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  BFH-Urteil vom 13.3.1996 (VI R 58/95) BStBl. 1996 II S. 315

Sind beide Ehegatten im Zeitpunkt ihrer Heirat in derselben Stadt berufstätig, in der der Ehemann auch wohnt, dann ist die doppelte Haushaltsführung des Ehemannes nicht aus beruflichem Anlaß begründet worden, wenn die Eheleute vom Zeitpunkt der Eheschließung an die außerhalb des Beschäftigungsortes gelegene Wohnung der Ehefrau zum Familienwohnsitz wählen. Bei dieser Fallgestaltung ist die Heirat einem beruflichen Anlaß auch nicht gleichzustellen.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 Nrn. 4 und 5 Satz 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) arbeitete im Streitjahr 1993 als Kriminalbeamter in K. Dort hatte er auch eine Wohnung. Im April des Streitjahres heiratete er. Die Ehefrau des Klägers wohnte in C und fuhr mit dem Pkw zu ihrer ebenfalls in K. gelegenen Arbeitsstätte. Die Eheleute bestimmten die Wohnung der Ehefrau in C. zum Familienwohnsitz. Der Kläger behielt seine Wohnung in K. bei. In seiner Einkommensteuererklärung machte er Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung seit dem Zeitpunkt der Heirat als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte lediglich die geltend gemachten Fahrtkosten für 30 Heimfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln an.

Das Finanzgericht (FG) teilte die Auffassung des FA, daß die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitfall nicht erfüllt seien; das FA habe auch zutreffend die geltend gemachten Fahrtkosten anerkannt. Bei einem Kriminalbeamten müßten aber darüber hinaus auch die anteiligen Mietkosten einer am Dienstort unterhaltenen Wohnung als Werbungskosten anerkannt werden, soweit ein dienstlicher Übernachtungszwang bestanden hat.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung der § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der §§ 101 und 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger macht geltend, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorlägen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht angenommen, der Kläger könne anteilige Aufwendungen für die Unterkunft in K. als Werbungskosten abziehen.

1. Dem FG ist darin beizupflichten, daß der Kläger keine Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung beanspruchen kann. Die doppelte Haushaltsführung des Klägers ist nicht - wie dies gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG erforderlich ist - aus beruflichem Anlaß begründet worden. Soweit von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausnahmsweise die Eheschließung einem beruflichen Anlaß gleichgestellt worden ist, ist dies an bestimmte Bedingungen geknüpft worden. Erforderlich ist, daß beide Ehegatten vor ihrer Heirat an verschiedenen Orten berufstätig waren, an ihren Beschäftigungsorten wohnten und nach der Eheschließung eine der beiden Wohnungen zur Familienwohnung gemacht haben (Urteil vom 4. Oktober 1989 VI R 44/88, BFHE 158, 527, BStBl II 1990, 321). Bei Vorliegen dieser Umstände erscheint unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes eine Gleichstellung deshalb angezeigt, weil ohne doppelte Haushaltsführung die beidseitige bisherige Berufstätigkeit nicht fortgeführt werden könnte.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn der Kläger und seine Ehefrau haben vor und nach der Eheschließung beide in K. gearbeitet, so daß sie auch ohne doppelte Haushaltsführung in der Lage gewesen wären, ihre bisherige Berufstätigkeit fortzuführen.

2. Liegen - wie im Streitfall - die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vor, so kann ein Arbeitnehmer - wie vom FA anerkannt - gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten zu seiner Wohnung an seinem Lebensmittelpunkt als Werbungskosten geltend machen. Er kann darüber hinaus aber nicht die Mietkosten für eine dauerhaft zur Verfügung stehende Unterkunft am Beschäftigungsort abziehen. Wie der Senat in vergleichbaren Fällen (Urteile vom 2. Oktober 1992 VI R 11/91, BFHE 169, 190, BStBl II 1993, 113; vom 7. Oktober 1994 VI R 54/91, BFH/NV 1995, 386) entschieden hat, können neben den Fahrtkosten für sämtliche Fahrten nicht die Aufwendungen für eine Wohnung am Beschäftigungsort nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, weil dieser Vorschrift die Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 4 und 5 EStG als jeweils gesetzliche Spezialvorschrift im Range vorgehen. Soweit der Kläger in seiner Revisionserwiderung vorträgt, daß zumindest die fiktiven Kosten für tägliche Heimfahrten abziehbar sein müßten, gibt es dafür keine gesetzliche Grundlage.