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  BFH-Urteil vom 19.7.1994 (VII R 107/93) BStBl. 1994 II S. 875

Die Zurückweisung einer in einem anderen Mitgliedstaat nach dortigem Recht zugelassenen Steuerberatungsgesellschaft nach § 80 Abs. 5 AO 1977 als Bevollmächtigte verstößt, wenn sie in der Bundesrepublik nicht als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt ist, jedenfalls dann nicht gegen das Recht der EG, wenn die Gesellschaft, die auf dem Gebiet der nach deutschem Recht geregelten Steuern Hilfe leistet, die erforderliche berufliche Qualifikation bezogen auf das deutsche Recht nicht nachgewiesen hat.

EGV Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3, 86, 90, 177 Abs. 2 und 3; AO 1977 § 80 Abs. 5; StBerG §§ 1, 2, 3 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 3, 36 Abs. 3, 37 a, 37 b Abs. 2, 40 ff., 50 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft nach luxemburgischem Recht. Sitz und Geschäftsleitung der Klägerin befinden sich in Luxemburg. Die Gesellschaft unterhält keine Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Die Klägerin hat u. a. für eine in der Bundesrepublik ansässige Firma die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung .... erstellt und an der Anfertigung der Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen .... mitgewirkt. Die Klägerin hat auch an der Erstellung der Einkommensteuererklärung .... für die Inhaberin der Firma und deren Ehemann mitgewirkt. Auch in den Folgejahren wurde die Klägerin für die Firma und die Eheleute tätig. Bezüglich der an die Firma gerichteten Umsatzsteuerbescheide .... sowie gegen die an die Eheleute gerichteten Einkommen- und Kirchensteuerbescheide .... legte sie jeweils Einspruch ein.

Im Rahmen der Einspruchsverfahren forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte, das Finanzamt (FA), die Klägerin auf, ihre Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik nachzuweisen. Die Klägerin antwortete im wesentlichen, daß sie - die Klägerin - nach luxemburgischem Recht frei in der Wahl ihrer Mandanten und daß nach dem Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik jeder Bürger frei in der Wahl seines Beraters sei. Mit Bescheiden vom .... wies das FA die Klägerin nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) als zur geschäftlichen Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt zurück. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Klägerin blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in den verbundenen Klageverfahren als nicht begründet ab, weil das FA die Klägerin zu Recht nach § 80 Abs. 5 AO 1977 zurückgewiesen habe. Die für eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen erforderlichen Voraussetzungen seien auch unter Berücksichtigung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts der Europäischen Gemeinschaften (EG) nicht erfüllt. Die Urteilsgründe ergeben sich im einzelnen aus der in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 172 veröffentlichten Entscheidung; auf diese wird verwiesen.

Mit der Revision macht die Klägerin im einzelnen geltend, § 80 Abs. 5 AO 1977 sei im Falle der Klägerin nicht anwendbar, weil die Vorschrift gegen vorrangiges EG-Recht verstoße und sie deshalb nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nicht anzuwenden sei. Außerdem sei das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil das erstinstanzliche Gericht eine Vorlage nach Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) fehlerhaft unterlassen habe.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, daß die Zurückweisungen der Klägerin als Bevollmächtigte gemäß § 80 Abs. 5 AO 1977 durch das FA rechtmäßig waren, weil die Klägerin nach dem StBerG nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt war und auch unter Berücksichtigung des Rechts der EG jedenfalls deshalb zurückgewiesen werden durfte, weil sie die erforderliche Qualifikation für eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nicht nachgewiesen hat.

a) Die Klägerin wurde vom FA zu Recht nach § 80 Abs. 5 AO 1977 als Bevollmächtigte der Steuerpflichtigen zurückgewiesen, weil sie unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen i. S. von § 1 Abs. 1 StBerG geleistet hat. Sie war dazu nicht nach §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 StBerG befugt, weil sie nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt war.

