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  BFH-Urteil vom 3.2.1993 (I R 18/92) BStBl. 1993 II S. 367

1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sind nur solche Aufwendungen für Segel- oder Motorjachten einem Abzugsverbot unterworfen, die einer entsprechenden sportlichen Betätigung oder Unterhaltung von Geschäftsfreunden dienen.

2. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ist nicht berührt, wenn eine Motorjacht nur als schwimmendes Konferenzzimmer oder nur zum Transport und zur Unterbringung von Geschäftsfreunden verwendet wird.

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 4 und 7 und Satz 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die im Streitjahr 1983 auf dem Gebiet des Bunkerölgeschäftes, des Schiffsbedarfshandels, des Umschlags und des Transportes tätig war. Sie erwirtschaftete einen Umsatz von rd. 24 Mio. DM und einen Gewinn von rd. 230.000 DM.

Im Jahr 1983 charterte die Klägerin für zwei Tage das Motorschiff MS-X zum Gesamtpreis von 4.000 DM, um an Bord des Schiffes Gespräche mit sieben bzw. acht Geschäftsfreunden über Vertragsabwicklungen, Transportabsprachen, Kooperation und Bunkerabsatz zu führen. Dabei besichtigten die Geschäftsfreunde auch Tank- und Umschlagsanlagen im Hafen in D.

Bei dem MS-X handelt es sich um ein rd. 23 m langes und 6 m breites Passagierschiff, das u. a. den Rhein, die Nord- und die Ostsee befährt. Es besitzt fünf jeweils mit Dusche und WC ausgestattete Doppelkabinen, ein Sonnendeck, Salon und Messe. Das Schiff kann nur mit einem Kapitänspatent gesteuert werden. Auf dem Rhein wird es von einer festen Zwei-Personen-Besatzung betreut. Es steht im Eigentum der S-GmbH, einer Schwestergesellschaft der Klägerin. Gemeinsame Muttergesellschaft ist die M-AG. Das MS-X wird in der Unternehmensgruppe zu betrieblichen Zwecken eingesetzt. An den beiden im Streitfall interessierenden Tagen wurde nur der Rhein und der Hafen in D befahren.

Nach einer Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Mietkosten in Höhe von 4.000 DM als nichtabziehbare Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981. Der Einspruch gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1983 blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1981.

Das FA beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 9. Oktober 1991 6 K 171/89 K aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 dürfen bei der Gewinnermittlung einer Kapitalgesellschaft Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segel- oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Zu der Vorschrift hat der erkennende Senat in ihrer für 1970 geltenden Fassung durch Urteil vom 30. Juli 1980 I R 111/77 (BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58) entschieden, daß sie nicht nur nach ihrem reinen Wortsinn, sondern auch nach dem Sinnzusammenhang auszulegen ist, in den sie gestellt ist. Danach ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 eine Vorschrift, die auf dem auch in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG 1981 zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken beruht und letzterer Vorschrift vorgeht. Als ihre Rechtsfolge soll der Gewinn nicht um bestimmte betrieblich veranlaßte Repräsentationsaufwendungen gemindert werden können. Dabei unterstellt das Gesetz die Unangemessenheit der Aufwendungen nach der Art einer unwiderlegbaren Vermutung, weshalb von ihrer Höhe nicht auf die Abziehbarkeit bzw. die Nichtabziehbarkeit geschlossen werden kann.

2. Allerdings unterstellt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 nicht alle Aufwendungen für Segel- oder Motorjachten einem Abzugsverbot. Vielmehr gilt das Abzugsverbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1981 nicht, soweit der in Nr. 4 bezeichnete Zweck Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen ist. So gesehen ist die Tatsache von Bedeutung, daß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 als den "bezeichneten Zweck" einerseits Aufwendungen für Jagd oder Fischerei und andererseits solche für Segel- oder Motorjachten nennt.

Jagd und Fischerei sind Tätigkeiten, die einen bestimmten Zweck haben können. Segel- oder Motorjachten sind dagegen Vermögensgegenstände, für die sich ein Zweck erst aus ihrer Nutzung durch den Steuerpflichtigen ergibt. § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1981 stellt mit anderen Worten klar, daß es nicht der Sinn des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 ist, z. B. den gewerblichen Verpächter von Segel- oder Motorjachten für Aufwendungen auf seine Boote mit einem Abzugsverbot zu belegen. Vielmehr sollen nur solche Betriebsausgaben nicht vom Gewinn abgesetzt werden dürfen, die auch eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben. Daraus folgt, daß jedenfalls solche Aufwendungen nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 unterworfen sind, die in keinem Zusammenhang mit der Nutzung einer Segel- oder Motorjacht für Zwecke der sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation stehen. Die Auslegung der Begriffe "Segel- oder Motorjacht" i. S. einer Betätigung entspricht nicht nur dem Vergleich mit der Jagd und der Fischerei, sondern auch der Tatsache, daß im Schrifttum unter die ähnlichen Zwecke nur sportliche oder unterhaltende Betätigungen wie Golf, Reiten, Tennis, Fliegen, Safaris u. ä. m. gefaßt werden (vgl. Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rdnr. 1704; Birkholz in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, §§ 4, 5 Rdnr. 136 a; Bordewin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, §§ 4-5 Rdnr. 219; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 4 Anm. 103 a; Blümich/Müller-Gatermann/Dankmeyer, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. 275; Frost/Kauffmann in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. 325; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 4 EStG, Anm. 51 i). Der Senat schließt sich dieser Auffassung im Grundsatz an. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Segel- oder Motorjacht zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört oder nur im Einzelfall gemietet oder gechartert wird. Es ist dagegen nicht der Sinn der Vorschrift, Betriebsausgaben für Segel- oder Motorjachten für nicht abziehbare zu erklären, wenn diese in erster Linie z. B. als schwimmendes Konferenzzimmer oder zum Transport und zur Unterbringung von Geschäftsfreunden verwendet werden. Diese Auslegung schließt allerdings vom Grundsatz her nicht aus, daß die Aufwendungen dennoch unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG 1981 sind und deshalb einem teilweisen Abzugsverbot nach dieser Vorschrift unterliegen, wobei der dem § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 zugrundeliegende Rechtsgedanke bei der Prüfung der Angemessenheit durchaus Berücksichtigung finden kann.

3. Der erkennende Senat versteht das übereinstimmende Vorbringen der Beteiligten und die ihn bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) dahin, daß im Streitfall das MS-X nur einerseits als "schwimmender Besprechungsraum" und andererseits als Mittel genutzt wurde, um die Geschäftsfreunde an bestimmte betriebsbezogene Besichtigungsstätten zu transportieren. Eine Verwendung zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation scheidet aus tatsächlichen Gründen aus. Dann aber steht § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 1981 dem Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen nicht entgegen. Auch bezogen auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG 1981 hat das FG in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte für die Annahme unangemessener Aufwendungen festgestellt. Entsprechend hat das FG der Klage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung verletzt kein Bundesrecht.