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  BFH-Urteil vom 24.7.1996 (I R 35/94) BStBl. 1996 II S. 583

1. Eine GmbH, die entsprechend ihrer Satzung die ihr gehörenden Wohnungen vorrangig an Personen vermietet, die die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 AO 1977 erfüllen, kann gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sein. Die Steuerbefreiung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Teil der Wohnungen an nicht oder nicht mehr unterstützungsbedürftige Personen vermietet wird.

2. Die Steuerbefreiung wegen Verfolgung kirchlicher Zwecke durch Verwaltung von Kirchenvermögen setzt keine gemeinnützige oder mildtätige Verwaltung des Kirchenvermögens voraus.

3. Eine nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehende Vermietung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes wird nicht dadurch Teil eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, daß daneben auch der Kirche gehörender Grundbesitz verwaltet wird.

KStG 1991 § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO 1977 §§ 14, 52, 53, 54, 55, 56, 58 Nr. 4 und 7a, 59; FGO §§ 55 Abs. 2 Satz 1, 68, 123 Satz 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die gemäß dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bis Ende 1990 von der Körperschaftsteuer befreit war. Ihre Gesellschafter sind Gliedkörperschaften der evangelischen Kirche. Nach dem neu gefaßten und u.a. in den Jahren 1991 und 1992 (Streitjahre) geltenden Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 13. Dezember 1990 ist es Zweck der Gesellschaft a) Vermögen der evangelischen Kirche i.S. der Diakonie zu verwalten und b) zum Wohle der Allgemeinheit für notleidende Menschen zu sorgen, die aufgrund besonderer sozialer Probleme Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Wohnraum haben. Zu diesem Personenkreis gehören nach dem Gesellschaftsvertrag insbesondere kinderreiche Familien, Behinderte, Strafentlassene, Aus- und Übersiedler, Asylanten, ausländische Arbeitnehmer, Obdachlose, Studenten und ältere Mitbürger. Im besonderen Masse soll die Klägerin Menschen dienen, die die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllen. Den kirchlichen Zwecken soll durch die Verwaltung kirchlichen Vermögens und die Übernahme und Planung kirchlicher Bauaufgaben gedient werden. Die aufgrund besonderer sozialer Probleme unter Wohnraumnot leidenden oder von ihr bedrohten Menschen sollen durch Bau, Beschaffung, Betrieb und Verwaltung von Wohnungen und anderer Heimstätten der Klägerin unterstützt werden. Ihnen soll zudem auch durch Errichtung und Überlassung von Kindergärten, Altenwohnungen, Alten- und Pflegeheimen sowie anderer diakonischer kirchlicher Einrichtungen zur sozialen und bildungsmäßigen Betreuung geholfen werden. Der Gesellschaftsvertrag enthält Bestimmungen, nach denen die Klägerin selbstlos i.S. des § 55 AO 1977 tätig ist und ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke i.S. der §§ 51 f. AO 1977 verfolgt. Die von der Klägerin verwalteten Wohnungen gehörten in den Streitjahren der Klägerin selbst oder Gliedkörperschaften der evangelischen Kirche.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, die Klägerin sei in den Streitjahren nicht mehr von der Körperschaftsteuer befreit, da ein Teil der von ihr verwalteten Wohnungen an Personen vermietet sei, die nicht die Voraussetzungen des § 53 AO 1977 erfüllten. Er setzte am 22. Januar 1992 Körperschaftsteuervorauszahlungen für die Streitjahre fest. Einspruch und Klage waren erfolglos.

