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  BFH-Urteil vom 23.5.1996 (IV R 87/93) BStBl. 1996 II S. 523

1. Das Recht auf den gesetzlichen Richter wird grundsätzlich nicht dadurch verletzt, daß nach der Umsetzung eines Richters der zuständige Senat in einer anderen als der bisherigen personellen Besetzung entscheidet, und zwar auch dann nicht, wenn der ausgeschiedene Richter bis zu seinem Ausscheiden als Berichterstatter in der Sache tätig gewesen war.

2. Zur Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn nach einem Erörterungstermin beim Berichterstatter dieser infolge einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans in einen anderen Senat des FG wechselt und ein anderer Richter zum Berichterstatter in der Sache bestimmt wird.

3. Geschäftsführung im Sinne der Regelung über die gewerblich geprägte Personengesellschaft ist die organschaftliche Geschäftsführung des Gesellschafters für die Gesellschaft. Bei einer GmbH & Co. KG, deren alleinige Geschäftsführerin die Komplementär-GmbH ist, ist der zur Führung der Geschäfte der GmbH berufene Kommanditist nicht wegen dieser Geschäftsführungsbefugnis auch als zur Führung der Geschäfte der KG berufen anzusehen.

GVG § 21e, GG Art. 103 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin - KG -) betrieb eine Bauunternehmung, ursprünglich in der Rechtsform der OHG, ab 1963 in der Rechtsform der KG. Komplementär der KG war nach dem Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 1. Januar 1971 der inzwischen verstorbene H. X.; Kommanditisten der KG waren seine Ehefrau L. X., die Beigeladene zu 2, mit einer Kommanditeinlage von 2.000 DM, und sein Sohn P. X., der Beigeladene zu 3, mit einer Kommanditeinlage von zunächst 5.000 DM, später 7.000 DM. Der Gesellschaftsvertrag sah in § 5 vor, daß zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft der oder die persönlich haftenden Gesellschafter berechtigt waren. Mit notarieller Urkunde vom 20. Februar 1970 wurde P. X. durch die KG sowie H. X. und L. X. bevollmächtigt, sie beim Erwerb und bei der Veräußerung von Grundbesitz unbeschränkt zu vertreten. Am 10. März 1971 wurde P. X. zum Prokuristen der KG bestellt.

Im Oktober 1972 trat die X.-Verwaltungs-GmbH (GmbH), die Beigeladene zu 1, als persönlich haftende Gesellschafterin in die KG ein. H. X. wurde gleichzeitig Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 293.000 DM. Mit Vertrag vom 25. Dezember 1972 übertrug H. X. seine Kommanditbeteiligung auf seine drei Kinder, und zwar auf P. X. einen Anteil von 93.000 DM und auf B. X. und G. X. einen Anteil von je 100.000 DM. H. X. behielt sich jedoch das Recht vor, von den Kindern die Bestellung des Nießbrauchs auf Lebenszeit an den Kommanditanteilen zu verlangen.

Zum 31. Dezember 1972 stellte die Klägerin ihre gesamte Bautätigkeit ein. Seitdem beschränkt sie sich auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens, insbesondere ihres Grundbesitzes. Die Bautätigkeit wurde auf eine neugegründete KG übertragen.