b) Aus dem dem nationalen Recht vorgehenden Gemeinschaftsrecht, nämlich aus der von diesem in Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3 EGV geregelten Dienstleistungsfreiheit, ergibt sich für die Klägerin in den Streitfällen schon deshalb keine Befugnis zur Hilfeleistung auf dem Gebiet der nach deutschem Recht geregelten Steuern, weil die Klägerin die dazu erforderliche fachliche Qualifikation bezogen auf das deutsche Recht nicht nachgewiesen hat.

aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Art. 59 Abs. 1 und 60 Abs. 3 EGV nach Ablauf der Übergangszeit unbedingte Geltung erlangt (z. B. EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1974 Rs. 33/74, EuGHE 1974, 1299 ff., Gründe Tz. 27). Danach sind grundsätzlich alle in nationalen Vorschriften enthaltenen Beschränkungen unzulässig, denen der Dienstleistungserbringer unterworfen ist, entweder aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder weil er in einem anderen Staat ansässig ist als dem, in dem die Leistung zu erbringen ist (EuGHE 1974, 1299 ff., Gründe Tz. 26).

Eine solche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit stellt auch eine nationale Vorschrift dar, die die Ausübung bestimmter Dienstleistungen durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland von der Erteilung einer bestimmten Erlaubnis abhängig macht, die an die Erfüllung bestimmter beruflicher Qualifikationen geknüpft ist (EuGHE, Urteil vom 25. Juli 1991 Rs. C-76/90, EuGHE 1991, I-4221, Gründe Tz. 14). Beschränkungen, die sich aus dem Erfordernis einer bestimmten beruflichen Qualifikation ergeben, sind aber nach der Rechtsprechung des EuGH nicht ausnahmslos unzulässig. Sie sind vielmehr dann nicht als mit dem EGV unvereinbar anzusehen, wenn sie in Anbetracht der Besonderheiten bestimmter Dienstleistungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates, in dem die Leistung erbracht wird (Empfängerstaat), tätigen Personen und Unternehmen gelten. Die Anforderungen müssen allerdings insbesondere sachlich geboten sein, um die Einhaltung der Berufsregelungen und den Schutz von Empfängern von Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, Urteile in EuGHE 1974, 1299 ff.; vom 26. Februar 1991 Rs. C-180/89, EuGHE 1991, I-709, 722; in EuGHE 1991, I-4221, Gründe Tz. 17; vom 20. Mai 1992 Rs. C-106/91, EuGHE 1992, I-3351, Gründe Tz. 29 ff.).

Wird diesem Allgemeininteresse aber dadurch Rechnung getragen, daß der Leistungserbringer in dem Staat, in dem er ansässig ist (Niederlassungsstaat), besonderen Rechtsvorschriften unterliegt, die den Besonderheiten der zu erbringenden Leistungen gerecht werden, so können unter Umständen zusätzliche Beschränkungen, denen der Leistungserbringer im Empfängerstaat unterworfen wird, nach Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3 EGV unzulässig sein (dazu z. B. EuGH, Urteile vom 17. Dezember 1981 Rs. 279/80, EuGHE 1981, 3305, Gründe Tz. 20; vom 4. Dezember 1986 Rs. 205/84, EuGHE 1986, 3755, 3804 f.; vom 7. Mai 1991 Rs. C-340/89, EuGHE 1991, I-2357, Gründe Tz. 15; in EuGHE 1991, I-4221, Gründe Tz. 15).

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind die Regelungen des StBerG über die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Allgemeininteresse geboten (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Februar 1967 1 BvR 569, 589/62, BVerfGE 21, 173, 179; vom 27. Januar 1982 1 BvR 807/80, BStBl II 1982, 281, 286). Sie sind zum einen im Interesse der Steuerpflichtigen ergangen, die sich bei der Erledigung ihrer Steuerangelegenheiten der Hilfe anderer Personen bedienen. Die Regelungen dienen zum anderen auch dem Interesse der Allgemeinheit daran, daß im Steuerwesen nur Personen tätig werden, denen die Bearbeitung öffentlicher Angelegenheiten ohne Sorge anvertraut werden kann. Im Interesse des Steueraufkommens, der Steuermoral sowie zum Schutze gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger, die durch Falschberatung unfähiger und ungeeigneter Berater schwere Nachteile erleiden können, soll sichergestellt werden, daß nur solche Berater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die dazu die erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen. Die Steuerberatung ist ein Teil der Rechtsberatung; die damit verbundenen Berufsaufgaben dienen der Steuerrechtspflege, einem wichtigen Gemeinschaftsgut.

