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  BFH-Urteil vom 9.9.1993 (V R 88/88) BStBl. 1994 II S. 56

Vereinbart eine BGB-Gesellschaft mit einem Gesellschafter, daß seine Kosten für den beruflich genutzten PKW von der Gesellschaft erstattet werden, ist diese Vereinbarung lediglich als Regelung des Aufwendungsersatzanspruchs des Gesellschafters gemäß §§ 713, 670 BGB, nicht jedoch als Grundlage für die Ausführung entgeltlicher (Vermietungs-)Leistungen des Gesellschafters zu beurteilen.

UStG 1973/1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München (EFG 1988, 656)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Seit dem 1. April 1976 ist er in dieser Eigenschaft ausschließlich im Rahmen einer Anwalts- und Steuerberatersozietät tätig, der er als Mitglied angehört.

Für das Jahr 1977 erklärte er Umsätze aus dem Verkauf eines beruflich genutzten PKW, aus Eigenverbrauch wegen privater Verwendung seines beruflich genutzten PKW sowie aus der Veröffentlichung eines Artikels in einer Fachzeitschrift. Für das Jahr 1978 erklärte er nur Eigenverbrauch wegen privater PKW-Nutzung. Als abziehbare Vorsteuern machte er in beiden Streitjahren Beträge geltend, die ihm im Zusammenhang mit dem beruflich genutzten PKW in Rechnung gestellt worden waren und jeweils zu einem Vorsteuerüberschuß führten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verweigerte die Berücksichtigung der den PKW betreffenden Umsätze und Vorsteuern und setzte die Umsatzsteuer 1977 wegen der Veröffentlichung auf 10,40 DM (Umsatz 189 DM) und die Umsatzsteuer 1978 auf 0 DM fest.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1988, 656) wie folgt: Der Kläger habe seine Tätigkeit als Steuerberater ausschließlich im Rahmen der Sozietät ausgeübt. In dieser Funktion sei er nicht Unternehmer gewesen. Er habe seine Arbeitskraft entsprechend seiner Beitragspflicht (§§ 705, 706 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) für die Gesellschaft eingesetzt; dabei sei er aber nicht selbständig i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gegenüber der Gesellschaft tätig gewesen. Die Nutzung seines PKW müsse dieser nichtunternehmerischen Tätigkeit ebenso zugeordnet werden wie bei einem Arbeitnehmer, der seinen PKW für eine Dienstreise einsetze. Aus diesem Grunde komme es nicht darauf an, ob - was das FA bestreitet - die Gesellschafter den Ersatz der PKW-Kosten eines jeden Gesellschafters vereinbart und gewährt hätten; ein Umstand, den das FG zugunsten des Klägers unterstellte.

Die gelegentliche Überlassung des PKW durch den Kläger an die Mitgesellschafter führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Gesellschaft habe keine rechtlich gesicherte Herrschaftsmacht gehabt, den Kläger zu ihren Gunsten von der Nutzung auszuschließen. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß der dem Kläger gehörende PKW vorrangig der Nutzung durch den Kläger vorbehalten geblieben sei. Überdies sei der Kläger auch nicht nachhaltig tätig gewesen, da seine Tätigkeit sich nicht auf Marktbeteiligung gerichtet habe. Er sei nicht "wie ein Händler" bzw. "wie ein gewerblicher Kfz-Vermieter" aufgetreten.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und 2 und § 15 Abs. 1 UStG 1973. Er beantragt, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer für 1977 auf ./. 539 DM und für 1978 auf ./. 4.890 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1978 unbegründet, wegen Umsatzsteuer für 1977 zum Teil begründet. Der Kläger war nicht Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 UStG 1973.

