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  BFH-Urteil vom 7.2.1997 (VI R 3/96) BStBl. 1997 II S. 365

Während einer Betriebsveranstaltung (Weihnachtsfeier) überreichte Geldgeschenke, die kein zweckgebundenes Zehrgeld sind, unterliegen nicht der Pauschalierungsmöglichkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG.

EStG § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1996, 278)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Unternehmen mit ca. 300 Beschäftigten. Im Rahmen von Weihnachtsfeiern am Hauptsitz und an den Filialen wurde den Mitarbeitern ein Geschenkkästchen mit einer Sonderzuwendung von 1.000 DM in bar überreicht. Teilzeit- bzw. Aushilfskräfte sowie Beschäftigte, die erst nach dem 1. Juli 1993 für die Klägerin tätig wurden, erhielten jeweils Teilbeträge. Beschäftigte, die an den Weihnachtsfeiern nicht teilnehmen konnten, erhielten das Geld später ausbezahlt. Frauen, die sich zum Zeitpunkt der Weihnachtsfeiern im Mutterschutz oder Erziehungsurlaub befanden, waren zur Weihnachtsfeier eingeladen und erhielten das Geldgeschenk ebenfalls. Insgesamt wendete die Klägerin auf diese Weise einen Betrag von 264.900 DM auf, den sie gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Pauschalsteuersatz von 25 v. H. unterwarf. Die Sonderzuwendung wurde freiwillig und zusätzlich zum 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld und etwaigen Treueprämien gezahlt. Die Kosten für die Weihnachtsfeiern beliefen sich je Arbeitnehmer auf weniger als 200 DM und wurden gemäß Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1993 lohnsteuerfrei belassen.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Sonderzahlungen seien als Barzuwendungen nicht gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG begünstigt. In dem auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beruhenden Lohnsteuerpauschalierungsbescheid forderte das FA unter Anwendung eines Nettosteuersatzes in Höhe von 51,9 v. H. Lohnsteuer in Höhe von 71.258 DM sowie evangelische und römisch-katholische Kirchensteuer in Höhe von 1.662,70 DM bzw. 3.325,30 DM nach.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 278 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung der Vorentscheidung und des Lohnsteuerpauschalierungsbescheides. Dazu führt sie im wesentlichen aus: Das Geldgeschenk sei aus Anlaß der Weihnachtsfeiern gezahlt worden und unterliege damit der Pauschalierungsmöglichkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Zusammenhang zwischen der Betriebsveranstaltung und der Geldübergabe sei gegeben. Da es der Geschäftsleitung auf einen Überraschungseffekt angekommen sei, sei die Geldübergabe sehr geheimgehalten worden und in der Zentrale sowie an den Zweigstellen etwa zur gleichen Zeit erfolgt. Neben der Überraschung sei es gerade darauf angekommen, das Geschenk im Rahmen einer feierlichen Weihnachtsfeier zu überreichen. Ohne diesen feierlichen Rahmen wäre ein solches Geschenk nicht gemacht worden. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß Barzuwendungen, die aus Anlaß einer Betriebsveranstaltung gewährt würden, nicht pauschalierungsfähig seien. Der Reformgesetzgeber habe bei Schaffung des § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. entschieden, daß eine Pauschbesteuerung möglich sein solle, wenn "Arbeitslohn" aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen gezahlt werde. Der Gesetzgeber habe damit die frühere Unterscheidung zwischen Sach- und Barzuwendungen aufgehoben.

Das FA tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen. Es ist darüber hinaus der Auffassung, daß Barzuwendungen nur dann pauschalierungsfähig seien, wenn sie mit der Betriebsveranstaltung in einem sachlichen Zusammenhang stünden. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Vorteile gerade durch die Betriebsveranstaltung ausgelöst würden. Im Streitfall habe die Geldübergabe nur bei passender Gelegenheit erfolgen sollen. Die Weihnachtsfeier sei nur der Rahmen, aber nicht der Anlaß für die Geldübergabe gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Barzuwendungen nicht mit dem Pauschsteuersatz des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert werden konnten, sondern dem pauschalen Steuersatz des § 40 Abs. 1 EStG unterlagen.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 v. H. erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen zahlt. Dies sind nur solche Zuwendungen, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen. Das ist einmal der Wert der Betriebsveranstaltung als solcher. Dies können zum anderen Zuwendungen sein, die durch das Programm der Betriebsveranstaltung bedingt und die auch für Betriebsveranstaltungen nicht untypisch sind (z. B. Tombola- oder Losgewinne), wohl aber wegen ihres bleibenden Wertes als "unüblich" eingestuft werden (s. Abschn. 72 Abs. 6 Satz 3 LStR 1996).

Zweck des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist es, für solche Betriebsveranstaltungen, die als unüblich anzusehen sind und die damit nach der Rechtsprechung des Senats zum Zufluß von Arbeitslohn führen, die Möglichkeit einer günstigeren Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber zu eröffnen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß der Arbeitgeber in derartigen Fällen kaum die Möglichkeit hätte, die von ihm zur Betriebsveranstaltung eingeladenen Arbeitnehmer im Wege des Lohnsteuerabzugs mit der auf die Betriebsveranstaltung entfallenden Lohnsteuer zu belasten.

