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  BFH-Urteil vom 27.6.1994 (VII R 110/93) BStBl. 1995 II S. 341

1. Eine Verfügung, mit der die vorläufige Bestellung zum Steuerberater aufgehoben wird, kann auch dann hinreichend bestimmt sein, wenn sie mit der Nichtigkeit der Bestellung begründet und hilfsweise darauf gestützt wird, daß die Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG zurückzunehmen ist.

2. Der Anwendung von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG steht weder Art. 19 Einigungsvertrag noch das sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebende Rückwirkungsverbot für Gesetze entgegen.

3. Zur Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG ist es nicht erforderlich, daß der Betroffene die Rechtswidrigkeit seiner Bestellung zum Steuerberater kannte oder kennen mußte.

4. Sind die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG gegeben, ist die Rücknahme der vorläufigen Bestellung zum Steuerberater zwingend.

5. Die Bestellung zum Steuerberater nach der StBerO ist unwirksam, falls sie nicht durch Aushändigung einer Urkunde vorgenommen worden ist.

6. Die in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO genannten Tätigkeitsmerkmale "verantwortlich und leitend" brauchen nicht kumulativ erfüllt zu sein.

7. Zur Frage der Nichtigkeit einer vorläufigen Bestellung zum Steuerberater.

GG Art. 20 Abs. 3; Einigungsvertrag Art. 19, 41 Abs. 3; AO 1977 §§ 119, 125, 130 Abs. 2; StBerG § 40 a, § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2, § 164 a; VwVfG § 44 Abs. 2 Nr. 2; StBerO § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 17, § 18, § 19 Abs. 3.

Vorinstanz: Bezirksgericht Erfurt

Sachverhalt

Die Ausbildung des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) bestand u. a. aus einem Studium an der Technischen Hochschule, das er als Diplomingenieurökonom abgeschlossen hat.

Seine spätere berufliche Tätigkeit übte der Kläger u. a. aus

- 5 Jahre und 9,5 Monate beim VEB Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung,

- 1 Jahr und 2 Monate als Hauptrevisor beim Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Ministerium für Finanzen, Staatliche Finanzrevision,

- 7,5 Monate als Abteilungsleiter öffentliche Versorgungswirtschaft beim Rat des Kreises ....,

- 3 Jahre und 3,5 Monate als Hauptbuchhalter und Vorsitzender des PGH M,

- 6 Jahre als Leiter der Hauptabteilung Wirtschaftskontrolle, Rechnungsführung und Finanzen im Leitbetrieb VEB ....

Mit Urkunde vom 10. Juli 1990 wurde der Kläger vom damaligen Vorsteher des Finanzamts (FA) als Steuerberater bestellt.

Die Bestellung wurde gegenüber dem Vorsteher des FA mit Schreiben des Ministerrats der DDR - Ministerium der Finanzen - vom August 1990 bestätigt. Der Kläger erhielt eine Kopie dieses Schreibens.

Mit Bescheid vom .... stellte das Finanzministerium (FinMin) die Nichtigkeit der Bestellung des Klägers zum Steuerberater fest. Hilfsweise nahm es die Bestellung zurück. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage blieb erfolglos.

Das Bezirksgericht hielt die Klage für nicht begründet und führte u. a. aus: Es könne offenbleiben, ob die Bestellung des Klägers zum Steuerberater nichtig gewesen sei; jedenfalls sei ihre Rücknahme nach § 40 a i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1992 rechtmäßig.

