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  BFH-Urteil vom 27.11.1996 (X R 85/94) BStBl. 1997 II S. 284

Werden anläßlich eines Streits über den Inhalt des der überlebenden Ehefrau des Erblassers zustehenden Vermächtnisnießbrauchs und über das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs diese Rechte vom nicht gesetzlich unterhaltsverpflichteten Alleinerben abgelöst und durch lebenslängliche wiederkehrende Leistungen ersetzt, sind diese Leistungen nicht "nach der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages" abänderbar und deshalb keine dauernde Last (Ergänzung zum Senatsurteil vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499).

EStG 1975 bis 1979 § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, § 10 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1976 bis 1979 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aufgrund eines gemeinschaftlichen Testaments vom 17. Oktober 1965 wurde der Kläger Alleinerbe seines am 22. November 1965 verstorbenen Onkels A. B.; dessen Ehefrau M. B. erhielt die Nutznießung an dem Vermögen. In einem ausdrücklich aufgehobenen Testament vom 3. September 1965 war noch die ... als Erbe eingesetzt und Frau B. der lebenslängliche Nießbrauch dergestalt zugewandt worden, daß die ihr zufließenden Erträge mindestens den Bruttojahreswert von 60 v. H. der Ruhegehaltsbezüge eines Ministerialdirektors erreichen sollten. Diese "Mindestertragsklausel" ist in dem letztgültigen Testament vom 17. Oktober 1965 nicht enthalten. Die Nießbraucherin vertrat die Ansicht, das frühere Testament sei zur Auslegung mit dem Ergebnis heranzuziehen, daß ihr ein standesgemäßes Einkommen zustehe. Deshalb sei sie nicht verpflichtet, die dieses Einkommen schmälernden Lasten zu tragen. Hierüber kam es zwischen ihr und dem Kläger zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Der Kläger erwirkte zunächst die gerichtliche Feststellung, daß Frau B. alle sich aus dem Nachlaß ergebenden Lasten zu tragen habe. Im Revisionsverfahren kam es am 18. April 1973 zu dem folgenden Vergleich:

Frau B. verzichtete mit Wirkung vom 1. Mai 1973 auf den Nießbrauch. Der Kläger verpflichtete sich u. a., "zur Ablösung des Nießbrauchs und des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs" an Frau B. ab dem 1. Mai 1973 eine lebenslängliche Unterhaltsrente in Höhe von monatlich 2.800 DM zu zahlen. Die Rente sollte entsprechend dem Grundgehalt eines Ministerialrats in der Gehaltsstufe A 16 steigen oder fallen. Dieser Rentenanspruch ist im Jahre 1975 von 2.800 DM auf 3.459,50 DM angepaßt worden. Frau B. erhielt aufgrund dieses Vertrages vom Kläger bzw. für Rechnung des Klägers die folgenden Leistungen: 10.378 DM (1976), 41.514 DM (1977), 54.783 DM (1978) und 43.694 DM (1979).

Der Kläger veräußerte anschließend nach und nach die Grundstücke des Nachlaßvermögens, als letztes das Grundstück ... mit Vertrag vom 6. August 1976.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1976 bis 1979 zog der Kläger die Rentenzahlungen bei seinen Einkünften aus dem Nachlaßvermögen in voller Höhe als Werbungskosten ab. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zunächst für das Jahr 1976. Mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheid für 1977 erkannte das FA nur noch 2/3 der Rentenzahlungen als Werbungskosten an, weil ca. 1/3 auf das schon veräußerte Vermögen entfalle. Nach einer Außenprüfung berücksichtigte das FA die wiederkehrenden Leistungen des Klägers ab August 1976 - also ab Veräußerung des letzten Nachlaßgegenstandes - nicht mehr als Werbungskosten, sondern als Leibrenten i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1975 bis 1979 = § 10 Abs. 1 Nr. 1 a i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1979. Die hiergegen eingelegten Einsprüche hatten in diesem Punkte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat die Zahlungen in voller Höhe als Sonderausgaben (dauernde Last) anerkannt und der Klage stattgegeben. Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die fraglichen Leistungen lediglich in Höhe des Ertragsanteils zum Abzug als Sonderausgaben zuzulassen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Zu Recht hat das FA die vom Kläger in den Streitjahren erbrachten Leistungen nicht im begehrten Umfang berücksichtigt. Sie sind weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben in voller Höhe abziehbar.

