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  BFH-Urteil vom 5.11.1996 (IX R 42/94) BStBl. 1997 II S. 244

Die Bescheinigung der Denkmalbehörde nach § 82i Abs. 2 EStDV, daß die Herstellungskosten für Baumaßnahmen an dem denkmalgeschützten Gebäude nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren, ist für das FA auch insoweit bindend, als die Herstellungskosten den Bau eines Wintergartens betreffen (Abgrenzung zum Urteil des Senats vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92).

EStDV § 82i.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), die als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden, ließen ihre selbstgenutzte Eigentumswohnung instandsetzen und daran außerdem einen Wintergarten anbauen. Die zuständige Denkmalbehörde stellte eine Bescheinigung aus, nach der das "Gebäude" der Kläger ein Baudenkmal ist und die hieran durchgeführten Instandsetzungsarbeiten, die zu Aufwendungen von 33.041,15 DM geführt haben, i. S. der §§ 82i und k der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren. Bei der Ermittlung der Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr (1986) ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nach einer von der Denkmalbehörde eingeholten Auskunft davon aus, daß von diesen Aufwendungen ein Teilbetrag von 6.140,35 DM auf den Wintergarten entfallen und zu Unrecht in die Bescheinigung gemäß § 82i Abs. 2 EStDV aufgenommen worden sei. Das FA ließ diesen Teilbetrag zur Berechnung der erhöhten Absetzungen nach § 82i EStDV unberücksichtigt und zog stattdessen entsprechend höhere Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Das FA sei an die Bescheinigung nach § 82i EStDV nur gebunden, soweit es sich um Merkmale handele, die allein von der bescheinigenden Behörde zu prüfen seien. Aufgabe des Landesamts für Denkmalpflege sei es u. a., zu entscheiden, ob ein Baudenkmal vorliege. Die Finanzbehörden seien berechtigt zu prüfen, ob die bescheinigten Aufwendungen zu den Herstellungskosten, zu den sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu den nicht abziehbaren Kosten gehörten.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 82i EStDV.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer für das Streitjahr auf 15.338 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das angefochtene Urteil aufzuheben und in der Sache zu entscheiden. Das FG hat den Umfang der Bindungswirkung der von der Denkmalbehörde ausgestellten Bescheinigung zu eng begrenzt.

1. Erhöhte Absetzungen nach § 82i EStDV können nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude und die Erforderlichkeit der Herstellungskosten durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen hat (§ 82i Abs. 2 EStDV). Bei der Bescheinigung handelt es sich um einen Grundlagenbescheid. Seine verbindlichen Feststellungen erstrecken sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Über das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale der steuerlichen Vorschrift haben die Finanzbehörden in eigener Kompetenz zu entscheiden (Urteil des Senats vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92, zur Veröffentlichung bestimmt).

Nach diesen Maßstäben sind die für das Baudenkmal der Kläger geleisteten und vom Landesamt für Denkmalschutz als erforderlich bescheinigten Aufwendungen in voller Höhe gemäß § 82i EStDV zu berücksichtigen. Es kann dahinstehen, ob die bescheinigten Aufwendungen im Streitfall Herstellungskosten für den Bau eines Wintergartens enthalten. Auch solche Aufwendungen sind Herstellungskosten für die denkmalgeschützte Eigentumswohnung der Kläger. Sie sind nur nicht zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich. Art und Umfang der in diesem denkmalrechtlichen Sinne erforderlichen Aufwendungen sind indessen in der Bescheinigung der Denkmalbehörde für das FA bindend festgestellt. Diese Bindungswirkung wäre nur dann entfallen, wenn das FA die Denkmalbehörde zur Rücknahme ihrer Bescheinigung veranlaßt hätte (vgl. Abschn. 160 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abschn. 159 Abs. 2 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien 1984). Die Antwort der Denkmalbehörde auf die Anfrage des FA genügte dazu nicht.

Insoweit unterscheidet sich der Streitfall vom Sachverhalt des Senatsurteils vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92: In jenem Fall hatte die Denkmalbehörde in die Bescheinigung nach § 82i Abs. 2 EStDV auch Aufwendungen aufgenommen, die von vornherein nicht von § 82i EStDV erfaßt wurden, weil es sich nicht um Herstellungskosten des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern eines gesonderten neu errichteten Gebäudes (Tiefgarage) und von Außenanlagen handelte. Die Bescheinigung konnte in bezug auf ein derartiges Gebäude und die Außenanlage keine Bindungswirkung haben.

2. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die erhöhten Absetzungen nach § 82i EStDV erhöhen sich um 615 DM. Die Absetzungen nach § 7b EStG sind dementsprechend um 225 DM niedriger anzusetzen, was die Kläger mit ihrem Revisionsantrag unberücksichtigt gelassen haben. Das zu versteuernde Einkommen verringert sich um 390 DM auf 67.567 DM. Die Einkommensteuer (Splitting-Tabelle) beträgt 15.418 DM.