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  BFH-Urteil vom 28.6.1995 (XI R 40/94) BStBl. 1995 II S. 805

1. § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 schließt auch dann die Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus, wenn infolge des Widerrufs der Option zur Regelbesteuerung und des damit verbundenen Ausschlusses des Verzichts auf Steuerbefreiungen die Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 UStG 1980 erfüllt sind.

2. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG i. V. m. § 15 a UStG setzt voraus, daß sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse nach dem 31. Dezember 1989 ändern.

UStG 1980 § 15 a Abs. 1, § 19 Abs. 1; UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG § 19 Abs. 1 Satz 5.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer einer Eigentumswohnung, die er vermietet. In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1984 bis 1988 zog er Vorsteuerbeträge von insgesamt 28.736 DM ab. Die Umsätze in diesen Jahren lagen unter 10.000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stimmte den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1984 bis 1988 zu.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 1989 teilte der Kläger dem FA mit, daß die von ihm geschuldete Umsatzsteuer ab 1. Januar 1990 nicht mehr erhoben werden solle. Mit Schreiben vom 11. April 1990 begehrte der Kläger die Nichterhebung der Umsatzsteuer bereits für den Zeitraum ab 1. Januar 1989. Mit Schreiben vom 11. Juni 1991 schränkte er diese Erklärung ein. Sie sollte nur "unter der Voraussetzung, daß keine 15 a-Steuer anfällt" gelten. In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1989 und 1990 gab der Kläger seine steuerpflichtigen Umsätze jeweils mit 0 DM an. Vorsteuerbeträge zog er nicht mehr ab. Das FA berichtigte den Abzug der auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge. Es setzte die Umsatzsteuer für 1989 auf 568 DM und für 1990 auf 2.844 DM fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Diesen wies das FA mit den Einspruchsentscheidungen vom 10. März 1993 jeweils unter Hinweis auf Abschn. 215 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 1988 als unbegründet zurück.

Die dagegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen. Es führt in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 855 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus, zu Recht habe das FA den streitigen Vorsteuerabzug für das Streitjahr 1989 berichtigt. Der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der vor dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung stehe dem nicht entgegen. Mit dem wortgetreuen Inhalt würde § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, weil eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt würde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Ein sachbereichsbezogener, vernünftiger oder sonst einleuchtender Grund für eine unterschiedliche Behandlung sei nicht ersichtlich. Dem Anliegen des Gleichheitssatzes diene auch Art. 20 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Bestimmungen erlassen können, um zu gewährleisten, daß dem Steuerpflichtigen weder ungerechtfertigte Vorteile noch ungerechtfertigte Nachteile entstehen, wenn dieser von der normalen Mehrwertsteuerregelung auf eine Sonderregelung übergeht oder umgekehrt. § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des Wohnungsbauförderungsgesetzes (WoBauFG), welcher für die Veranlagungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1989 beginnen, ausdrücklich bestimme, daß § 15 a UStG nur anzuwenden sei, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bei einem Wirtschaftsgut ändern, das von dem Unternehmer bereits vor Beginn des Zeitraums erstmalig verwendet worden sei, in dem die Steuer nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erhoben werde, stehe dem nicht entgegen. Nach der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum solle diese Vorschrift lediglich die bisherige Rechtslage bestätigen. Die Verhältnisse, die im Streitfall für den Vorsteuerabzug maßgebend gewesen seien, hätten sich i. S. des § 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 geändert. Dadurch, daß der Kläger seine Option für die Regelbesteuerung gemäß § 19 Abs. 2 UStG 1980 widerrufen habe, könne er nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG auf die Steuerbefreiung für die Umsätze, die er mit seiner Eigentumswohnung ausgeführt habe, nicht mehr verzichten. Der Vorsteuerabzug wäre damit gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 nicht mehr möglich. Im Streitjahr 1990 habe das FA zu Recht den Vorsteuerabzug gemäß § 15 a Abs. 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG berichtigt, denn auch für dieses Streitjahr habe der Kläger seine Option zur Regelbesteuerung widerrufen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 15 a und 19 Abs. 1 UStG.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerveranlagung 1989 und 1990 dahin gehend zu ändern, daß die Bescheide über Umsatzsteuer 1989 und 1990 jeweils vom 12. Dezember 1991 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 10. März 1993 ersatzlos aufgehoben werden, hilfsweise, für den Fall, daß der Klage nicht stattgegeben wird, den ursprünglichen Rechtszustand wiederherzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Umsatzsteuer 1989