1. Dem Kläger steht ein Abzug von Werbungskosten nicht zu.

Werbungskosten sind auch die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).

Wird ein vorbehaltenes Nutzungsrecht (insbesondere ein Nießbrauch) gegen wiederkehrende Leistungen abgelöst, kann der Verzicht als entgeltliches Veräußerungsgeschäft zu beurteilen sein (Senatsurteil vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663). In diesem Falle führt die Ablösung durch eine Einmalzahlung grundsätzlich zu Anschaffungskosten (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Juli 1992 IX R 14/89, BFHE 169, 313, 316, BStBl II 1993, 484, unter 3.; vom 21. Juli 1992 IX R 72/90, BFHE 169, 317, BStBl II 1993, 486, unter 3.). Das gilt auch dann, wenn ein aufgrund eines Vermächtnisses eingeräumtes Nutzungsrecht abgelöst wird (Urteil in BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484).

Dem steuerrechtlichen Grundsatz nach gilt nichts anderes, wenn die Gegenleistung für den Verzicht auf das Nutzungsrecht in wiederkehrenden Leistungen (Veräußerungsrente) besteht. Es ergibt sich dann lediglich die durch die andere Zahlungsmodalität bedingte Besonderheit, daß ggf. der Kapitalwert der Leistungen und deren Zinsanteil ermittelt werden müssen. Der Erwerber hat in Höhe des Kapitalwerts Anschaffungskosten, die, soweit sie auf das Gebäude entfallen, unter den weiteren Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 EStG im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) berücksichtigt werden. Die in den einzelnen Rentenzahlungen enthaltenen Schuldzinsen können nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG abziehbar sein (Senatsurteil vom 16. Dezember 1993 X R 67/92, BFHE 173, 152, BStBl II 1996, 669; Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, zur Anschaffung eines Mietwohngrundstücks gegen "dauernde Last").

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Ablösung als entgeltliches Rechtsgeschäft zu beurteilen ist. Denn der Abzug von AfA und Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung endete spätestens mit dem Verkauf des letzten ertragbringenden Nachlaßgrundstücks. Ein Abzug von nachträglichen Werbungskosten kommt hier nicht in Betracht (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 20. Dezember 1994 IX R 32/93, BFH/NV 1995, 675, m. w. N.).

2. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1975 bis 1979 sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Der Abzug als Sonderausgabe (dauernde Last) steht den Klägern über den vom FA bereits als Sonderausgabe anerkannten Ertragsanteil einer Leibrente hinaus nicht zu.

Von Gegenleistungsrenten zu unterscheiden sind wiederkehrende Leistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer als Versorgungsleistungen (Sach- und Geldleistungen) zugesagt werden (private Versorgungsrente). Sie stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar (Großer Senat des BFH, Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847) und sind daher in einem spezifisch steuerrechtlichen Sinne unentgeltlich. Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1975 bis 1979) und als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen steuerbar (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG), wenn sie nicht gleichbleibend (abänderbar) sind; sie können aber auch als private Leibrente nur mit ihrem Ertragsanteil zu berücksichtigen sein, wenn sie als gleichbleibend vereinbart sind (Großer Senat des BFH, Beschluß vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).

