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  BFH-Urteil vom 23.3.1993 (VII R 38/92) BStBl. 1993 II S. 581

1. Hat das FG einen Haftungsbescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufgehoben, so läuft die Festsetzungsfrist für den Haftungsanspruch nicht ab, bevor der neue Haftungsbescheid, mit dem das FA nach Ergehen der gerichtlichen Entscheidung seine Ermessensausübung nachgeholt hat, unanfechtbar geworden ist.

2. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 im Falle 1. gilt aber nur in dem Umfang der nachgeholten Ermessensentscheidung. Soweit im übrigen Verjährung eingetreten ist, kann das FA nicht später durch einen weiteren Haftungsbescheid den Haftungsumfang über die zunächst getroffene Entscheidung hinaus erweitern.

AO 1977 §§ 171 Abs. 3, 191 Abs. 3; FGO § 100 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und G waren gemeinsam vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder einer AG, deren Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens am 15. Februar 1983 mangels einer die Kosten des Konkursverfahrens deckenden Masse abgelehnt worden ist. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nahm zunächst nur den Kläger wegen Lohnsteuerrückständen der AG für die Monate September bis November 1982 mit Haftungsbescheid vom 4. Oktober 1985 als Haftungsschuldner in Anspruch.

Auf die Klage des Klägers hob das Finanzgericht (FG) die Einspruchsentscheidung und den Haftungsbescheid mit der Begründung auf, daß das FA das Auswahlermessen bezüglich der beiden Vorstandsmitglieder nicht ausgeübt habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA gegen das Urteil des FG wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) als unbegründet zurückgewiesen (Beschluß des Senats vom 19. Juli 1988 VII B 39/88).

Daraufhin erließ das FA am 12. Oktober 1988 gegen den Kläger und gegen G je einen Haftungsbescheid, durch den es jeden in Höhe von 50 % der Haftungssumme (= je 79.462,38 DM) in Anspruch nahm. Auf den Einspruch des G wurde der Haftungsbescheid gegen ihn zurückgenommen, weil Verjährung eingetreten sei. Das FA erließ daraufhin gegen den Kläger am 24. Februar 1989 einen zweiten Haftungsbescheid, in dem nunmehr von diesem weitere 50 % der Haftungssumme gefordert wurden.

Die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene neue Klage des Klägers führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und der Haftungsbescheide vom 12. Oktober 1988 und 24. Februar 1989.

Das FG hielt die Haftungsansprüche für verjährt.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 171 Abs. 3 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977). Es ist der Auffassung, entgegen der Vorentscheidung sei bei Bekanntgabe der angefochtenen Haftungsbescheide die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten gewesen. Der Ablauf der Festsetzungsverjährung sei nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 i. V. m. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gehemmt, weil über den Antrag des Klägers auf Aufhebung des (ursprünglichen) Haftungsbescheids noch nicht unanfechtbar entschieden sei. Der Normzweck des § 171 Abs. 3 AO 1977 spreche gegen eine Einengung des vom Gesetzeswortlaut abgesteckten Regelungsbereichs. Nach Satz 1 dieser Vorschrift solle es dem FA ermöglicht werden, einen dort aufgeführten, vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellten Antrag ohne Rücksicht auf den Ablauf dieser Frist zu bearbeiten und in der Sache zu entscheiden. Daraus folge für die Auslegung des § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977, daß die Verwaltungsentscheidung in der Sache auch dann gewährleistet werden solle, wenn sich die Verwaltungsverfahrensdauer durch ein zwischengeschaltetes Gerichtsverfahren über das Ende der regulären Festsetzungsfrist hinaus verlängere. Eine in das Verwaltungsverfahren eingebettete Gerichtsentscheidung habe immer dann den Charakter einer Zwischenstation, wenn nach Ergehen der Gerichtsentscheidung noch ein objektiv feststellbarer Entscheidungs- und Regelungsbedarf des FA bestehe. Dies sei u. a. immer dann der Fall, wenn eine Ermessensentscheidung des FA wegen Ermessensfehlers vom Gericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufgehoben werde. Im Streitfall sei der ursprüngliche Haftungsbescheid durch Urteil des FG aufgehoben worden, weil das Auswahlermessen nicht ausgeübt worden sei. Das sei ein typischer Anwendungsfall des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist teilweise begründet.