Die Klägerin stützt ihre Revision auf Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1991.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA die Klägerin für die Streitjahre zur Körperschaftsteuer veranlagt und die Steuer auf jeweils 0 DM festgesetzt (Bescheide vom 2. Januar 1995). Die Rechtsbehelfsbelehrung der Bescheide enthält keinen Hinweis gemäß § 68 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach Ablauf der Frist des § 68 Satz 2 FGO hat die Klägerin beantragt, die Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Am 24. April 1995 hat das FA einen Körperschaftsteueränderungsbescheid für 1991 und am 21. Juni 1995 einen Körperschaftsteueränderungsbescheid für 1992 erlassen. Auch nach diesen Bescheiden beträgt die Steuer jeweils 0 DM. Innerhalb der Frist des § 68 Satz 2 FGO hat die Klägerin beantragt, die Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Aufsichtsratsvorsitzende der Klägerin, der zugleich Leiter des Wohnungsamtes der Sitzgemeinde der Klägerin ist, u.a. vorgetragen: Für Sozialwohnungen dürfe höchstens die nach gesetzlichen Vorschriften zu ermittelnde Kostenmiete gefordert werden. Diese decke jedoch nicht die erhöhten Kosten ab, die in der Regel bei der Vermietung an sog. soziale Randgruppen entstünden. Deshalb sei es sehr schwierig, für diese Bevölkerungsgruppen Wohnraum zu beschaffen. Die Klägerin verfolge bei ihrer Vermietungstätigkeit das Ziel, die Wohnungsnot gerade dieser Bevölkerungsgruppen zu mildern. Sie vermiete entsprechend ihrem Gesellschaftsvertrag die von ihr verwalteten Sozialwohnungen vorrangig an solche Wohnungsbewerber, die ihr vom Wohnungsamt benannt werden und zu den sog. sozialen Randgruppen gehören. Dabei nehme sie in Kauf, daß die Kostenmiete nicht die tatsächlichen Aufwendungen decke.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) und die Bescheide vom 24. April und 21. Juni 1995 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es hat ergänzend u.a. vorgetragen: Das Vermieten von Wohnraum an unterstützungsbedürftige Personen sei seiner Auffassung nach nur dann eine gemeinnützige oder mildtätige Tätigkeit, wenn der Mietzins wesentlich unter der Markt- bzw. Kostenmiete liege oder wenn die Wohnungen behindertengerecht gestaltet seien und nur an Behinderte vermietet würden.

Entscheidungsgründe

II.

A. Die Revision ist zulässig.

Aufgrund der von der Klägerin gestellten Anträge gemäß § 68 i.V.m. § 123 Satz 2 FGO wurden zunächst die Jahressteuerbescheide vom 2. Januar 1995 und nunmehr die Änderungsbescheide vom 24. April und 21. Juni 1995 zum Gegenstand des Verfahrens. Die Anträge waren zulässig (s. Senatsurteil vom 27. Juni 1990 I R 166/85, BFH/NV 1991, 628, m. w. N.). Daß der Antrag, die Bescheide vom 2. Januar 1995 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, erst nach Ablauf der Frist des § 68 Satz 2 FGO gestellt wurde, steht seiner Zulässigkeit nicht entgegen. Die Rechtsbehelfsbelehrung der Bescheide vom 2. Januar 1995 enthält keinen Hinweis auf die Frist des § 68 Satz 2 FGO. In entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO konnte der Antrag daher zulässigerweise innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Bescheide gestellt werden (s. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Januar 1995 IX R 22/94, BFHE 176, 315, BStBl II 1995, 328).

Der Zulässigkeit der Revision steht auch nicht entgegen, daß die Körperschaftsteuer für die Streitjahre auf jeweils 0 DM festgesetzt worden ist (s. Senatsurteil vom 13. Juli 1994 I R 5/93, BFHE 175, 484, BStBl II 1995, 134).

B. Die Revision ist begründet. Sie führte zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG läßt sich nicht entscheiden, ob die Klägerin für die Streitjahre zur Körperschaftsteuer zu veranlagen ist oder gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1991 von der Steuer befreit ist.

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1991 ist eine Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§§ 51 bis 68 AO 1977). Unterhält sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO 1977), der kein Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 bis 68 AO 1977 und auch kein selbstbewirtschafteter Forstbetrieb ist, dann ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Sätze 2 und 3 KStG 1991).