1. Das FG hat zutreffend ausgeführt, der Kläger sei seit dem 1. April 1976 nicht mehr wegen steuerberatender Tätigkeit Unternehmer gewesen. Gegen diese Auffassung wendet sich der Kläger mit dem Hinweis, nach dem Gesellschaftsvertrag der Sozietät sei ihm gestattet gewesen, außerhalb der Sozietät als Steuerberater Mandate wahrzunehmen. Die Einlassung des Klägers ist nicht geeignet, seine Unternehmereigenschaft nach Begründung der Sozietät zu bejahen. Denn Unternehmereigenschaft i. S. von § 2 Abs. 1 UStG 1973 wird nicht durch die rechtliche Möglichkeit, sich nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen zu betätigen, begründet, sondern erfordert die (nachhaltige) tatsächliche Ausführung entgeltlicher Leistungen (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916). Umsätze hat seit dem 1. April 1976 nur noch die Sozietät ausgeführt, die dadurch Unternehmer wurde (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. Januar 1984 V R 65/76, BFHE 140, 121, BStBl II 1984, 231).

2. Die Unternehmereigenschaft des Klägers wurde nicht dadurch begründet, daß er entsprechend seiner Beitragspflicht die Geschäfte der Sozietät führte. Zwar hat der Kläger durch den Einsatz seiner Arbeitskraft Leistungen an die Sozietät erbracht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß diese Leistungen entgeltlich ausgeführt worden sind, so daß schon mangels Entgeltlichkeit die Steuerbarkeit zu verneinen ist. Damit sind die Leistungen des Klägers auch insoweit nichtsteuerbar, als sie in seiner Fahrtätigkeit zugunsten der Sozietät bestehen.

3. Der Kläger hat keine Leistungen durch Nutzungsüberlassung an die Sozietät erbracht, die seine Unternehmereigenschaft hätten begründen können. Zwar steht das Gesellschaftsverhältnis als solches nicht der Ausführung von Leistungen, insbesondere Vermietungsleistungen, des Gesellschafters an seine Gesellschaft entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991 V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269). Das Vorliegen einer sonstigen Leistung setzt aber voraus, daß der Gesellschafter seiner Gesellschaft tatsächlich etwas zuwendet (vgl. für Lieferung BFH-Urteil vom 29. September 1987 X R 13/81, BFHE 151, 469, BStBl II 1988, 153, unter 2.). Eine sonstige Leistung durch Überlassung der Nutzung eines Gegenstandes muß beim Leistungsempfänger die Möglichkeit begründen, den Gegenstand für seine Zwecke zu verwenden. Soweit die Verwendung durch den Leistungsempfänger in der Rücküberlassung der Nutzung an den Leistenden besteht, muß deutlich erkennbar sein, daß dieser nunmehr sein Recht zur Nutzung aus dem Nutzungsrecht des Leistungsempfängers ableitet.

Das FG hat keine Umstände feststellen können, die die Schlußfolgerung erlauben, der Kläger leite sein Recht zur Nutzung des PKW von der Gesellschaft ab. Nach der vom FG als wahr unterstellten Behauptung des Klägers haben die Gesellschafter lediglich die Erstattung von Kosten für den PKW eines jeden Gesellschafters vereinbart. Die Kostenerstattung durch die Gesellschaft setzt nicht voraus, daß der Kläger eine Leistung an die Gesellschaft erbracht hat; die Kostenerstattung ist mangels Vorliegens eines anderen Rechtsgrundes lediglich Konkretisierung und Erfüllung des Anspruchs des Klägers gemäß §§ 713, 670 BGB auf Ersatz seiner Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Geschäftsführung in seiner Eigenschaft als Gesellschafter entstanden sind.

An die Feststellungen des FG ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Zwar macht der Kläger mit der Revision geltend, er habe in der mündlichen Verhandlung vor dem FG "auf die klare Nutzungsüberlassung seines PKW an die Sozietät hingewiesen". Bezüglich dieser den Feststellungen des FG widersprechenden Tatsache hat er aber keine Verfahrensrüge erhoben.

4. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1977 ist in Höhe der festgesetzten (positiven) Steuer von 10,40 DM begründet. Der Kläger war nicht Unternehmer durch Schriftstellerei. Den Feststellungen des FG ist zu entnehmen, daß er nur einen einzigen Artikel veröffentlicht hat. Diese einmalige Tätigkeit begründete keine Unternehmereigenschaft (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 1991 V R 86/87, BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776). Der Senat kann insoweit durcherkennen.