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  BFH-Urteil vom 1.10.1996 (VIII R 88/94) BStBl. 1997 II S. 424

Ebenso wie die Veräußerung oder Teilveräußerung einer Kapitalforderung führt auch deren Einziehung (Erfüllung) oder Teileinziehung (teilweise Tilgung) zum gänzlichen oder teilweisen Wegfall der "Einkunftsquelle". Dies hat zur Folge, daß die im Zusammenhang mit einem Refinanzierungskredit fortan entstehenden Schuldzinsen grundsätzlich in Höhe des Bruchteils keine Werbungskosten bei der nämlichen Kapitalanlage mehr darstellen, der dem Verhältnis (Quotienten) zwischen Tilgungsbetrag und vorheriger Höhe der Kapitalforderung entspricht. Tilgungsleistungen auf eine teils aus eigenen Mitteln und teils mit Fremdmitteln finanzierte - einheitliche - Kapitalforderung des Steuerpflichtigen verändern nicht die ursprüngliche Eigenkapital- und Fremdkapitalquote; sie können nicht als zunächst (vorrangig) auf den Eigenkapitalanteil erbracht gelten (siehe auch FG Bremen in EFG 1994, 964).

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB § 362 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1995, 213)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger (Ehemann) gewährte der B-Bank in den Jahren 1987, 1988 und 1991 Darlehen i. S. von § 17 Abs. 2 und 5 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in Höhe von 89.000 DM (1987), 140.000 DM (1988) und 75.000 DM (1991). Die Laufzeit der drei Berlin-Darlehen beträgt jeweils 25 Jahre. Die 1987 und 1988 gewährten Berlin-Darlehen werden mit je 5 v. H. und das 1991 gewährte Berlin-Darlehen mit 6,5 v. H. verzinst.

Jeweils 83 v. H. der gewährten Berlin-Darlehen refinanzierte der Kläger durch Aufnahme von Krediten. Die Refinanzierungsdarlehen in Höhe von 73.870 DM (1987), 116.200 DM (1988) und 62.250 DM (1991) haben eine Laufzeit von 12 Jahren (so die 1987 und 1988 aufgenommenen Refinanzierungsdarlehen) und 16 Jahren (so das 1991 aufgenommene Refinanzierungsdarlehen) und sind jeweils am Ende der Laufzeit in einer Summe zurückzuzahlen.

Der Kläger schloß in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der Refinanzierungsdarlehen bei der X-Lebensversicherung AG Lebensversicherungsverträge mit planmäßiger Erhöhung nach einem Dynamikplan ab. Hinsichtlich der Versicherungssumme und der Laufzeit haben diese Verträge folgende Konditionen:

LV-Vertrag

LV-Vertrag

LV-Vertrag

1987

1988

1989

--------------

--------------

--------------

Versicherungs-
summe

50.232 DM

87.150 DM

62.400 DM

Laufzeit

16 Jahre

12 Jahre

12 Jahre

Mit den Gläubigerbanken vereinbarte der Kläger, die Refinanzierungskredite "aus der abgetretenen Lebensversicherung bei Fälligkeit der Versicherungssumme bzw. aus eigenen Mitteln zu tilgen".

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991 erklärten die Kläger in bezug auf die Berlin-Darlehen einen Überschuß der Werbungskosten (14.583 DM) über die Einnahmen (11.259 DM) in Höhe von 3.324 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte den Abzug dieses Werbungskostenüberschußes mit der Begründung, daß der Kläger nicht beabsichtigt habe, einen Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1991 dahin zu ändern, daß bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinserträge im Zusammenhang mit den Berlin-Darlehen in Höhe von 11.195,56 DM sowie Schuldzinsen und Geldbeschaffungskosten aus Anlaß ihrer Refinanzierung in Höhe von 19.015,54 DM berücksichtigt werden. Sie vertraten unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Oktober 1979 VIII R 153/78 (BFHE 129, 342, BStBl II 1980, 352) und VIII R 59/78 (BFHE 129, 344, BStBl II 1980, 353) die Auffassung, daß die durch die Refinanzierung von Berlin-Darlehen verursachten Schuldzinsen stets als Werbungskosten abziehbar seien.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage durch das in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 213 veröffentlichte Urteil stattgegeben.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Es beantragt, die Vorentscheidung teilweise, d. h. mit der Maßgabe aufzuheben, daß die dort angesetzten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen um 403 DM vermindert werden.

