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  BFH-Urteil vom 13.11.1996 (X R 104/95) BStBl. 1997 II S. 281

Den Steuerabzugsbetrag für eine "Neueröffnung" nach § 58 Abs. 3 EStG, § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR erhält ein selbständiger Versicherungsvertreter nur, wenn er die Tätigkeit hauptberuflich ausübt. Ihr zeitlicher Umfang ist das maßgebliche Kriterium dafür, ob die Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird.

EStG § 58 Abs. 3; DBStÄndG DDR § 9 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Jahr 1990 bei der VEB A-Werk GmbH beschäftigt und bezog während des ganzen Jahres Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (3.600 Mark der DDR - Mark - im 1. Halbjahr und 8.486 DM im 2. Halbjahr). Am 16. Oktober 1990 schloß er mit einem Versicherungsunternehmen einen Vertrag "über eine nebenberufliche Vertretung als selbständiger Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92b HGB)".

In der Jahressteuererklärung für Steuern der Gewerbetreibenden und der anderen Bürger im Beitrittsgebiet für 1990 (Streitjahr) erklärte der Kläger für das 2. Halbjahr 1990 einen Gewinn aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter von 2.415 DM. Für die Neuaufnahme seiner Tätigkeit begehrte er den Steuerabzugsbetrag gemäß § 9 Abs. 1 der Durchführungsbestimmung zum Gesetz zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer vom 16. März 1990 (Gesetzblatt der DDR - GBl DDR - I 1990, 195) i. d. F. des Steueranpassungsgesetzes vom 22. Juni 1990 (GBl DDR Sondernr. 1427) - DBStÄndG DDR - in Höhe von 10.000 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gewährten den Steuerabzugsbetrag nicht, weil es sich nur um eine nebenberufliche Tätigkeit gehandelt habe.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte der Kläger geltend, ihm stehe der Abzugsbetrag zu, denn er übe erstmals eine Tätigkeit im Rahmen eines Gewerbebetriebes aus. Ohne Bedeutung sei insoweit, daß er noch weitere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen habe.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Es führte aus: Offenbleiben könne, ob der Kläger haupt- oder nebenberuflich als Versicherungsvertreter tätig geworden sei, denn § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR stelle nur auf die Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- und Gewerbebetriebes ab. Soweit Satz 3 der Vorschrift die Steuerbefreiung "auch" bei Aufnahme einer hauptberuflichen selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit gewähre, beziehe sich das zusätzliche Erfordernis nur auf diese Tätigkeiten. Die Norm gehe zurück auf die Direktive des Ministers der Finanzen der DDR vom 29. März 1984 zur steuerlichen Vergünstigung bei Übernahme oder Eröffnung von privaten Handwerks- und kleinen Gewerbebetrieben sowie Einzelhandelsgeschäften und Gaststätten mit und ohne Kommissionshandelsvertrag (abgedruckt in DATEV, Steuerrechtssammlung 1990, Bd. II Nr. 96). Diese Direktive habe eine zweijährige Steuerbefreiung bis 10.000 Mark bei Betriebseröffnung oder -übernahme vorgesehen, wenn eine Gewerbegenehmigung nach der Verordnung vom 12. Juli 1972 über die Förderung des Handwerks bei Dienst- und Reparaturleistungen und die Regelung der privaten Gewerbetätigkeit (GBl DDR II 1972, 541 ff.) erteilt worden sei. Private Gewerbetätigkeit i. S. des § 19 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung sei die hauptberufliche und zusätzlich die nebenberufliche Tätigkeit, sofern die Einnahmen hieraus jährlich 3.000 Mark überstiegen. Dies spreche für die Annahme, nicht nur haupt-, sondern auch nebenberufliche gewerbliche Betätigungen seien begünstigt. Es sei davon auszugehen, daß diese Regelungen lediglich modifiziert hätten weitergeführt werden sollen. Durch die Fortgeltung nach § 58 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebe sich insoweit keine Änderung.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Zweck des § 9 DBStÄndG DDR sei es, Personen eine Steuervergünstigung zu gewähren, die einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitskraft dafür einsetzten, sich eine selbständige Existenz aufzubauen. Es gebe keinen sinnvollen Grund dafür, bei nebenberuflicher gewerblicher Tätigkeit eine Steuerbefreiung zu gewähren, sie jedoch bei nebenberuflicher freiberuflicher oder selbständiger Tätigkeit zu versagen. Gegen die Auffassung des FG spreche die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der Umstand, daß die frühere DDR für die Besteuerung zwischen nebenberuflicher und hauptberuflicher Tätigkeit unterschieden habe.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