Es steht deshalb im Einklang mit den Ausführungen des EuGH, wenn das StBerG insbesondere eine bestimmte berufliche Qualifikation von denjenigen verlangt, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten. Bei Steuerberatungsgesellschaften wird die berufliche Qualifikation dadurch gewährleistet, daß sie gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG verantwortlich von Steuerberatern geleitet werden müssen. Als Steuerberater nach dem StBerG kommen nur solche Personen in Betracht, die nach Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen - u. a. im Hinblick auf ihre berufliche Qualifikation nach bestandener Prüfung (§ 40 Abs. 1 Satz 1 StBerG) - als solche gemäß §§ 40 ff. StBerG bestellt worden sind. Die danach für einen Steuerberater nach nationalem Recht erforderliche berufliche Qualifikation, wobei im übrigen nach den §§ 36 Abs. 3, 37 b Abs. 2 StBerG von den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EG die dort erworbene Qualifikation berücksichtigt werden kann, hat die Klägerin nicht nachgewiesen.

cc) Im vorliegenden Fall besteht kein Anlaß, die Anforderungen an die Qualifikation abweichend vom StBerG nach der Art der Hilfeleistung im konkreten Fall zu differenzieren.

Das wäre zwar nach der Rechtsprechung des EuGH notwendig, wenn die geforderte Qualifikation zu den Bedürfnissen der Empfänger der Dienstleistung außer Verhältnis stünde (EuGH, Urteil in EuGHE 1991, I-4221, Gründe Tz. 14). Das ist jedoch nicht schon dann der Fall, wenn bei der Beurteilung der Frage nach dem Qualifikationsnachweis nicht auf die Schwierigkeit und Bedeutung des individuellen Einzelfalls und die dafür konkret notwendige Befähigung des Dienstleistungserbringers, sondern allgemein auf die Art der Dienstleistung, den in Betracht kommenden Empfängerkreis und die dafür üblicherweise notwendige berufliche Qualifikation abgestellt wird. Im Streitfall geht es bei der in Rede stehenden Dienstleistung um eine Hilfeleistung in Steuersachen, deren Ausübung im Allgemeininteresse die im StBerG geregelten Qualifikationserfordernisse voraussetzt. Bei der Dienstleistung handelt es sich also um eine typische Tätigkeit der Hilfeleistung in Steuersachen, die nach dem nationalen Recht nur besonders qualifizierten Personen vorbehalten ist. Schon deshalb ist etwa für eine Erwägung dahin, ob und ggf. in welchem Maße die im konkreten Fall erbrachte Tätigkeit die nach dem nationalen Recht für eine Hilfeleistung in Steuersachen notwendige Qualifikation tatsächlich erfordert, kein Raum. Derartige Erwägungen können in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil in EuGHE 1991, I-4221, Tz. 17) nur geboten sein, wenn sich die Frage stellt, ob eine Tätigkeit ihrer Art nach den mit dem nationalen Recht angestrebten Schutz erfordert. Trifft das wie im Streitfall zu, kommt es, wie der aufgezeigten Rechtsprechung des EuGH bereits zu entnehmen ist, auch nach dem Gemeinschaftsrecht nicht darauf an, mit welchen Schwierigkeiten die Ausübung der Tätigkeit im Einzelfall verbunden ist.

