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  BFH-Urteil vom 25.7.1995 (IX R 38/93) BStBl. 1995 II S. 835

Aussetzungszinsen sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar, wenn der von der Vollziehung ausgesetzte Steuerbescheid Grunderwerbsteuer betrifft, die zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Erzielung von Mieteinkünften dienenden Gebäudes gehört.

EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1; AO 1977 § 237 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben im Jahre 1981 ein Grundstück und ließen es in der Folgezeit bebauen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) unterwarf neben dem Grundstückskaufpreis auch die Gebäudeherstellungskosten der Grunderwerbsteuer. Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger blieben ohne Erfolg. Wegen der im Einspruchsverfahren gewährten Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides setzte das FA Aussetzungszinsen in Höhe von 7.304 DM fest. Die Kläger machten diesen Betrag bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres 1987 als Werbungskosten geltend. Das FA rechnete die Aussetzungszinsen anteilig den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie den - in die Bemessungsgrundlage der Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingehenden - Herstellungskosten des Gebäudes zu. Der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) nur insoweit statt, als es die Aussetzungszinsen insgesamt den Herstellungskosten des Gebäudes zurechnete.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 EStG).

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres 1987 die Aussetzungszinsen in Höhe von 7.304 DM als sofort abziehbare Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zu Unrecht die Aussetzungszinsen (§ 237 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) nicht als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen, als Werbungskosten abzuziehen. Sie zählen grundsätzlich nicht zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen sind. Zu den sofort abziehbaren Werbungskosten gehören nach ständiger Rechtsprechung insbesondere Zinsen für Darlehen, die der Hersteller eines Gebäudes aufnimmt, um den Bau zu finanzieren (vgl. Urteil des Senats vom 7. November 1989 IX R 190/85, BFHE 159, 439, BStBl II 1990, 460 m. w. N.). Die Bezeichnung der Leistungen ist unerheblich; entscheidend ist, ob diese ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach Leistungen an den Gläubiger für die Überlassung von Kapital sind und damit zu den Schuldzin- sen gehören (Urteil des Senats vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47 unter 5. a m. w. N.). Aussetzungszinsen i. S. von § 237 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sind danach gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Schuldzinsen zu berücksichtigen, wenn der von der Vollziehung ausgesetzte Steuerbescheid Steuern betrifft, die - wie im Streitfall die Grunderwerbsteuer - zu den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines der Erzielung von Vermietungseinkünften dienenden Wirtschaftsguts gehören (vgl. Urteil des Senats vom 14. Januar 1992 IX R 226/87, BFHE 166, 553, BStBl II 1992, 464, mit Anmerkung Grube, Der Betrieb, 1992, 1123; Heuer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm. 1500 "Zinsen"); denn sie sind das laufzeitabhängige Entgelt für die durch die Aussetzung gewährte Kapitalnutzung (z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 20. Mai 1987 II R 44/84, BFHE 150, 4, BStBl II 1988, 229; vom 25. März 1992 I R 159/90, BFHE 168, 13, BStBl II 1992, 997; Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 237 AO 1977 Tz. 1; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 5. Aufl., 1995, § 237 Anm. 1).

2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die im Streitjahr 1987 gezahlten Aussetzungszinsen (7.304 DM) sind bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung als sofort abziehbare Werbungskosten zu berücksichtigen.