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  BFH-Urteil vom 21.8.1995 (VI R 30/95) BStBl. 1995 II S. 906

1. Musikinstrumente sind keine Werkzeuge i. S. des § 3 Nr. 30 EStG.

2. Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber i. S. des § 3 Nr. 50 EStG können auch in Höhe von mehr als 100 DM monatlich pauschal ersetzt werden, wenn sie regelmäßig wiederkehren und die pauschale Abgeltung im großen und ganzen den tatsächlichen Aufwendungen entspricht. Ist die Pauschalabgeltung überhöht oder ist anhand der vorgelegten oder angebotenen Beweismittel nicht aufklärbar, ob sie den tatsächlichen Aufwendungen im großen und ganzen entspricht, so ist sie insgesamt steuerpflichtiger Arbeitslohn.

EStG § 3 Nr. 30, Nr. 50.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Stadt, die ein Philharmonisches Orchester unterhält. In den Streitjahren 1990 und 1991 zahlte sie ohne Lohnsteuerabzug an die bei ihr angestellten Musiker für die Abnutzung musikereigener Instrumente ein pauschales Instrumentengeld gemäß § 12 Abs. 2 und 5 Satz 2 des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) i. V. m. § 2 des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld.

Im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Instrumentengelder seien nicht als Werkzeuggeld i. S. des § 3 Nr. 30 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990 steuerfrei, sondern steuerpflichtiges Arbeitsentgelt. Das FA erließ gegenüber der Klägerin u. a. auch deswegen einen Pauschalierungsbescheid.

Das Finanzgericht (FG) setzte entsprechend dem Klagebegehren die nachgeforderte Lohnsteuer um die auf das Instrumentengeld entfallende Steuer herab. Es vertrat die Auffassung, die Instrumentengelder seien gemäß § 3 Nr. 30 EStG 1990 steuerfrei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 606 veröffentlicht.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 3 Nr. 30 EStG. Es hält die vom FG vertretene weite Auslegung des Begriffs "Werkzeug" für rechtsirrig und verweist darauf, daß sie im Widerspruch zu Abschn. 19 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1993 sowie dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 15. Januar 1991 IV B 6 - S 2355 - 1/91 (Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1991, 190) steht.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der angefochtene Pauschalierungsbescheid (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist entgegen der Auffassung des FG rechtmäßig, soweit das FA das pauschale Instrumentengeld für die Abnutzung (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TVK i. V. m. § 1 des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld) als steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 EStG) und nicht als gemäß § 3 Nr. 30 EStG steuerbefreites Werkzeuggeld angesehen hat. Die Klägerin war daher verpflichtet, davon Lohnsteuer einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und abzuführen (§ 41 a Abs. 1 EStG).

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen jedoch nicht aus, um abschließend zu entscheiden, ob die Beträge, die für die pauschale Abgeltung des regelmäßigen Bedarfs an Saiten, Rohren und Blättern gezahlt worden sind (§ 12 Abs. 5 TVK i. V. m. § 2 des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld) ebenfalls steuerpflichtiger Arbeitslohn sind oder ob es sich um Auslagenersatz i. S. des § 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG handelt.

1. a) Zahlungen des Arbeitgebers werden dann nicht "für die Beschäftigung" gezahlt und sind mithin dann kein Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn dadurch Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (§ 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG). Auch wenn noch nicht im einzelnen für alle Fälle abschließend geklärt ist, nach welchen Merkmalen der nicht steuerbare Auslagenersatz vom steuerbaren Werbungskostenersatz abzugrenzen ist (vgl. dazu von Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3 Rdnr. B 50/21 - B 50/26), ist Auslagenersatz i. S. des § 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen tätigt, die der Arbeitsausführung dienen und die nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird auch zivilrechtlich - soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen worden sind - in analoger Anwendung des § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bejaht (vgl. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 85 Anm. 1 bis 4, S. 636 f.).

