| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Beschluß vom 16.1.1996 (VIII B 128/95) BStBl. 1996 II S. 426

Die Zulässigkeit der Klage gegen einen Bescheid über die einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bestimmt sich in sinngemäßer Anwendung des Art. 97 § 18 Abs. 3 Satz 1 EGAO 1977 i. d. F. des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I, 1395) nach der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung des § 48 FGO, wenn der angefochtene Verwaltungsakt vor dem 1. Januar 1996 wirksam geworden ist.

FGO § 48 Abs. 1; EGAO 1977 Art. 97 § 18 Abs. 3.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin), eine GmbH, ist die frühere persönlich haftende Gesellschafterin der X GmbH & Co. KG (im folgenden: KG). Geschäftsgegenstand der KG war der Handel mit Filmlizenzen.

Die Beschwerdeführerin war weder am Kapital noch an den laufenden Gewinnen und Verlusten der KG beteiligt; sie bezog lediglich eine Tätigkeitsvergütung.

Kommanditisten der KG waren in den Jahren 1981 bis 1983 B. J. sowie A. J. und T. T. schied zum 31. Dezember 1983 aus der KG aus. Ab 1. Januar 1984 übernahmen A. J. und B. J. die Kommanditbeteiligung des T. je zur Hälfte. Zum 31. Juli 1992 sind auch A. J. und B. J. aus der KG ausgeschieden. Das Unternehmen wird seitdem allein von der Beschwerdeführerin fortgeführt.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der KG stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) fest, daß diese im Jahr 1981 eine Darlehensverbindlichkeit über insgesamt 1 Mio. DM bilanziert hatte. Darlehensgeberin war nach dem Vortrag der KG ein Unternehmen mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein, die Y-Anstalt.

Der Prüfer vertrat im Prüfungsbericht die Ansicht, wegen Nichterfüllung der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen (§ 90 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -), könnten das Darlehen der Y nicht als Betriebsschuld und die hierfür geltend gemachten Darlehenszinsen nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Das FA folgte dieser Auffassung und erließ am 17. August 1988 entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1981 bis 1984.

Die Einsprüche der KG blieben hinsichtlich der Beurteilung des Darlehens der Y und der hierfür geltend gemachten Zinsen ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der KG gegen die Einspruchsentscheidung des FA vom 12. Juli 1991 abgewiesen.

Das FG hat durch Beschluß vom 31. Dezember 1993 den ausgeschiedenen Kommanditisten T. zum Verfahren beigeladen. Es hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG vom 7. Dezember 1994 hat die Beschwerdeführerin "als Rechtsnachfolgerin der KG" Beschwerde eingelegt und beantragt, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.

Die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, weil das FG die früheren Kommanditisten A. J. und B. J. nicht zum Verfahren beigeladen habe. Laut beigefügtem Handelsregisterauszug vom 28. Dezember 1992 seien A. J. und B. J. zum 31. Juli 1992 aus der KG ausgeschieden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien nicht zur Geschäftsführung berufene Gesellschafter über die Fälle des § 48 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 FGO hinaus gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid klagebefugt, wenn sie (vor oder während des Klageverfahrens) aus der Gesellschaft ausgeschieden seien (BFH-Beschluß vom 19. Juni 1990 VIII B 3/89, BFHE 161, 404, BStBl II 1990, 1068). Das Fehlen einer notwendigen Beiladung sei ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens und führe zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie die Gewinnfeststellung 1981 bis 1984 betrifft. Die Beschwerdeführerin ist insoweit nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil des FG befugt. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann von jedem Beteiligten erhoben werden, der im Fall der Revisionszulassung berechtigt wäre, Revision einzulegen (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 49 m. w. N.). Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels ist, daß der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Die Beschwerdeführerin ist durch das klageabweisende Urteil des FG in der Gewinnfeststellungssache nicht beschwert.