In den neun Bundesländern hätten Versicherungsgesellschaften allein wegen noch fehlender Qualitätsnachweise Verträge mit einer Klausel nach § 92b des Handelsgesetzbuches (HGB) abgeschlossen. Gleichwohl handele es sich steuerrechtlich um die Neueröffnung eines Gewerbebetriebes. Davon gehe auch das FA aus, denn es habe den Kläger im 2. Halbjahr 1990 als Kleingewerbetreibenden behandelt. Selbst wenn man die Auffassung des FA teile, könne der Kläger die Steuerbefreiung beanspruchen, denn er habe - wie bereits im Einspruchsverfahren vorgetragen - mehr als ein Drittel seiner Arbeitszeit auf die Versicherungstätigkeit verwendet. Im übrigen sei auch zu berücksichtigen, daß er mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes habe rechnen müssen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Steuervergünstigung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR auch bei nebenberuflich ausgeübter Tätigkeit gewährt werden kann. Die Sache geht zur Nachholung von Feststellungen, ob der Kläger tatsächlich im Sinne dieser Vorschrift nebenberuflich tätig war, an das FG zurück.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR wurde bei Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- oder Gewerbebetriebes dem Inhaber eine einmalige Steuerbefreiung für zwei Jahre höchstens bis 10.000 Mark gewährt; dieser Betrag wurde zum 1. Juli 1990 in DM umbenannt. Die einmalige Steuerbefreiung wird nach § 9 Abs. 1 Satz 3 DBStÄndG DDR "auch bei Aufnahme einer hauptberuflichen selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit" gewährt. Diese Vorschrift ist nach näherer Maßgabe des § 58 Abs. 3 EStG für die Jahre ab 1991 anzuwenden. Für den - im Streitfall maßgeblichen - Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis zum Inkrafttreten des bundesdeutschen Steuerrechts im Beitrittsgebiet am 1. Januar 1991 ist § 9 DBStÄndG DDR durch den Einigungsvertrag als partielles und revisibles Bundesrecht übernommen worden (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. März 1994 I R 146/93, BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941, unter II. 1. a; vom 6. Dezember 1995 X R 136/94, BFH/NV 1996, 400; vom 6. Juli 1995 IV R 84/94, BFHE 178, 189, BStBl II 1995, 833, m. w. N., und vom 6. September 1995 XI R 9/95, BFH/NV 1996, 128, m. w. N.).

2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR setzt die Gewährung der Steuerbefreiung die Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- oder Gewerbebetriebes voraus, ohne - insoweit anders als Satz 3 der Vorschrift - ausdrücklich zu bestimmen, daß diese Betriebe hauptberuflich geführt werden müssen. Entgegen der Auffassung des FG läßt sich aus der ausdrücklichen Erwähnung des Erfordernisses "hauptberuflich" in Satz 3 der Vorschrift indes nicht folgern, die Steuervergünstigung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR stehe bei Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- oder Gewerbebetriebes dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn die entsprechende Tätigkeit nur nebenberuflich ausgeübt wird. Nach Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung ist die Vergünstigung nur zu gewähren, wenn der Betrieb hauptberuflich geführt wird (BFH-Urteil in BFHE 178, 189, BStBl II 1995, 833; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 58 Rz. 11; ders. in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetze, Kommentar, § 58 EStG Anm. 4; Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 22. Juli 1991, BStBl I 1991, 737 Tz. 1; a. A. FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. März 1993 2 K 21/92, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1993, 523; vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 21. Aufl., § 58 EStG Anm. 4).

a) § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR ist eine Steuernorm der früheren DDR, der eine nach damaligem Rechtsverständnis zu beurteilende Gesetzesentwicklung und Gesetzesteleologie zugrunde liegt (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941; vgl. auch Urteile in BFHE 178, 189, BStBl II 1995, 833, und in BFH/NV 1996, 400, jeweils m. w. N.). Sie geht zurück auf früher nicht veröffentlichte Direktiven des Ministerrats der DDR (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14. Dezember 1994 XI R 39/94, BFHE 176, 406, BStBl II 1995, 320; in BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941). Nach der Direktive zur Förderung der Leistungen des Kommissions- und des privaten Einzelhandels vom 9. April 1976 (vgl. DATEV, a. a. O., Bd. II Nr. 95) erhielten Bürger, die aufgrund einer Gewerbegenehmigung ein aufgegebenes Einzelhandelsgeschäft oder eine Gaststätte eröffneten oder übernahmen, für ein Jahr eine Steuerbefreiung von 10.000 Mark. Durch die Direktiven vom 29. März 1984 (DATEV, a. a. O., Bd. II Nr. 96 und 97) wurde die Steuerbefreiung auf Kleingewerbetreibende und Handwerksbetriebe erstreckt und auf zwei Jahre ausgedehnt. Für die Übernahme eines der genannten Betriebe durch den Sohn oder die Tochter galt dies - ebenso wie nach der Direktive vom 9. April 1976 - jedoch nur, wenn bei der Übernahme erhebliche finanzielle Aufwendungen für die Fortführung des Betriebes entstanden. Ziel dieser Maßnahme war, "den neu zugelassenen Handwerkern und Gewerbetreibenden noch bessere Bedingungen für die Rekonstruktion und Rationalisierung in den übernommenen Betrieben zu geben und die schnelle Versorgungswirksamkeit neueröffneter Betriebe zu unterstützen. Es sollte u. a. auch die Übernahme eines wegen Krankheit oder Alters aufgegebenen Betriebes durch ein Kind des Betriebsinhabers oder eines Beschäftigten des Betriebes gefördert werden" (Erläuterungen zur Direktive des Ministerrats vom 16. Februar 1984, DATEV, a. a. O., Nr. 98). Auch wenn ursprünglich vor allem bezweckt war, die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern zu verbessern, ergibt sich schon aus den Regelungen vor 1990, daß die Förderung nicht für nebenberufliche Tätigkeiten gedacht war, die typischerweise weder mit dem vergleichbaren materiellen und zeitlichen Aufwand verbunden sind, noch die beabsichtigte schnell wirksame Verbesserung der Versorgung, Verminderung der Importe oder Vermehrung der Exporte erwarten ließen.

b) Zu berücksichtigen ist vor allem, daß die frühere DDR in Gestalt der Anordnung über die steuerliche Vergünstigung von Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit vom 7. Februar 1980 (GBl DDR I 1980, 8) die Besteuerung der nebenberuflichen Tätigkeit der in der Anlage hierzu genannten Berufsgruppen - u. a. auch für Versicherungsvertreter der staatlichen Versicherung (Nr. 8 der Anlage) - besonders geregelt hatte. Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit waren bis zu 3.000 Mark steuerfrei und wurden bis zu einem Betrag von 10.000 Mark nur mit 20 % versteuert. Überstiegen die Einnahmen 10.000 Mark waren sie unter Berücksichtigung des Freibetrages von 3.000 Mark nach dem Einkommensteuergesetz DDR zu versteuern. Für die besondere Besteuerung der Einkünfte aus Nebentätigkeit war unerheblich, ob die Nebentätigkeit einer Gewerbegenehmigung nach der Verordnung über die Förderung des Handwerks bei Dienst- und Reparaturleistungen und die Regelung der privaten Gewerbetätigkeit vom 12. Juli 1972 (GBl DDR II 1972, 541) bedurfte . Selbst wenn die Einnahmen hieraus 3.000 Mark überstiegen, und demzufolge - jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift - eine Gewerbegenehmigung einzuholen war, erhielt der Steuerpflichtige den Steuerfreibetrag von 3.000 Mark. Soweit bereits in Rechtsvorschriften über die Besteuerung von Einnahmen geregelte Vergünstigungen für Nebentätigkeiten bestanden, galten auch diese nach § 2 Abs. 2 dieser Anordnung weiter. Ausgeschlossen war die Vergünstigung lediglich, wenn bei der Ausübung der nebenberuflichen Tätigkeit fremde Arbeitskräfte beschäftigt wurden (§ 1 Abs. 2 dieser Anordnung).

