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  BFH-Beschluß vom 29.11.1995 (II B 103/95) BStBl. 1996 II S. 102

1. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 i. d. F. des StÄndG 1992 enthält für die Zuwendungen an den dort genannten Empfängerkreis jedenfalls für die Fälle eine abschließende Regelung, in denen sich der vom Erblasser bestimmte Zweck mit dem von der bedachten Einrichtung verfolgten Zweck deckt. Insoweit ist § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 durch § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 eingeschränkt worden.

2. Die vom BMF nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 zu treffende Feststellung darüber, ob der ausländische Staat Gegenseitigkeit gewährt, bindet zwar das FA im Besteuerungsverfahren, nicht aber das FG. Dieses kann im Rahmen der Klage gegen den Erbschaftsteuerbescheid überprüfen, ob die Gegenseitigkeit durch den ausländischen Staat gewährt ist.

3. Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 ist nicht von einer förmlichen Gegenseitigkeitserklärung zwischen der Bundesrepublik und dem ausländischen Staat abhängig; maßgebend ist lediglich die Gesetzeslage in dem ausländischen Staat.

ErbStG 1974 i. d. F. des StÄndG 1992 § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c, Nr. 17.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin, das N-Institut in Israel, ist aufgrund des Testaments Alleinerbin nach der 1993 verstorbenen Erblasserin geworden; die Erblasserin hatte ihren Wohnsitz im Zeitpunkt ihres Todes im Inland gehabt. Durch Erbschaftsteuerbescheid vom 17. Juni 1994 setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) gegen die Beschwerdeführerin Erbschaftsteuer fest. Mit dem Einspruch machte die Beschwerdeführerin geltend, sie unterliege als in Israel anerkannte gemeinnützige Einrichtung nicht der Erbschaftsteuer. Im Einspruchsverfahren bat das FA auf dem Dienstweg um eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) dazu, ob die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 gegeben seien; in diesem Schreiben vertrat das FA auch die Auffassung, daß eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 nicht in Frage komme, weil die Erblasserin keine dieser Vorschrift entsprechende Zweckwidmung verfügt habe.

Mit Schreiben vom 16. August 1994 an das Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz teilte das BMF mit, daß eine Gegenseitigkeitserklärung zwischen der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und Israel nicht bestehe. Da der Staat Israel keine Erbschaftsteuer erhebe, sei es auch nicht möglich, eine solche Erklärung herbeizuführen.

Durch Entscheidung vom 18. Oktober 1994 wies das FA den Einspruch der Beschwerdeführerin als unbegründet zurück; über die von der Beschwerdeführerin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden. Gegenstand des Klageverfahrens ist nunmehr der Änderungsbescheid vom 31. Januar 1995, durch den die Erbschaftsteuer auf . . . DM herabgesetzt worden ist.

Nachdem das FA und auf Beschwerde auch die Oberfinanzdirektion (OFD) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides abgelehnt hatten, stellte sie diesen Antrag beim FG erneut. Durch Beschluß vom 5. Mai 1995 lehnte auch das FG die Aussetzung der Vollziehung - nunmehr des Bescheides vom 31. Januar 1995 - ab. Die Befreiung des Erwerbs der Beschwerdeführerin von der Erbschaftsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 scheitere, so führt das FG aus, insbesondere daran, daß das BMF festgestellt habe, daß die nach dieser Vorschrift erforderliche Gegenseitigkeitserklärung weder bestehe noch herbeigeführt werden könne. An diese, von der Beschwerdeführerin nicht angefochtene Feststellung sei das Gericht wie an einen Grundlagenbescheid gebunden. Für die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 fehle es an der Zweckwidmung. Die Erblasserin habe sich in ihrem Testament auf die bloße Erbeinsetzung beschränkt, ohne den damit verfolgten Zweck in irgendeiner Weise zu bestimmen oder zu erläutern.