Im vorliegenden Fall hat die KG gegen die Einspruchsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a. F. Klage erhoben. Die KG wurde durch das Ausscheiden sämtlicher Kommanditisten während des Klageverfahrens voll beendet (BFH-Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15). Ihre Beteiligtenfähigkeit und Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a. F. (vgl. jetzt § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n. F.) sind dadurch erloschen (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401 m. w. N.). Die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a. F., die ein Fall der gesetzlichen Prozeßstandschaft ist, ist nicht etwa auf die Beschwerdeführerin (GmbH) als Rechtsnachfolgerin der KG übergegangen. Bei der Vollbeendigung einer Personengesellschaft durch Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen ist der verbleibende Gesellschafter nicht Rechtsnachfolger hinsichtlich der Prozeßführungsbefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a. F. Das gilt auch, wenn die Vollbeendigung - wie im Streitfall - erst während eines anhängigen Klageverfahrens eintritt (BFH-Urteil vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359). Im Prozeß gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid gehen Beteiligtenstellung und Prozeßführungsbefugnis nach Vollbeendigung der Personengesellschaft uneingeschränkt auf die durch den angefochtenen Bescheid beschwerten Feststellungsbeteiligten über (BFHE 162, 99, 102, BStBl II 1991, 401; Urteile vom 25. Juni 1992 IV R 87/90, BFH/NV 1993, 457, und vom 14. Juni 1994 VIII R 20/93, BFH/NV 1995, 318). Die Beschwerdeführerin konnte deshalb nicht "als Rechtsnachfolgerin der KG" Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Gewinnfeststellungssache einlegen.

Auch in ihrer Eigenschaft als frühere persönlich haftende Gesellschafterin der KG (vgl. dazu den Beschluß des Senats vom 23. Dezember 1988 VIII S 27/85, BFH/NV 1989, 528) ist die Beschwerdeführerin nicht befugt, das Urteil des FG in der Gewinnfeststellungssache mit Rechtsmitteln anzufechten, weil sie insoweit durch das Urteil nicht in ihren Rechten verletzt sein kann (§ 40 Abs. 2 FGO).

Im vorliegenden Fall ist allein streitig, ob eine Darlehensverbindlichkeit in der Bilanz der KG zu passivieren ist und die hierfür entrichteten Zinsen als Betriebsausgaben der KG abgezogen werden dürfen. Von der Entscheidung über diese Frage sind grundsätzlich alle Gesellschafter der Personengesellschaft betroffen, die am Betriebsvermögen und am Gewinn der KG beteiligt sind. Die Beschwerdeführerin gehört nicht zu diesem Personenkreis, da sie nach dem Gesellschaftsvertrag am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt war und nur eine (gewinnunabhängige) Tätigkeitsvergütung beanspruchen konnte. Der BFH hat in vergleichbaren Fällen auch eine notwendige Beiladung der persönlich haftenden Gesellschafterin verneint (BFH-Urteile vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563; vom 6. März 1990 VIII R 28/84, BFHE 160, 140, BStBl II 1990, 558).

Der Senat kann offen lassen, ob durch die Neufassung des § 48 FGO durch das Grenzpendlergesetz vom 24. Juni 1994 - Grenzpendlergesetz - (BGBl I, 1395) eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Die Rechtsbehelfsbefugnis der Beschwerdeführerin bestimmt sich noch nach der bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (1. Januar 1996) maßgebenden Fassung des § 48 Abs. 1 FGO, weil die angefochtenen Bescheide der KG vor dem 1. Januar 1996 bekanntgegeben wurden (Art. 97 § 18 Abs. 3 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 - i. d. F. des Grenzpendlergesetzes). Zwar enthält das Grenzpendlergesetz keine besondere Übergangsregelung für die Neufassung des § 48 FGO. Dabei handelt es sich jedoch offenbar um ein Versehen des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Grenzpendlergesetz (vgl. BTDrucks 12/7427) ist nichts dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber den zeitlichen Geltungsbereich des § 48 FGO n. F. abweichend von dem für die gleichlautende Vorschrift in der AO 1977 (§ 352 AO 1977 n. F.) regeln wollte. Nach der für die neugefaßten §§ 347 ff. AO 1977 getroffenen Übergangsregelung bestimmt sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs nach den bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Vorschriften der AO 1977, wenn ein Verwaltungsakt angefochten wird, der vor dem 1. Januar 1996 wirksam geworden ist (Art. 97 § 18 Abs. 3 Satz 1 EGAO 1977 n. F.). Diese Übergangsregelung gilt für die Beurteilung der Zulässigkeit von Klagen gegen Bescheide über die einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sinngemäß (ebenso Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 48 FGO n. F. Anm. 1; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 48 FGO Tz. 1).