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 unzutreffend ausgelegt hat. Nach dieser Vorschrift durfte eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht durchgeführt werden.

a) Nach § 15 a Abs. 1 UStG 1980 ist eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen, wenn sich bei einem Grundstück die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von 10 Jahren seit Beginn der Verwendung ändern. § 15 a UStG 1980 knüpft an die Regelung in § 15 Abs. 2 UStG 1980 an. Unter Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, sind die Umsätze zu verstehen, zu deren Ausführung das Grundstück verwendet wird. Die Berichtigung ist ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verwendungsverhältnisse durchzuführen, wobei innerhalb des Berichtigungszeitraums für jedes Kalenderjahr der Änderung von 1/10 der auf das Grundstück entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen ist (§ 15 a Abs. 2 UStG 1980).

Eine Änderung der Verhältnisse ist gegeben, wenn das Wirtschaftsgut im Erstjahr zur Ausführung steuerpflichtiger und in einem der Folgejahre innerhalb des Berichtigungszeitraums zur Ausführung steuerfreier Umsätze (oder umgekehrt) verwendet wird. Das gleiche gilt, wenn innerhalb des Berichtigungszeitraums durch Gesetzesänderung die maßgeblichen Verwendungsumsätze von der Umsatzsteuer befreit und dadurch der Vorsteuerabzug ausgeschlossen wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. November 1993 XI R 51/90, BFHE 174, 253, BStBl II 1994, 582 m. w. N.).

Ob der Kläger im Erstjahr der Verwendung aufgrund des Verzichts auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze (§ 9 i. V. m. § 4 Nr. 12 a UStG 1980) steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat, obgleich er eine Wohnung vermietete (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 1992 V R 12/88, BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931), läßt der Senat ebenso offen, wie die Frage, ob wegen der Bestandskraft der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1984 bis 1988 jedenfalls von steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen auszugehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1993 V R 65/92, BFHE 173, 270, BStBl II 1994, 485 m. w. N.). Selbst wenn man unterstellt, daß infolge des Widerrufs der Option zur Regelbesteuerung und des damit verbundenen Ausschlusses des Verzichts auf die Steuerbefreiung ab 1. Januar 1989 der Tatbestand des § 15 a Abs. 1 UStG 1980 erfüllt war, durfte der Vorsteuerabzug schon deshalb nicht berichtigt werden, weil sich die Besteuerung der Umsätze des Klägers ab 1. Januar 1989 nach § 19 Abs. 1 UStG 1980 richtete.

b) Der Kläger hat seine Option zur Regelbesteuerung nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist wirksam zum 1. Januar 1989 widerrufen (§ 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UStG 1980). Ebenso wie die Option zur Regelbesteuerung ist deren Widerruf eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem FA; sie wirkt rechtsgestaltend auf das Umsatzsteuerrechtsverhältnis und ist deshalb bedingungsfeindlich (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1984 V R 32/74, BFHE 142, 327, BStBl II 1985, 173, und vom 16. März 1988 X R 7/80, BFH/NV 1989, 197). Sie kann dem FA gegenüber auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1985 V R 167/82, BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420). Da der Kläger im Schreiben vom 11. Juni 1991 den Übergang zur Nichterhebung der Umsatzsteuer von der Bedingung abhängig gemacht hat, daß keine "15 a-Steuer" anfällt, kommt dieser Erklärung keine Gestaltungswirkung zu. Zwar läßt sich auch die gleichzeitig abgegebene Umsatzsteuererklärung 1989, in der der Kläger steuerfreie Umsätze von 7.821 DM und unter Hinweis auf sein Schreiben vom 11. Juni 1991 Vorsteuerbeträge von 0 DM und die Umsatzsteuer mit 0 DM angegeben hat, nicht als Widerruf der Option werten. Er hat im Einspruchsverfahren aber darauf hingewiesen, daß die Option zur Regelbesteuerung mit Wirkung vom 1. Januar 1989 widerrufen worden sei und außerdem seinen Einspruch ausschließlich darauf gestützt, daß eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Rahmen des § 19 Abs. 1 UStG 1980 entgegen der Richtlinienregelung in Abschn. 215 Abs. 7 UStR 1988 nicht in Betracht komme. Damit war von einem uneingeschränkten Widerruf der Option zur Regelbesteuerung auszugehen.