Mit Vertrag vom 30. Dezember 1973 bestellten die Kommanditisten ihrem Vater auf dessen Verlangen auf die Dauer von fünf Jahren ab dem 1. Januar 1974 den Nießbrauch an ihren Kommanditanteilen. Dazu heißt es in § 2 des Nießbrauchsbestellungsvertrags: "In Ausübung dieses Rechtes wird Herrn H. X. von seinen Kindern P. X., B. X. und G. X. auf die Dauer von 5 Jahren ein Nießbrauchsrecht an den Kommanditanteilen der Besteller an der X.-KG bestellt. " In § 3 des Nießbrauchsbestellungsvertrags wurde weiter vereinbart: "Dem Nießbraucher stehen gesellschaftsrechtlich alle Vermögens- und Verwaltungsrechte zu, mit Ausnahme des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben. Die nießbrauchsbestellenden Gesellschafter scheiden für die Dauer der Nießbrauchsbestellung als Gesellschafter aus der KG aus. Der Nießbraucher verpflichtet sich jedoch den Nießbrauchsbestellern gegenüber, alle sich aus den bei den Bestellern verbleibenden Stammrechten ergebenden Rechte zu beachten. " Zur Gewinn- und Verlustbeteiligung war in § 4 des Bestellungsvertrags vorgesehen: "Der Nießbraucher hat das Recht, die auf ihn entfallende Gewinnquote, soweit diese entnahmefähig ist, zu beanspruchen. Als vollberechtigter und voll verpflichteter Gesellschafter übernimmt der Nießbraucher den eventuell anteiligen Verlust. "

Nach der Neufassung des Gesellschaftsvertrags vom 15. Februar 1974 sind seit dem 1. Januar 1973 Gesellschafter der KG die GmbH als Komplementärin und P. X., G. X., L. X. und B. X. als Kommanditisten. Zur Geschäftsführung und Vertretung der KG war nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags jeder persönlich haftende Gesellschafter allein berechtigt und verpflichtet. Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedürfen der Schriftform (§ 15 des Gesellschaftsvertrags).

Mit Vertrag vom 23. Dezember 1978 bestellten P. X. und seine Geschwister auf weitere fünf Jahre Nießbrauchsrechte an ihren Kommanditanteilen, nunmehr zugunsten beider Elternteile (H. X. und L. X.). Nach Fristablauf sollten die Nießbrauchsrechte ohne weiteres erlöschen, falls nicht anderweitige Vereinbarungen getroffen wurden. Bei Tod eines Berechtigten sollte der Nießbrauch ungeschmälert dem anderen Berechtigten zustehen. Im übrigen wurde vereinbart, daß den Nießbrauchern gesellschaftsrechtlich alle Vermögens- und Verwaltungsrechte zustehen mit Ausnahme des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben. Die Nießbraucher verpflichteten sich, alle Rechte zu beachten, die sich aus den bei den Bestellern verbleibenden Stammrechten ergeben. Die Nießbraucher hatten das Recht, "die auf sie entfallende Gewinnquote zu beanspruchen, soweit sie entnahmefähig ist", und sollten anteilig auch einen möglichen Verlust übernehmen. Der Vertrag wurde am 16. Dezember 1983 um weitere fünf Jahre verlängert.

In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte gab die Klägerin auch für die Zeit nach Einstellung der Bautätigkeit ihre Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb an, die durch einen Betriebsvermögensvergleich nach den §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wurden. Zugerechnet wurden die Einkünfte 1973 nach Abzug einer Vorwegvergütung für die GmbH den Kommanditisten L. X., P. X., G. X. und B. X. entsprechend dem Verhältnis ihrer Kommanditbeteiligungen (2 : 100 : 100 : 100). Ab 1974 (Bestellung des Nießbrauchs) wurden die Einkünfte nach Abzug der Vorwegvergütung für die GmbH L. X. und H. X. im Verhältnis 2 : 300 zugerechnet, so daß auf L. X. 0,66 % und auf H. X. 99,34 % des Restgewinns entfielen.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr (1983) gab die Klägerin unter Hinweis auf die Aufgabe der sog. Geprägerechtsprechung durch den Bundesfinanzhof (BFH) nur den Gewinnanteil der GmbH als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Die Anteile von L. X. und H. X. an den Einkünften wurden als solche aus Vermietung und Verpachtung angegeben. Die Nießbrauchsbesteller wurden in der Feststellungserklärung als Gesellschafter ohne Gewinnanteile angeführt. Nach den Erläuterungen zum Jahresabschluß ist die persönlich haftende Gesellschafterin (GmbH) allein zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt, wobei sie durch die alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer H. X. und P. X. vertreten wird. P. X. ist danach Einzelprokura erteilt.

