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  BFH-Urteil vom 23.3.1995 (IV R 66/94) BStBl. 1995 II S. 772

Erhaltene Vergütungen für die Übernahme einer Ausbietungsgarantie sind beim Garantiegeber passiv abzugrenzen. Der Rechnungsabgrenzungsposten ist an den folgenden Bilanzstichtagen insoweit aufzulösen, als die Vergütungen auf den bereits abgelaufenen Garantiezeitraum entfallen.

EStG 1983 § 5 Abs. 4 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), an der der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bis zum 31. Dezember 1985 als Kommanditist beteiligt war, befaßt sich mit Baubetreuung und gewerblichem Grundstückshandel. In den Jahren 1983 bis 1986 wickelte sie für eine Schwestergesellschaft zwei Erwerbermodelle ab. Im Rahmen dieser Abwicklung ging sie gegenüber den Banken, die den Erwerb der Eigentumswohnungen finanzierten, sog. Ausbietungsgarantien ein. In diesen verpflichtete sich die Klägerin, bis zum 31. Dezember 1989 für den Fall einer Zwangsvollstreckung durch Abgabe eines das Grundpfandrecht deckenden Gebotes sicherzustellen, daß die finanzierende Bank keinen Ausfall erleidet. Im Verhältnis zwischen Klägerin und Bauherren lagen dem Verträge nach folgendem Muster zugrunde:

".... Die kreditgebenden Institute verlangen bei der Kreditgewährung im Sinne der Ziffer 1 in aller Regel zusätzliche Sicherheiten in Form von Ausbietungsgarantien.

Der Garantiegeber erklärt sich bereit, auf Anforderung der Finanzierungsinstitute die Bedingung für eine Ausbietungsgarantie auszuhandeln und diese zu übernehmen.

Der Garantiegeber erhält vom Erwerber für die Bereitschaft, die Ausbietungsgarantie zu übernehmen, eine Vergütung in Höhe von 2 v. H. bezogen auf den Gesamtaufwand. Diese Gebühr wird fällig mit Abschluß dieses Vertrages."

In Höhe der vereinnahmten Gebühren bildete bzw. erhöhte die Klägerin in den Streitjahren ebenso wie in den Jahren zuvor Rechnungsabgrenzungsposten. Eine - teilweise - Auflösung dieser Posten nahm sie nicht vor. Im Rahmen einer bei der Klägerin für die Jahre 1983 bis 1986 durchgeführten Betriebsprüfung löste der Prüfer die Rechnungsabgrenzungsposten zeitanteilig entsprechend der Dauer des Haftungszeitraums erfolgswirksam auf. Hierdurch ergaben sich für die Streitjahre Gewinnerhöhungen in Höhe von 37.530 DM (1985) und 34.748 DM (1986). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und erließ dementsprechend für das Streitjahr 1985 einen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und für das Streitjahr 1986 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Gewinnfeststellungsbescheid.

Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Kläger geltend machten, bei der Ausbietungsgarantie bleibe das Risiko über den gesamten Zeitraum der vereinbarten Garantiezeit in vollem Umfang bestehen. Es handele sich nicht um eine Leistung, die sich auf einzelne Zeiträume verteilen lasse, da der Garantiefall entweder eintrete oder nicht eintrete.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 913 veröffentlicht.

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Zutreffend hat das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten angenommen, daß für die streitigen Ausbietungsgarantiegebühren ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden war. Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Passivseite solche Einnahmen vor dem Abschlußstichtag anzusetzen, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1983).

Die entgeltliche Leistung, die die Klägerin gegenüber den Bauherren erbrachte, bestand darin, daß sie die Haftung gegenüber der Gläubigerbank übernahm, indem sie dafür einstand, daß die Bank im Falle einer Zwangsversteigerung ohne Verlust blieb (vgl. Palandt/Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, Einf v § 765 Rdnr. 20). Dem lag im Verhältnis zwischen Klägerin und Bauherren ein Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - zugrunde (Palandt/Thomas, a. a. O., Rdnr. 8). Werden die für die Übernahme der Haftung gezahlten Provisionen oder Gebühren im voraus gezahlt, sind sie im Wege der Rechnungsabgrenzung auf die Laufzeit der Haftung zu verteilen (Senatsurteile vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262, und vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600). Das gilt nicht nur für die Behandlung der gezahlten Gebühren als aktive Rechnungsabgrenzungsposten beim Auftraggeber, sondern auch für die entsprechende Behandlung als passive Rechnungsabgrenzungsposten beim Garantiegeber (FG Münster, Urteil vom 29. November 1963 II b 9-11/59, Entscheidungen der Finanzgerichte 1964, 237, bestätigt durch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Februar 1967 I 48/64, BFHE 88, 82, BStBl III 1967, 297; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 5 EStG Anm. 2000 "Bürgschaft"; Bauer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 Rdnr. F 301; Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4 bis 5 Rz. 178 p "Bürgschaftsgebühr"). Da sich die von der Klägerin in den Jahren 1983 bis 1986 übernommene Haftung bis zum 31. Dezember 1989 erstreckte, stellten die in den Streitjahren vereinnahmten Ausbietungsgarantiegebühren Entgelte für die jeweils bis Ende 1989 noch verbleibenden Jahre dar, die passiv abzugrenzen waren.