Mit seiner Revision macht der Kläger u. a. geltend, er bezweifle die Anwendbarkeit von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG auf den vorliegenden Fall. Der Umstand, daß zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Steuerberater keine Rechtsgrundlage dafür bestanden habe, könne nicht die Unzuständigkeit des Finanzamtsvorstehers, sondern nur die Rechtswidrigkeit der Bestellung wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage begründen. Gehe man aber mit dem Bezirksgericht von einer Anwendbarkeit von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG aus, dann sei die Rücknahme nur zulässig, wenn dem Betroffenen bekannt gewesen sei oder ihm hätte bekannt sein müssen, daß die den Verwaltungsakt erlassende Behörde unzuständig gewesen sei. Diese in § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG genannte Voraussetzung sei auch auf die 2. Alternative der Norm anzuwenden. Der Kläger habe nicht gewußt und auch nicht wissen müssen, daß der Verwaltungsakt unter Umständen von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Dem Bestätigungsschreiben des FinMin der DDR vom 7. August 1990 komme entgegen der Auffassung der Vorentscheidung eine erhebliche Bedeutung zu. Das in Kopie auch ihm übersandte Schreiben begründe zunächst ein schützenswertes Vertrauen des Klägers in den Bestand seiner Bestellung zum Steuerberater. Darüber hinaus habe es auch insoweit eine rechtliche Qualität, als damit entweder Fehler in dem Bestellungsvorgang geheilt oder eine erneute Bestellung vorgenommen worden sei.

Ferner stehe Art. 19 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl II 1990, 885, 889) der Rücknahme der Bestellung des Klägers zum Steuerberater entgegen. Das Bezirksgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß aufgrund von Art. 19 Satz 3 Einigungsvertrag auch § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG auf die noch in der DDR ergangene Bestellung des Klägers Anwendung finde. Art. 19 Sätze 1 und 2 Einigungsvertrag begründeten einen erhöhten Bestandsschutz für die Verwaltungsakte der ehemaligen DDR, die danach nur bei Vorliegen besonders krasser Willkürakte zurückgenommen werden könnten. Darum handele es sich bei der Bestellung des Klägers jedenfalls nicht. Es sei auch mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar, daß selbst rechtswidrige Verwaltungsakte in Bestandskraft erwachsen könnten. Selbst wenn Art. 19 Einigungsvertrag nicht als eine Spezialnorm zu den allgemeinen Rücknahmevorschriften angesehen würde, müsse der in Art. 19 Einigungsvertrag zum Ausdruck gekommene Gedanke aber bei der Auslegung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG herangezogen werden. Ein Mangel der sachlichen Zuständigkeit könne daher nur dann zur Rücknahme der Bestellung führen, wenn dieser Mangel mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechterdings unvereinbar sei. Im Streitfall sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil die Bestellung nicht von einer völlig fachfremden Behörde vorgenommen worden sei und die zuständige Behörde ihre Zustimmung zu der Bestellung erklärt habe.

Die Vorentscheidung habe sich auch in unzureichender Weise mit dem durch die Bestellung des Klägers zum Steuerberater geschaffenen Vertrauenstatbestand auseinandergesetzt. Dieser gründe sich darauf, daß § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG erst nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages in das StBerG eingefügt worden sei und die Rückwirkung von Gesetzen dem Rechtsstaatsprinzip widerspreche. Entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts sei der Rücknahmebescheid des FinMin auch deswegen rechtswidrig, weil es darin die Nichtigkeit der Bestellung feststelle und sie gleichzeitig wegen Rechtswidrigkeit zurücknehme. Eine solche Eventualanordnung sei unzulässig. Im übrigen sei die Bestellung des Klägers zum Steuerberater weder nichtig noch rechtswidrig.

Die Bestellung sei nicht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG rücknehmbar, weil es an dem Tatbestandsmerkmal, daß auch die zuständige Behörde den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen, fehle. Vielmehr hätte der Kläger nach einer Rücknahme der Bestellung wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit sofort neu zum Steuerberater bestellt werden müssen, weil er die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 Nr. 2 der Steuerberatungsordnung der DDR (StBerO) vom 27. Juni 1990 (GBl SDr. Nr. 1455) dafür erfüllt habe.

Für den Fall, daß der erkennende Senat nicht schon aufgrund der vorstehenden Ausführungen zu einer Entscheidung in der Sache selbst komme, mache der Kläger auch die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) geltend. Das Bezirksgericht habe ermitteln müssen, ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers im VEB Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung 5 Jahre und 9,5 Monate um eine leitende Tätigkeit gehandelt habe und hätte dies nicht ohne weitere Ermittlungen verneinen dürfen. Der Kläger, der mit seiner Klageschrift seinen Werdegang eingehend dargelegt habe, habe davon ausgehen können, daß diese Darlegungen ausreichend seien, weil das Gericht eine anderslautende Ansicht zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben habe. Außerdem habe er, der Kläger, bereits in der Klageschrift dargelegt, daß er 4 Jahre im Auftrag der staatlichen Finanzrevision im Bezirk .... Inspektionen durchgeführt habe. Dies sei eine Tätigkeit bei Finanzorganen der DDR gewesen. Er habe davon ausgehen dürfen, daß diese Tätigkeit vom Bezirksgericht berücksichtigt werden würde. Im Zweifelsfalle hätte das Bezirksgericht die erforderlichen Ermittlungen anstellen müssen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet.

.... Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann der Auslegung der Regelung in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO durch die Vorinstanz nicht folgen. Da die Entscheidung des Bezirksgerichts auf der insoweit unzutreffenden Rechtsauffassung beruht, war die Entscheidung aufzuheben. Weil die Sache mangels der erforderlichen Feststellungen durch das Bezirksgericht nicht spruchreif ist, mußte sie an das nunmehr zuständige Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

1. Allerdings greifen die Bedenken nicht durch, die der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitserfordernisses für einen Verwaltungsakt dagegen erhebt, daß das FinMin seine Bestellung gleichzeitig für nichtig erklärt und hilfsweise zurückgenommen hat.

§ 119 der Abgabenordnung (AO 1977), der gemäß § 164 a StBerG auch für das Verwaltungsverfahren in Steuerberatungsangelegenheiten gilt, verlangt zwar, daß ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt ist. Diese Voraussetzung erfüllt indes die angegriffene Verfügung des FinMin. Aus ihr ist eindeutig zu entnehmen, daß die Wirkungen der Verfügung erst mit der Rücknahme der Bestellung ex nunc eintreten sollen, die Feststellung der Nichtigkeit und die Rücknahme der Bestellung also dieselbe Wirkung haben. Damit ist das, was durch die Verfügung des FinMin gewollt ist, hinreichend bestimmt und für den Kläger ohne weiteres ersichtlich.

Rechtlich unbedenklich ist auch, daß in der Verfügung sowohl die Nichtigkeit als auch die Berechtigung für die Rücknahme der Bestellung zum Steuerberater begründet wird. Beide Begründungen widersprechen sich nicht, sondern stehen im Verhältnis von Haupt- und Hilfsbegründung zueinander. Danach sollen jedenfalls die weniger strengen Voraussetzungen für die Rechtswidrigkeit der Bestellung vorliegen, wenn die strengeren Voraussetzungen für ihre Nichtigkeit nicht gegeben sein sollten.

Im übrigen ist es auch nicht zu beanstanden, wenn ein nichtiger Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Denn das FinMin ist in Fällen der Nichtigkeit der Bestellung nicht auf die Feststellung ihrer Nichtigkeit nach § 125 Abs. 5 AO 1977 beschränkt. Wie bereits das Bezirksgericht zutreffend ausgeführt hat, können an der Abgrenzung zwischen Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes häufig Zweifel bestehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Mai 1985 IV R 172/83, BFHE 143, 506, BStBl II 1985, 579).

2. Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, daß als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der vorläufigen Bestellung des Klägers zum Steuerberater § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG in Betracht kommt. Danach ist die gemäß § 40 a StBerG vorläufige Bestellung zum Steuerberater zurückzunehmen, wenn sie von einer sachlich unzuständigen Behörde ausgesprochen worden ist und von der zuständigen Behörde nicht hätte vorgenommen werden dürfen.

a) § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG ist durch Art. 23 Nr. 3 des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I, 297) in das StBerG eingefügt worden. Die Notwendigkeit der Vorschrift hat sich aufgrund der Zulassungs- und Bestellungspraxis der Behörden der DDR nach dem bis zum 31. Dezember 1990 im Beitrittsgebiet geltenden Steuerberatungsrecht ergeben. Sie soll die bis zu der Ergänzung des § 46 Abs. 1 StBerG geltenden Rücknahmetatbestände klarstellen und ergänzen, weil die im Steuerberatungsrecht gemäß § 164 a StBerG geltenden Verfahrensvorschriften, hier insbesondere § 130 Abs. 2 AO 1977, die in der Praxis vorkommenden Fallgestaltungen nicht in zweifelsfreier Weise abdecken (vgl. Gesetzesbegründung in BTDrucks 12/1108, S. 86 f.). § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG ist daher als eine dem § 130 Abs. 2 AO 1977 für das Berufsrecht der Steuerberater vorgehende Spezialnorm anzusehen.

b) Der Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG auf den vorliegenden Fall steht Art. 19 Einigungsvertrag nicht entgegen.

