| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 23.3.1993 (IX R 67/88) BStBl. 1993 II S. 748

Schadensersatzleistungen, mit denen nicht im zeitlichen Anwendungsbereich des § 21 a EStG angefallene Werbungskosten zu einem Zeitpunkt ersetzt werden, in dem der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus gemäß § 21 a EStG zu ermitteln ist, sind nicht in diesem Nutzungswert enthalten. Sie sind zusätzlich im Veranlagungszeitraum des Zuflusses als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.

EStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 a.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Sie bewohnten im Streitjahr 1983 ein im Jahre 1977 fertiggestelltes Einfamilienhaus. Am 1. Juni 1981 räumten die Kläger das Einfamilienhaus bis 8. August 1981, weil das gesamte Dach wegen eines Schadens erneuert werden mußte. Die Kosten für die Dachreparatur, die 102.742 DM betrugen, wurden vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) im Veranlagungszeitraum 1981 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wie erklärt, als Werbungskosten berücksichtigt. Im Streitjahr erstattete der Architekt des Hauses, den die Kläger wegen des Schadens in Anspruch genommen hatten, diesen 46.500 DM als Schadensersatz.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten die Kläger den Nutzungswert ihrer Wohnung im eigenen Einfamilienhaus nach § 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Schadensersatzleistung von 46.500 DM ließen sie dabei unberücksichtigt. Das FA erfaßte dagegen diesen Betrag als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Nach erfolglosem Einspruch hat das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts (§ 21 a Abs. 1 EStG). Zur Begründung tragen sie vor, neben dem im Streitjahr pauschal zu ermittelnden Nutzungswert gemäß § 21 a EStG könne nicht außerdem noch die vom Architekten geleistete Schadensersatzleistung von 46.500 DM als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfaßt werden.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer unter Minderung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung um 46.500 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FA und das FG haben zutreffend die vom Architekten im Streitjahr geleistete Schadensersatzleistung von 46.500 DM als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfaßt.

1. Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, sind im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind (ständige Rechtsprechung; s. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Oktober 1964 IV 346/61 U, BFHE 81, 181, BStBl III 1965, 67, zur Erstattung von Grundsteuer; vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755, zur Erstattung von Vorsteuerbeträgen; vom 11. Oktober 1983 VIII R 61/81, BFHE 140, 177, BStBl II 1984, 267; BFH-Beschluß vom 4. September 1990 IX B 10/90, BFH/NV 1991, 164, zur Erstattung von Versicherungsleistungen; vom 1. Dezember 1992 IX R 189/85 (BFHE 170, 111) und IX R 333/87 (BFHE 170, 113), jeweils zur Versicherungsentschädigung einer Feuerversicherung; vgl. ferner v. Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 9 Rdnr. B 59). Dies gilt auch für eine Schadensersatzleistung, die - wie im Streitfall - Werbungskosten ersetzt (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 9 Anm. 2 m; Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 20. Aufl., § 9 EStG Anm. 90).

2. Die Rechtsauffassung der Kläger, die Schadensersatzleistung könne im Zeitpunkt der Zahlung (1983) nicht als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfaßt werden, weil im Streitjahr der Nutzungswert ihres Einfamilienhauses nach § 21 a EStG zu ermitteln sei, trifft nicht zu.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Abzug von Reparaturaufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten zulässig, wenn die Reparaturen zu einer Zeit vorgenommen werden, für die § 21 a EStG nicht mehr oder noch nicht anzuwenden ist. Dabei ist es gleichgültig, zu welcher Zeit der Schaden entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1964 VI 108/62 U, BFHE 79, 13, BStBl III 1964, 238). Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Vornahme der Reparaturmaßnahme und nicht etwa der Zeitpunkt der Zahlung der Reparaturkosten (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 1979 VIII R 130/74, BFHE 127, 367, BStBl II 1979, 431, m. w. N.).

b) Diese Grundsätze gelten spiegelbildlich für Ersatzleistungen, mit denen nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2, § 21 a EStG fallende Werbungskosten ersetzt werden. Sie sind wegen der Verknüpfung ebenso wie die früher abgezogenen Werbungskosten dem Zeitraum zuzuordnen, währenddessen § 21 a EStG nicht anwendbar war. Sie sind deshalb als Einnahmen i. S. des § 8 Abs. 1 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen, unabhängig davon, ob hinsichtlich des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus im fraglichen Veranlagungszeitraum § 21 a EStG anzuwenden ist.

3. Nach diesen Grundsätzen hat das FA und ihm folgend das FG zu Recht im Streitfall die Schadensersatzleistung des Architekten von 46.500 DM für die Dachreparatur als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahr des Zuflusses (1983) erfaßt; denn mit dieser Schadensersatzleistung werden Werbungskosten - Dachreparaturaufwendungen - ersetzt, die unstreitig auf einen Zeitraum entfallen - 1. Juni 1981 bis 8. August 1981 -, in dem die Kläger wegen der Reparaturarbeiten das Einfamilienhaus nicht selbst nutzten und deshalb § 21 a EStG nicht anwendbar war.