2. Entgegen der Auffassung der Kläger haben FA und FG auch zu Recht angenommen, daß die Ausbietungsgarantiegebühren anteilig auf die Laufzeit des Haftungszeitraums zu verteilen sind.

Sollen die Einnahmen in den auf den ersten Bilanzstichtag folgenden Bilanzen wiederum passiv abgegrenzt werden, so ist gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG zu fragen, inwieweit sie noch Entgelt für eine bestimmte Zeit nach diesen weiteren Bilanzstichtagen darstellen. Der Rechnungsabgrenzungsposten ist demnach in dem Umfang aufzulösen, in dem er auf die bisher erbrachte Teilleistung entfällt. Die Höhe des noch verbleibenden Rechnungsabgrenzungspostens richtet sich nach dem Verhältnis der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Gegenleistung (Bauer in Kirchhof/Söhn, a. a. O., Rdnr. F 148 m. w. N.). Für den Streitfall folgt daraus, daß die Klägerin zu den Bilanzstichtagen, die auf den der erstmaligen Bildung der passiven Rechnungsabgrenzungsposten folgten, einen Teil ihrer Leistung bereits erbracht hatte. Sie hatte bereits in den jeweils vergangenen Jahren dafür garantiert, daß die Gläubigerbank bei einer Zwangsversteigerung keinen Schaden erleiden würde und hatte damit Sicherheit für die von den Bauherren aufgenommenen Kredite geleistet.

Der Auffassung der Kläger, daß die Ausbietungsgarantiegebühren wegen des fortbestehenden Haftungsrisikos bis zum Ende der Leistungsbeziehung nicht zeitanteilig als Erträge realisiert werden dürften, kann der Senat nicht folgen. Wie ein Versicherungsentgelt oder eine Bürgschaftsgebühr wird auch die Gebühr für eine Ausbietungsgarantie im Lauf des Garantiezeitraums "verdient". Es spielt demgemäß keine Rolle, ob für die Klägerin noch bis zum Ende der Leistungsbeziehung ein Haftungsrisiko bestand. Passive Rechnungsabgrenzungsposten dienen ausschließlich der zutreffenden zeitlichen Abgrenzung gebuchter Einnahmen (BFH-Urteile vom 31. Mai 1967 I 208/63, BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607, und vom 17. Juli 1974 I R 195/72, BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684). Dagegen dienen sie nicht - wie das FG zutreffend hervorgehoben hat - der Darstellung von geschäftlichen Risiken. Demgemäß hat der BFH der Auffassung, das Imparitätsprinzip müsse dazu führen, daß Kreditgebühren erst bei völliger Tilgung des Darlehens als Ertrag behandelt werden, widersprochen (Urteil in BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607). Für die Garantieübernahme kann nichts anderes gelten. Das Risiko des Garantiegebers, aus der Garantie in Anspruch genommen zu werden, muß ggf. durch Bildung einer Rückstellung berücksichtigt werden. Auf die erfolgswirksame Vereinnahmung der Garantiegebühren hat dies keinen Einfluß.

Der abweichenden Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer WFA 1/84 vermag der Senat daher nicht zu folgen.

3. Schließlich hat das FG - wie auch die Kläger einräumen - zutreffend entschieden, daß die Bildung einer Rückstellung wegen drohender Verluste aus der Garantieübernahme schon deswegen nicht in Betracht kommt, weil sie die im Haftungsfall bei Ersteigerung einer Wohnung entsprechenden Anschaffungskosten zu aktivieren hätte (BFH-Urteil vom 1. April 1981 I R 27/79, BFHE 133, 386, BStBl II 1981, 660, unter III. 4. b).