Diese Bestimmung soll nur klarstellen, daß die Wirksamkeit von Verwaltungsakten, die von Behörden der DDR erlassen worden sind, grundsätzlich nicht mit dem Wegfall der Körperschaft endet, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

Die Regelung begründet für Verwaltungsakte der ehemaligen DDR-Behörden keinen erhöhten Bestandsschutz etwa derart, daß Verwaltungsakte der DDR-Behörden nur aufgehoben werden dürften, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen des Einigungsvertrages unvereinbar wären (Art. 19 Satz 2 Einigungsvertrag). Das folgt schon daraus, daß nach Art. 19 Satz 3 Einigungsvertrag die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt bleiben, also Verwaltungsakte auch bei Vorliegen entsprechender normativ im DDR-Recht festgelegter Voraussetzungen aufgehoben werden können. Art. 19 Satz 2 Einigungsvertrag schafft nach der Systematik der Vorschrift neben Art. 19 Satz 3 Einigungsvertrag nur eine zusätzliche Möglichkeit für die Aufhebung von Verwaltungsakten der DDR-Organe.

Abgesehen davon können jedoch Verwaltungsakte der DDR-Behörden vorbehaltlich besonderer Bestimmungen des Vertrages unwirksam werden, wenn eine andere Rechtsvorschrift dies bestimmt (vgl. Denkschrift zum Einigungsvertrag, BTDrucks 11/7760, S. 364). Das ist im Wege eines "argumentum e contrario" auch aus Art. 41 Abs. 3 des Vertrages zu entnehmen, in dem ausdrücklich für gewisse Fälle die Unabänderlichkeit bestimmter Rechtsakte vorgeschrieben ist. Ein solcher Vorbehalt besteht im Hinblick auf Rechtsakte über die Bestellung zum Steuerberater durch Behörden der DDR nicht. Deshalb konnte § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG eine in Art. 19 Einigungsvertrag nicht genannte Möglichkeit für die Rücknahme von Verwaltungsakten der Behörden der ehemaligen DDR vorsehen.

Darauf, ob die Bestellung des Klägers zum Steuerberater auch nach dem früheren Recht der DDR hätte zurückgenommen werden können (Art. 19 Satz 3 Einigungsvertrag), kommt es daher nicht an. Insoweit ist es nicht erforderlich, darauf einzugehen, ob und inwieweit die Rücknahme nach DDR-Recht von einer Ermessensentscheidung und damit von einer richtigen Ermessensausübung der die Bestellung zurücknehmenden Behörde abhängig gewesen wäre (vgl. § 66 StBerO i. V. m. § 130 Abs. 2 Nr. 1 DDR-AO).

c) Gegen die Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG im Streitfall greifen auch die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen diese Regelung nicht durch.

Diese Bedenken könnten allenfalls bei einer Verletzung des die Rechtssicherheit und den Vertrauensschutz umfassenden Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) gerechtfertigt sein, das eine Rückwirkung von Gesetzen grundsätzlich verbietet. Ein solches grundsätzliches Rückwirkungsverbot besteht aber nur bei Gesetzen, deren Rechtsfolgen für einen vor Verkündung der Norm liegenden Zeitpunkt eintreten, d. h. Gesetzen, durch die nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird - "echte Rückwirkung" - (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1986 VIII R 93/85, BFHE 147, 346, BStBl II 1986, 845 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2. Aufl., Art. 20 Rz. 48). Eine solche Rückwirkung entfaltet indes § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG nicht. Diese Vorschrift knüpft vielmehr nur an in der Vergangenheit verwirklichte Tatbestände an, um bei Erfüllung eines solchen Tatbestandes für die Zukunft bestimmte Maßnahmen, nämlich die Rücknahme der vorläufigen Bestellung zum Steuerberater, vorzuschreiben - "unechte Rückwirkung" - (zum Begriff z. B. BVerfG-Beschluß vom 20. Januar 1988 2 BvL 23/82, BVerfGE 77, 370, 377 f.; Jarass/Pieroth, a. a. O., Rz. 49). Derartige Regelungen sind nach der Rechtsprechung des BVerfG nur dann nicht zulässig (BVerfG in BVerfGE 77, 370, 377; Beschluß vom 8. Juni 1988 2 BvL 9/85 und 3/86, BVerfGE 78, 249, 283), wenn eine Güterabwägung zwischen der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl und dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens ergibt, daß das Individualinteresse Vorrang hat (vgl. z. B. BVerfG-Beschluß vom 30. September 1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 356). Dabei ist aber nicht auf das Ausmaß des individuell vom Kläger in den Fortbestand seiner Bestellung zum Steuerberater gesetzte Vertrauen, sondern generell auf einen möglichen Vertrauensschaden aller durch die Vorschrift Betroffenen abzustellen.