Daß diese Vorschrift als Auffangtatbestand für solche Betriebsveranstaltungen gedacht ist, die den Arbeitslohnbegriff erfüllen, zeigt auch die Rechtsentwicklung. Erstmals aufgrund der gesetzlichen Ermächtigungsnorm des § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl I 1957, 848, BStBl I 1957, 352) bestimmte § 34a Abs. 1 Nr. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1957 (BGBl I 1958, 343, BStBl I 1958, 352), daß die Lohnsteuer nach einem festen Pauschsteuersatz erhoben werden konnte, wenn der Arbeitgeber "steuerpflichtige Sachzuwendungen aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen" gewährte. Barzuwendungen waren von der Pauschalierungsmöglichkeit ausgeschlossen. Durch das Einkommensteuerreformgesetz - EStRG - (BGBl I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530) ist die Regelung des § 35a LStDV "zur Herbeiführung einer einwandfreien Rechtsgrundlage" (s. BTDrucks 7/1470 S. 305, zu § 141 des Gesetzentwurfs für ein drittes Steuerreformgesetz) in § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG übernommen worden. Danach konnte das Betriebstätten-FA die Erhebung der Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz zulassen, soweit der Arbeitgeber "Arbeitslohn aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen zahlt". Aus der Verwendung des Begriffs "Arbeitslohn" anstelle der zuvor gebrauchten Formulierung ("Sachzuwendungen") folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, daß nunmehr bei einer Betriebsveranstaltung überreichte Barzuwendungen der pauschalen Besteuerung des im Streitjahr geltenden § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG (früher § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG) unterworfen werden können. Die geänderte Formulierung diente der Herbeiführung einer klaren Rechtslage. Der Senat hatte durch Urteil vom 4. Oktober 1963 VI 69/62 U (BFHE 77, 660, BStBl III 1963, 562) entschieden, daß anläßlich einer Betriebsveranstaltung gewährte Barzuwendungen unter den gleichen Voraussetzungen wie Sachzuwendungen nicht den Arbeitslohnbegriff erfüllen, wenn sichergestellt ist, daß die Barzuwendungen nur für den Betriebsausflug (z. B. Zehrgeld) verwendet werden. Überstiegen die Sachzuwendungen und die zweckgebundenen Barzuwendungen für eine Betriebsveranstaltung zusammen die Wertgrenzen, ab deren die Zuwendungen den Arbeitslohnbegriff erfüllten, so konnten gemäß § 35a LStDV die Sachzuwendungen der pauschalen Lohnsteuer unterworfen werden. Für eine pauschale Besteuerung der für die Betriebsveranstaltung zweckgebunden gewährten Barzuwendungen fehlte eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Zwar hatte die Finanzverwaltung in Abschn. 11 Abs. 1 LStR ab 1966 im Hinblick auf das Urteil des Senats in BFHE 77, 660, BStBl III 1963, 562 die Auffassung vertreten, daß steuerpflichtige "Zuwendungen", also nicht nur steuerpflichtige "Sachzuwendungen" (s. Abschn. 11 Abs. 1 LStR 1963), dem pauschalierten Steuersatz unterworfen werden konnten. Ob diese Auffassung aber durch die Rechtsverordnung gedeckt war, war nicht eindeutig. Durch die entsprechende Formulierung in § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG i. d. F. des EStRG (nunmehr § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist sichergestellt worden, daß Sach- und Barzuwendungen, die für eine Betriebsveranstaltung gewährt werden und den Arbeitslohnbegriff erfüllen, dem Pauschsteuersatz unterworfen werden können. Weitere, insbesondere die von der Klägerin gewünschten Folgerungen, lassen sich aus dieser gesetzlichen Formulierung nicht ableiten.

Im Streitfall hat die Klägerin die Barzuwendungen nicht für die Betriebsveranstaltung bzw. aus deren Anlaß gewährt. Sie hat vielmehr lediglich die Gelegenheit der Betriebsveranstaltung genutzt, um die für die Arbeitnehmer frei verfügbaren Geldmittel zu übergeben. Derartige, wie es auch im steuerrechtlichen Schrifttum umschrieben wird, "bei Gelegenheit" einer Betriebsveranstaltung gewährte Lohnzuwendungen, unterliegen nicht der Pauschalierungsmöglichkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG (vgl. auch Usus, Finanz-Rundschau 1989, 740; Barein in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 40 EStG Rn. 49; Blümich/Heuermann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 40 EStG Rz. 100; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 40 Rz. 14; Hartz/Meessen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort "Pauschalierung der Lohnsteuer", Rz. 144; Küttner/Huber, Personalbuch 1996, 3. Aufl., Stichwort "Lohnsteuerpauschalierung", Rz. 31; zum Teil anderer Ansicht Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 40 EStG Anm. 38).