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  BFH-Urteil vom 10.11.1994 (IV R 68/93) BStBl. 1995 II S. 779

Wird ein erworbener Holzbestand durch Kahlschlag verringert, so mindern die anteiligen Anschaffungskosten den Erlös aus der Veräußerung des Holzes.

EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1, § 34, § 34 b.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und haben den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart. Sie bewirtschaften einen rd. 100 ha großen (davon ca. 50 ha eigene Land- und ca. 50 ha eigene Forstwirtschaft) land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und ermittelten ihren Gewinn durch Vermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Mit notariellem Vertrag vom Januar 1986 hatten die Kläger einen 10 ha großen selbständigen forstlichen Teilbetrieb für .... DM erworben. Hiervon entfielen auf den Grund und Boden .... DM und den Aufwuchs .... DM. Noch im gleichen Wirtschaftsjahr erzielten die Kläger durch Kahlschlag eines ca. 1 ha großen Teils des erworbenen Forstes einen Erlös in Höhe von .... DM. Es handelte sich dabei um einen 80jährigen Fichtenbestand mit einem anteiligen Buchwert von .... DM.

Im Wirtschaftsjahr 1986/1987 beteiligten sich die Kläger an einem vom Amt für Agrarordnung .... durchgeführten freiwilligen Landtauschverfahren, das auf Antrag der Tauschpartner durch Beschluß vom .... Januar 1987 eingeleitet worden war. Die Eigentums- und Besitzveränderungen traten zum .... April 1987 ein. Die Kläger tauschten dabei die erworbenen Flächen gegen 11 ha Forst sowie ca. 1 ha Grünland ein. Wegen der angenommenen Wertgleichheit erfolgte kein Wertausgleich. Der gemeine Wert der weggetauschten Flächen betrug nach einem Gutachten des Amtlichen Forstwirtschaftlichen Sachverständigen (AFS) 328.088 DM.

Noch im gleichen Wirtschaftsjahr erzielten die Kläger durch einen weiteren Kahlschlag von drei Einzelparzellen (insgesamt 3,81 ha) auf dem eingetauschten Gelände einen Erlös von .... DM. Der anteilige Buchwert des aufstehenden Holzes betrug .... DM.

In den Steuerbilanzen für die Wirtschaftsjahre 1985/1986 und 1986/1987 wurden die Holzverkäufe aus den beiden Kahlschlägen erfolgsneutral behandelt. Die Kläger unterstellten, daß die Verkaufserlöse und die auszubuchenden Buchwerte gleichwertig seien.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Erlöse aus den Kahlschlägen erhöhten in vollem Umfang die Betriebseinnahmen. Die Kläger könnten nur die in Abschn. 212 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) vorgesehene Waldwertminderung in Anspruch nehmen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte der Auffassung des Prüfers und änderte in den hier strittigen Punkten die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide 1985, 1986 und 1987 entsprechend. Der Einspruch der Kläger hatte keinen Erfolg. Das FA führte in der Einspruchsentscheidung u. a. aus, hinzugekauftes Holz stelle neben dem schon vorhandenen Wirtschaftsgut "stehendes Holz" kein besonderes Wirtschaftsgut dar. Mit der Vereinfachungsregelung in Abschn. 212 Abs. 1 EStR sei auch die Abholzung wesentlicher Teile des angeschafften Waldes abgegolten. Die Erlöse aus den Kahlschlägen seien daher in vollem Umfang gewinnerhöhend zu erfassen. Aus dem Landtausch ergebe sich infolge der anzunehmenden Wertgleichheit keine Gewinnminderung.

Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie trugen vor, die Kahlschläge seien direkt im Anschluß an die Anschaffung erfolgt. Es handle sich gemessen an dem Wert der angeschafften Holzbestände und auch des gesamten Waldbesitzes um größere Holzeinschläge, die eine Minderung der Verkaufserlöse durch die anteiligen Buchwerte rechtfertigten. Die Waldwertminderung in Abschn. 212 Abs. 1 EStR in Höhe von 3 v. H. sei mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht zu vereinbaren. Der Veräußerungsgewinn aus dem Landtausch sei nach § 34 EStG tarifbegünstigt zu versteuern. Darüber hinaus sei gewinnmindernd eine Rückstellung für Wiederaufforstungskosten in Höhe von 47.357 DM zu bilden.

Die wegen anderer Punkte mehrfach geänderten Einkommensteuerbescheide haben die Kläger zum Gegenstand des Klageverfahrens erklärt.

Die Klage hatte Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 33 veröffentlicht.

Mit der vom FG - wegen grundsätzlicher Bedeutung - zugelassenen Revision macht das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) geltend.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet.