In Anwendung dieser Begriffsbestimmung kann nicht zweifelhaft sein, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Hilfs- und Betriebsstoffe, die für die Arbeitsausführung erforderlich sind, ersetzen muß, wenn keine anderslautenden einzel- oder tarifvertraglichen Abreden bestehen. Die im Streitfall zu beurteilenden Aufwendungen für den regelmäßigen Bedarf an Saiten, Rohren und Blättern sind damit vergleichbar. Der Verschleiß dieser Gegenstände ist eine notwendige Folge der Arbeitsausführung für den Arbeitgeber. Wegen der nur kurzen Nutzungsdauer dieser Hilfsmittel spielen die Eigentumsverhältnisse an ihnen keine Rolle. Es tritt bei dem Arbeitnehmer durch die Anschaffung dieser sich ständig verschleißenden Hilfsmittel - anders als bei dem Erwerb eines längerfristig nutzbaren Wirtschaftsguts - auch keine Bereicherung ein.

Mit der Beurteilung des pauschalen Rohr-, Blatt- und Saitengeldes als Auslagenersatz dem Grunde nach steht auch die in § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages getroffene Regelung im Einklang, wonach die monatliche Zahlung eingestellt wird, wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen wegen Arbeitsunfähigkeit oder Sonderurlaubs nicht beschäftigt war. Dies verdeutlicht, daß mit diesem pauschalen Ersatz nur solche regelmäßig anfallende Kosten abgegolten werden sollen, die als notwendige Folge der Arbeitsausführung für Zwecke des Arbeitgebers entstehen.

b) Der Annahme eines nicht steuerbaren Auslagenersatzes dem Grunde nach widerspricht nicht bereits von vornherein, daß keine Einzelabrechnung der vom Arbeitnehmer verauslagten Beträge, sondern eine pauschale Abgeltung stattgefunden hat.

Zivilrechtlich wird die Annahme eines Aufwendungsersatzes, der nicht zum Arbeitsentgelt gehört, nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Pauschalierung vereinbart worden ist. Das Bundesarbeitsgericht - BAG - (Urteil vom 9. November 1955 I AZR 329/54, BAGE 2, 187, 192) hat eine Pauschalabgeltung von Aufwendungen für zulässig erachtet, wenn sie regelmäßig wiederkehren und keine versteckte Lohnerhöhung enthalten. Die Pauschale müsse allerdings so bemessen sein, daß sie, im großen und ganzen gesehen, den tatsächlichen Aufwendungen entspricht.

Steuerrechtlich hat der erkennende Senat in der Vergangenheit nicht steuerbaren Auslagenersatz grundsätzlich nur bei Einzelabrechnung der vom Arbeitnehmer verauslagten Beträge anerkannt; Ausnahmen davon sind in engen Grenzen dann zugelassen worden, wenn es sich um kleine Beträge handelt, die erfahrungsgemäß den durchschnittlich entstehenden Aufwand nicht übersteigen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134, und vom 6. März 1980 VI R 65/77, BFHE 129, 559, BStBl II 1980, 289).

In der arbeitsrechtlichen Literatur (Schaub, a. a. O., § 85 Anm. 6, S. 639) wird bei regelmäßigem Anfall von Aufwendungsersatz eine Pauschalierung empfohlen, da sie für beide Seiten Arbeitserleichterungen bringe und Streitigkeiten vermeide. Es bestehen keine Bedenken, eine zivilrechtlich aus Vereinfachungsgründen geradezu gebotene Pauschalabgeltung solcher Aufwendungen, die erfahrungsgemäß regelmäßig in etwa gleicher Höhe wiederkehren, auch steuerlich anzuerkennen, wenn sie den vom BAG (BAGE 2, 187, 192) aufgestellten Anforderungen genügt, mithin - im großen und ganzen gesehen - den tatsächlichen Aufwendungen entspricht. Sind die vereinbarten Beträge im großen und ganzen nicht höher als die tatsächlichen Aufwendungen, so ist in Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung eine pauschale Abgeltung von Auslagen steuerlich selbst dann anzuerkennen, wenn es sich - wie im Streitfall - nicht um kleine Beträge, sondern um solche von monatlich zwischen 34 DM bis 106 DM handelt.

