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  BFH-Urteil vom 13.1.1994 (IV R 117/92) BStBl. 1994 II S. 454

Wird ein Bausparvertrag vor Auszahlung von Bausparguthaben und Bauspardarlehen aus einem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen eingelegt, so darf in den Einlagewert nicht der kapitalisierte Differenzbetrag zwischen marktüblichem Zins und verbilligtem Zins für Bauspardarlehen eingerechnet werden.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eröffnete im Jahre 1987 eine Praxis als Arzt für Allgemeinmedizin. Er ermittelt sein Betriebsergebnis durch Einnahmeüberschußrechnung. Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 1987 beantragten die Kläger die Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben. Dabei handelte es sich um die Darlehensgebühr und den Zinsaufwand für ein Bauspardarlehen sowie den "Einlagewert eines Bausparvertrages" in Höhe von 10.689 DM. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Im September 1980 hatte der Kläger einen Bausparvertrag über 124.000 DM abgeschlossen, durch den er das Anrecht auf ein zinsgünstiges Bauspardarlehen erwarb. Nach Zuteilung des Vertrages zahlte die Bausparkasse das Bausparguthaben aus. Ferner gewährte sie dem Kläger im Jahre 1987 ein Bauspardarlehen über 71.262,65 DM zum Zinssatz von 4,5 v. H. Der Kläger verwandte diesen Kredit zur Mitfinanzierung seiner Praxisneugründung; er zahlte das Geld auf das Praxiskonto ein und bestritt davon Einrichtungs- und Umbaukosten seiner Praxis.

Nach Auffassung des Klägers handelte es sich bei dem aus dem Bausparvertrag resultierenden "Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen" um ein immaterielles Wirtschaftsgut, welches er durch seine langjährige Wartezeit in Verbindung mit den Einzahlungen erworben habe. Dieses Wirtschaftsgut habe er in das Betriebsvermögen eingelegt. Die Einlage sei mit dem Teilwert zu bewerten. Dieser sei aus der abgezinsten Differenz zwischen dem banküblichen Zinssatz für Darlehen mit einer Laufzeit von 12 Jahren (seinerzeit 7 v. H.) und dem Zinssatz für das Bauspardarlehen (4,5 v. H.) zu ermitteln. Er betrage im Streitfall 10.689,42 DM.

Dieser Betrag stelle zusätzliche Finanzierungsnebenkosten dar und sei als Betriebsausgabe des Kalenderjahres 1987 zu berücksichtigen.

Die Veranlagung für das Kalenderjahr 1987 führte zu negativen Einkünften, obwohl der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zwar Darlehensgebühr und Zinsen, nicht jedoch den "Einlagewert des Bausparvertrages" als Betriebsausgabe berücksichtigte. Die negativen Einkünfte des Jahres 1987 führten zu einem Verlustrücktrag gemäß § 10 d des Einkommensteuergesetzes (EStG), den das FA auf das Streitjahr 1985 übertrug.

Gegen den nach § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid 1985 legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie begehrten, den Verlustrücktrag um den "Einlagewert" zu erhöhen. Da der Einspruch ohne Erfolg blieb, verfolgten sie ihr Begehren mit der zum Finanzgericht (FG) erhobenen Klage weiter.

Das FG wies die Klage ab.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

FA und FG haben den kapitalisierten Differenzbetrag zwischen dem marktüblichen Zinssatz und dem verbilligten Zinssatz für Bauspardarlehen in Höhe von 10.689,42 DM zu Recht nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt.

1. Bausparverträge sind gegenseitig verpflichtende Verträge, aufgrund derer der Bausparer aufschiebend bedingt das Recht erhält, nach Leistung von Bauspareinlagen und nach Ablauf einer Wartefrist ein Bauspardarlehen zu erhalten (vgl. die gesetzliche Definition in § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Bausparkassen vom 16. November 1972, BGBl I 1972, 2097).

Werden Bausparverträge vor Zuteilungsreife in einem Betriebsvermögen gehalten, so sind sie - wie der Bundesfinanzhof (BFH) für die von Kreditinstituten abgeschlossenen Vorratsbausparverträge entschieden hat - einheitlich mit den gezahlten Bauspareinlagen einschließlich der aufgelaufenen Guthabenzinsen und den Abschlußgebühren zu bewerten (BFH-Urteil vom 9. Juli 1986 I R 218/82, BFHE 147, 412, BStBl II 1987, 14). Ein höherer Wertansatz, etwa der Art, daß auch die Differenz zwischen marktüblichen Guthabenzinsen und den niedrigeren Zinsen für Bauspareinlagen als "Anschaffungskosten" berücksichtigt wird, kommt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht in Betracht. Der Verzicht auf Zinseinnahmen kann weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten angesehen werden (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 190/78, BFHE 132, 38, BStBl II 1981, 160, unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15. Dezember 1977 VI R 102/75, BFHE 124, 189, BStBl II 1978, 216; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 2 EStG Anm. 155). Er kann mithin auch nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen.

2. Wird ein Bausparvertrag vor Auszahlung von Bausparguthaben und Bauspardarlehen aus einem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen eingelegt, so ist auch der Einlagewert nicht höher als der (im vorangegangenen Absatz dargestellte) Wert, mit dem der Bausparvertrag bei originärer Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen zu bilanzieren wäre. Insbesondere kann nicht mit der Begründung, daß Einlagen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten seien, zusätzlich zu dem Guthabensbetrag einschließlich aufgelaufener Zinsen und den Gebühren der kapitalisierte Differenzbetrag zwischen marktüblichem Sollzins und verbilligtem Zins für Bauspardarlehen angesetzt werden.

Allerdings können nach der Rechtsprechung des BFH auch selbst geschaffene oder unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert ins Betriebsvermögen eingelegt werden (vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244; vom 20. August 1986 I R 150/82, BFHE 149, 25, BStBl II 1987, 455). Das gilt nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, 534, BStBl II 1988, 348, 353) jedoch nicht für alle immateriellen Wirtschaftsgüter. Nach diesem Beschluß können unentgeltlich eingeräumte Nutzungsrechte nicht zu einer Einlage in Höhe des Nutzungswertes führen. Der Grund hierfür liegt darin, daß andernfalls die durch die Realisierung des Nutzungsrechts erzielte Vermögensmehrung unbesteuert bliebe. Das ist mit den Wertungen des Einkommensteuerrechts, erzielte Nutzungen der Besteuerung zu unterwerfen, nicht vereinbar. Kommt aber eine Einlage in Form der Einräumung der unentgeltlichen Nutzung eigenen Vermögens seitens des Betriebsinhabers oder Gesellschafters nicht in Betracht, so kann auch der Anspruch gegenüber einem Dritten auf Einräumung verbilligter Vermögensnutzung - wie ihn der Bausparvertrag beinhaltet - nicht Gegenstand einer Einlage mit dem Wert der für die Zukunft ersparten Nutzungsaufwendungen sein.

Lediglich in dem Umfang, in dem der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der Begründung des Anspruchs auf Gewährung des verbilligten Darlehens Aufwendungen getragen hat, kann er diese als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG absetzen, wie es im Streitfall hinsichtlich der Darlehensgebühren auch geschehen ist.