Im Streitjahr veräußerte die Klägerin einige Tische und Bänke sowie eine Gußpfanne und erzielte daraus Gewinne in Höhe von 342,39 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte die gesamten Einkünfte der KG einschließlich der Veräusserungsgewinne (342,39 DM) als solche aus Gewerbebetrieb und stellte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. März 1985 den Gewinn mit 522.329 DM fest. Der Restgewinn nach Abzug der Vorabvergütung für die GmbH wurde L. X. zu 0,66 % und H. X. zu 99,34 % zugerechnet. Mit dem Einspruch dagegen machte die Klägerin geltend, sie sei keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, weil P. X. allein geschäftsführend für sie tätig sei. Dazu wurde auf eine schriftliche Erklärung der GmbH und von H. X., L. X., P. X., G. X. und B. X. verwiesen. Nach dieser Erklärung war P. X. einvernehmlich von sämtlichen Gesellschaftern bereits bei seinem Eintritt in die Gesellschaft am 1. Februar 1970 zum Geschäftsführer bestellt worden. In ihrem späteren Schriftsatz an das Finanzgericht (FG) vom 25. Juni 1991, auf den das FG im Urteil Bezug genommen hat, hat die Klägerin zum Eintritt der GmbH als geschäftsführende Komplementärin ausgeführt: Die Aufnahme der GmbH sei allein aus dem Grunde erfolgt, die durch die Übertragung des Baugeschäfts auf die X.-KG sich ergebende Gefahr einer Betriebsaufgabe bei der Klägerin durch Herbeiführung der Voraussetzungen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft nach der damaligen BFH-Rechtsprechung zu vermeiden. Die Aufnahme der Komplementär-GmbH habe nicht dazu geführt, daß nun P. X. nur noch über die GmbH geschäftsführungsbefugt gewesen wäre. Dies ergebe sich bereits daraus, daß P. X. erst am 12. Oktober 1976 Geschäftsführer der GmbH geworden sei. Die Klägerin macht geltend, die Veräusserungsgewinne von 342,39 DM seien steuerpflichtige Einkünfte nur, soweit sie anteilig auf die GmbH entfielen. Hieraus ergebe sich eine Minderung der festzustellenden Einkünfte um 331,12 DM. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des FA war nur die GmbH zur Geschäftsführung befugt und war P. X. im Streitjahr weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der KG. Unter Berücksichtigung der Feststellungen einer zwischenzeitlich bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung wurde der Gewinn in der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1986 auf 765.664 DM festgestellt.

Mit der Klage machte die Klägerin weiter geltend, sie sei keine gewerblich geprägte Personengesellschaft, da im Streitjahr P. X. Gesellschafter und zur Geschäftsführung befugt gewesen sei. Die Klägerin begehrte, den Gewinn entsprechend niedriger festzusetzen, nämlich vermindert um den auf die Kommanditisten entfallenden Teil an dem streitigen Veräusserungsgewinn in Höhe von 331,12 DM, und den Restgewinn anteilig in Höhe von 16.819,64 dem P. X. zuzurechnen, hilfsweise, festzustellen, daß die Einkünfte der Klägerin, soweit sie nicht auf die GmbH entfallen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien.

