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  BFH-Urteil vom 24.2.1994 (IV R 4/93) BStBl. 1994 II S. 677

Die Buchführungspflicht für einen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb endet nicht, wenn der landwirtschaftliche Teilbetrieb einem Dritten zur Nutzung überlassen, der forstwirtschaftliche Teilbetrieb aber nach wie vor selbst bewirtschaftet wird.

AO 1977 § 141 Abs. 1, 2 und 3; EStDV § 51.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten; sie leben im Güterstand der Gütergemeinschaft. Bis zum 30. Juni 1984 betrieben sie eine Land- und Forstwirtschaft und führten Bücher. Von der insgesamt bewirtschafteten Fläche von rd. 122 ha entfielen auf die Landwirtschaft 67 ha und die Forstwirtschaft 55 ha. Der Wirtschaftswert des gesamten Betriebes betrug 146.274 DM, und zwar 127.186 DM für den landwirtschaftlichen Teil und 19.088 DM für den forstwirtschaftlichen Teil.

Zum 1. Juli 1984 gründeten die Kläger und ihr Sohn eine BGB-Gesellschaft. Dieser Gesellschaft wurden die landwirtschaftlichen Flächen der beiden Kläger zur Nutzung überlassen. Dagegen bewirtschafteten die Kläger die forstwirtschaftlichen Flächen allein weiter. Die Kläger ermittelten den Gewinn aus der Bewirtschaftung der verbliebenen forstwirtschaftlichen Flächen durch Einnahmen-Überschuß-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Betriebsausgaben wurden gemäß § 51 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit 65 v. H. der Einnahmen aus der Holznutzung pauschaliert. Den für die einzelnen Wirtschaftsjahre ermittelten Gewinn verteilten die Kläger hälftig auf die Kalenderjahre.

Nach einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu der Auffassung, die Kläger hätten für den verbliebenen forstwirtschaftlichen Betrieb Bücher führen müssen. Wirtschaftsjahr sei der Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 30. September; auch hätten die Betriebsausgaben nicht pauschaliert werden dürfen. Den für die einzelnen Wirtschaftsjahre ermittelten Gewinn ordnete das FA zeitanteilig den Kalenderjahren zu und änderte die Feststellungsbescheide 1984 bis 1987 entsprechend. Der Einspruch der Kläger blieb erfolglos.

Mit der Klage machten die Kläger geltend, die ursprünglich für den einheitlichen, aus Land- und Forstwirtschaft bestehenden Betrieb begründete Buchführungspflicht sei im ganzen auf die BGB-Gesellschaft übergegangen. Entscheidend sei, daß mehr als 90 v. H. der ursprünglichen Sachgrundlage übergeben worden seien. Daher bestehe für den Forstwirtschaftsbetrieb keine Buchführungspflicht mehr.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 141 Abs. 3 der Abgabenordnung - AO 1977 -, § 4 Abs. 3 EStG und § 51 Abs. 1 EStDV).

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG im Streitfall zur Abgeltung der Betriebsausgaben nicht den Pauschsatz von 65 v. H. der Einnahmen aus der Holznutzung zugelassen; denn die Kläger waren zur Buchführung verpflichtet (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i. V. m. § 51 EStDV).

1. Gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 endet die Verpflichtung, Bücher zu führen, mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, daß die Voraussetzungen für die Buchführungspflicht nach Abs. 1 nicht mehr vorliegen. Unstreitig hat das FA im Streitfall eine solche Feststellung nicht getroffen, so daß für die Kläger die für ihren ursprünglichen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bestehende Buchführungspflicht fortgalt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Oktober 1988 IV R 136/85, BFHE 154, 442, BStBl II 1989, 7). Davon ist das FG zu Recht in Übereinstimmung mit den Beteiligten ausgegangen.

2. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß zum 1. Juli 1984 aus dem bestehenden einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die gesamten landwirtschaftlichen Flächen zur Nutzung in die BGB-Gesellschaft eingebracht wurden und den Klägern zur Bewirtschaftung nur noch die forstwirtschaftlichen Flächen verblieben. Ihre Buchführungspflicht ist dadurch nicht auf die nur aus den Klägern und dem Sohn bestehende neugegründete BGB-Gesellschaft übergegangen, die nunmehr die landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaftete.

a) Zwar geht gemäß § 141 Abs. 3 AO 1977 die Buchführungspflicht auf denjenigen über, der den Betrieb im ganzen zur Bewirtschaftung als Eigentümer oder Nutzungsberechtigter übernimmt, so daß auch der ansonsten erforderliche Hinweis der Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht unterbleiben kann. Aber zu Recht haben FA und FG diese Vorschrift im Streitfall nicht angewandt, weil die neu gegründete BGB-Gesellschaft den Betrieb der Kläger nicht im ganzen zur Bewirtschaftung übernommen hat. Eine Übernahme im ganzen liegt nämlich nur dann vor, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs als einheitliches Ganzes erhalten bleiben und übernommen werden (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 141 AO 1977 Tz. 25, Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl., Rdnr. 729; Pape in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., Anm. B 74). Nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1981 (BStBl I 1981, 878, unter 2.3) wird ein Betrieb im ganzen übernommen, wenn seine Identität beim Erwerber gewahrt bleibt. Dies trifft jedoch nicht zu, wenn ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb aus zwei Teilbetrieben besteht, und nur ein Teilbetrieb übernommen wird (Leingärtner/Zaisch, a. a. O., Rdnr. 729; Pape in Felsmann, a. a. O., B 74). In diesem Fall bleibt der bisherige Betrieb, wenn auch in verkleinertem Umfang erhalten; für ihn muß die Buchführungspflicht nicht erneut begründet werden. Für den Geltungsbereich der Reichsabgabenordnung hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß die Übernahme eines Teilbetriebs keine Übernahme des Betriebs im ganzen ist, weil der Betrieb in einem solchen Fall nicht unverändert übernommen wird (BFH-Urteil vom 10. März 1983 IV R 170/80, BFHE 138, 137, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1983, 399). Daran ist auch nach Inkrafttreten des § 141 Abs. 3 AO 1977 festzuhalten. Denn anders als zuvor ist das Merkmal der Übernahme "im ganzen" ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen worden. Das dient zugleich den Erfordernissen der Praxis. Auch der Übernehmer muß eindeutig wissen, und zwar ohne die ansonsten erforderliche Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht, daß er mit dem übernommenen Betrieb buchführungspflichtig ist. Bei der Übernahme von einzelnen Betriebsteilen ist das jedoch nicht gewährleistet.

b) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 141 Abs. 3 AO 1977. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 154, 442, BStBl II 1989, 7 ausgeführt hat, ist der Begriff des einzelnen Betriebs i. S. des § 141 AO 1977 im wesentlichen identisch mit dem Betriebsbegriff der §§ 14, 16 EStG. Das hat zur Folge, daß ein Teilbetrieb nicht mit dem gesamten Betrieb gleichgesetzt werden kann, weil es sich bei einem Teilbetrieb um einen unselbständigen Teil des Betriebs handelt.

3. Im Streitfall hat das FA danach zu Recht erkannt, daß die Buchführungspflicht der Kläger durch die Einbringung der landwirtschaftlichen Flächen zur Nutzung in die BGB-Gesellschaft nicht endete. Denn die BGB-Gesellschaft hat den Betrieb der Kläger nicht im ganzen, sondern mit der Landwirtschaft nur einen, wenn auch den bedeutendsten Teilbetrieb übernommen.

Da die BGB-Gesellschaft nur die Bewirtschaftung eines Teilbetriebes übernommen hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob, wie die Kläger meinen, die zurückbehaltene Forstwirtschaft weniger als 25 v. H. des Gesamtbetriebes ausgemacht hat oder nicht. Ebenso ist es unerheblich, daß der Vergleichswert der Forstwirtschaft unter der für die Buchführungspflicht maßgebenden Grenze von 40.000 DM für selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen (§ 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977) liegt. Auch kann offenbleiben, daß dieser Vergleichswert im Streitfall dem in § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 maßgeblichen Wirtschaftswert (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1989 IV R 97/87, BFHE 157, 312, BStBl II 1990, 606) entspricht. Zu Recht hat das FG nämlich insoweit darauf abgestellt, daß es für die Beendigung der Buchführungspflicht der Kläger allein darauf ankam, ob ihre Buchführungspflicht auf die BGB-Gesellschaft übergegangen war, und nicht, ob sie auf der Grundlage der ihnen verbliebenen Forstflächen tatsächlich hätten buchführungspflichtig werden können.