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  BFH-Urteil vom 26.11.1992 (IV R 109/90) BStBl. 1993 II S. 235

Der Dispacheur übt keinen freien Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 EStG aus.

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Dispacheur. Er absolvierte nach Erlangung der Mittleren Reife von 1960 bis 1963 eine Ausbildung als Reedereikaufmann und Schiffsmakler. Anschließend war er bei in- und ausländischen Dispacheuren als Angestellter tätig, bevor er selbst 1969 zum vereidigten Dispacheur bestellt wurde.

Die Dispache ist ein Gutachten zur Berechnung des Schadens und der zu seinem Ersatz erforderlichen Beiträge von Schiff, Fracht und Ladung im Fall der sog. Großen Haverei. Große Haverei sind alle auf Geheiß des Kapitäns eines See- oder Binnenschiffs zur Rettung von Schiff und Ladung dem Schiff bzw. der Ladung zugefügten Schäden, zu deren Ersatz grundsätzlich alle geretteten Werte beizutragen haben (§§ 700 ff. des Handelsgesetzbuches - HGB -, § 78 des Binnenschiffahrtsgesetzes - BSchG -). Die Einkünfte des Klägers beruhen zu etwa 90 v. H. auf HGB-Dispachen. Die übrige Tätigkeit des Klägers besteht in der Erstellung von Dispachen nach dem BSchG und in der Erstellung von Schadensaufstellungen in Fällen der besonderen Haverei (§ 701 HGB).

Die Dispache enthält in der Regel vier Teile, und zwar den - meist aufgrund der Verklarung (§§ 522 ff. HGB) festgestellten - Tatbestand der Großen Haverei, die Aufstellung der Aktivmasse, die Aufstellung der Passivmasse und die Ausrechnung des Prozentsatzes der Großen Haverei (Havariegrosse-Prozentsatz, general-average-percentage). An der Verklarung sowie der Ermittlung der Aktivmasse (Werte der beitragspflichtigen Güter wie insbesondere Schiff und Ladung) wirkt der Dispacheur nicht mit. Insoweit übernimmt er die Angaben des Kapitäns, der Reederei und der Sachverständigen. Aufgabe des Dispacheurs ist es lediglich, zu prüfen, ob der Tatbestand der Großen Haverei erfüllt ist, bejahendenfalls den auf die Große Haverei entfallenden Schadensaufwand festzustellen und anhand des durch Gegenüberstellung von Aktiv- und Passivmasse ermittelten Havariegrosse-Prozentsatzes den Schaden auf die Interessenten gleichmäßig zu verteilen.

Die Beantwortung der vorgenannten Fragen richtet sich nach den einschlägigen rechtlichen Vorschriften. Dabei ist zunächst zu klären, welches nationale Recht anwendbar ist und ob die Interessenten die Geltung der sog. York-Antwerp-Rules vereinbart haben. Diese rechtliche Vorarbeit schlägt sich in der schriftlichen Ausarbeitung der Dispache lediglich im Ergebnis nieder. Die Dispache kann auf Antrag eines Beteiligten gerichtlich überprüft werden (§§ 153 ff. des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FGG -). Wird sie bestätigt (§ 158 Abs. 1 FGG), so gilt sie nach Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung als vollstreckbarer Titel (§ 158 Abs. 2 FGG).

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bis einschließlich 1977 übereinstimmend mit dem Kläger davon ausgegangen war, daß dieser Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt habe, vertrat die Behörde vom Veranlagungszeitraum 1978 an die Auffassung, es handle sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Auf diesem Standpunkt beruhen die Gewinnfeststellungsbescheide für 1978 bis 1981 und die Gewerbesteuermeßbetrags- und Gewerbesteuerbescheide für 1978 bis 1982 und 1984.

Hiergegen wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Er machte insbesondere geltend, er müsse bei seiner Arbeit häufig rechtliches Neuland betreten, so daß auch Rechtsfortbildung auf wissenschaftlichem Weg zu seinen Aufgaben gehöre. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Die Verfahrensrüge ist nicht begründet. Bei der Prüfung eines Verfahrensmangels ist von der sachlich-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz auszugehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Juli 1976 I B 218/74, BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 9. November 1972 II CB 30/72, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1974, 25; Ruban, Steuerliche Vierteljahresschrift - StVj - 1991, 157). Das FG hat die Klage abgewiesen, weil nach seiner Ansicht die Tätigkeit des Dispacheurs nur dann als wissenschaftlich angesehen werden könnte, wenn das Für und Wider der Argumentation im schriftlichen Text der Dispache seinen Niederschlag fände. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsfragen erfordere regelmäßig eine gründliche, gutachtermäßige Prüfung sämtlicher zum zu lösenden Rechtsproblem vertretenen Meinungen.

