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  BFH-Urteil vom 17.4.1996 (I R 123/95) BStBl. 1996 II S. 619

Die Festsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen ist Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlages 1995 (Fortführung von BFH-Urteil vom 9. November 1994 I R 67/94, BFHE 176, 244, BStBl II 1995, 305; Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 25. Juni 1992 IV R 9/92, BFHE 167, 551, BStBl II 1992, 702).

SolZG 1995 § 3 Abs. 1; SolZG 1991 § 3 Abs. 1; EStG § 51a, § 37 Abs. 3; AO 1977 § 171 Abs. 10.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Unternehmensgegenstand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Verwaltung von Vermögen, insbesondere das Halten und Verwalten von Beteiligungen.

Mit Bescheiden vom 29. August 1994 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Körperschaftsteuervorauszahlungen ab 1995 mit vierteljährlich 528.255 DM fest, wobei er - den Angaben der Klägerin entsprechend - bei Ermittlung der voraussichtlich geschuldeten Körperschaftsteuer die Körperschaftsteuerminderung nach § 27 ff. des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und als voraussichtlich anzurechnende Kapitalertragsteuern und Körperschaftsteuern einen Betrag von 29 DM berücksichtigte. Zugleich setzte er die Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab 1995 auf 39.619 DM pro Quartal fest.

Gegen diesen Vorauszahlungsbescheid legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein mit der Begründung, daß sie wegen der voraussichtlich 1995 anzurechnenden bzw. zu vergütenden Körperschaftsteuer nach § 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 des Solidaritätszuschlagsgesetzes (SolZG) 1995 keinen Solidaritätszuschlag schulden werde. Die von der Klägerin "wegen Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftsteuervorauszahlung 1995" erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

Die Klägerin rügt Verletzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG 1995 und des § 37 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragt unter Aufhebung des FG-Urteils vom 20. September 1995, den Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftsteuervorauszahlungen ab 1995 auf 0 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens sind mehrere Änderungsbescheide ergangen, die die Klägerin zum Gegenstand des Rechtsstreits erklärt hat.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revision ist schon deswegen unbegründet, weil bei der Festsetzung der Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag ab 1995 Bindung an die festgesetzten Körperschaftsteuervorauszahlungen besteht.

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG 1995 bemißt sich der Solidaritätszuschlag, soweit Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu leisten sind, nach den Vorauszahlungen auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Vorauszahlungen auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sind die nach § 37 Abs. 3 Satz 1 EStG festgesetzten. Liegt ein solcher Bescheid über die Festsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer vor, so ist dieser Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Festsetzung der Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag (vgl. § 49 Abs. 1 KStG i.V.m. § 51a Abs. 5 EStG). Dies hat der Senat bereits im Urteil vom 9. November 1994 I R 67/94 (BFHE 176, 244, BStBl II 1995, 305) für die veranlagte Einkommen- und Körperschaftsteuer und den hierauf nach § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SolZG 1991 erhobenen Zuschlag entschieden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das genannte Urteil hingewiesen. Die dort gemachten Ausführungen gelten für die nach § 49 Abs. 1 KStG i.V.m. § 51a Abs. 1, § 37 Abs. 3 Satz 1 EStG festzusetzenden Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG 1995 entsprechend (vgl. auch Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 51a).

Hiervon abweichend hat allerdings der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, daß § 3 Abs. 1 Nr. 3 SolZG 1991 nur für Vorauszahlungen nach § 51a Abs. 4 Satz 2 EStG gelte, also nur für die Fälle, in denen noch kein gesonderter Bescheid über die Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag ergangen sei. Im übrigen gelte der Grundsatz des § 51a Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach die Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag der voraussichtlichen Solidaritätszuschlagsschuld entsprechen müßten (Urteil vom 25. Juni 1992 IV R 9/92, BFHE 167, 551, BStBl II 1992, 702). Wie aber der Urteilsbegründung zu entnehmen ist, folgte diese Gesetzesauslegung aus der besonderen Rechtssituation, die sich seinerzeit daraus ergab, daß der Solidaritätszuschlagssatz für die veranlagten Steuern 3,75 %, für die während eines halben Kalenderjahres im Wege der Vorauszahlung erhobene Einkommensteuer aber 7,5 % betrug. Dies führte insbesondere in solchen Fällen zu einer verdeckten Regelungslücke, in denen beispielsweise nur für das erste oder das zweite Halbjahr 1991 Vorauszahlungen festzusetzen waren. Für den ab 1995 zu zahlenden Solidaritätszuschlag besteht eine vergleichbare Rechtslage nicht (vgl. auch Dötsch/Jost/Eversberg/Witt, Die Körperschaftsteuer, Anhang SolZG 1995 Rdnr. 7).

2. Die verfahrensrechtliche Verknüpfung des Solidaritätszuschlages mit den festgesetzten Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen führt auch zu sachgerechten Ergebnissen. Gemäß § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG bemessen sich die Vorauszahlungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 EStG bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Daraus folgt, daß die festgesetzte Vorauszahlung im Grundsatz durch die genannten anzurechnenden Beträge bereits gemindert ist. Dies gilt auch, wenn die Vorauszahlungen nicht anhand der letzten Veranlagung, sondern anhand einer gesonderten Prognose festgesetzt werden (Stolterfoht in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 37 D 71). Die anzurechnenden Beträge nochmals im Rahmen der Festsetzung der Vorauszahlung für Solidaritätszuschlag zu berücksichtigen, würde zu einer gesetzeswidrigen - temporären - Doppelentlastung führen.

Aus dem Vortrag der Klägerin, sie beziehe Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 44a Abs. 5 EStG, ergibt sich für die Festsetzung von Vorauszahlungen nichts Abweichendes. Abgesehen davon, daß keinerlei Feststellungen dazu vorliegen, ob, und ggf. in welchem Umfang die Klägerin Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 7 und 8, sowie Satz 2 EStG bezieht, richtet sich auch im Fall des § 44a Abs. 5 EStG die Vorauszahlung nach der voraussichtlichen Steuerschuld i.S. des § 37 Abs. 1 Satz 1 oder § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG. Einzige Besonderheit ist, daß bei der letzten Veranlagung (§ 37 Abs. 3 Satz 2 EStG) mangels tatsächlichen Einbehalts keine Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG angerechnet wurde. Ergab sich danach für die Vorjahre eine Einkommensteuerschuld, bleibt diese grundsätzlich nach § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG auch für die Vorauszahlungen maßgeblich. Die Klägerin verkennt, daß auch Steuerpflichtige i.S. von § 44a Abs. 5 EStG durchaus eine Einkommensteuer schulden können, und zwar insoweit, als die festgesetzte Einkommensteuer die anrechenbare oder vergütete Körperschaftsteuer übersteigt. Da grundsätzlich die anrechenbare Körperschaftsteuer die voraussichtliche Steuerschuld nach § 37 Abs. 1 EStG mindert, tritt auch bei Festsetzung der Vorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag keine Doppelbelastung ein.

Im übrigen ist die Festsetzung der Körperschaftsteuervorauszahlungen nicht Streitgegenstand, so daß der Senat über deren Rechtmäßigkeit in diesem Verfahren nicht entscheiden kann.