Nach § 52 Abs. 1 AO 1977 verfolgt (verfolgen = dienen) eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Als Förderung der Allgemeinheit werden u.a. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe und des Wohlfahrtswesens anerkannt (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977). Mildtätige Zwecke werden gemäß § 53 AO 1977 verfolgt, wenn die Tätigkeit der Körperschaft darauf gerichtet ist, körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftige oder wegen der geringen Höhe ihrer Bezüge und ihres Einkommens und Vermögens (s. § 53 Nr. 2 AO 1977) wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen selbstlos zu unterstützen. Kirchliche Zwecke verfolgt eine Körperschaft, wenn ihre Tätigkeit auf die selbstlose Förderung einer Religionsgemeinschaft gerichtet ist, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 54 Abs. 1 AO 1977). Zu den kirchlichen Zwecken gehören u.a. die Verwaltung des Kirchenvermögens und die Errichtung von Kirchen und Gemeindehäusern (§ 54 Abs. 2 AO 1977).

Eine Unterstützung oder Förderung ist nach § 55 AO 1977 selbstlos, wenn die Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und die besonderen Voraussetzungen des § 55 Nr. 1 bis 4 AO 1977 erfüllt. Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, daß aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbefreiung gegeben sind (§ 60 Abs. 1 AO 1977). Die tatsächliche Geschäftsführung muß auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung enthält (§ 63 Abs. 1 AO 1977).

2. Hinsichtlich dieser Voraussetzungen der Steuerbefreiung ergibt sich aus den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG:

a) Satzungsmäßig erfüllte die Klägerin in den Streitjahren die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag (= Satzung) vom 13. Dezember 1990 verfolgte die Klägerin ausschließlich und unmittelbar kirchliche, gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Die Satzung bestimmte auch hinreichend konkret, wie die Satzungszwecke verwirklicht werden sollen.

Die Verwaltung von Vermögen der evangelischen Kirche und die Übernahme kirchlicher Bauaufgaben gehört zu den in § 54 Abs. 2 AO 1977 genannten kirchlichen Zwecken.

Die Unterstützung von Personen, die aufgrund besonderer sozialer Probleme Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Wohnraum haben und dadurch notleidend sind, durch Beschaffung und Zurverfügungstellung von Wohnraum und der für die soziale und bildungsmäßige Betreuung dieser Personen erforderlichen Einrichtungen - wie z.B. Kindergärten, Altenwohnungen, Alten- und Pflegeheimen und diakonischen Sozialstationen - fördert die Jugend- und Altenhilfe und das Wohlfahrtswesen i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 und ist somit ein gemeinnütziger Zweck. Da die Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag bei der Wohnraumversorgung vorrangig Personen unterstützen soll, die die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 AO 1977 erfüllen, verfolgt die Klägerin satzungsgemäß auch mildtätige Zwecke.

Entgegen der Auffassung des FA wird die Steuerbefreiung nicht dadurch ausgeschlossen, daß § 3 Satz 1 der Satzung die Errichtung und Überlassung von Kindergärten, Altenwohnungen und Alten- oder Pflegeheimen sowie anderer diakonischer kirchlicher Einrichtungen gestattet, die Satzung jedoch hinsichtlich der Überlassung keine ausdrückliche Einschränkung gemäß § 58 Nr. 4 AO 1977 enthält. Nach § 59 AO 1977 muß sich aus der Satzung lediglich ergeben, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, daß dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO 1977 entspricht und er von der Körperschaft ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Es ist nicht erforderlich, in der Satzung auch eine etwaige für die Steuerbefreiung unschädliche Betätigung gemäß § 58 Nr. 4 AO 1977 zu regeln (gl. A., z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 58 AO 1977 Tz. 1; Koch/Scholtz, Abgabenordnung, Kommentar, 4. Aufl., 1993; § 59 Rz. 5/1; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, Kommentar, 5. Aufl., 1995, § 58 Anm. 2; s. a. Anwendungserlaß zur Abgabenordnung vom 24. September 1987, BStBl I 1987, 644, 677 - zu § 59 -). Gestattet die Satzung - wie im Streitfall - die Überlassung von Räumen an Dritte, so ist dies nur schädlich, wenn sich bereits aus der Satzung ergibt, daß diese Bestätigung die Grenzen des § 58 Nr. 4 AO 1977 überschreiten wird. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr läßt sich § 3 Satz 1 der Satzung durch Auslegung entnehmen, daß die genannten Altenwohnungen und Einrichtungen - sofern sie nicht unmittelbar unterstützungsbedürftigen Personen überlassen bzw. von der Klägerin selbst betrieben werden sollen - nur Körperschaften der Diakonie zur Förderung der von der Klägerin verfolgten steuerbegünstigten Zwecke überlassen werden sollen.