Die wiederkehrenden Leistungen können vor allem dann nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen abziehbar und steuerbar sein, wenn das nunmehr abgelöste Nutzungsrecht anläßlich einer Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorbehalten worden war und die Leistungen hiermit in sachlichem Zusammenhang stehen (Senatsurteil vom 3. Juni 1992 X R 147/88, BFHE 169, 127, BStBl II 1993, 98). Diese Steuerrechtsfolge könnte hier, soweit nicht erbrechtliche Ansprüche abgelöst worden sind, im Hinblick darauf in Betracht kommen, daß es möglich gewesen wäre, zugunsten der Frau B. als der Ehefrau des Erblassers eine als dauernde Last abziehbare private Versorgungsrente letztwillig zu verfügen (vgl. Senatsurteile vom 27. Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381, 386, BStBl II 1992, 612, unter 4. b bb; vom 26. Januar 1994 X R 54/92, BFHE 173, 360, BStBl II 1994, 633). Der Senat braucht vorliegend indes nicht zu entscheiden, ob hieraus folgt, daß auch ein dem überlebenden Ehegatten zustehendes Nutzungsrecht durch die Vereinbarung von steuerlich als Sonderausgaben abziehbaren Versorgungsleistungen abgelöst werden kann. Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 11. März 1992 X R 141/88 (BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499) nicht, daß wiederkehrende Leistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen gezahlt werden, stets auf einem typischen Versorgungsvertrag beruhten und damit als dauernde Last abziehbar wären. Selbst wenn hiernach ein Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1975 bis 1979 in Betracht käme, dürften die Leistungen des Klägers nur mit ihrem Ertragsanteil abgezogen werden; denn die Vertragschließenden haben eine Leibrente, keine dauernde Last vereinbart.

Der steuerrechtliche Begriff der dauernden Last setzt abänderbare Leistungen/Bezüge voraus (Beschluß in BFHE 165, 225, 237, BStBl II 1992, 78). Die Grundsätze über die "nach der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages" abänderbaren Versorgungsleistungen (Senatsurteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499) sind hier deswegen nicht anwendbar, weil die Vertragspartner weder ausdrücklich eine Abänderbarkeit noch einen seiner Rechtsnatur abänderbaren Versorgungsvertrag vereinbart haben.

Ein Versorgungsvertrag ist seiner Rechtsnatur nach abänderbar, wenn er dem zivilrechtlichen Typus des "Versorgungsvertrages"/"Altenteilsvertrages" (ausführlich hierzu Pecher in Münchener Kommentar, Art. 96 des Einführungsgesetzes zum bürgerlichen Gesetzbuch Rdnr. 8, 16, 179) im wesentlichen vergleichbar ist (Senatsurteile in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, unter 4.; vom 27. Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609, und vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848, 850). Demzufolge hat der erkennende Senat auf die "Rechtsnatur des Versorgungsvertrages" insbesondere in Fällen abgehoben, in denen ein typischer Leibgedings-/Altenteilsvertrag vorlag (z. B. Urteile vom 25. November 1992 X R 148/90, BFH/NV 1993, 586, 589; in BFHE 173, 152, BStBl II 1996, 669; in BFH/NV 1994, 848).

3. Der Vergleich vom 18. April 1973 ist kein solcher Versorgungsvertrag, durch den ein bereits bestehender Unterhaltsanspruch der Höhe nach festgelegt bzw. modifiziert worden wäre und der bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufgrund einer Abänderungsklage (§ 323 Abs. 4 i. V. m. § 794 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) zu einer Anpassung gesetzlich geschuldeten Unterhalts führen könnte. Der Kläger war gegenüber Frau B. weder auf der Grundlage der letztwilligen Verfügungen noch des Vergleichs vom 18. Februar 1973 unterhaltsverpflichtet. Die wiederkehrenden Leistungen waren auch deswegen im Rechtssinne "gleichmäßig", weil streitige Pflichtteilsansprüche in den Vergleich einbezogen worden sind. Auf die Frage, ob mit diesem Vergleich die beiderseitigen Rechtsbeziehungen - i. S. einer Novation des Schuldverhältnisses - auf eine neue Grundlage gestellt worden sind, kommt es daher nicht an.

a) Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und Frau B. beruhen auf letztwilligen Verfügungen, deren Inhalt freilich umstritten gewesen war. Es ist weder vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich, daß Frau B. betragsmäßig mehr als die "Nutznießung am Vermögen" erhalten sollte. Zum Streit kam es wegen einer im gemeinschaftlichen Testament vom 17. Oktober 1965 nicht mehr enthaltenen "Mindestertragsklausel". Daß der Kläger darüber hinaus nach Art eines Altenteilsverpflichteten gehalten gewesen wäre, in Abhängigkeit von Wechselfällen des Lebens den Unterhalt der Frau B. sicherzustellen, ist nicht ersichtlich. Er selbst hat die zivilrechtliche Rechtslage zutreffend dahingehend eingeschätzt, daß er als unbeschränkt haftender Erbe das aufgrund des Vergleichs "garantierte Einkommen" der Frau B. notfalls auch aus seinem Vermögen hätte zahlen müssen. Es spricht nichts dafür, daß der Kläger bei einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse eine Herabsetzung der Rentenleistungen hätte verlangen können. Umgekehrt ist nicht ersichtlich, daß Frau B. aufgrund besonderer Bedarfslagen berechtigt gewesen wäre, eine Erhöhung der Rentenzahlungen zu verlangen. Vielmehr waren mit der Zuwendung der Nutznießung am Vermögen die beiderseitigen Rechte abschließend festgelegt worden. Auf dieser Grundlage hatte der Vergleich die Funktion, den Streit um die Lastentragung zu beenden. Mit der Ablösung des Nießbrauchs sollten zusätzliche, bis zu diesem Zeitpunkt nicht im Streit befindliche Unterhaltsansprüche nicht begründet werden.

Hinzukommt, daß im Rahmen einer Gesamtregelung mit der "Unterhaltsrente" auch der von Frau B. geltend gemachte Pflichtteilsanspruch "abgelöst" werden sollte. Der Kläger trägt zwar vor, er habe insoweit die Einrede der Verjährung erhoben. Indes ist der Anspruch in den Vergleich einbezogen worden. Die Gesamtregelung erhält hierdurch den Rechtscharakter eines vermögensrechtlichen Vertrages, mit dem die beiderseitigen Rechte und Pflichten grundsätzlich unabänderbar festgelegt werden.

b) Aus diesem Grunde hat der Einwand des Klägers keinen Erfolg, die Anpassung von Unterhaltsverträgen an wesentlich geänderte Verhältnisse sei ein Anwendungsfall der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Kläger hebt damit ab auf die Rechtslage bei familienrechtlichen Unterhaltsverträgen, die geprägt ist durch den Zweck des Unterhaltsrechts, die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten und die Belastung des Verpflichteten angemessen und unter Berücksichtigung sich ändernder Bedarfslagen situationsgerecht auszugleichen (ausführlich Senatsbeschluß vom 25. April 1990 X R 38/86, BFHE 160, 33, BStBl II 1990, 625, unter III. 2.). Dieser Zweck, die gesetzliche Unterhaltspflicht zu konkretisieren, rechtfertigt eine "ausgeprägte Großzügigkeit in der Risikoverteilung" und damit eine Anpassung der Leistungen wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere wegen geänderter Bedürftigkeit des Berechtigten wie auch wegen verringerter Leistungsfähigkeit des Verpflichteten; der so umschriebene Versorgungsvertrag ist "ein besonders wichtiger Anwendungsfall der Lehre von der Geschäftsgrundlage" (Roth in Münchener Kommentar, 2. Aufl., § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches Rdnr. 564). Auf diese materiell-rechtliche Rechtslage hebt die Rechtsprechung der Zivilgerichte ab, wenn sie die - prozeßrechtlich nach § 323 ZPO mögliche - Abänderbarkeit unter maßgeblicher Berücksichtigung des Parteiwillens bei Abschluß der Vereinbarung und deren Geschäftsgrundlage prüft (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 4. Oktober 1982 GSZ 1/82, BGHZ 85, 64, 73; BGH- Urteile vom 22. Dezember 1992 5 UF 105/92, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ - 1994, 170; vom 2. Februar 1994 XII ZR 191/92, FamRZ 1994, 562). In zivilrechtlicher Hinsicht ist entscheidend, ob in den Verhältnissen, die die Parteien zur Grundlage ihres Vertrages gemacht haben, derart gewichtige Änderungen eingetreten sind, daß nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ein unverändertes Festhalten an den vereinbarten Leistungen gegen Treu und Glauben verstoßen würde (z. B. BGH-Urteil vom 28. November 1990 XII ZR 26/90, FamRZ 1991, 542).