Das FG wies die Klage durch Urteil vom 7. Juli 1992 als unbegründet ab. Dabei entschied das FG nach Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung in der Besetzung mit den Berufsrichtern A als Vorsitzendem Richter und den Richtern B und C. Zuvor, nämlich am 11. Juni 1991, war es zu einer Erörterung des Sach- und Streitstandes gemäß § 79 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter der Verhandlungsführung des damals dem 2. Senat des FG München angehörenden Richters am Finanzgericht D gekommen. Richter am Finanzgericht D ist danach durch Beschluß des Präsidiums des FG vom 18. Juni 1991 mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Versetzung der Richterin am Finanzgericht E an den BFH (4. November 1991) dem 16. Senat des FG zugeteilt worden. Mit Wirkung ab dem gleichen Tage wurde Richter kraft Auftrags B dem 2. Senat des FG zugeteilt. Im 2. Senat übernahm Richter B aufgrund einer Verfügung des Vorsitzenden dieses Senats über die Geschäftsverteilung gemäß § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) "mit Wirkung ab 5. November 1991 alle bisher von Richter D als Berichterstatter wahrgenommenen Aufgaben". Dazu wurde auf die senatsinterne Verfügung über die Geschäftsverteilung Bezug genommen. Nach dieser Verfügung war Richter am Finanzgericht D u.a. Berichterstatter für Klagen gegen das FA A.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Nach Auffassung des FG war die Klägerin im Streitjahr eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. P. X. sei im Streitjahr weder Gesellschafter der Klägerin noch zur Führung der Geschäfte der Klägerin befugt gewesen.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Mit ihren Verfahrensrügen rügt die Klägerin die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter und Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO), weil das FG eine unzulässige Überraschungsentscheidung erlassen habe, Versagung rechtlichen Gehörs ferner, weil das Urteil auf einem Beweisergebnis beruhe, zu dem die Klägerin sich nicht habe äußern können, und Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO). In materiell-rechtlicher Sicht macht die Klägerin weiterhin geltend, P. X. sei im Streitjahr Gesellschafter der Klägerin und zur Führung ihrer Geschäfte befugt gewesen; die Nießbrauchsbestellung habe zudem den für P. X. bereits früher bestellten Kommanditanteil von 7.000 DM nicht betroffen.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und den angefochtenen Feststellungsbescheid aufzuheben, hilfsweise das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die Klägerin war im Streitjahr eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, so daß die angefallenen Veräusserungsgewinne zu versteuern sind. Der Gewinn ist auch zutreffend verteilt worden.

I. Verfahrensrügen

1. Besetzung des Gerichts

Die Rüge, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil der vormalige Berichterstatter des Senats, Richter am Finanzgericht D, nach einem Erörterungstermin den Senat gewechselt habe, ist, selbst wenn sie zulässig erhoben worden sein sollte (vgl. aber BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 90/85, BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800), jedenfalls unbegründet.

Das Präsidium des FG hatte im Geschäftsverteilungsplan 1991 die Streitsachen aus dem Bereich des beklagten FA A dem 2. Senat zugewiesen. Das entsprach der Regelung in § 21e Abs. 1 GVG. Die Umsetzung des Richters D durch Präsidiumsbeschluß vom 18. Juni 1991 aus dem 2. Senat in den 16. Senat war - wegen der Versetzung einer Richterin dieses Senats an den BFH - nach § 21e Abs. 3 GVG gerechtfertigt. Damit wurde für den Streitfall der 2. Senat des FG in seiner neuen Besetzung (ohne den Richter D) zuständig. Das Recht auf den gesetzlichen Richter wird nicht dadurch verletzt, daß infolge der geschäftsplanmäßigen Zuweisung eines Sachbereichs (hier Streitsachen des FA A) an einen anderen als den bisherigen Spruchkörper (hier 2. Senat mit Richter D) eine bereits anhängige Sache aus diesem Sachbereich auf den nunmehrigen Spruchkörper (2. Senat ohne Richter D) übergeht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 21. November 1978 1 C 33.78, Die Öffentliche Verwaltung - DÖV - 1979, 299; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen, § 21e GVG Rdnr. 10, 18). Die Vorschrift des § 21e Abs. 4 GVG, derzufolge das Präsidium anordnen kann, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt, enthält nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Möglichkeit und keine Verpflichtung. Umstände, die dafür sprächen, daß das Präsidium im Streitfall willkürlich verfahren wäre, etwa indem es von einer generell bestehenden Übergangsregelung i.S. des § 21e Abs. 4 GVG abgewichen wäre, sind weder vorgetragen noch aus den dem Senat vorliegenden Geschäftsverteilungsunterlagen des FG ersichtlich. Die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Auffassung der Revision, die Willkürfreiheit müsse sich aus einer - im Streitfall fehlenden - ausführlichen Begründung des Präsidiumsbeschlußes ergeben, ist unzutreffend (vgl. auch Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, § 21e Rdnr. 68). Sie übersieht, daß es sich beim Geschäftsverteilungsplan nicht - wie etwa bei der Ermessensausübung in einem Verwaltungsakt - um eine Einzelfallentscheidung, sondern um eine generell-abstrakte Regelung handelt.