Die Satzung enthält auch die übrigen für die Steuerbefreiung erforderlichen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der Unmittelbar- und Selbstlosigkeit.

b) Hinsichtlich der tatsächlichen Geschäftsführung der Klägerin in den Streitjahren hat das FG festgestellt, daß die Klägerin

- Wohnungen für Gliedkörperschaften der evangelischen Kirche verwaltete und vermietete,

- Wohnungen verwaltete und vermietete, deren Eigentümerin die Klägerin selbst war,

- ein Teil der Wohnungen (nach Angabe der Klägerin etwa 16,5 v.H.) an Personen vermietet war, die nicht die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 AO 1977 erfüllten.

Es hat die Rechtsauffassung vertreten, diese Verwaltungs- und Vermietungstätigkeiten seien als ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 AO 1977 zu beurteilen und die Klägerin sei - da auch Wohnungen an nicht nach § 53 AO 1977 unterstützungsbedürftige Personen vermietet gewesen seien - nicht ausschließlich in steuerbegünstigter Weise tätig geworden.

Der erkennende Senat ist anderer Ansicht. Er folgt im wesentlichen der von Jost in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt (Die Körperschaftsteuer, § 5 KStG Tz. 154) vertretenen Rechtsauffassung.

aa) Die Tätigkeiten der Klägerin waren kein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Nach § 14 Satz 1 AO 1977 ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder sonstige wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, nur dann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn die Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn der Steuerpflichtige unbewegliches Vermögen durch Vermietung oder Verpachtung nutzt (§ 14 Satz 3 AO 1977). Soweit die Klägerin eigenen Grundbesitz vermietete, ging ihre Tätigkeit nach den bisherigen Feststellungen des FG nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus. Die Vermietung des eigenen Grundbesitzes war somit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Sie wurde es auch nicht dadurch, daß die Klägerin fremden - der evangelischen Kirche gehörenden - Grundbesitz verwaltete und für die Eigentümer vermietete und diese Verwaltungstätigkeit u. U. als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen ist. Die Verwaltung fremden Grundbesitzes führt nicht dazu, daß auch die Nutzung des eigenen Grundbesitzes durch Vermietung und die mit ihr verbundenen Verwaltungstätigkeiten steuerrechtlich als Teil einer einheitlichen Tätigkeit "Verwaltung und Vermietung von Grundbesitz" zu beurteilen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung des eigenen und des fremden Grundbesitzes nach den gleichen Grundsätzen - z.B. hinsichtlich der Auswahl der Mieter und der Kalkulation der Mieten - erfolgt. Die Verwaltung fremden Grundbesitzes und dessen Vermietung für die Eigentümer ist eine Dienstleistungstätigkeit für den Grundstückseigentümer, die als sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist (s. z.B. Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 1996, § 18 Rz. 141, m. w. N.). Sie ist nicht mit der Verwaltung und Vermietung eigenen oder - in Fällen der Untervermietung - fremden Grundbesitzes vergleichbar, die darauf gerichtet ist, selbst den Grundbesitz durch Vermietung zu nutzen.

Eine vermögensverwaltende Tätigkeit verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot der §§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, 56 AO 1977 (s. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1991 I R 19/91, BFHE 165, 484, BStBl II 1992, 62). Sie schließt die Steuerbefreiung wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nicht aus, sofern die Erträge aus der Vermögensverwaltung für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet oder - zu höchstens 1/4 - einer freien Rücklage zugeführt werden (§ 58 Nr. 7 a; s. Tipke/Kruse, a.a.O., § 14 AO 1977 Tz. 8, § 58 AO 1977 Tz. 8; Koch/Scholtz, a.a.O., § 58 Rz. 8/4; Jost, a.a.O., § 5 KStG Tz. 57 d).

bb) Entgegen der Auffassung des FG und des FA ist es für die Steuerbefreiung der Klägerin unerheblich, daß einige der von der Klägerin verwalteten Wohnungen an Personen vermietet waren, die nicht oder nicht mehr die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder Nr. 2 AO 1977 erfüllten.