Im materiell-rechtlichen Gegensatz zu den vorgenannten Unterhaltsverträgen stehen Vereinbarungen, die Gegenleistungscharakter haben und daher nicht "nach ihrer Rechtsnatur abänderbar" sind. In einem solchen Fall führt selbst der ausdrückliche "Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO" mangels weiterer vertraglicher Vorgaben nicht zu einer Abänderbarkeit der Leistungen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1991 VIII R 80/87, BFHE 167, 344, BStBl II 1993, 15).

c) Der Vergleich vom 18. April 1973 ist, wie dargelegt, mangels familienrechtlicher Unterhaltsverpflichtung kein solcher abänderbarer Unterhaltsvertrag. Die Vertragsparteien haben sich über die im Erbrecht wurzelnden Ansprüche der Frau B. auf wiederkehrende Leistungen geeinigt. Diese Rente mag zwar den Zweck gehabt haben, Frau B. zu versorgen; auch wenn beispielsweise ausschließlich nach Erbrecht zu beurteilende Ansprüche verrentet werden, sind die wiederkehrenden Leistungen nicht allein deshalb als Sonderausgaben abziehbar, weil sie die Versorgung sicherstellen sollen. Die vereinbarte Wertsicherungsklausel hindert nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht die Annahme gleichmäßiger Leistungen; sie dient lediglich dem Zweck, die "innere Gleichmäßigkeit" der wiederkehrenden Leistungen zu sichern.

4. Soweit mit der Rente Pflichtteilsrechte und sonstige erbrechtliche Ansprüche abgelöst wurden, sind die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug nach der Rechtsprechung des Senats schon dem Grunde nach nicht erfüllt. Denn es handelt sich um eine langfristige Vermögensumschichtung, bei der nur ein in den einzelnen Zahlungen enthaltener Zinsanteil abziehbar sein könnte. Da indes die Tilgung solcher Erbfallschulden nicht zu Anschaffungskosten führt (BFH-Urteile vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, und vom 25. November 1993 IV R 66/93, BFHE 173, 112, BStBl II 1994, 623), die Einkunftssphäre mithin nicht berührt wird, ist auch der aus einer langfristigen Kreditierung herrührende Zinsanteil privater Natur. Ein solcher Zinsanteil ist nach dem Senatsurteil vom 25. November 1992 X R 91/89 (BFHE 170, 82, BStBl II 1996, 666) wegen des Abzugsverbots für private Schuldzinsen ungeachtet dessen nicht abziehbar, daß § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1975 bis 1979 den privaten Schuldzinsenanteil gesetzlich pauschaliert. Soweit das FA einen Ertragsanteil als abziehbar anerkannt hat, kommt das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot zum Tragen.

Der Senat läßt unerörtert, ob der Abzug von Sonderausgaben auch daran scheitert, daß der Kläger die Nachlaßgrundstücke veräußert hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687).

5. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und seine Entscheidung sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend darstellt, war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die spruchreife Klage ist abzuweisen.