Im Fall des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG überwiegt das allgemeine Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände. Die der Regelung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG zugrundeliegende Fallkonstellation geht von einer formell und materiell rechtswidrigen Bestellung des Betreffenden zum Steuerberater aus. Auch nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 der zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Steuerberater schon geltenden DDR-AO (§ 515) hätte eine solche Bestellung allein deshalb zurückgenommen werden können, weil sie von einer sachlich unzuständigen Behörde ergangen war. Allerdings hätte die danach mögliche Rücknahme im Ermessen der Behörde gelegen, während § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG der Behörde insoweit kein Ermessen mehr einräumt. Bei der Ermessensentscheidung hätte zuungunsten des Betreffenden aber berücksichtigt werden müssen, daß selbst die sachlich zuständige Behörde die Bestellung nicht hätte aussprechen dürfen. Unter diesen Umständen hätte auch die Ermessensentscheidung in der Regel zur Rücknahme der Bestellung geführt. Deshalb war schon aufgrund der früheren Regelung eine geschützte Vertrauensposition der Betroffenen kaum gegeben. Demgegenüber muß das allgemeine Interesse an einer Regelung, wie sie § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG getroffen hat, überwiegen, weil damit die Gleichbehandlung aller in der genannten Übergangszeit vorgekommenen Fälle rechtswidriger Bestellung zum Steuerberater sichergestellt wird.

d) Rechtsfehlerfrei hat die Vorinstanz auch entschieden, daß es im Falle einer Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG nicht darauf ankommt, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bestellung zum Steuerberater kannte oder kennen mußte. Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur im Falle einer Rücknahme auf der Grundlage von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG erheblich. Bei einer Rücknahme der Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG braucht diese Voraussetzung dagegen nicht erfüllt zu sein.

e) Lägen die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG vor, so wäre die vorläufige Bestellung zum Steuerberater zwingend zurückzunehmen. Für eine Ermessensentscheidung der Behörde wäre nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum.

3. Das Bezirksgericht hat schließlich zutreffend erkannt, daß der Kläger nicht durch die sachlich zuständige Behörde zum Steuerberater bestellt worden ist.

a) In bezug auf die Bestellung des Klägers zum Steuerberater war jedenfalls der Vorsteher des FA eine sachlich unzuständige Behörde i. S. von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG.

aa) Dies folgt zunächst daraus, daß der Vorsteher des FA nicht durch Rechtsvorschrift dazu befugt worden war, in Steuerberatersachen tätig zu werden. Unerheblich ist insoweit, ob die Zuständigkeit positiv rechtlich einer anderen Behörde zugeteilt war oder - wie im Streitfall - sich die Unzuständigkeit daraus ergab, daß im Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Steuerberater überhaupt keine Rechtsvorschrift bestand, die die Bestellung von Steuerberatern regelte. Ob die Bestellung auch deswegen rechtswidrig war, weil sie ohne gesetzliche Grundlage erging, spielt keine Rolle für die Frage, ob die nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG tatbestandlich geforderte Voraussetzung der sachlichen Unzuständigkeit des Organs, das die Bestellung erlassen hat, gegeben ist.