Bei diesem Ausgangspunkt kam es nicht darauf an, welche Kenntnisse sich der Kläger im Selbststudium angeeignet hatte, ob er eigene oder fremde Rechtskenntnisse erweiterte und welche Methodik den vom Kläger geleisteten juristischen Vorarbeiten zugrunde lag. Es bestand entgegen der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung des Klägers für das FG auch keine Veranlassung, ihm Gelegenheit zur Vorlage der zu den jeweiligen Dispachen gehörenden Unterlagen i. S. des § 153 FGG zu geben. Der Kläger hat zwar im Revisionsverfahren geltend gemacht, eine Dispache finde, "falls überhaupt erforderlich, eine Erläuterung des in ihr enthaltenen Ergebnisses" in diesen Unterlagen. Er hat indessen nicht behauptet, daß diese Unterlagen eine Abwägung des Für und Wider in der Form eines juristischen Gutachtens enthielten.

II. In der Sache selbst hat das FG zu Recht entschieden, daß der Kläger keinen freien Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausübt.

1. Der Kläger ist nicht wissenschaftlich tätig.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist Voraussetzung für die Bejahung einer wissenschaftlichen Tätigkeit, daß eine hochstehende, besonders qualifizierte Beschäftigung ausgeübt wird, die der Forschertätigkeit vergleichbar ist. Es muß eine schwierige Aufgabe nach wissenschaftlichen Grundsätzen, d. h. nach sachlichen und objektiven Gesichtspunkten zu lösen versucht werden. Von wissenschaftlichen Arbeiten kann nur gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Fälle systematisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden, wie z. B. in wissenschaftlichen Gutachten über schwierige Fragen (BFH-Urteile vom 30. April 1952 IV 73/52 U, BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165; vom 13. November 1952 IV 104/52, BFHE 57, 83, BStBl III 1953, 33; vom 19. Januar 1956 IV 465/54 U, BFHE 62, 240, BStBl III 1956, 89; vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749; vom 18. August 1988 V R 73/83, BFHE 154, 327, BStBl II 1989, 212). Das notwendige Vorgehen nach systematischen Methoden fehlt, wenn vermittels der auf wissenschaftlicher Grundlage erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen lediglich Fragen der ökonomischen Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit nach wirtschaftlichen Erfahrungswerten begutachtet werden (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1964 IV 53/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 34 Abs. 4, Rechtsspruch 22), oder wenn Gutachten lediglich auf Marktkenntnissen oder gewerblichen bzw. handwerklichen Erfahrungen beruhen (BFH-Urteile vom 4. Februar 1954 IV 6/53 U, BFHE 58, 618, BStBl III 1954, 147; vom 24. Januar 1957 IV 696-697/54 U, BFHE 64, 279, BStBl III 1957, 106; in BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749). In Fällen dieser Art stehen die Gutachten nicht in dem notwendigen unmittelbaren Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Disziplinen und werden auch nicht durch sie ermöglicht (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1962 IV 256/60, StRK, Gewerbesteuergesetz bis 1977, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 197).