Entgegen der Vorentscheidung war die Festsetzungsfrist für den Haftungsanspruch im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids vom 12. Oktober 1988 noch nicht abgelaufen. Der Haftungsbescheid vom 24. Februar 1989 ist jedoch erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung erlassen und deshalb zu Recht vom FG aufgehoben worden.

Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlaß von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden (§ 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren, die mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Haftungstatbestand verwirklicht worden ist (§ 191 Abs. 3 Sätze 2 und 3 AO 1977), wäre im Streitfall (Lohnsteuer September bis November 1982) mit Ablauf des Kalenderjahres 1986 abgelaufen. Wegen der Anfechtung des ursprünglichen Haftungsbescheids vom 4. Oktober 1985 durch den Kläger ist jedoch gemäß § 191 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 171 Abs. 3 AO 1977 eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist eingetreten. Von dieser Ablaufhemmung wird allerdings nur der Haftungsbescheid vom 12. Oktober 1988, nicht aber auch der nachfolgende Haftungsbescheid vom 24. Februar 1989 erfaßt.

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung gestellt, so läuft nach § 171 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 101 FGO (ab 1. Januar 1993 auch im Falle des § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO lt. FGO-Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl I, 2109, Art. 4 Nr. 1, Art. 9) ist über den Antrag erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid (bzw. Haftungsbescheid, § 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977) unanfechtbar geworden ist (§ 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977). Im Streitfall ist der Tatbestand der Ablaufhemmung nach den §§ 191 Abs. 3 Satz 1, 171 Abs. 3 Sätze 1 und 3 AO 1977, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO erfüllt.

Der Kläger hat den vor Ablauf der Festsetzungsfrist gegen ihn erlassenen ursprünglichen Haftungsbescheid vom 4. Oktober 1985 mit dem Antrag auf Aufhebung dieses Bescheids angefochten (§ 171 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO 1977). Über den Aufhebungsantrag ist letztinstanzlich durch Beschluß des Senats vom 19. Juli 1988 entschieden worden, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde des FA gegen das erste FG-Urteil als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Das FG hatte den ursprünglichen Haftungsbescheid wegen Nichtausübung des Auswahlermessens aufgehoben (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Nachdem seine Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg geblieben war, hat das FA sein Ermessen dahin ausgeübt, den Kläger und das andere Vorstandsmitglied G je zur Hälfte der Haftungssumme als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen (§ 191 Abs. 1 AO 1977), und demgemäß den Haftungsbescheid vom 12. Oktober 1988 über die Hälfte des rückständigen Steuerbetrags gegen den Kläger erlassen. Die Festsetzungsfrist läuft deshalb insoweit auf Grund der genannten Vorschriften nicht ab, bevor über den Haftungsbescheid vom 12. Oktober 1988, mit dem das FA sein Auswahlermessen im Anschluß an das kassatorische erste Urteil des FG ausgeübt hat, unanfechtbar entschieden worden ist.