Selbst die erst am 27. Juli 1990 und damit nach der Bestellung des Klägers am 10. Juli 1990 zum Steuerberater in Kraft getretene StBerO begründete keine Zuständigkeit des Vorstehers des FA. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StBerO war vielmehr zunächst der Leiter der Abteilung Besitz- und Verkehrsteuern im Ministerium der Finanzen der DDR für die Bestellung des Klägers zum Steuerberater zuständig.

bb) Die fehlende Zuständigkeit des Vorstehers des FA konnte durch das an ihn gerichtete Schreiben des nach dem 27. Juni 1990 gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 StBerO für die Bestellung zuständigen Leiters der Abteilung Besitz- und Verkehrsteuern im Ministerium der Finanzen vom August 1990 nicht geheilt werden.

Denn im Streitfall fehlte nicht die möglicherweise nachholbare Zustimmung des FinMin zu der Bestellung, sondern die Bestellung war von einer sachlich unzuständigen Behörde der DDR vorgenommen worden. Eine sachlich unzuständige Behörde kann aber nicht dadurch zu einer sachlich zuständigen werden, daß die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde den von der unzuständigen erlassenen Verwaltungsakt bestätigt. Denn die sachliche Zuständigkeit der Behörden ist durch Rechtsvorschriften (hier § 17 Abs. 1 Satz 2 StBerO) geregelt, die nicht durch eine Einzelweisung oder Bestätigung der zuständigen Behörde für den Einzelfall außer Kraft gesetzt werden können.

b) Der Kläger ist auch nicht durch den sachlich zuständigen Leiter der Abteilung Besitz- und Verkehrsteuern im Ministerium der Finanzen zum Steuerberater bestellt worden, weil insoweit die für die wirksame Bestellung erforderlichen Formvorschriften nicht eingehalten worden sind.

Das an den Vorsteher des FA gerichtete Schreiben vom August 1990, in dem die Berufung des Klägers durch den Vorsteher des FA zum Steuerberater bestätigt wurde, erfüllt nicht die förmlichen Voraussetzungen für eine wirksame Bestellung des Klägers zum Steuerberater. Diese Voraussetzungen sind in §§ 17, 18 StBerO festgelegt und sehen vor, daß der Bewerber nach der bestätigten Befreiung von der Prüfung durch Aushändigung einer Urkunde zum Steuerberater bestellt wird.

Es kann dahinstehen, ob in dem betreffenden Schreiben überhaupt ein an den Kläger gerichteter Verwaltungsakt zu sehen ist. Allein der Umstand, daß dem Kläger eine Kopie des Schreibens übersandt wurde, spricht noch nicht dafür (vgl. BFH-Urteil vom 26. März 1969 VII R 16/67, BFHE 95, 426, BStBl II 1969, 470). Gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts spricht jedenfalls, daß das Schreiben nicht an den Kläger, sondern den Vorsteher des FA gerichtet ist. Die Angabe des Inhaltsadressaten ist aber wesentlicher Inhalt eines Verwaltungsaktes (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 122 AO 1977 Rz. 2).

Jedenfalls erfüllt das Schreiben nicht die für eine Bestellung zum Steuerberater nach § 18 StBerO vorgeschriebene Form einer besonderen Urkunde. Zumindest in ihr hätte der durch die Aushändigung der Urkunde zum Steuerberater zu Bestellende als Adressat der Urkunde eindeutig bezeichnet werden müssen. Dem wird das in Rede stehende Schreiben nicht gerecht.

Die Aushändigung einer Urkunde ist nach § 18 StBerO konstitutive Voraussetzung für die Bestellung zum Steuerberater. Das folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 1 StBerO, dessen Regelung der in § 5 Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes entspricht. Durch die Bindung der Bestellung zum Steuerberater an eine bestimmte Form sollen Unklarheiten über die Bestellung - wie sie im Streitfall bestehen - verhindert werden. Eine ohne die Einhaltung dieser Formvorschriften vorgenommene Bestellung zum Steuerberater ist unwirksam.

4. Die Feststellungen des Bezirksgerichts ergeben nicht mit der gebotenen Klarheit, daß die weitere von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG geforderte Voraussetzung erfüllt ist, wonach auch die sachlich zuständige Behörde die Bestellung des Klägers zum Steuerberater nicht hätte aussprechen dürfen.