Steuerliche Gründe sprechen allerdings dann von vornherein gegen die Anerkennung einer pauschalen Abgeltung, wenn sie überhöht oder anhand der vorgelegten oder angebotenen Beweismittel nicht aufklärbar ist, ob sie den tatsächlichen Aufwendungen im großen und ganzen entspricht. Dann ist der gesamte pauschale Abgeltungsbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln (vgl. auch von Beckerath in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 3 Rdnr. B 50/28). Denn die steuerliche Rücksichtnahme auf das zivilrechtliche Interesse an einer Vereinfachung darf nicht umgekehrt zu einem Mehraufwand an Verwaltungsarbeit in steuerlicher Hinsicht führen. Das wäre aber der Fall, wenn die Finanzverwaltung die zutreffende Höhe einer pauschalen Abgeltung selbst ermitteln müßte.

Der Arbeitgeber wird durch diese Art der steuerlichen Behandlung des pauschalen Auslagenersatzes nicht in unzumutbarer Weise belastet. Denn will er die Auslagen seiner Arbeitnehmer aus Vereinfachungsgründen pauschal abgelten, so hat er die Möglichkeit, vorher unter Nachweis der tatsächlichen Beträge eines bestimmten Zeitraumes gemäß § 42 e EStG eine Anrufungsauskunft darüber einzuholen, ob die vereinbarte Pauschalabgeltung nach Ansicht der Finanzverwaltung als nicht steuerbarer Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) oder als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu beurteilen ist.

2. Es liegt in Übereinstimmung mit der Auffassung des FA kein Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG), sondern steuerbarer Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 EStG) vor, soweit die Klägerin ihren Musikern ein monatliches Instrumentengeld nach § 12 Abs. 2 Satz 2 TVK i. V. m. § 1 des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld zahlt. Dieser Arbeitslohn ist entgegen der Ansicht des FG nicht gemäß § 3 Nr. 30 EStG steuerbefreit.

a) Das monatliche Instrumentengeld wird nach § 12 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz TVK "für die Abnutzung" bezahlt. Es wird zusätzlich zu der Erstattung der laufenden Instandsetzungs- und Erhaltungskosten gewährt. Denn nach § 12 Abs. 2 Satz 3 TVK trägt der Arbeitgeber außerdem die als erforderlich nachgewiesenen Instandsetzungskosten, wenn sie im angemessenen Verhältnis zum Zeitwert des Instrumentes stehen. Es handelt sich somit um Leistungen des Arbeitgebers auf Gegenstände von mehrjähriger Nutzungsdauer und nicht geringem Wert, die im Eigentum seiner Arbeitnehmer stehen und die bei diesen auch zu einer Bereicherung führen. Bei Ersatzleistungen des Arbeitgebers auf derartige Gegenstände spricht eine generelle Vermutung dafür, daß es sich um steuerbaren Arbeitslohn (Werbungskostenersatz) handelt (vgl. Thomas in Steuerberater-Jahrbuch 1990/1991, 183, 196; Deutsches Steuerrecht - DStR 1991 -, 1369; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 19 Rz. 23; Bergkemper Finanz-Rundschau - FR - 1995, 370, 371). Denn der Arbeitnehmer kann über sein längerfristig nutzbares Eigentum frei verfügen, es z. B. veräußern, verleihen oder verschenken.

b) Das somit steuerbare Instrumentengeld ist nicht nach § 3 Nr. 30 EStG steuerbefreit. Danach sind die Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld) steuerfrei, soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen. Der Senat schließt sich im Ergebnis nicht der Auffassung der Vorinstanz an, daß Werkzeuge im Sinne dieser Vorschrift auch Musikinstrumente sind.