2. Versagung rechtlichen Gehörs

Eine Versagung des rechtlichen Gehörs ist nicht schlüssig dargelegt. Im Streitfall wurde rechtliches Gehör u.a. dadurch gewährt, daß ein Erörterungstermin stattfand, in dem die streitigen Sach- und Rechtsfragen erörtert wurden. Das FG konnte danach und nach dem Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. In der Bewertung der Sach- und Rechtsfragen war das FG dabei, wie der anwaltlich vertretenen Klägerin bekannt war, frei, selbst wenn der vormalige Berichterstatter im Erörterungstermin angedeutet haben sollte, daß er die Sach- und Rechtsfragen in einem für die Klägerin günstigen Sinne bewerte. Die volle Entscheidungskompetenz des Senats wurde dadurch in keiner Weise berührt. Die Entscheidung des Vollsenats war auch keine unzulässige "Überraschungsentscheidung". Eine solche liegt vor, wenn eine Entscheidung maßgeblich auf einen bis zuletzt nicht angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wird (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 1990 X R 79/88, BFHE 162, 199, BStBl II 1991, 100). So ist es im Streitfall nicht. Die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte, auf die das Urteil sich gründet, waren die rechtliche Beurteilung der Nießbrauchsbestellung im Hinblick auf die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Diese rechtlichen Gesichtspunkte waren auch Gegenstand des umfassenden schriftlichen wie mündlichen Vorbringens der Klägerin.

Die Klägerin hat auch in der vor dem erkennenden Senat durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht dargetan, welche entscheidungserheblichen "Hintergrundinformationen" im Erörterungstermin zur Sprache gekommen und wegen des Berichterstatterwechsels dem FG bei der Entscheidung nicht bekannt gewesen seien. Die Abweisung der Klage beruhte vielmehr darauf, daß das FG den in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG verwendeten Begriff Geschäftsführungsbefugnis anders ausgelegt hat als die Klägerin.

3. Verletzung der Aufklärungspflicht

Das FG hat auch nicht gegen seine Verpflichtung verstoßen, den Sachverhalt aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO). Von einer Begründung wird insoweit nach Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

II. Materiell-rechtliche Rügen

Auch in der Sache ist die Entscheidung des FG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der angefochtene Feststellungsbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine ihrer Art nach gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Diese Regelung ist auch für das Streitjahr 1983 zu beachten (vgl. § 52 Abs. 20 b EStG i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986, BGBl I 1985, 2436; Senatsurteile vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811; vom 12. Januar 1989 IV R 67/87, BFHE 155, 484, BStBl II 1990, 259).