Soweit es sich dabei um Wohnungen handelt, die der Klägerin gehörten, sind diese Vermietungen für die Steuerbefreiung unschädlich. Vermögensverwaltende Tätigkeiten müssen nicht direkt, sondern nur mittelbar - durch Verwendung ihrer Erträge - den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken dienen. Auch die Satzung schreibt der Klägerin nicht vor, daß die der Klägerin gehörenden Wohnungen ausschließlich an unterstützungsbedürftige Personen vermietet sein müssen. Vielmehr ist die Klägerin nach der Satzung nur gehalten, die von ihr verwalteten Wohnungen vorrangig an die ihr vom Wohnungsamt der Sitzgemeinde benannten Personen zu vermieten, die die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 AO 1977 erfüllen. Wenn und solange die Klägerin bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung diese satzungsmäßige Zielsetzung verfolgt, ist ihre Tätigkeit - wie dies § 53 Satz 1 AO 1977 für die Steuerbefreiung voraussetzt - auf die Unterstützung dieser Personengruppe gerichtet (s. Senatsurteil vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482). Es ist daher für die Steuerbefreiung wegen Verfolgung mildtätiger Zwecke unschädlich, wenn die Klägerin Wohnungen an nicht unterstützungsbedürftige Personen vermietet, weil entweder ein bereits bestehendes Mietverhältnis aufgrund des gesetzlichen Mieterschutzes nicht gekündigt werden kann oder bei anstehenden Neuvermietungen das Wohnungsamt der Sitzgemeinde der Klägerin keine unterstützungsbedürftigen Personen als Mietinteressenten benennt.

Die Vermietung von zum Vermögen der evangelischen Kirche gehörenden Wohnungen an nicht unterstützungsbedürftige Personen schließt die Steuerbefreiung nicht aus, da § 54 AO 1977 keine gemeinnützige oder mildtätige Verwaltung des Kirchenvermögens verlangt. Erforderlich ist lediglich, daß die verwaltende Körperschaft selbstlos handelt, also mit der Verwaltung nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Satzung der Klägerin bestimmt zwar, daß die zum Kirchenvermögen gehörenden Wohnungen i.S. der Diakonie verwaltet werden sollen. Dem wird aber bereits dann entsprochen, wenn die Klägerin ihre Verwalterrechte im Einverständnis mit der Kirche dazu nutzt, freiwerdende Wohnungen wenn möglich an unterstützungsbedürftige Personen zu vermieten.

cc) Die Steuerbefreiung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Vermietungen von der Klägerin gehörenden Wohnungen an nicht unterstützungsbedürftige Personen zu Verlusten führt, z.B. weil aufgrund der Marktlage oder den für Mieterhöhungen geltenden gesetzlichen Beschränkungen keine die Kosten deckende Vermietung möglich ist. Da die Wohnungen, sobald sie frei werden, an unterstützungsbedürftige Personen vermietet werden sollen, kann die Klägerin die Wohnungen nicht veräußern, wenn sie weiter längerfristig durch Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum mildtätige Zwecke verfolgen will.

3. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit geklärt wird, ob die Klägerin in den Streitjahren entsprechend ihrer Satzung bei der Verwaltung des Kirchenvermögens und der Vermietung der ihr gehörenden Wohnungen an unterstützungsbedürftige Personen selbstlos i.S. des § 55 AO 1977 tätig war.

Soweit die Klägerin ihr gehörende Wohnungen an unterstützungsbedürftige Personen vermietete, setzt die Selbstlosigkeit entgegen der Auffassung des FA nicht voraus, daß der Mietzins wesentlich unter der Markt- bzw. Kostenmiete liegt. Es reicht vielmehr aus, daß die Klägerin die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung (AfA) deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält. Falls die Klägerin bei der Ermittlung der Kostenmiete für die ihr gehörenden Sozialwohnungen eine Eigenkapitalverzinsung berücksichtigt hat, ist dies unschädlich, wenn sie nachweisen kann, daß die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären AfA höher als die nach den gesetzlichen Vorschriften ermittelte Kostenmiete sind und somit - wie von der Klägerin behauptet - die Vermietung keinen eigenwirtschaftlichen Zwecken dient (§ 55 Satz 1 AO 1977).