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  BFH-Urteil vom 14.4.1993 (I R 33/92) BStBl. 1993 II S. 764

Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 13 GewStG setzt nicht voraus, daß die Schule oder sonstige allgemein- bzw. berufsbildende Einrichtung mit sämtlichen im schulischen Bereich erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist (gegen Abschn. 34 Abs. 2 Satz 3 GewStR 1984).

GewStG § 3 Nr. 13; UStG § 4 Nr. 21.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, führt Lehrveranstaltungen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung durch. Sie erzielte im Streitjahr 1985 Umsätze in Höhe von 2.896.340 DM. Davon waren Umsätze in Höhe von 2.830.640 DM von der Umsatzsteuer gemäß § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) befreit. Die restlichen Umsätze in Höhe von 65.700 DM erzielte die Klägerin nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) durch die Veranstaltung von umsatzsteuerpflichtigen Kursen für Mitarbeiter privater Unternehmen.

Die Klägerin beantragte bei der Veranlagung 1985 Befreiung von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 13 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im Umfang ihrer von der Umsatzsteuer befreiten Leistungen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) mit der Begründung ab, § 3 Nr. 13 GewStG erfasse nur solche Schul- und Bildungseinrichtungen, deren Leistungen im schulischen Bereich insgesamt von der Umsatzsteuer freigestellt seien (Abschn. 34 Abs. 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR -).

Die Klage hatte Erfolg. Das FG hielt die Leistungen der Klägerin nur in Höhe von 2,27 % für gewerbesteuerpflichtig.

Mit seiner Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Es rügt unzutreffende Auslegung des § 3 Nr. 13 GewStG.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Gemäß § 3 Nr. 13 GewStG sind von der Gewerbesteuer private Schulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen befreit, wenn sie mit ihren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind, soweit der Gewerbebetrieb unmittelbar den Schul- und Bildungszwecken dient. Bei systematischer Auslegung dieser Norm kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß diese Steuerbefreiung nicht voraussetzt, daß das gewerbliche Unternehmen mit seinen sämtlichen im schulischen Bereich erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist. Er kann sich daher der gegenteiligen Auffassung der Verwaltung und des Schrifttums nicht anschließen.

Zwar geht der Senat von dem Grundsatz aus, daß in der Gesetzessprache die Konjunktionen "wenn" und "soweit" einen unterschiedlichen Inhalt haben. Sie werden in § 3 GewStG, wie auch in den vergleichbaren Befreiungsnormen in § 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 3 des Vermögensteuergesetzes (VStG) nebeneinander verwendet (vgl. z. B. § 3 Nrn. 5, 6, 9, 12 GewStG einerseits und § 3 Nrn. 7, 8, 10 GewStG andererseits). Ihr Regelungsinhalt unterscheidet sich jeweils dadurch, daß die Konjunktion "wenn" eine Voraussetzung für eine uneingeschränkte Befreiung statuiert, während die Konjunktion "soweit"/"insoweit" die Möglichkeit partiell unterschiedlicher Rechtsfolgen vorsieht.

Diese grammatikalische Klarstellung führt für § 3 Nr. 13 GewStG allerdings zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis. Versteht man das "wenn" im 2. Halbsatz der Norm im Sinne der herrschenden Meinung dahin, daß Bildungseinrichtungen nur steuerbefreit sein sollen, wenn sie ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen, so wäre die Einschränkung "soweit der Gewerbebetrieb unmittelbar dem Schul- und Bildungszwecke dient" entbehrlich, da bereits § 4 Nr. 21 UStG nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die unmittelbar Schulungs- und Bildungszwecken dienen. Danach würde die Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung in § 3 Nr. 13 2. Halbsatz GewStG den 3. Halbsatz derselben Norm bereits umfassen. Die Normsystematik zwingt daher dazu, den 2. Halbsatz nicht im Sinne der herrschenden Meinung zu interpretieren. Einen vernünftigen Sinn enthält der einschränkende "soweit"-Satz nur, wenn der 2. Halbsatz wie folgt gelesen wird: "...., wenn sie mit Leistungen nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit sind, ....".

Diese Auslegung führt zu sachgerechten Ergebnissen, die dem von § 3 Nr. 13 GewStG verfolgten Zweck entsprechen. Dieser liegt darin, die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der privaten Bildungsträger durch die Gewerbesteuerbelastung zu beheben (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BTDrucks VI/1844). Die Gesetzesbegründung selbst begrenzt die Gewerbesteuerbefreiung ausdrücklich nur für die mittelbar dem Schulungszwecke dienenden Einrichtungen.