Das FG hat einen Fall der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 mit der Begründung verneint, daß die Haftungsbescheide vom 12. Oktober 1988 und 24. Februar 1989 nicht auf Grund der dort genannten Vorschriften erlassen worden seien. Dabei hat es zu Unrecht den hier vorliegenden Fall des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO (echte Kassation) mit dem nicht gegebenen Fall des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO (wesentlicher Verfahrensmangel) vermengt. Das FA weist mit Recht darauf hin, daß der Wortlaut des § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 drei selbständige Fälle der verlängerten Ablaufhemmung bei Ergehen neuer Steuer- bzw. Haftungsbescheide enthält, nämlich Bescheide, die auf Grund einer vorausgegangenen gerichtlichen Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 2 Satz 2 oder § 101 FGO erlassen werden (vgl. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, 16. Aufl., § 171 Anm. 3 c). Im Streitfall hat das vorausgegangene gerichtliche Verfahren zu einer echten Kassation des ursprünglichen Haftungsbescheids vom 4. Oktober 1985 und der zugehörigen Einspruchsentscheidung wegen Ermessensfehlers nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO geführt. Das Verwaltungsverfahren über die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner war damit nicht abgeschlossen. Dem FA verblieb vielmehr die Möglichkeit, einen neuen Haftungsbescheid zu erlassen, wobei es nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO an die rechtliche Beurteilung des FG gebunden war. Auch in diesem Falle bleibt nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 die mit der Anfechtung des ursprünglichen Bescheids gegebene Ablaufhemmung bestehen, bis der neue Bescheid erlassen und (ggf. nach Durchführung eines weiteren Gerichtsverfahrens) unanfechtbar geworden ist (ebenso: Frotscher in Schwarz, Abgabenordnung, § 171 Anm. 13, 14).

Die vorstehende Auslegung folgt auch aus der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Ablaufhemmung in § 171 Abs. 3 AO 1977. Nach den Sätzen 1 und 2 der Vorschrift sollen Anträge auf Steuerfestsetzung, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung sowie Rechtsbehelfe gegen eine Steuerfestsetzung nicht durch Ablauf der regulären Festsetzungsfrist gegenstandslos werden, sondern unabhängig von der Dauer der Bearbeitungszeit einer Sachentscheidung durch die Verwaltung zugänglich bleiben. § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 erstreckt für die Fälle eines zwischengeschalteten gerichtlichen Verfahrens, das nicht mit einer abschließenden Entscheidung des Gerichts in der Sache endet und damit einen behördlichen Regelungsbedarf bestehen läßt, die Festsetzungsfrist bis zum Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der (neuen) Verwaltungsentscheidung, die im Anschluß und auf Grund der gerichtlichen Entscheidung ergeht. Wie die Revision zutreffend ausführt, stellt die Aufhebung eines angefochtenen Ermessensverwaltungsakts - hier des ursprünglichen Haftungsbescheids - wegen fehlender oder fehlerhafter Ermessensausübung durch das FA einen typischen Anwendungsfall der echten Aufhebung nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO dar (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 100 FGO Tz. 7). Die wegen des fortbestehenden Regelungsbedarfs nunmehr nachgeholte Ermessensentscheidung der Behörde ergeht dann auf Grund des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, so daß sie der verlängerten Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 unterliegt.

Dem steht - entgegen der Auffassung des Klägers - bei einem Haftungsbescheid nicht entgegen, daß dieser einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt darstellt. Die für solche Verwaltungsakte geltende Spezialregelung des § 100 Abs. 2 FGO (Satz 1: Betragsfestsetzung durch das Gericht) findet hier keine Anwendung, weil es nicht um die anderweitige Festsetzung des Geldbetrags, sondern um die fehlerfreie Ermessensausübung geht, die dem Gericht entzogen ist und die - nach Aufhebung des ursprünglichen Haftungsbescheids - nur von der Verwaltungsbehörde getroffen werden kann (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 100 Rz. 23, m. w. N.). Das FG muß also den Haftungsbescheid, wenn es eine fehlende oder fehlerhafte Ermessensausübung feststellt, nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufheben, ohne hierfür an die zusätzlichen Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO (wesentlicher Verfahrensfehler, kosten- und zeitaufwendiger Aufklärungsbedarf) gebunden zu sein.