2. Das FG hat ausgeführt, P. X. sei mit der Nießbrauchsbestellung als Gesellschafter aus der Klägerin ausgeschieden. Ein Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft kann indes, was auch das FG zutreffend erkannt hat, nach heutiger rechtlicher Beurteilung in der Weise bestellt werden, daß der Nießbrauchsbesteller Gesellschafter und Mitunternehmer der Personengesellschaft bleibt (vgl. hierzu im einzelnen BFH-Urteil vom 1. März 1994 VIII R 35/92, BFHE 175, 231, BStBl II 1995, 241). Im Streitfall soll P. X. nach Auffassung des FG als Gesellschafter dennoch ausgeschieden sein, weil dies im Nießbrauchsvertrag ausdrücklich vorgesehen gewesen sei. Ob dies mit der Gesamtheit der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien vereinbar ist, erscheint dem Senat, insbesondere im Hinblick auf das Urteil in BFHE 175, 231, BStBl II 1995, 241, zweifelhaft. Einer Entscheidung der Frage bedarf es jedoch nicht. Denn jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung für die Nichtanwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Zur Geschäftsführung der Klägerin war nämlich ausschließlich die Komplementär-GmbH und damit eine Kapitalgesellschaft befugt.

3. a) Der Senat geht mit der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Rz. 222, m. w. N.) davon aus, daß der Begriff der Geschäftsführung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gesellschaftsrechtlich im Sinne seiner Verwendung in §§ 114 bis 117, 164 des Handelsgesetzbuches (HGB) und §§ 709 bis 713 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu verstehen ist (vgl. auch bereits Senatsurteil vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553). Dies ergibt sich daraus, daß das Gesetz an bestimmte gesellschaftsrechtliche Gestaltungen anknüpft, nämlich daran, daß eine Kapitalgesellschaft einer Personengesellschaft wegen ihrer Stellung als alleiniger persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafterin das Gepräge gibt. Die zur Bestimmung dieser Prägewirkung umschriebenen Begriffe müssen daher gesellschaftsrechtlich interpretiert werden. Maßgeblich ist somit die gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche organschaftliche Befugnis im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander zu einer auf Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichteten Tätigkeit (vgl. z.B. Martens in Schlegelberger, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 114 Rdnr. 4; Schmidt, a.a.O., Rz. 222; Herzig/Kessler, Deutsches Steuerrecht 1986, 451, 456; Korn, Kölner Steuerdialog 1986, 6223; Autenrieth, Deutsche Steuer-Zeitung 1987, 99; Groh, Der Betrieb - DB - 1987, 1006, 1011). Eine Tätigkeitsbefugnis, die sich nur aus einem Dienst- oder Arbeitsvertrag ergibt, ist danach keine Geschäftsführungsbefugnis i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Andererseits setzt § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht voraus, daß die natürliche Person, deren Geschäftsführungsbefugnis die Prägewirkung der Kapitalgesellschaft ausschließen soll, alleinige Geschäftsführungsbefugnis hat. Die Prägewirkung wird also z.B. auch dann ausgeschlossen, wenn eine natürliche Person neben einer Kapitalgesellschaft geschäftsführungsbefugt ist (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 18. Februar 1993 12 K 1569/91 F, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1993, 719, durch Rücknahme der Revision rechtskräftig geworden). Es ist dann auch unerheblich, ob die Kapitalgesellschaft und die natürliche Person nur gemeinschaftlich oder je einzeln zur Geschäftsführung befugt sind.

b) Gemäß § 164 Satz 1 Halbsatz 1 HGB sind die Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der KG ausgeschlossen. Diese Vorschrift kann jedoch durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung in der Weise abbedungen werden, daß der Kommanditist allein oder gemeinschaftlich mit einem oder mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern zur Führung der Geschäfte befugt ist und die KG in diesem Umfang auch vertritt (vgl. Martens in Schlegelberger, a.a.O., § 164 Rdnr. 27 ff., m. w. N.). Dabei, wie auch sonst bei mehreren geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern, sind auch Regelungen möglich, die im Wege einer internen Kompetenzverteilung der Geschäftsführung in der Weise aufteilen, daß jeder Gesellschafter nur für bestimmte Arten von Geschäften geschäftsführungsbefugt ist (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 29. Aufl., § 115 Rn. 7). Soll der Kommanditist als bestellter Geschäftsführer die Gesellschaft auch nach außen vertreten dürfen, so hat er die Firma nebst seiner Namensunterschrift zur Aufbewahrung beim Registergericht zu zeichnen (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 108 Abs. 2 HGB), und zwar entgegen der Auffassung der Revision auch, wenn mit der Bestellung des Kommanditisten zum Geschäftsführer die Änderung einer früheren Regelung zur Geschäftsführung verbunden ist.