Ebenso wie die Option zur Regelbesteuerung kann auch der Widerruf der Option bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung widerrufen werden. Der entsprechenden Erklärung des Klägers mit dem Hilfsantrag kommt - abgesehen davon, daß es sich dabei um neues tatsächliches Vorbringen handelt - jedoch keine Bedeutung zu, weil sie weder dem FA gegenüber noch unbedingt abgegeben worden ist (vgl. Urteil in BFH/NV 1989, 197).

c) Nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 finden bei der Nichterhebung der Umsatzsteuer (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980) die Vorschriften über den Vorsteuerabzug (§§ 15 und 15 a UStG 1980) keine Anwendung. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist danach ausgeschlossen, wenn sich der Verwendungszweck eines Wirtschaftsguts während der Nichterhebung der Umsatzsteuer ändert. Dies gilt aber auch dann, wenn die Änderung der im Erstjahr maßgebenden Verhältnisse darauf beruht, daß infolge des Widerrufs der Option für die Regelbesteuerung § 9 UStG 1980 nicht mehr anwendbar ist und dadurch statt bisher steuerpflichtige nunmehr steuerfreie Umsätze ausgeführt werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und möglichen Wortsinn des § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980. Eine Anwendung des § 15 a UStG 1980 entgegen der ausdrücklich anderslautenden Regelung liefe auch dem Zweck der Besteuerung durch Nichterhebung von Steuer zuwider. § 19 Abs. 1 UStG 1980 dient der Verwaltungsvereinfachung (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem UStG 1979, BTDrucks 8/1779). Diesem Zweck entspricht es, auch dann keine Umsatzsteuer festzusetzen, wenn die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs erfüllt sind. Anhaltspunkte dafür, daß etwas anderes gelten solle, wenn bei Übergang von der Regelbesteuerung zur Nichterhebung von Umsatzsteuer infolge des Ausschlusses des Verzichts auf Steuerbefreiungen eine Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Erstjahr eintritt, sind nicht gegeben. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Gesetzgeber aus Gründen der Vereinfachung auch in diesen Fällen von einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs abgesehen hat.

Die vorgenommene Auslegung des § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 ist - entgegen der Auffassung des FG - nicht gleichheitssatzwidrig. Es ist zwar richtig, daß durch die Nichtanwendung des § 15 a UStG 1980 im Rahmen des § 19 Abs. 1 UStG 1980 eine - allerdings durch die Umsatzgrenzen und die Bindungsfrist bei der Option für die Regelbesteuerung (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980) begrenzte - Gruppe von Unternehmern begünstigt wird. Die Vereinfachung der Steuererhebung und der Kontrolle für die Finanzverwaltung reicht aber jedenfalls aus, um eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Begünstigung einer bestimmten Gruppe von Unternehmern zu verneinen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1974 I BvR 416, 767, 779/68, BVerfGE 37, 38).

Die vorgenommene Auslegung verstößt auch nicht gegen Art. 20 Abs. 6 Richtlinie 77/388/EWG. Nach dieser Regelung können, wenn der Steuerpflichtige von der normalen Mehrwertsteuerregelung auf eine Sonderregelung übergeht oder umgekehrt, die Mitgliedstaaten die erforderlichen Bestimmungen erlassen, um zu gewährleisten, daß dem Steuerpflichtigen weder ungerechtfertigte Vorteile noch ungerechtfertigte Nachteile entstehen. Die Regelung erlaubt den Erlaß von Vorschriften für die Berichtigung der Vorsteuerabzüge, schreibt dies jedoch nicht ausdrücklich vor.