In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Bezirksgerichts ist im Streitfall für die prüfungsbefreite Bestellung des Klägers der Nachweis einer mindestens sechsjährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiete des Steuerwesens erforderlich (§ 15 Abs. 1 StBerO). Diese Tätigkeit wurde nach dem hier allein in Betracht kommenden § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO ausgeübt von Bewerbern, die ehemalige verantwortliche und leitende Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane waren. Der Senat hat bereits entschieden, daß für eine prüfungsbefreite Bestellung zum Steuerberater nur die abschließend in § 15 Abs. 2 StBerO aufgezählten Personen in Betracht kamen und eine extensive Auslegung dieser Vorschrift nicht geboten ist (Senatsbeschluß vom 20. Dezember 1990 VII B 255/90, BFHE 163, 397, BStBl II 1991, 267).

Anders als die Vorinstanz meint, brauchen aber die in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO genannten Merkmale "verantwortlich und leitend" nicht kumulativ erfüllt zu sein. Vielmehr reicht es aus, wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist.

Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht eindeutig, weil beide Merkmale mit dem Wort "und" verbunden sind, was sowohl im Sinne einer notwendigen Kumulation beider Voraussetzungen als auch in dem Sinne verstanden werden kann, daß alternativ das Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen genügen kann. Ihrem Inhalt nach überschneiden sich jedoch die Begriffe "verantwortlich" und "leitend", wenn sie nicht sogar als synonym verwendet zu verstehen sind. Denn jedenfalls eine "leitende" Tätigkeit kann nur vorliegen, wenn sie auch "verantwortlich" ausgeübt wird. In dem Begriff der "leitenden Tätigkeit" ist deshalb das Merkmal der "verantwortlichen Tätigkeit" notwendigerweise enthalten. Das spricht dafür, daß die genannten Begriffe in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO nicht kumulativ, sondern alternativ gebraucht worden sind.

Diese Auslegung wird nach Auffassung des Senats auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht. Sie sollte sicherstellen, daß zu Steuerberatern nur solche Personen bestellt werden, die, obwohl sie keine Kenntnisse auf dem Gebiete des in der DDR nach der mit der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Wirtschafts- und Währungsunion neu eingeführten Steuerrechts besaßen, doch jedenfalls nach ihrer bisherigen Berufstätigkeit eingehende Kenntnisse des in der DDR bis dahin geltenden Steuer- und Wirtschaftsrechts hatten und deshalb erwarten ließen, daß sie sich schnell in die neue Materie einarbeiten konnten. Eine solche Erwartung kann aber auch in Mitarbeiter der in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO genannten Einrichtungen gesetzt werden, die - wenn auch nicht leitend - so doch jedenfalls verantwortlich tätig waren.

Da das Bezirksgericht von einer anderen Auslegung des § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO ausgegangen ist und die Entscheidung darauf beruht, ist die Vorentscheidung aufzuheben.

5. Die Sache ist nicht spruchreif, weil die von einer anderen Auslegung des § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO ausgehenden Feststellungen des Bezirksgerichts keine ausreichende tatsächliche Grundlage bieten, um den Streitfall zu entscheiden. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Damit erledigen sich die vom Kläger im Revisionsverfahren erhobenen Aufklärungsrügen.

Nach den vorstehenden Ausführungen kann nicht mehr dahingestellt bleiben, ob - und wie lange - der Kläger bei seiner Tätigkeit im VEB Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung - möglicherweise einer Vorläuferorganisation des VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung - eine verantwortliche Tätigkeit ausgeübt hat, falls das Merkmal einer leitenden Mitarbeit, wie das Bezirksgericht es getan hat, verneint werden muß. Ggf. müßte auch festgestellt werden, ob das VEB Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung tatsächlich eine Vorläufereinrichtung der in § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO genannten Einrichtung ist.