Die von der Vorinstanz und dem FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 17. März 1995 3 K 2103/93 (EFG 1995, 606) angeführten Gründe für eine extensive Auslegung des Begriffs "Werkzeug" sind einzeln jeweils nachvollziehbar und in ihrer Summe von großem Gewicht. Die in den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 11/4803, S. 17) angeführten Gründe für eine Steuerbefreiung des sog. Werkzeuggeldes treffen weitgehend ebenso zu, wenn unter den Begriff "Werkzeug" auch Musikinstrumente subsumiert würden.

Gleichwohl kann nicht übersehen werden, daß auch durch eine extensive Gesetzesauslegung eine uneingeschränkte Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer, die eigene Arbeitsmittel i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG im Interesse ihres Arbeitgebers verwenden, nicht herbeigeführt werden kann. Denn wenn der Gesetzgeber in § 3 Nr. 30 EStG nicht den Begriff des Arbeitsmittels, sondern des Werkzeugs verwendet hat, so läßt dies mit ausreichender Klarheit erkennen, daß jedenfalls nicht sämtliche Arbeitsmittel von der Begünstigung erfaßt werden sollten. Es würde durch die Subsumtion von Musikinstrumenten unter den Begriff des Werkzeugs mithin die Ungleichbehandlung nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern nur der Grenzverlauf verschoben werden.

Sucht man nach einem - in den Gesetzesmaterialien nicht angeführten - sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Werkzeugen einerseits und den übrigen Arbeitsmitteln andererseits, so könnte er darin gesehen werden, daß durch § 3 Nr. 30 EStG typischerweise nur Entschädigungen des Arbeitgebers von verhältnismäßig geringer Höhe steuerbefreit werden sollten. Dieses Ergebnis tritt aber nur ein, wenn der Begriff "Werkzeug" in seinem engen, lexikalischen Sinn als handwerkliches Arbeitsgerät verstanden wird (vgl. z. B. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, 6. Band, "Werkzeug") und darunter keine Musikinstrumente fallen. Denn "Handwerkzeuge" sind in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle sog. geringwertige Wirtschaftsgüter i. S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG, deren Anschaffungskosten 800 DM nicht übersteigen und in aller Regel sogar deutlich unter diesem Betrag liegen. Dementsprechend niedrig wird typischerweise die Entschädigung für die betriebliche Benutzung dieser Werkzeuge ausfallen. Demgegenüber könnten bei Musikinstrumenten mit ihren typischerweise deutlich höheren Anschaffungskosten Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von beträchtlicher Höhe anfallen.

Darüber hinaus verkehrt sich die in der Gesetzesbegründung angesprochene Vereinfachung der Lohnabrechnung durch die Steuerbefreiung (vgl. BTDrucks 11/4803, S. 17) in ihr Gegenteil, sobald die Steuerbefreiung sich auf Entschädigungen erstreckt, die für die betriebliche Benutzung nichtgeringwertiger Werkzeuge mit langjähriger Nutzungsdauer gewährt werden. Denn nach § 3 Nr. 30 EStG ist die Entschädigung für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld) nur steuerfrei, soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt. Dies bedeutet, daß sich die Erstattung des Arbeitgebers an den Aufwendungen des Arbeitnehmers orientieren muß.

Über die tatsächlichen Kosten der Arbeitnehmer kann sich der Arbeitgeber verhältnismäßig einfach einen Überblick durch Vorlage entsprechender Belege verschaffen. Soweit die Anschaffungskosten unter 800 DM liegen, kann der Arbeitnehmer sie auch im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang als Werbungskosten absetzen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6, Nr. 7 Satz 2, § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei geringwertigen Wirtschaftsgütern entsprechen daher die steuerlich anzuerkennenden Aufwendungen des Arbeitnehmers seinen tatsächlichen Ausgaben.

