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  BFH-Urteil vom 11.2.1993 (VI R 66/91) BStBl. 1993 II S. 450

Bezieht ein Steuerpflichtiger neben seinem Grundgehalt zusätzlich nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfreie Auslandszulagen, sind seine Werbungskosten regelmäßig zu dem Teil nicht abziehbar, der dem Verhältnis der steuerfreien Einnahmen zu den Gesamteinnahmen entspricht.

EStG § 3 c, § 3 Nr. 64.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Berufssoldat und war im gesamten Streitjahr im Ausland eingesetzt. Er erzielte Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, zudem bezog er einen Auslandszuschlag, einen Mietzuschuß und einen Auslandskinderzuschlag.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger verschiedene Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beließ die Zuschläge für die Auslandstätigkeit nach § 3 Nr. 64 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei, berücksichtigte aber als Werbungskosten lediglich den Anteil, der dem Verhältnis der steuerpflichtigen Einnahmen des Klägers zu seinen Gesamteinnahmen entspricht.

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus:

Nach § 3 c EStG dürften Ausgaben nicht als Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Die dem Kläger gewährten Auslandsdienstbezüge seien insgesamt zur pauschalen Abgeltung aller materiellen Aufwendungen und immateriellen Belastungen gezahlt worden, die sich aus der dienstlichen Verwendung im Ausland ergeben hätten; sie stünden daher mit den auslandsbedingten Mehraufwendungen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten seien zur Erzielung der normalen Besoldung und der Auslandszulagen aufgewandt worden. Daher seien sie entsprechend dem Verhältnis der steuerfreien Einnahmen zu den Gesamtbezügen des Klägers nicht zu berücksichtigen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung von § 1 Abs. 2, § 3 Nr. 64, § 3 c und § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG. Er führt im wesentlichen aus:

Nach § 3 c EStG sollten nur solche Ausgaben vom Abzug ausgeschlossen werden, bei denen sich eine klar abgrenzbare Beziehung zu steuerfreien Einnahmen eindeutig feststellen lasse, die also ohne den Auslandsaufenthalt nicht angefallen wären. Der überwiegende Teil seiner Aufwendungen sei aber unabhängig davon entstanden, ob er im In- oder Ausland tätig geworden sei. Die Auslandszuschläge würden nach einem Verfahren errechnet, bei dem materielle und immaterielle Belastungen getrennt ermittelt würden. Dabei würden keine Gesichtspunkte berücksichtigt, die unter den Begriff der Werbungskosten fielen. Eine Anrechnung der Werbungskosten auf den Auslandszuschlag sei daher unzulässig. Die Fragen des Zwecks und der Bemessung der Zuschläge habe das FG durch Anhörung der zuständigen Stellen klären müssen. Es habe insoweit den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides weitere Werbungskosten in Höhe von 1.109 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, daß die Werbungskosten des Klägers zu dem Teil nicht abziehbar sind, der dem Verhältnis der steuerfreien Einnahmen zu seinen Gesamteinnahmen entspricht.

§ 3 c EStG bestimmt, daß Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Aus dem Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs ergibt sich, daß lediglich solche Aufwendungen vom Abzug ausgeschlossen sind, die nach ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, d. h. ohne diese nicht angefallen wären (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Januar 1986 I R 22/85, BFHE 146, 132, BStBl II 1986, 479). Der Abzug anteiliger Werbungskosten ist im Streitfall somit nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Auslandszulagen pauschal der Abgeltung aller durch die Auslandstätigkeit entstandenen materiellen Mehraufwendungen und daneben der immateriellen Belastungen dienen sollten, die durch den Auslandsaufenthalt für den Kläger und seine Familie entstanden waren. Zwar dient die Vorschrift des § 3 c EStG der Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Steuerpflichtigen durch die steuerliche Freistellung von Bezügen einerseits und den Abzug von Werbungskosten andererseits (BFH-Urteil vom 9. Juni 1989 VI R 33/86, BFHE 157, 526, BStBl II 1990, 119). Ihre Anwendung setzt auch eine konkrete Zuordenbarkeit von Bezügen und Aufwendungen voraus, die im Einzelfall zu prüfen ist (BFH-Urteil vom 4. März 1977 VI R 213/75, BFHE 122, 265, BStBl II 1977, 507). Entgegen der Auffassung des Klägers bedeutet dies aber nicht, daß der geforderte Zusammenhang zwischen dem steuerfreien Teil der Bezüge und solchen Werbungskosten nicht bestehen kann, die auch angefallen wären, wenn lediglich der steuerpflichtige Teil der Vergütung bezogen worden wäre. Denn es ist kein finaler Zusammenhang zwischen den Ausgaben und den Einnahmen erforderlich. Ausreichend ist vielmehr die Feststellung einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung (BFH-Urteile vom 9. November 1976 VI R 139/74, BFHE 120, 491, BStBl II 1977, 207, und in BFHE 157, 526, BStBl II 1990, 119).

Für seinen ganzjährigen Auslandseinsatz hat der Kläger neben seinen Grundbezügen auch die steuerfreien Vergütungen bezogen. Zur Erzielung dieser Gesamteinnahmen hat er die Werbungskosten aufgewendet. Daher stehen diese Werbungskosten in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Gesamteinnahmen und damit auch zu dem steuerfreien Teil der Einnahmen. Folglich sind diese Werbungskosten in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen; ein Aufteilungsverbot besteht insoweit nicht. Der nicht abziehbare Teil ist zutreffenderweise nach dem Verhältnis zu bemessen, in dem die steuerfreien Einnahmen des Klägers zu den Gesamteinnahmen stehen (BFH-Urteil vom 14. November 1986 VI R 209/82, BFHE 148, 460, BStBl II 1989, 351).

Von diesem Aufteilungsverfahren wären nur solche Werbungskosten auszunehmen, die entweder ausschließlich dem steuerfreien Teil der Bezüge zuzuordnen wären, weil sie etwa durch diese Bezüge unmittelbar abgegolten werden, oder bei denen sich eine Beziehung zu den steuerfreien Bezügen erkennbar nicht herstellen läßt, weil sie Tätigkeiten dienen, die ausschließlich durch steuerpflichtige Bezüge vergütet werden. Nach den Feststellungen des FG und dem Vorbringen der Beteiligten sind derartige Ausnahmen im Streitfall nicht erkennbar.