Das FA kann sich für seine gegenteilige Rechtsauffassung auch nicht auf das Senatsurteil in BFHE 174, 253, BStBl II 1994, 582 berufen; denn diesem liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Zu entscheiden war über die Anwendung des § 15 a UStG 1973/1980 nach dem Übergang von der Kleinunternehmer- zur Regelbesteuerung. Bei dieser ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, während § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980 diese ausdrücklich ausschließt.

Der Senat folgt damit nicht der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 215 Abs. 7 Nr. 1 Satz 3 UStR 1988 der sich die Literatur ganz überwiegend angeschlossen hat (a. M. nur Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch VI, Rz. 543 und Mößlang in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 19 Rdnr. 73). Der Senat hält demgemäß § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG auch nicht für eine Bestätigung der bisherigen Rechtslage.

2. Umsatzsteuer 1990

Auch insoweit ist die Vorentscheidung aufzuheben, weil der 1984 bis 1988 geltend gemachte Vorsteuerabzug im Streitjahr 1990 nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG berichtigt werden kann.

Nach dieser Vorschrift ist § 15 a UStG 1980 im Rahmen der Nichterhebung der Umsatzsteuer anzuwenden, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bei einem Wirtschaftsgut ändern, das von dem Unternehmer vor Beginn des Zeitraums erstmalig verwendet worden ist, in dem die Steuer nach Satz 1 nicht erhoben wird. Die Vorschrift gilt ab 1. Januar 1990 (Art. 17 Abs. 2 i. V. m. Art. 7 Nr. 5 b WoBauFG vom 22. Dezember 1989, BGBl I, 2408, BStBl I, 505). Nach diesem Zeitpunkt müssen sich die Verhältnisse gegenüber dem Erstjahr geändert haben, um eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG zu stützen. Zwar ist nach § 15 a Abs. 1 und 2 UStG 1980 die Berichtigung für jedes Kalenderjahr der Änderung pro rata temporis vorzunehmen. Voraussetzung dafür ist aber, daß im Kalenderjahr der Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Erstjahr § 15 a UStG im Rahmen der Nichterhebung der Umsatzsteuer anzuwenden ist. § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG wird demgemäß seinem Zweck, zu verhindern, daß sich Unternehmer durch den Wechsel zur Nichtbesteuerung ungerechtfertigte Steuervorteile verschaffen (vgl. BTDrucks 11/5970, S. 46), in den Fällen nicht gerecht, in denen der Berichtigungstatbestand vor dem 1. Januar 1990 erfüllt und der Berichtigungszeitraum vor diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist. Insoweit hätte der Gesetzgeber, der sich der Zweifelhaftigkeit der Verwaltungsauffassung in Abschn. 215 Abs. 7 UStR 1988 bewußt war, die Möglichkeit gehabt, eine entsprechende gesetzliche Regelung zu schaffen. Da er dies nicht getan hat, ist nach § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 i. d. F. des WoBauFG die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nur dann vorzunehmen, wenn sich die maßgebenden Verhältnisse im Jahre 1990 oder einem der folgenden Jahre ändern.

Im Streitfall hat der Kläger die Option zur Regelbesteuerung wirksam ab 1. Januar 1989 widerrufen. Zu diesem Zeitpunkt kam eine Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Erstjahr infolge des Ausschlusses des Verzichts auf die Steuerbefreiung in Betracht. Da der Kläger ab 1. Januar 1989 der Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG 1980 unterlag, ging der Widerruf der Option zum 1. Januar 1990 ins Leere, konnte insbesondere nicht zu einer erneuten Änderung der Verhältnisse ab diesem Zeitpunkt führen.

3. Die Sache ist entscheidungsreif. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre in Gestalt der Einspruchsentscheidungen sind aufzuheben.