Hiergegen wendet sich die - vom FG zugelassene - Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin weiterhin die Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides vom 31. Januar 1995 begehrt. Nach ihrer Auffassung sind die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG gegeben. Insbesondere sei im Sinn dieser Vorschrift von dem ausländischen Staat Gegenseitigkeit gewährt. Dies bedeute nämlich, daß der ausländische Staat in dem zu beurteilenden Fall keine Erbschaftsteuer erhebe. Werde Erbschaftsteuer nicht erhoben, so sei die von § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 geforderte Gegenseitigkeitsgewährung faktisch gegeben. Im übrigen sei die Zuwendung auch nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG von der Erbschaftsteuer befreit. Die erforderliche Zweckwidmung durch die Erblasserin sei bereits durch das Testament selbst erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe als alleinigen, einzigen satzungsgemäßen Zweck die forschende und wissenschaftliche Tätigkeit, so daß sie den Nachlaß auch nur für diesen satzungsmäßigen Zweck verwenden könne. Dies entspreche dem Willen der Erblasserin, die andernfalls die Zuwendung unterlassen hätte.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Auf die Beschwerde wird der Beschluß des FG aufgehoben und die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides vom 31. Januar 1995 bis einen Monat nach Zustellung der Entscheidung des FG über die Klage ausgesetzt.

Der Erwerb der Beschwerdeführerin als Testamentserbin (§§ 1922, 1937 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG 1974 der deutschen Erbschaftsteuer, weil die Erblasserin zur Zeit ihres Todes Inländerin im Sinn des ErbStG 1974 war (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Buchst. a ErbStG 1974).

Der Erwerb der Beschwerdeführerin ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 steuerpflichtig, soweit die Bereicherung aufgrund des Vermögensanfalls nicht steuerfrei ist.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das FG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erbschaftsteuerbescheides vom 31. Januar 1995 insoweit verneint, als es angenommen hat, daß der Erwerb der Beschwerdeführerin nicht aufgrund § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 von der Erbschaftsteuer befreit ist.

a) Steuerfrei bleiben nach der genannten Vorschrift Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist. Zu der gleichlautenden Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 20 ErbStG 1959 wurde die Auffassung vertreten, daß auch Zuwendungen an ausländische kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Einrichtungen begünstigt seien. Voraussetzung für die Steuerbefreiung war u. a., daß auf Anordnung des Erblassers ein Vermögen für den steuerbegünstigten Zweck zu verwenden war. Hatte der Erblasser die ausdrückliche Widmung unterlassen, so trat keine Steuerbefreiung ein. Die Widmung mußte vom Erblasser angegeben sein, und zwar auch dann, wenn die Zuwendung einer ausländischen kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Einrichtung gewährt wurde (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. November 1976 II R 99/67, BFHE 120, 553, BStBl II 1977, 213). Dieses Verständnis des § 18 Abs. 1 Nr. 20 ErbStG 1959 hat der BFH für die Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 grundsätzlich übernommen. Er hat es allerdings - im Gegensatz zum Urteil in BFHE 120, 553, BStBl II 1977, 213 - als zulässig und erforderlich angesehen, daß für die Ermittlung der Zweckwidmung durch den Erblasser neben dem Wortlaut des Testaments auch Umstände außerhalb des Testaments herangezogen werden (BFH-Urteil vom 3. August 1983 II R 20/80, BFHE 139, 298, BStBl II 1984, 9). Daraus wurde geschlossen (vgl. z. B. Meincke/Michel, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 13 Rdnr. 53; Troll, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 13 Rdnr. 41; ebenso bereits Kapp, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 4. Aufl., § 18 Rdnr. 158, 159), daß eine Zuwendung an eine ausländische kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Einrichtung, die nur solche begünstigte Zwecke verfolge, nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 von der Erbschaftsteuer befreit sei. Denn aus der Anordnung des Erblassers, daß eine derartige Einrichtung, deren Ziele ihm bekannt waren, begünstigt sein solle, ergebe sich einerseits die erforderliche Zweckwidmung, andererseits könne die Verwendung zu dem begünstigten Zweck als gesichert angesehen werden, wenn die ausländische Einrichtung insbesondere nach ihrer Satzung Gewähr dafür biete, daß die Zuwendung bestimmungsgemäß verwendet werde (vgl. auch die Ausführungen am Schluß des BFH-Urteils in BFHE 139, 298, BStBl II 1984, 9).

