| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 12.9.1995 (IX R 140/92) BStBl. 1995 II S. 839

Die Grundsätze, die für die Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und privater Vermögensanlage maßgebend sind (zusammenfassend Beschluß vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617), gelten auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger Wohneinheiten im Rahmen von Bauherrenmodellen erwirbt und veräußert.

EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 21 Abs. 3.

Vorinstanz: FG des Saarlandes

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielt als Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er erwarb 1975 bis 1983 29 Eigentumswohnungen und fünf Einfamilienhäuser im Rahmen von Bauherrenmodellen. In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1978, 1980 und 1981 machte er aus der Vermietung dieser Wohneinheiten erhebliche negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend. Die Einkünfte für die Grundstücke sind jeweils bis zur Bezugsfertigkeit der Grundstücke gesondert und einheitlich festgestellt. Vom Mai 1978 bis Januar 1983 veräußerte er fünf Wohneinheiten.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Rechtsauffassung, der Kläger habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Das FA erfaßte deshalb bei der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre die aus dem Verkauf erzielten Veräußerungsgewinne und -verluste sowie sämtliche Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 77 und 91 veröffentlichten Urteil statt.

Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision, mit der es geltend macht: Es möge zwar zutreffen, daß der Erwerb von Grundstücken im Rahmen von Bauherrenmodellen in vielen Fällen eine typisch private Form der Grundstücksanlage darstelle. Das sei aber nicht stets der Fall. Es müsse vielmehr auf den konkreten Sachverhalt abgestellt werden. Im Streitfall habe der Kläger - entgegen den Ausführungen des FG - auch unter Einrechnung der bis zum Verkauf eingetretenen Werbungskostenüberschüsse nur bei einem der Grundstücksverkäufe einen Veräußerungsverlust erlitten, während er in den übrigen Fällen Veräußerungsgewinne erzielt habe.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Bei Erwerb der veräußerten Grundstücke habe keine Veräußerungsabsicht bestanden.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Vorentscheidung verletzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 und § 21 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, daß der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, obwohl er in den Streitjahren mehr als drei Wohneinheiten erworben und verkauft hat.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ein Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Nach Satz 3 dieser Vorschrift liegt ein Gewerbebetrieb auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist, vorausgesetzt, die übrigen Voraussetzungen für die Annahme eines Gewerbebetriebs liegen vor. Hinzukommen muß, daß die Tätigkeit sich nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, m. w. N.).

Für die Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel bei Kauf und Verkauf von bebauten Grundstücken hat der BFH Grundsätze aufgestellt, die auch auf den Streitfall anzuwenden sind. Danach liegt die Grenze, von der an ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen ist, beim Verkauf von vier Wohneinheiten. Allerdings reicht der Verkauf von mehr als drei Wohneinheiten für sich alleine noch nicht aus, um die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zu überschreiten. Ein Gewerbebetrieb liegt vielmehr erst dann vor, wenn der Veräußerer die Wohneinheiten zuvor gekauft hat und sie in engem zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn zwischen Kauf oder Errichtung und Verkauf nicht mehr als fünf Jahre liegen. Besteht ein solcher zeitlicher Zusammenhang, ist dies nach den Regeln der Lebenserfahrung ein Beweisanzeichen dafür, daß bei dem Kauf der Wohnungen zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat. Unerheblich ist, ob bei dem Kauf oder der Errichtung der Wohnung schon eine feste Verkaufsabsicht bestanden hat oder ob die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war (BFH-Urteile in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, und vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92, BFH/NV 1994, 94, jeweils m. w. N.; Abschn. C II des Beschlusses vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617).

Diese Grundsätze gelten - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger Wohneinheiten im Rahmen von Bauherrenmodellen erwirbt und in engem zeitlichen Zusammenhang wieder verkauft. Veräußert er mehr als drei Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang, so ist es nicht gerechtfertigt, ihn bei der Abgrenzung zwischen privater Vermögensanlage und gewerblichem Grundstückshandel anders zu beurteilen als einen Steuerpflichtigen, der die gleichen Maßnahmen außerhalb eines Bauherrenmodells trifft.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Der Kläger hat nach den tatsächlichen Feststellungen des FG innerhalb von fünf Jahren fünf Wohneinheiten erworben und verkauft und ist damit gewerblich tätig geworden. Er hat die Vermutung, daß er trotz der kurzfristigen Veräußerung nicht schon bei dem Erwerb der Immobilien die Absicht hatte, sie zu veräußern, nicht widerlegt. Zur Widerlegung reicht die Behauptung, er habe eine langfristige Vermögensanlage zur Alterssicherung beabsichtigt, nicht aus.

Die nicht spruchreife Sache ist an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - nicht geprüft, in welcher Höhe der Kläger durch die Veräußerung der Wohneinheiten in den Streitjahren Veräußerungsgewinne bzw. -verluste erzielt hat, die im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen sind. Es wird die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben.