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  BFH-Urteil vom 27.9.1996 (VI R 44/96) BStBl. 1997 II S. 146

Mietet ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer Tennis- und Squashplätze an, so führt die unentgeltliche Nutzung bei den Arbeitnehmern zum Zufluß von Arbeitslohn. Dies gilt unabhängig davon, wie der Arbeitgeber die Nutzung der überlassenen Plätze im einzelnen organisiert hat.

EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1996, 542)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen mieteten in den Jahren 1988 bis 1992 für ihre Mitarbeiter Tennis- und Squashplätze in gewerblichen Tennis- und Squashcentern an, die im Rahmen des Betriebssports von allen Arbeitnehmern kostenlos genutzt werden konnten.

Die Spielzeiten wurden den Mitarbeitern über ein internes Elektronic-Mail-System bekanntgegeben, das für alle Mitarbeiter zugänglich war. Teilnehmerlisten wurden nicht geführt; die jeweils erschienenen Teilnehmer mußten sich im Rahmen eines Rotationsverfahrens die Gesamtspielzeit teilen, so daß die Teilnehmer in der Regel kein ganzes Match spielen konnten, sondern zwischenzeitlich auch Pausen hatten. Das Rotationsverfahren bewirkte außerdem, daß die Teilnehmer ständig wechselnde Spielpartner erhielten.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1988 bis 1992 lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Behandlung der Mietaufwendungen als nichtsteuerbare sog. Annehmlichkeiten ab und behandelte sie als Arbeitslohn. Auf Antrag der Klägerin wurden die streitigen Beträge der pauschalen Lohnsteuer (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) unterworfen. Das FA erließ entsprechende Pauschalierungsbescheide.

Nach erfolglosem Einspruch machte die Klägerin mit der Klage geltend, die einzelnen Arbeitnehmer seien nicht durch ersparte Aufwendungen bereichert. Außerdem habe sie mit dem Zurverfügungstellen der Tennis- und Squashplätze eigenbetriebliche Zwecke verfolgt, nämlich eine Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es entschied, die kostenlose Überlassung von Sportanlagen führe zwar bei tatsächlicher Inanspruchnahme zu einer Bereicherung der Arbeitnehmer. Gleichwohl liege im Streitfall Arbeitslohn nicht vor. Das Interesse der Klägerin an der Förderung der innerbetrieblichen Kommunikation durch den Betriebssport habe überwogen und das Eigeninteresse des Arbeitnehmers sei in den Hintergrund getreten, weil die Betriebssportveranstaltungen derart organisiert gewesen seien, daß die Arbeitnehmer keinen Einfluß darauf gehabt hätten, wann und wo welche Sportarten angeboten würden, keine feste Spielzeit bestanden habe, sondern im Rotationsverfahren die Gesamtspielzeit aufgeteilt worden sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 542 veröffentlicht.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 i. V. m. § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1990. Es ist der Auffassung, daß Squash und Tennis Individualsportarten seien und deshalb die Kommunikation nicht ausschlaggebend für die Annahme eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses sein könne.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Die angefochtenen Pauschalierungsbescheide (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG) sind rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des FG hat die kostenlose Überlassung der Tennis- und Squashplätze an die Arbeitnehmer nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen gelegen. Das FA hat deshalb zu Recht angenommen, daß die Inanspruchnahme der Plätze durch die Arbeitnehmer bei diesen zu einem Zufluß von Arbeitslohn i. S. der §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG geführt hat.

1. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Inanspruchnahme von Tennis- oder Squashplätzen, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern kostenlos überläßt, bei diesen zu einer Bereicherung führt. Denn für die Nutzung von Tennis- oder Squashplätzen wird - soweit sie nicht in Vereinen, die durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, oder auf selbstfinanzierten Privatplätzen erfolgt - üblicherweise ein Entgelt gezahlt.

2. Die freiwillige und kostenlose oder verbilligte Inanspruchnahme von geldwerten Vorteilen, die im Bereich der allgemeinen Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 EStG liegen, führt regelmäßig zum Zufluß von Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 EStG, wenn sie vom Arbeitgeber gewährt werden. Derartige Vorteile sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen, daß der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann, so wird dieses Ergebnis zusammenfassend dahin umschrieben, daß der Vorteil im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt sei (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juni 1993 VI R 95/92, BFHE 171, 74, 79, BStBl II 1993, 687, 689, m. w. N.; vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BFHE 174, 425, BStBl II 1994, 771).

Der Senat hat entschieden, daß Aufwendungen zur Förderung des Betriebsklimas im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen können, wenn sie bei Betriebsveranstaltungen erfolgen, die ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen (Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655). Pro Betriebsveranstaltung darf ein Höchstbetrag von 150 DM nicht überschritten werden und es dürfen nicht mehr als zwei Veranstaltungen pro Jahr stattfinden. Diese Rechtsprechung wird von der Finanzverwaltung mit der Maßgabe beachtet, daß der Höchstbetrag inzwischen auf 200 DM heraufgesetzt worden ist (vgl. Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1996). Die für Betriebsveranstaltungen entwickelten und anerkannten Grundsätze haben aber Ausnahmecharakter und sind an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. Sie sind entgegen der Auffassung des FG auf Aufwendungen für die Anmietung und kostenlose Überlassung von Tennis- oder Squashplätzen nicht in der Weise übertragbar, daß hier ebenfalls bestimmte Freigrenzen anzunehmen sind. Vielmehr ist stets ein erhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Erlangung des geldwerten Vorteils anzunehmen, der in der unentgeltlichen Nutzung von Tennis- oder Squashplätzen liegt. Dies gilt entgegen der Auffassung des FG unabhängig davon, wie die Nutzung der Tennis- oder Squashplätze im jeweiligen Betrieb im einzelnen organisatorisch geregelt ist. Die unentgeltliche Inanspruchnahme dieser Einrichtungen führt bei den Arbeitnehmern zu Sachbezügen i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Sie bleiben allerdings gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9, § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I, 1250, BStBl I, 438) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 außer Ansatz, wenn die Vorteile insgesamt 50 DM im Kalendermonat nicht übersteigen. Mangels einer vergleichbaren Vorschrift für die Streitjahre führen in diesen die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Anmietung von Tennis- oder Squashplätzen im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme durch die Arbeitnehmer zum Zufluß von Arbeitslohn i. S. der §§ 19 Abs. 1, 8 Abs. 2 EStG.

3. Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, da über die Höhe der nachgeforderten Lohnsteuer kein Streit besteht. Die Klage ist abzuweisen.