b) Diese Beurteilung, der weder das FA noch das FG gefolgt sind, die aber von der Beschwerde vertreten wird, gilt allerdings für den Streitfall nicht (mehr). Denn durch die Einfügung des § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c in das ErbStG 1974 durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 ist der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 eingeschränkt worden, soweit die Steuerbefreiung von Zuwendungen an die in § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 genannten ausländischen Einrichtungen zu beurteilen ist.

§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 lautet: "Steuerfrei bleiben Zuwendungen an ausländische Religionsgesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen der in den (Nr. 16) Buchst. a und b bezeichneten Art, sofern der ausländische Staat Gegenseitigkeit gewährt . . ." Nach den in Bezug genommenen Buchst. a und b sind begünstigt Zuwendungen an Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts oder jüdische Kultusgemeinden sowie an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 erfaßt mithin, wie sich aus der Verweisung auf die Buchst. a und b der Nr. 16 ergibt, den oben unter a) dargestellten Regelungsbereich des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974, nämlich Zuwendungen an ausländische kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Einrichtungen. Da die Vorschrift zwar dieselben Zwecke wie § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 begünstigt, die Steuerbefreiung jedoch hinsichtlich der in ihr aufgeführten Empfänger von anderen Voraussetzungen abhängig macht, geht sie als die speziellere Norm der Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 vor. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 enthält demnach für Zuwendungen an den darin genannten Empfängerkreis, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, eine abschließende Regelung; das gilt jedenfalls für die Fälle, in denen sich - wie im Streitfall - die Zweckwidmung durch den Erblasser mit dem von der begünstigten Einrichtung verfolgten Zweck deckt. Offenbleiben kann, ob die Zuwendung an eine ausländische Einrichtung, die einem anderen der begünstigten Zwecke (z. B. einem mildtätigen Zweck) gewidmet ist als ihn die begünstigte Einrichtung verfolgt (z. B. einen gemeinnützigen Zweck), nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 befreit bleibt. Abgesehen hiervon kommt eine Steuerbefreiung nach der letztgenannten Vorschrift weiterhin für Zweckzuwendungen und Zuwendungen unter Auflage in Betracht.

2. Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch die Rechtmäßigkeit des Erbschaftsteuerbescheides vom 31. Januar 1995 deshalb ernstlich zweifelhaft i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil im Rahmen des summarischen Verfahrens nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 Platz greift.

a) Das FG irrt, wenn es annimmt, daß die Rechtmäßigkeit des Erbschaftsteuerbescheides im Hinblick auf die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 nicht durch das Gericht überprüft werden könne, weil dieses an die Entscheidung des BMF, daß die Voraussetzung der Gegenseitigkeit nicht erfüllt sei, gebunden sei. Richtig ist zwar, daß die gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c Satz 2 ErbStG 1974 vom BMF zu treffende Feststellung, ob der ausländische Staat Gegenseitigkeit gewährt, das FA (innerdienstlich) bindet. Eine darüber hinausgehende Rechtswirkung kommt dieser Feststellung jedoch nicht zu. Entgegen der Auffassung des FG liegt in der Feststellung des BMF kein (selbständig) anfechtbarer Verwaltungsakt. Weder nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung noch nach ihrem Sinn kommt der Feststellung des BMF gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c Satz 2 ErbStG 1974 unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen zu (vgl. § 118 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die Feststellung des BMF ist lediglich Voraussetzung für das Handeln des für die Durchführung der Besteuerung zuständigen FA. Im Streitfall konnte im übrigen bereits deshalb nicht von einem gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Verwaltungsakt ausgegangen werden, weil das Schreiben des BMF nicht an die Beschwerdeführerin als Adressatin gerichtet war (vgl. hierzu § 122 Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 1 Satz 1 AO 1977), sondern an das Landesfinanzministerium, das das zuständige FA auf dem Dienstweg hierüber informierte. Eine selbständige Anfechtung der Feststellung des BMF kam nach alledem nicht in Betracht. Vielmehr ist im Rahmen der Klage gegen den Erbschaftsteuerbescheid durch das Gericht (- anstelle des BMF -) auch zu überprüfen, ob die Gegenseitigkeit durch den ausländischen Staat gewährt wird.