Sollten die dort erfüllten Tätigkeiten ihrer Art und Dauer nach nicht ausreichen, um zusammen mit der Tätigkeit des Klägers als Hauptrevisor beim Ministerrat der DDR, Ministerium der Finanzen, Staatliche Finanzrevision Erfurt, die der Senat als eine solche bei Finanzorganen der DDR ansieht (vgl. DDR-Handbuch, Band I, 1985, S. 393 ff., Stichwort "Finanzorgane"; v. Grumbkow, Sozialistische Finanzkontrolle, 1984, S. 81 f.), die Voraussetzung der sechsjährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens zu erfüllen, hätte das FG weiter zu prüfen, ob und inwieweit insbesondere die Tätigkeit des Klägers im Auftrag der staatlichen Finanzrevision Erfurt als eine hauptberufliche Tätigkeit i. S. von § 15 Abs. 2 Nr. 2 StBerO gewertet werden kann.

6. Die danach notwendigen Feststellungen des FG erübrigen sich nicht etwa deshalb, weil die vorläufige Bestellung des Klägers zum Steuerberater nichtig gewesen wäre, wie das FinMin meint.

a) Das Bezirksgericht hat zu dieser Frage mit Recht nicht Stellung genommen, weil es jedenfalls die Rücknahme der vorläufigen Bestellung aufgrund von § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG für gerechtfertigt hielt.

b) Sollten die Feststellungen des FG eine Rücknahme der vorläufigen Bestellung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG nicht rechtfertigen, so käme die Aufhebung der vorläufigen Bestellung mit der Begründung, sie sei nichtig, nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Denn die Umstände der Bestellung lassen die Annahme ihrer Nichtigkeit nicht zu.

aa) Die vorläufige Bestellung des Klägers zum Steuerberater ist nicht deshalb nichtig, weil der Vorsteher des FA für die Bestellung sachlich nicht zuständig war. Das folgt aus § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG, der ausdrücklich für den Fall der sachlichen Unzuständigkeit der bestellenden Behörde nur von einer Rücknahme der vorläufigen Bestellung zum Steuerberater ausgeht. Ein besonders schwerwiegender Mangel im Hinblick auf das Fehlen der sachlichen Zuständigkeit, der deswegen zur Nichtigkeit der Bestellung führen könnte, ist insoweit nicht gegeben. Denn der Vorsteher des FA war - wenn auch sachlich nicht zuständig - immerhin Teil der Finanzverwaltung, deren Spitze für die Bestellung von Steuerberatern zuständig war.

bb) Auch aus dem Umstand, daß der Kläger vor dem Inkrafttreten der StBerO zum Steuerberater bestellt wurde, läßt sich die Nichtigkeit der Bestellung nicht herleiten. Zwar ist die Bestellung aufgrund einer noch nicht bestehenden Rechtsvorschrift erfolgt. Daraus läßt sich aber im Streitfall nicht schließen, daß die Bestellung an einem schwerwiegenden Mangel litt und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig war (§ 125 Abs. 1 DDR-AO 1990 i. V. m. § 66 StBerO).

Nach den vom Bezirksgericht getroffenen Feststellungen wurde der Kläger in vorgreiflicher Anwendung der StBerO zum Steuerberater bestellt. In der Übergangsphase zwischen Herstellung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und dem Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland bestand ein starkes und dringendes Interesse daran, geeignete Personen möglichst schnell zum Steuerberater zu bestellen, um auf diese Weise umgehend auch die fachkundige Beratung in bezug auf die Anwendung der neuen Steuergesetze in der DDR in die Wege zu leiten. Wegen der Dauer des Gesetzgebungsverfahrens in der DDR zu dieser Zeit war es unter Berücksichtigung dieses Interesses der Verwaltung verständlich, daß die Bestellung zum Steuerberater auch schon im Vorgriff auf die bereits im Entwurf vorliegende StBerO ausgesprochen wurde (vgl. Halaczinsky, Die endgültige Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter, 1992, S. 19 unter Abschn. A Nr. 4). Dadurch wurde jedenfalls nicht in Rechte der Betroffenen eingegriffen, sondern sollte lediglich im Vorwege das durchgeführt werden, was wenig später ohnehin in der StBerO geregelt war. Die Bestellung zum Steuerberater im Vorgriff auf die zu erwartende Regelung in der StBerO ist unter diesen Umständen deshalb nicht als ein besonders schwerwiegender Mangel zu werten, so daß die Bestellung deshalb nicht als nichtig anzusehen ist.