Im übrigen besteht das Allgemeininteresse an der vom StBerG geforderten beruflichen Qualifikation nicht nur, um den Empfänger der Dienstleistung zu schützen, sondern auch wegen des Interesses der Allgemeinheit am Schutz des Steueraufkommens, der Steuermoral und einer qualifizierten Steuerrechtspflege. Daher kann es auch nicht darauf ankommen, welche Fähigkeiten der Dienstleistungsempfänger von dem Dienstleistungserbringer erwartet oder fordert.

dd) Der Umstand, daß - wie die Klägerin behauptet - in keinem anderen Mitgliedstaat der EG der Bereich der Steuerberatung in solch umfangreichem Maße eingeschränkt wird wie in der Bundesrepublik, kann nicht dazu führen, daß die nach dem StBerG festgelegten Voraussetzungen mit dem EGV nicht vereinbar sind. Solange derartige Voraussetzungen nicht gemeinschaftlich harmonisiert sind, steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, solche Voraussetzungen durch innerstaatliches Recht zu regeln, soweit dies - wie hier - aus einem zwingenden Allgemeininteresse für notwendig gehalten wird (vgl. EuGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 Rs. 222/86, EuGHE 1987, 4097; in EuGHE 1991, I-2357, Urteil Tz. 9 in bezug auf die Niederlassungsfreiheit). Im übrigen ist die Notwendigkeit solcher auch die Dienstleistungsfreiheit beschränkender berufsrechtlicher Regelungen nicht an einem gemeinschaftlich begründeten Allgemeininteresse oder daran zu messen, ob solche Regelungen im Niederlassungsstaat für erforderlich gehalten werden. Sie richtet sich vielmehr nach dem sachlich und objektiv begründeten Allgemeininteresse im Empfängerstaat (vgl. EuGH, Urteil in EuGHE 1992, I-3351, Gründe Tz. 19).

ee) Die Klägerin hat zwar vorgebracht, daß sie in ihrem Heimatland als Steuerberatungsgesellschaft zugelassen sei. Soweit damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß ihre Tätigkeit im Niederlassungsstaat von der Erfüllung bestimmter besonderer Voraussetzungen hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation abhängt, reicht das nicht aus, um daraus folgern zu können, daß damit bereits dem Schutz des Allgemeininteresses hinreichend Rechnung getragen sei. Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß die Anforderungen im Niederlassungsstaat den Anforderungen an die berufliche Qualifikation nach dem StBerG entsprechen und durch deren Erfüllung dem in der Bundesrepublik zwingend bestehenden Allgemeininteresse an dem Vorhandensein bestimmter Qualifikationserfordernisse Rechnung getragen wird. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, weil die Zulässigkeit der Beschränkung nicht von dem Bestehen eines gemeinschaftlich begründeten Allgemeininteresses, sondern, wie bereits erwähnt, von dem durch die Anforderungen des Empfängerstaats geprägten zwingenden Allgemeininteresse abhängt (vgl. EuGH, Urteil in EuGHE 1992, I-3351, Gründe Tz. 29), dem allerdings - wie erwähnt (1, b, aa) - auch dadurch Rechnung getragen werden kann, daß im Heimatstaat Rechtsvorschriften bestehen, die das im Empfängerstaat bestehende Allgemeininteresse ausreichend schützen (vgl. EuGH, Urteil in EuGHE 1986, 3755, 3804 f., Gründe Tz. 13).

Die nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 21, 173, 179, und in BStBl II 1982, 281, 286) in der Bundesrepublik im Allgemeininteresse gebotenen Regelungen des StBerG über die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen machen gerade auch den Nachweis ausreichender Kenntnisse des einschlägigen deutschen Rechts zur Voraussetzung (vgl. u. a. § 37 a StBerG). Dies ist sachlich geboten. Denn die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, für deren Ausübung der Nachweis dieser Qualifikation verlangt wird, stellt nicht allgemein auf die Hilfeleistung in Steuersachen ab. Sie begrenzt vielmehr nach § 1 StBerG die Fälle, in denen eine besondere Befugnis verlangt wird, ausdrücklich auf die dort u. a. genannten Steuern, sofern sie von deutschen Behörden verwaltet werden. Die hier ebenfalls inbegriffenen, durch das EG-Recht oder das Recht der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum geregelten Steuern können insoweit außer Betracht bleiben, weil die Klägerin tatsächlich nur auf dem Gebiet der nach deutschem Recht geregelten Steuern Hilfe geleistet hat. Jedenfalls eine Hilfeleistung auf dem Gebiet der nach deutschem Recht geregelten Steuern rechtfertigt es aber, diese von dem Nachweis ausreichender beruflicher Qualifikation bezogen auf das einschlägige deutsche Recht abhängig zu machen. Nur so ist die fachlich fundierte, geschäftsmäßige Hilfeleistung auf diesem Gebiet gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluß in BStBl II 1982, 281, 286).

