (BFHE 136, 523, BStBl II 1983, 49) lassen sich Zweifel gegen die Richtigkeit der Senatsentscheidung in BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326 nicht ableiten. Diese Entscheidung bestätigt und bekräftigt zwar die Auffassung, daß beide Verfahren grundsätzlich nebeneinander bestehen, der Steuerpflichtige also die Wahl hat, ob er das Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO oder den Klageweg beschreiten will. Der Entscheidung läßt sich jedoch nichts dafür entnehmen, daß auch - nach getroffener Wahl durch den Steuerpflichtigen - beide Verfahren gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden können. Dies gilt auch für den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 24. Juni 1985 GrS 1/84 (BFHE 144, 124, BStBl II 1985, 587). Nach diesem Beschluß verdrängt im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung § 69 Abs. 3 FGO die allgemeinen Vorschriften über die Klagearten nicht und fehlt für ein Klageverfahren nicht bereits deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil dem Steuerpflichtigen die Antragsmöglichkeit nach § 69 Abs. 3 FGO eröffnet ist. Der Beschluß des Großen Senats enthält - durch die Vorlagefragen vorgegeben - jedoch keine (auch keine mittelbare) Aussage darüber, wie das Rechtsschutzbedürfnis zu beurteilen ist, wenn der Steuerpflichtige von seiner grundsätzlich bestehenden Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, d. h. ob und inwieweit gerichtliches Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO und Klageverfahren nebeneinander bzw. nacheinander zulässig sind. Auch der nachfolgenden Rechtsprechung des BFH zum Verhältnis beider Verfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Oktober 1985 IV B 30/85, BFHE 144, 395, BStBl II 1986, 68, und vom 9. April 1987 IV S 11/86, BFH/NV 1988, 45) lassen sich insoweit keine neuen wesentlichen Gesichtspunkte entnehmen, die eine erneute Überprüfung der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren veranlaßt erscheinen ließen.

2. Das Urteil des FG weicht entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ab vom Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 1967 GrS 4/67 (BFHE 90, 461, BStBl II 1968, 199), vom BFH-Urteil in BFHE 136, 523, BStBl II 1983, 49, und vom Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 144, 124, BStBl II 1985, 587. Diesen Entscheidungen des BFH läßt sich - wie oben unter 1. dargelegt - nicht entnehmen, daß ein Klageverfahren auf Aussetzung der Vollziehung auch nach einem Beschluß des FG nach § 69 Abs. 3 FGO zulässig sein soll.

3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.