§ 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 bestimmt keine Frist, innerhalb deren die neue Verwaltungsentscheidung getroffen werden muß. Das FA war deshalb im Streitfall nicht gezwungen, unmittelbar nach Aufhebung des ursprünglichen Haftungsbescheids einen neuen Haftungsbescheid zu erlassen. Vielmehr war es befugt, gegen das zu seinen Ungunsten ergangene (erste) FG-Urteil zunächst Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen und erst nach deren Zurückweisung durch den BFH sein Ermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner neu auszuüben. Der im Anschluß an die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ergangene Haftungsbescheid vom 12. Oktober 1988 ist also innerhalb der nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 verlängerten Festsetzungsfrist erlassen worden. Er ist vom FG zu Unrecht aufgehoben worden.

b) Mit dem Haftungsbescheid vom 12. Oktober 1988 hat das FA sein Auswahlermessen, dessen Nichtausübung im ursprünglichen Haftungsbescheid vom FG beanstandet worden war, dahin ausgeübt, den Kläger (neben dem anderen Vorstandsmitglied G) nur wegen der Hälfte des rückständigen Steuerbetrags in Anspruch zu nehmen. Die spätere erneute Betätigung des Auswahlermessens durch den Haftungsbescheid vom 24. Februar 1989, mit dem der Haftungsanspruch gegen den Kläger nunmehr auch auf die andere Hälfte der rückständigen Lohnsteuer erstreckt wurde, weil diese wegen Verjährung gegen G nicht mehr geltend gemacht werden konnte, wird von der verlängerten Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 nicht erfaßt. Denn dieser Haftungsbescheid ist nicht "aufgrund" des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO erlassen worden. Das FA hat vielmehr dem nach Aufhebung des ursprünglichen Haftungsbescheids durch das FA (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) verbleibenden Regelungsbedarf dadurch entsprochen, daß es den Kläger nur wegen der Hälfte der Haftungssumme in Anspruch nahm. Nur in Höhe dieses Betrages (79.462,38 DM) ist bis zum Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Haftungsbescheids vom 12. Oktober 1988 der Ablauf der Festsetzungsfrist verlängert worden, da nur insoweit der in § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 vorausgesetzte unmittelbare Zusammenhang zwischen der (aufhebenden) gerichtlichen Entscheidung und der dadurch gebotenen Neuregelung durch die Verwaltung gegeben ist. § 171 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 gibt der Verwaltungsbehörde unabhängig vom Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nur die Befugnis, auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 (jetzt auch Abs. 3 Satz 1) oder § 101 FGO eine neue Entscheidung über den weiter regelungsbedürftigen Sachverhalt durch Steuer- bzw. Haftungsbescheid (§ 191 Abs. 3 Satz 1 AO 1977) zu erlassen. Dabei ist eine abschließende Regelung zu treffen. Die Vorschrift läßt aber keinen Raum, den auf Grund einer dieser Vorschriften erlassenen Bescheid in der Folgezeit wegen Veränderung der Sachlage oder anderweitiger Ermessensausübung über den in ihm getroffenen Regelungsumfang hinaus zu erweitern oder einen weiteren Bescheid zu erlassen.

Die Richtigkeit dieser Auslegung folgt auch daraus, daß im Falle einer nur eingeschränkten Haftungsinanspruchnahme diese nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist trotz Anfechtung des ergangenen Haftungsbescheids nicht durch einen neuen Haftungsbescheid erweitert werden kann (§ 171 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO 1977). Wegen des Haftungsbetrages, mit dem das FA nach Ergehen des kassatorischen FG-Urteils zunächst den G in Anspruch genommen hat, ist somit der Haftungsanspruch gegen den Kläger ab dem Zeitpunkt seiner nur eingeschränkten Haftungsinanspruchnahme durch den Bescheid vom 12. Oktober 1988 verjährt (§ 171 Abs. 3 Sätze 1 und 3 AO 1977). Der Haftungsbescheid vom 24. Februar 1989 ist damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen und deshalb von der Vorentscheidung zu Recht als rechtswidrig aufgehoben worden.