Mangels eines entsprechenden Vortrags der Klägerin ist davon auszugehen, daß dem beschriebenen, in der Bundesrepublik bestehenden Allgemeininteresse auch an dem Vorliegen der auf das deutsche Recht bezogenen Qualifikation durch die im Niederlassungsstaat möglicherweise bestehenden Rechtsvorschriften nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Die durch das StBerG auch geforderte berufliche Qualifikation belastet die Klägerin daher gegenüber deutschen Bewerbern, die diesen Anforderungen entsprechen müssen, nicht zusätzlich dadurch, daß sie zu einer bereits im Niederlassungsstaat nachgewiesenen Qualifikation noch einmal eine Qualifikation in der Bundesrepublik nachweisen muß. Auch deshalb bedeutet es keine Diskriminierung im Sinne der von der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 59 Abs. 1 und Art. 60 Abs. 3 EGV entwickelten Grundsätze (z. B. EuGH, Urteil in EuGHE 1991, I-4221, Gründe Tz. 15), daß für die Klägerin in der Bundesrepublik nur bei Erfüllung u. a. der Voraussetzungen für die berufliche Qualifikation eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen in Betracht kommen kann.

c) Der Senat folgt der Vorentscheidung schließlich auch darin, daß es im Hinblick darauf, daß die Klägerin schon die Erfüllung der nach dem StBerG geforderten und mit Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3 EGV zu vereinbarenden Voraussetzung der beruflichen Qualifikation nicht nachgewiesen hat, nicht mehr auf die Prüfung der Vereinbarkeit der weiteren, in bezug auf die Klägerin nach dem StBerG für die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, notwendigen Voraussetzungen (berufliche Niederlassung gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG und förmliche Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG) mit Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3 EGV ankommt. Denn der Nachweis der beruflichen Qualifikation ist eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, ohne deren Erfüllung jedenfalls die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen unter keinen Umständen in Betracht kommen kann.

d) Die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, die die Klägerin aus Art. 5, 86, 90 EGV gegen die Zurückweisung der Klägerin von der Hilfeleistung in Steuersachen herleitet, greifen ebenfalls nicht durch. Diese Vorschriften befassen sich nämlich - worauf das FA treffend hingewiesen hat - nur mit dem Wettbewerb zwischen Unternehmen, nicht aber mit der hier allein in Rede stehenden Dienstleistungsfreiheit für Steuerberatungsgesellschaften. Die Hilfeleistung in Steuersachen ist nicht wie in dem von der Klägerin angeführten Fall (EuGH, Urteil vom 23. April 1991 Rs. C-41/90, EuGHE 1991, I-1979) bestimmten Unternehmen vorbehalten, sondern wird nach dem StBerG nur davon abhängig gemacht, daß von den Unternehmen, die auf diesem Gebiet tätig werden wollen, bestimmte Anforderungen u. a. an die berufliche Qualifikation bezogen auf das deutsche Recht erfüllt werden müssen.

2. Das FG war zur Vorlage der Sache an den EuGH schon deshalb nicht verpflichtet, weil es erstinstanzliches Gericht ist und in dieser Funktion europarechtliche Zweifelsfragen dem EuGH zwar vorlegen kann, aber nicht vorzulegen braucht (Art. 177 Abs. 2 EGV).

Der erkennende Senat hat nach den vorstehenden Ausführungen keinen Zweifel daran, daß durch die Zurückweisung der Klägerin gemäß § 80 Abs. 5 AO 1977 die in Art. 59 Abs. 1 und 60 Abs. 3 EGV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit nicht unzulässig beeinträchtigt worden ist. Er hält sich deshalb nicht für verpflichtet, eine Vorentscheidung des EuGH nach Art. 177 Abs. 3 EGV einzuholen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415-3442, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266).