b) Der Senat folgt auch nicht der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, daß die für die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 vorausgesetzte Gewährung der Gegenseitigkeit ohne weiteres dann gegeben sei, wenn in dem ausländischen Staat keine Erbschaftsteuer erhoben werde. Da der deutsche Gesetzgeber sicherstellen wollte, daß die Befreiung von der deutschen Erbschaftsteuer nur dann gewährt wird, wenn in dem in Betracht kommenden ausländischen Staat für einen vergleichbaren Sachverhalt eine vergleichbare steuerliche Behandlung eintreten würde, erfordert die Befreiung von der deutschen Erbschaftsteuer in jedem Fall eine dahin gehende Feststellung, und zwar auch dann, wenn - wie die Beschwerdeführerin für den Streitfall vorträgt - in dem ausländischen Staat die früher geltende Erbschaftsteuer abgeschafft worden ist. Wie das Urteil des Senats vom 26. April 1995 II R 13/92 (BFHE 177, 492, BStBl II 1995, 540) zur Anrechenbarkeit der kanadischen capital gains tax auf die deutsche Erbschaftsteuer zeigt, kann an die Stelle der früheren Erbschaftsbesteuerung eine andere Art der Besteuerung getreten sein, die eine die Gegenseitigkeit ausschließende Belastung auslöst. Dies ist, wie aus dem Regelungszusammenhang des § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 folgt, allerdings nur dann der Fall, wenn es sich bei der ausländischen Steuer um eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer i. S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 handelt. Gegenseitigkeit wird von dem ausländischen Staat danach gewährt, wenn eine dem § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 entsprechende Steuervergünstigung vorgesehen ist oder wenn von dem ausländischen Staat keine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer erhoben wird (vgl. insoweit auch die Ausführungen unter 1. des BFH-Urteils vom 7. November 1990 II R 17/86, BFHE 162, 450, BStBl II 1991, 163).

c) Nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 ist die Steuerbefreiung im übrigen nicht davon abhängig, daß, wie dem Schreiben des BMF zu entnehmen ist, eine förmliche Gegenseitigkeitserklärung zwischen der Bundesrepublik und dem ausländischen Staat besteht. Erforderlich ist nur, daß die Gegenseitigkeit "gewährt" wird, d. h. daß nach der Gesetzeslage in dem ausländischen Staat eine entsprechende Steuervergünstigung gewährt wird (s. hierzu Blümich/Krabbe, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 49 Rdnr. 175 zu der vergleichbaren Vorschrift des § 49 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes; anders nach § 12 Abs. 3 des Vermögensteuergesetzes in der bis 1983 geltenden Fassung; BFH-Urteil in BFHE 162, 450, BStBl II 1991, 163 zu 2.); die im Verwaltungsverfahren durch das BMF hierüber zu treffende Feststellung ist im gerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Erbschaftsteuerbescheides in vollem Umfang nachprüfbar.

d) Danach ist die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides vom 31. Januar 1995 auszusetzen, denn es ist noch aufzuklären, ob eine Zuwendung von Todes wegen an eine entsprechende deutsche Einrichtung im Staat Israel von einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuerbelastung ebenso verschont wäre, wie dies in der Bundesrepublik durch § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG 1974 erreicht wird.