b) Das Schwergewicht der vom Kläger aufgemachten Dispachen, d. h. die den Beteiligten ausgehändigten schriftlichen Verteilungsvorschläge, liegt - wie die vom Kläger vorgelegten Beispiele zeigen - auf der Zusammenstellung der einzelnen Schadensposten, verbunden mit der in der überwiegenden Mehrzahl nicht kommentierten Entscheidung, ob und inwieweit diese in die Große Haverei fallen oder zu den sonstigen, bei der Verteilung nicht zu berücksichtigenden Schäden, Verlusten und Kosten gehören. Soweit sich in den vorgelegten Dispachen Kommentare des Klägers finden ("Adjuster's Notes"), betreffen sie hypothetische Berechnungen, Wertungen und Schätzungen (Beispiele: Berechnungen, ob Kosten dadurch gespart wurden, daß die Ladung durch ein anderes Schiff weiterbefördert wurde, statt während der Reparatur an Land gelagert zu werden; Abwägung, ob eine Kostenersparnis dadurch eingetreten ist, daß leichteres Dieselöl hinzugebunkert worden ist, um eine dünnflüssigere Treibstoffmischung zu erreichen, und so eine frühere Weiterfahrt mit den vorhandenen, wenig leistungsfähigen Treibstoffpumpen zu erreichen; Wertung, wieviele Aufenthaltstage im Nothafen erforderlich waren; Schätzung, wie lange die Reise zum hypothetischen Reparaturhafen Hamburg gedauert hätte, statt zum tatsächlich angelaufenen Reparaturhafen in Japan). Diese Anmerkungen dokumentieren vor allem schifffahrtskaufmännische Kenntnisse. Es drängt sich daher der Eindruck auf, daß der Dispacheur - ähnlich wie der Schadensregulierer (BFH-Urteil vom 29. August 1961 I 21/61 U, BFHE 73, 656, BStBl III 1961, 505) - in erster Linie für die Nutzbarmachung seiner kaufmännischen Erfahrungen, seiner Kenntnisse deutscher und ausländischer Verhältnisse, Häfen und Handelsbräuche (vgl. hierzu FG Hamburg, Urteil vom 12. Dezember 1958 I 221/58, Deutsche Steuer-Rundschau - DStR - 1959, 85, 86) bezahlt wird und weniger für die mit seiner Tätigkeit verbundene Rechtsanwendung. Auch bei einem Havariesachverständigen hat der BFH entschieden, daß die erforderlichen speziellen Rechtskenntnisse auf dem Gebiet des Seerechts und der York-Antwerp-Rules sowie der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen die Tätigkeit nicht als auf wissenschaftlicher Grundlage ausgeübt erscheinen ließen. Bestimmte Rechtskenntnisse seien auch bei Versicherungskaufleuten, Handelsvertretern und Angehörigen anderer Berufsgruppen gegeben, die als gewerblich anerkannt seien (BFH-Urteil vom 22. Juni 1965 I 347/60 U, BFHE 83, 256). Wenn der Kläger in der Revisionsbegründung demgegenüber sinngemäß vorträgt, die Tätigkeit eines Dispacheurs bestehe anders als beim Havariesachverständigen schwerpunktmäßig in der - nicht in der Dispache ausdrücklich erwähnten - Lösung schwieriger Rechtsfragen, so kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen; denn während die Dispache die oben erwähnten schiffahrtskaufmännischen Kenntnisse erkennen läßt, wird eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Rechtsfragen nicht nach außen sichtbar.

Zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit gehört, daß sie von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar ist (BFH-Urteil vom 30. März 1976 VIII R 137/75, BFHE 118, 473, BStBl II 1976, 464). In welcher Form diese Anforderung erfüllt wird, hängt von dem Charakter des jeweiligen Fachgebietes ab. Bei einer wissenschaftlichen Arbeit, die der Lösung von Rechtsfragen dient, ist eine Abwägung des Für und Wider der Argumente zu fordern (Senatsurteil vom 27. Februar 1992 IV R 27/90, BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826). Diese Abwägung - unter Berücksichtigung aller verfügbaren Erkenntnisquellen (Rechtsnormen, deren Materialien, Rechtsprechung und Literatur) - muß auch in der dem Auftraggeber oder Adressaten ausgehändigten schriftlichen Fassung erkennbar sein. Das ergibt sich zum einen aus dem Wesen der Rechtswissenschaft. Rechtswissenschaftliche Erkenntnisse sind nämlich nur anhand der ihnen zugrundeliegenden Argumentation überprüfbar. Zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit einer gutachtlichen Darstellung aus der Systematik des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dort ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts als sog. Katalogberuf aufgeführt. Das wäre nicht nötig, wenn jede Form der Rechtsanwendung auf der Grundlage einer juristischen Ausbildung als wissenschaftlich anzusehen und daher bereits aus diesem Grund als freiberuflich einzustufen wäre. Unerheblich ist, daß - wie der Kläger vorträgt - den Auftraggebern nicht an der Gestaltung der Dispache in Form eines juristischen Gutachtens gelegen ist. Hieraus ergibt sich nur, daß die Auftraggeber eben keine wissenschaftliche Arbeit erwarten, nicht jedoch, daß die Arbeit des Klägers als wissenschaftlich anzusehen wäre.

Die vom Senat vertretene Auffassung schließt nicht aus, daß ein Dispacheur von seinen übrigen Einnahmen zu trennende Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt, wenn er aufgrund seiner in der Praxis erworbenen Kenntnisse gelegentlich begründete Gutachten auf dem Gebiet der ihm vertrauten Rechtsgebiete erstellen sollte.

2. Das FG hat ferner zu Recht entschieden, daß es unerheblich sei, ob die Tätigkeit des Dispacheurs mit der eines Schiedsrichters verglichen werden könne; denn auch der Schiedsrichter ist nur dann wissenschaftlich tätig, wenn der Schiedsspruch die unter 1. b) genannten Voraussetzungen erfüllt.