Demgegenüber kann sich die Höhe der Entschädigung dann, wenn nichtgeringwertige Werkzeuge des Arbeitnehmers mit mehrjähriger Nutzungsdauer betrieblich genutzt werden, nicht an den tatsächlichen Ausgaben des Arbeitnehmers im jeweiligen Jahr ausrichten. Denn in diesem Fall können die tatsächlichen Ausgaben des Arbeitnehmers steuerlich nicht bereits im Jahr der Verausgabung in vollem Umfang berücksichtigt werden; es handelt sich vielmehr um Anschaffungskosten, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 und Nr. 7, § 7 EStG auf die gesamte Nutzungsdauer des Werkzeugs zu verteilen sind. Bei dieser Fallgestaltung kann die in § 3 Nr. 30 EStG vorgeschriebene Ausrichtung der Höhe der Entschädigung an der Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers folglich nicht allein anhand der tatsächlichen Zahlungsvorgänge des jeweiligen Jahres erfolgen. Der Arbeitgeber müßte also nicht nur die Anschaffungskosten des Werkzeugs, sondern auch den Abschreibungszeitraum kennen und in seinen Unterlagen festhalten. Denn jede Entschädigung für die Abnutzung des Werkzeugs übersteigt den tatsächlichen Aufwand des Arbeitnehmers offensichtlich, sobald der Arbeitnehmer die auf die gesamte Nutzungsdauer des Werkzeugs verteilten Anschaffungskosten abgeschrieben hat und ihm insoweit steuerlich überhaupt kein Aufwand mehr zuzurechnen ist. Damit träte aber bei nichtgeringwertigen Werkzeugen im Ergebnis eine Komplizierung und keine Vereinfachung des Lohnabrechnungsverfahrens ein.

Diese Erwägungen sprechen nach Ansicht des Senats letztlich dafür, den Begriff "Werkzeug" in § 3 Nr. 30 EStG auf Handwerkzeug zu beschränken, dessen Anschaffungskosten in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle tatsächlich unter 800 DM liegt. Dieses Begriffsverständnis entspricht auch der Auffassung, die überwiegend in der Literatur vertreten wird (vgl. von Beckerath, a. a. O., § 3 Rdnr. B 30/4; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 3 Nr. 30 EStG Anm. 6 und in FR 1995, 370, 371; Altehoefer in Lademann/Söffing, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 Anm. 189 b; Kuhlmann in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 Nr. 30 Rz. 189 a; Küttner/Thomas, Personalbuch 1995, "Arbeitsmittel" Rz. 13; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, "Werkzeuggeld" Anm. 2; a. A.: Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, § 3 Rz. 629).

3. Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG lassen nicht erkennen, in welchem Umfang die Zahlungen der Klägerin einerseits auf das für die Abnutzung gewährte Instrumentengeld und andererseits auf das Rohr-, Blatt- und Saitengeld entfallen.

Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu entscheiden haben, ob das pauschal festgelegte Rohr-, Blatt- und Saitengeld im großen und ganzen den tatsächlichen Aufwendungen der Musiker entspricht. Für die Ausrichtung der Pauschalen an den tatsächlichen Gegebenheiten spricht, daß sie für die verschiedenen Instrumente in unterschiedlicher Höhe festgesetzt worden sind. Auch hat das FA bisher die Höhe dieses pauschalen Ersatzes nicht beanstandet, obwohl dann, wenn ein überhöhter und mithin als versteckter Lohn zu beurteilender Pauschalbetrag vereinbart worden wäre, dies auch für die Beurteilung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 30 EStG, auf die der Streit bisher konzentriert war, entscheidungserheblich gewesen wäre. Die Beteiligten werden im zweiten Rechtsgang Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu dieser Frage haben. Ggf. wird die Klägerin detailliert und unter Beweisantritt zur Höhe der tatsächlichen Aufwendungen der Musiker Stellung nehmen müssen.