1. Zu Recht hat das FG entschieden, daß die Einnahmen aus der Veräußerung des durch Kahlschlag gewonnenen Holzvorrats durch die Anschaffungskosten des geschlagenen Holzbestandes gemindert werden. Die Versagung dieses Abzugs ist mit den Grundsätzen des § 2 Abs. 2 EStG (Nettoprinzip) nicht vereinbar und würde auf eine im EStG nicht vorgesehene Einkommensbesteuerung von Umsätzen hinauslaufen.

a) Die Kläger ermitteln den Gewinn für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. In diesen Vergleich war im Grundsatz auch der erworbene Waldbestand einzubeziehen. Er hätte nach allgemeinen Grundsätzen an den Bilanzstichtagen mit seinen Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet werden müssen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Auf die periodische Bewertung von Waldbeständen wird jedoch aus Vereinfachungsgründen verzichtet und der Bestand auch nicht entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG mit seinem höheren Teilwert angesetzt. Dies ist mit der Aussage gemeint, der Waldbesitzer habe auf den Bestandsvergleich verzichtet (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. November 1993 IV R 125/90, BFHE 173, 318, BStBl II 1994, 629).

Gleichwohl sind die Anschaffungskosten für den erworbenen Waldbestand fortzuführen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Dezember 1962 IV 268/59 S, BFHE 77, 107, BStBl III 1963, 357). Sie erlangen Bedeutung, wenn der Steuerpflichtige den früher erworbenen Holzbestand veräußert; sie mindern dann den entstehenden Gewinn. Die Veräußerung von forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen muß zu dem gleichen Ergebnis führen wie die Veräußerung von gewerblichem Betriebsvermögen (Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 11. Dezember 1929 VI A 1510/29, RStBl 1930, 214). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige den Betrieb im ganzen, einen Teilbetrieb oder nur Teilflächen veräußert oder ob er, wie im Streitfall geschehen, eine Teilfläche abholzt und die so gewonnene Holzmenge veräußert. In die Herstellungskosten des zur Veräußerung bestimmten Holzvorrats gehen die auf den geschlagenen Waldbestand entfallenden Anschaffungskosten ein. Ob deshalb auch der Waldbestand dem Vorratsvermögen zuzurechnen ist, braucht nicht entschieden zu werden; denn auch, wenn er dem nichtabnutzbaren Anlagevermögen zugerechnet wird, ist dem teilweisen Abgang durch eine entsprechende Minderung der Anschaffungskosten Rechnung zu tragen.

b) Der Berücksichtigung der Anschaffungskosten steht auch nicht entgegen, daß die Kläger von der Möglichkeit des Abschn. 212 Abs. 1 EStR Gebrauch gemacht haben. Danach können die Holzabgänge aus Vereinfachungsgründen mit 3 v. H. der Anschaffungskosten angenommen werden. In diesem Umfang würden sich die fortzuführenden Anschaffungskosten mindern. Dadurch werden aber die Gewinnermittlungsgrundsätze des § 4 Abs. 1 EStG nicht aufgehoben. Es besteht deshalb kein Wahlrecht zwischen diesen Grundsätzen und den Möglichkeiten des Abschn. 212 Abs. 1 EStR.

Ob die Abschreibungsmöglichkeit keine Rechtsgrundlage hat, wie das FG angenommen hat (ebenso FG Nürnberg vom 2. Februar 1983 V 197/78, EFG 1983, 403) und wie ihre Inanspruchnahme sich auf die Ermittlung späterer Holzveräußerungsgewinne im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG auswirkt, braucht im Streitfall nicht erörtert zu werden. Denn das FG hat die bisher von den Klägern beanspruchte "Waldwertminderung" für die Wirtschaftsjahre 1984/1985 bis 1987/1988 rückgängig gemacht. Da die Kläger keine Revision eingelegt haben, ist ihnen die Abschreibung endgültig versagt; sie kann deshalb auch keinen Einfluß auf die Ermittlung des Holzveräußerungsgewinns haben. Im übrigen hat der Senat bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, daß die Anwendung von Abschn. 212 Abs. 1 EStR nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führen darf (BFH-Urteil vom 7. Februar 1985 IV R 56/82, BFH/NV 1986, 664). Dazu würde es im Streitfall aber kommen.

c) Zu Recht hat das FG auch entschieden, daß die entstandenen Veräußerungsgewinne die Vergünstigung aus § 34 b EStG genießen. Ein Versagungsgrund (dazu BFH in BFHE 173, 318, BStBl II 1994, 629) ist nicht ersichtlich.

2. Das FG hat im Zusammenhang mit dem Flächentausch im Wirtschaftsjahr 1986/1987 zu Lasten der Kläger einen Veräußerungsgewinn errechnet, der allerdings nach § 34 EStG tarifbegünstigt sei. Da die Kläger nicht Revision eingelegt haben, muß es bei dieser Gewinnerhöhung bewenden. Darüber hinaus hat das FG den Klägern eine weitere Gewinnminderung durch Zuerkennung einer Rückstellung für Wiederaufforstungskosten versagt; da die Kläger auch dies nicht angegriffen haben, ist hierauf nicht einzugehen.