Wird einem Kommanditisten so auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage die organschaftliche Befugnis zur Geschäftsführung übertragen, hat dies einkommensteuerrechtlich zur Folge, daß die Gesellschaft nicht i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt ist, wenn dieser Kommanditist eine natürliche Person ist (vgl. auch FG Münster, EFG 1993, 719; Groh, DB 1987, 1006, 1011).

c) Die Klägerin hat geltend gemacht, P. X. sei seit seinem Eintritt in die KG im Einvernehmen aller Gesellschafter geschäftsführend tätig gewesen. Hierzu hat die Klägerin insbesondere mit Schriftsätzen vom 29. Januar 1987 unter Beweisantritt und Vorlage zahlreicher Urkunden vorgetragen, P. X. habe die umfassende Befugnis gehabt und diese auch tatsächlich ausgeübt, für die Klägerin Grundstücksgeschäfte zu tätigen und die Vermietung und Finanzierung von Grundbesitz zu betreiben. Dazu hat die Klägerin u.a. eine notariell beurkundete Vollmacht vom 20. Februar 1970 vorgelegt und die Auffassung vertreten, hieraus ergebe sich, daß P. X. im Innenverhältnis auch berechtigt gewesen sei, die in der Vollmacht umschriebenen Geschäfte zu tätigen. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, P. X. sei im Streitjahr Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Nach der schriftlichen Regelung im Gesellschaftsvertrag war zur organschaftlichen Geschäftsführung der Klägerin nur deren persönlich haftender Gesellschafter berufen und damit auch befugt. Persönlich haftender Gesellschafter der KG war seit 1972 die GmbH. Geschäftsführer der GmbH war seit 1976 P. X. Nach dieser eindeutigen vertraglichen Regelung war P. X. seit 1976 zwar Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, nicht aber Geschäftsführer der KG. Danach ist anzunehmen, daß P. X. seine geschäftsführenden Aktivitäten jedenfalls seit 1976 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH entfaltet hat. Diese Deutung wird dadurch bestätigt, daß P. X. auch nicht entsprechend der Regelung in § 108 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB die Firma nebst seiner Namensunterschrift zur Aufbewahrung beim Registergericht gezeichnet hat. Danach verbietet sich der Schluß, P. X. sei im Streitjahr Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Seine Geschäftsführungsbefugnis bei der GmbH schließt die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht aus.

Da somit die Klägerin im Streitjahr eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG war, hat das FG es zu Recht abgelehnt, den Gewinn in dem begehrten Umfang niedriger festzustellen.

d) Auch die bisherige Gewinnverteilung erfährt keine Änderung. Nach den Nießbrauchsverträgen waren Gegenstand des Nießbrauchs die Kommanditanteile des P. X. und seiner Geschwister. Die Beteiligten haben diese Vereinbarung entsprechend ihrem Wortlaut einvernehmlich so ausgelegt, daß damit auch die gesamte Kommanditbeteiligung des P. X. im Nominalwert von 100.000 DM vom Nießbrauch erfaßt sein sollte. Denn sie haben seit 1974 den nach Abzug der Vorausvergütung für die GmbH verbleibenden Gewinn in vollem Umfang H. X. und dessen Ehefrau zugerechnet. Mit dieser langjährigen Übung haben die Beteiligten eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß auch die gesamte Kommanditbeteiligung des P. X. Gegenstand des Nießbrauchs war.

4. Nach den vorstehenden Ausführungen kann auch dem Hilfsantrag nicht stattgegeben werden.

Danach war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).