3. Schließlich ist der Beruf des Dispacheurs auch nicht einem der sog. Katalogberufe i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnlich. Insbesondere ähnelt er nicht - wie vom Kläger geltend gemacht - dem des Wirtschaftsprüfers.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH muß ein Beruf, um einem der Katalogberufe "ähnlich" zu sein, mit diesem in seinen wesentlichen Punkten vergleichbar sein. Es genügt nicht, wenn die im Einzelfall zu beurteilende Tätigkeit die gleichen charakteristischen Merkmale aufweist, die für die im Katalog erwähnten Berufe insgesamt typisch sind (so schon ausdrücklich BFH-Urteil vom 5. November 1970 IV R 127/70, BFHE 101, 367, BStBl II 1971, 319). Einer weiteren Auslegung steht der Gesetzeswortlaut entgegen. Wenn nämlich der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 EStG einen detaillierten Katalog von unterschiedlichen freien Berufen aufgestellt hat, kann er nicht zugleich gewollt haben, daß jeder Beruf, der lediglich eine Ähnlichkeit mit der Gruppe der Katalogberufe insgesamt aufweist, schon wegen dieser "Gruppenähnlichkeit" als freier Beruf einzustufen ist (BFH-Urteil vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl II 1973, 730).

b) Es kann dahinstehen, ob die Bestellung des Dispacheurs durch die Industrie- und Handelskammer mit der Bestellung eines Wirtschaftsprüfers nach § 15 der Wirtschaftsprüferordnung (WpO) verglichen werden kann. Offenbleiben kann auch, inwieweit die Tätigkeit des Klägers der eines Wirtschaftsprüfers vergleichbar ist (zum Berufsbild des Wirtschaftsprüfers vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1980 V R 120/73, BFHE 132, 129, BStBl II 1981, 189). Denn die Ähnlichkeit zu einem Katalogberuf setzt darüber hinaus voraus, daß der Berufsausübende über Kenntnisse in vergleichbarer Breite und Tiefe verfügt, wie sie die Angehörigen des Katalogberufs besitzen, wobei die Kenntnisse nicht im Wege einer Hochschulausbildung erworben sein müssen (vgl. etwa Senatsurteile vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BFHE 158, 409, BStBl II 1990, 73; vom 14. März 1991 IV R 135/90, BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769). Nach § 5 der Prüfungsordnung für Wirtschaftsprüfer umfaßt die Prüfung folgende Gebiete: Wirtschaftliches Prüfungswesen, Betriebswirtschaft/Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht, Steuerrecht. Dafür, daß sich der Kläger die wesentlichen Kenntnisse auf allen diesen Gebieten angeeignet habe, gibt es keine Anhaltspunkte.

4. Der Senat teilt schließlich nicht die Auffassung des Klägers, daß es verfassungsrechtlich geboten sei, den Dispacheur steuerlich ebenso zu behandeln wie beispielsweise einen Lotsen, Heilpraktiker oder Krankengymnasten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) steht es dem Gesetzgeber frei, Berufsbilder festzulegen (vgl. Beschluß vom 25. Februar 1969 1 BvR 224/67, BVerfGE 25, 236, 247, m. w. N.). Bei der Auslegung des § 18 EStG können die vom Gesetzgeber festgelegten Berufsbilder zugrunde gelegt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 239, BStBl II 1978, 125, und vom 18. Januar 1979 1 BvR 531/77, HFR 1979, 204). Die vom Kläger genannten Berufsbilder sind mit dem auf der Basis kaufmännischer Kenntnisse ausgeübten Beruf des Dispacheurs nicht vergleichbar. Der Beruf des Lotsen weist eine Verwandtschaft zu dem des beratenden Ingenieurs auf, was schon daraus zu ersehen ist, daß Nautiker seit einigen Jahren nach entsprechendem Fachhochschulstudium als Ingenieure diplomiert werden. Die Berufe der Heilpraktiker und Krankengymnasten sind medizinische Berufe. Was die Abgrenzung zum Wirtschaftsprüfer angeht, so hat das BVerfG entschieden, daß in der Ausbildung für den Regelfall ein zulässiges und sachlich einleuchtendes Differenzierungskriterium für die Zuordnung zu einem Katalogberuf gesehen werden kann (Beschluß vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90, StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 18 Abs. 1, Rechtsspruch 59).

Der Senat folgt damit im Ergebnis dem Urteil des FG Hamburg vom 22. Oktober 1980 V 95/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1981, 237; zustimmend: Erdweg in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 18 EStG, Rote Seiten, Anm. 200; Blümich/Hutter, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. 117; Nieland in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 18 EStG Rdnr. 236; Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 18 Anm. 24; Sommer in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 18 Rz. 75 "Dispacheur"). Die Revision gegen das Urteil des FG Hamburg ist durch BFH-Entscheidung vom 23. Juli 1985 VIII R 256/80 (nicht veröffentlicht) als unzulässig verworfen worden.