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  BFH-Urteil vom 22.11.1996 (VI R 20/94) BStBl. 1997 II S. 187

Ist ein Arbeitnehmer wegen anderer beruflicher Verpflichtungen nicht in der Lage, ein Aufgabengebiet in vollem Umfang selbst zu betreuen, kommt ein Ehegatten-Unterarbeitsverhältnis hierüber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn solche Tätigkeiten sonst ehrenamtlich von Dritten unentgeltlich übernommen werden.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein evangelischer Pfarrer, war ab Mitte 1987 in W nichtselbständig tätig. Aufgrund eines 1980 schriftlich abgeschlossenen Ehegatten-Arbeitsvertrages sollte die Ehefrau gegen ein monatliches Bruttogehalt von 250 DM den Kläger im Bereich der Jugend-, Alten- und Gemeindearbeit, bei Besuchen und Telefondienst unterstützen. Im Streitjahr 1988 wurden monatlich 250 DM auf das Sparkonto der Ehefrau des Klägers überwiesen und die pauschal ermittelte Lohnsteuer beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) angemeldet.

Das FA lehnte es im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ab, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit die als Werbungskosten in Höhe von 3.000 DM geltend gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen.

Die hiergegen erhobene Klage hatte im Streitpunkt keinen Erfolg.

Mit der Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidungen die Einkommensteuer auf ... DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das Finanzgericht (FG) hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die monatlichen Zahlungen des Klägers an seine Ehefrau keine Werbungskosten im Zusammenhang mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

1. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß Arbeitsvergütungen für betrieblich veranlaßte Leistungen, die ein Selbständiger an nahe Angehörige, insbesondere an seine Ehegatten, zahlt, gemäß § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn die Aufwendungen auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen beruhen, die nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Dabei eignen sich gelegentliche und geringfügige Hilfeleistungen im häuslichen Bereich, die üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage erbracht werden, nicht als Inhalt eines mit einem Dritten zu begründenden Arbeitsverhältnisses; hierüber mit Angehörigen geschlossene Verträge können deshalb steuerlich keine Anerkennung beanspruchen (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 9. Dezember 1993 IV R 14/92, BFHE 173, 140, BStBl II 1994, 298; vom 25. Januar 1989 X R 168/87, BFHE 156, 134, BStBl II 1989, 453; vom 17. März 1988 IV R 188/85, BFHE 153, 177, BStBl II 1988, 632, und vom 27. Oktober 1978 VI R 166, 173, 174/76, BFHE 126, 285, BStBl II 1979, 80).

Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ein entsprechender Werbungskostenabzug in Betracht kommt, wenn ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen, die auch im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis anfallen, durch nahe Angehörige erbringen läßt und vergütet. Jedenfalls kommt ein Werbungskostenabzug für solche Vergütungen nicht in Betracht, die unter sonst gleichen Umständen vom Arbeitnehmer mit fremden Dritten nicht vereinbart würden und insofern als unüblich anzusehen sind. Letzteres ist der Fall, wenn das Tätigkeitsgebiet, das zum Gegenstand eines Ehegatten-Unterarbeitsverhältnisses gemacht wird, regelmäßig von ehrenamtlichen Kräften unentgeltlich betreut wird. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger neben anderen Aufgaben auch für die hier zu beurteilende selbst entgeltlich tätig wird und daß sein Arbeitgeber ggf. - wenn dies zur Entlastung des Klägers oder sonst zu einer aus Sicht des Arbeitgebers hinreichenden Aufgabenerfüllung erforderlich sein sollte - weitere Personen anstellen könnte. Denn ein Arbeitnehmer pflegt, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, für Aufgaben, zu deren Erledigung er angesichts anderer beruflicher Verpflichtungen nicht in der Lage ist und deren Bewältigung in erster Linie Sache seines Arbeitgebers ist, fremde Arbeitskräfte nicht einzustellen und von seinem Gehalt zu entlohnen.

2. In Anwendung dieser Grundsätze war im Streitfall ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis nicht anzuerkennen. Der Telefondienst und Tätigkeiten im Zusammenhang mit Besuch im Pfarrhaus, der den Kläger aus dessen beruflichen Gründen aufsucht, gehören zu den gelegentlichen und geringfügigen Hilfeleistungen im häuslichen Bereich, die sich nicht als Inhalt eines steuerlich beachtlichen Ehegatten-Arbeitsverhältnisses eignen. Die Jugend-, Alten- und Gemeindearbeit wird, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ehrenamtlich unentgeltlich geleistet, sofern sie nicht - wie beim Kläger selbst - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit einer kirchlichen Stelle erfolgt. Für den Kläger bestand keine Veranlassung, über die seinem Arbeitgeber geschuldeten Tätigkeiten hinaus auf seine Kosten für Dienstleistungen Dritter zu sorgen, die sonst ehrenamtlich erbracht werden, sofern nicht sein Arbeitgeber oder eine andere kirchliche Stelle ihre entgeltliche Erledigung für erforderlich halten.