Das Erfordernis einer Gewerbegenehmigung allein erlaubt deshalb entgegen der Auffassung des FG keine Folgerungen für die Auslegung des § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR.

c) Auch das Gesetz zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer (StÄndG DDR) vom 6. März 1990 (GBl DDR I 1990, 136), zu dessen Ausführung die DBStÄndG DDR erlassen worden sind, unterscheidet zwischen haupt- und nebenberuflicher Tätigkeit.

Die Besteuerung von Nebeneinkünften ist gesondert in § 12 StÄndG DDR geregelt, für die u. a. - soweit es sich nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt - ein Steuerfreibetrag von 3.000 Mark gewährt wird. Hierzu ist im DBStÄndG DDR in § 13 lediglich bestimmt, daß eine Beschäftigung von Arbeitskräften eine nebenberufliche Tätigkeit ausschließt. Nebenberufliche Tätigkeiten werden danach wie zuvor gesondert steuerlich begünstigt.

Die Förderung von Existenzgründungen wurde im Jahr 1990 in der Weise ergänzt, daß nun die - einmalige - Steuerbefreiung nicht nur bei der Neueröffnung von Handwerks-, Handels- und Gewerbebetrieben, sondern auch bei Aufnahme einer hauptberuflichen freiberuflichen oder selbständigen Tätigkeit gewährt wurde (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 DBStÄndG DDR). Ziel der Regelung war vor allem, die Gründung neuer Betriebe und damit das Angebot an neuen Arbeitsplätzen steuerlich zu fördern und so den Überbestand an Arbeitnehmern zu vermindern, die fast ausschließlich in den stark existenzgefährdeten Großbetrieben beschäftigt waren (BFH-Urteil in BFHE 178, 189, BStBl II 1995, 833; vgl. auch BFH-Urteile vom 20. April 1995 IV R 101/94, BFHE 178, 25, BStBl II 1995, 710; in BFH/NV 1996, 400). Wird eine Tätigkeit nur nebenberuflich betrieben, werden erfahrungsgemäß weniger neue Arbeitsplätze als bei einer hauptberuflichen Tätigkeit geschaffen. Dies gilt in gleicher Weise für die Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- oder Gewerbebetriebes wie für die Aufnahme einer freiberuflichen oder selbständigen Tätigkeit. Auch die Förderung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DBStÄndG DDR setzt deshalb - insoweit nicht anders als die Förderung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift - voraus, daß der Steuerpflichtige hauptberuflich tätig ist. Davon geht auch die Finanzverwaltung im Schreiben des BMF vom 22. Juli 1991 (BStBl I 1991, 737, unter 1.) aus; sie nimmt eine hauptberufliche Tätigkeit unter Bezug auf das BFH-Urteil vom 30. März 1990 VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854) nur an, wenn der Steuerpflichtige seine Arbeitszeit zu mehr als ein Drittel für diese Tätigkeit verwendet.

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, denn das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger im Streitjahr tatsächlich seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter seit der Übernahme hauptberuflich ausgeübt hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers muß allerdings unberücksichtigt bleiben, daß er - wie von ihm vorgetragen - im Folgejahr seine nichtselbständige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt habe. Der noch von der DDR eingeführte Steuerabzugsbetrag ist nach der Entscheidung des Gesetzgebers nur in den Fällen weiter zu gewähren, in denen vor dem 1. Januar 1991 die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung erfüllt worden sind (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 178, 25, BStBl II 1995, 710).

Die erzielten Umsätze oder Einkünfte sagen indes nichts darüber aus, ob eine Tätigkeit hauptberuflich oder nebenberuflich ausgeübt wird. Nach dem Urteil in BFHE 178, 189, 195, BStBl II 1995, 833 ist deshalb der zeitliche Umfang der Tätigkeit das maßgebliche Kriterium dafür, ob der Steuerpflichtige hauptberuflich i. S. des § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR tätig ist (vgl. Anordnung über die steuerliche Vergünstigung für Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit vom 7. Februar 1980; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854, zum Begriff der Nebenberuflichkeit in § 3 Nr. 26 EStG). Denn mit der Steuervergünstigung war bezweckt, zur Bildung neuer Arbeitsplätze für die von Großbetrieben bislang nicht ausreichend Beschäftigten anzuregen. Dazu gehörte auch, daß die Steuerpflichtigen ihre Arbeitsplätze freimachten, d. h. ihre volle Arbeitszeit in dem neueröffneten Betrieb gebunden war.