Die Kläger beantragen (sinngemäß), die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung, als in ihr Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers (Ehemannes) über den Betrag von 18.613 DM hinaus anerkannt wurden. Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat angenommen, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Gewährung der drei Berlin-Darlehen die Absicht verfolgt habe, insgesamt - d. h. auf die gesamte Dauer der Kapitalanlagen bezogen - Überschüsse der (Zins-)Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) zu erzielen. Diese Rechtsauffassung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Auch das FA pflichtet ihr in seiner Revisionsbegründungsschrift ausdrücklich bei.

2. Nicht zu folgen ist dem FG allerdings darin, daß die - ratenweise - Tilgung der Berlin-Darlehen die Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Schuldzinsen für die Refinanzierungskredite nicht zu beeinflussen vermöge.

a) Schuldzinsen stellen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar, wenn und soweit sie mit Einnahmen aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 EStG in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen ist immer dann anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m. w. N.). Dieser wirtschaftliche Zusammenhang entfällt, wenn die Kapitalanlage, zu deren Erwerb der die Schuldzinsen verursachende Kredit aufgenommen wurde, veräußert wird; denn die auf die Zeit nach der Veräußerung der Kapitalanlage entfallenden Schuldzinsen stellen die Gegenleistung für die Überlassung von Kapital dar, das nicht mehr der Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen dient (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1985 VIII R 59/83, BFH/NV 1985, 69; zur vergleichbaren Rechtslage bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung s. auch BFH-Urteile vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29; vom 18. Dezember 1990 VIII R 101/87, BFH/NV 1991, 734, unter 1. der Gründe; vom 12. Oktober 1995 IX R 115/90, BFH/NV 1996, 208, unter 1. der Gründe).

aa) Diese Rechtsgrundsätze gelten in gleicher Weise, wenn die Kapitalanlage nicht zur Gänze, sondern nur zum Teil veräußert wird. Hat der Steuerpflichtige beispielsweise bislang Zinseinnahmen aus einem von ihm gewährten, ganz oder teilweise refinanzierten Darlehen erzielt und die Hälfte seiner Darlehensforderung an einen Dritten verkauft und abgetreten, so stehen die auf die Zeit nach der Teilveräußerung entfallenden Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen grundsätzlich nur noch in Höhe von 50 v. H. mit den Einnahmen aus der nämlichen Kapitalanlage in einem wirtschaftlichen Zusammenhang und stellen folglich nur noch in Höhe dieses Prozentsatzes Werbungskosten bei den Einkünften aus dieser Kapitalanlage dar.

bb) Der wirtschaftliche Zusammenhang der für einen Refinanzierungskredit gezahlten Schuldzinsen mit den Einkünften aus der (konkreten) Darlehensgewährung endet auch dann, wenn der Steuerpflichtige seine Darlehensforderung einzieht; denn mit der Erfüllung seines Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens ist das Darlehensverhältnis erloschen (§ 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) und die nämliche Kapitalanlage (Einkunftsquelle) des Steuerpflichtigen genauso weggefallen, wie dies bei einer Veräußerung der Darlehensforderung (d. h. deren Verkauf und Abtretung) der Fall gewesen wäre (zum Fall des Erlöschens einer Darlehensforderung durch Aufrechnung - §§ 387 bis 389 BGB -; vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 1985, 69).

cc) Aus der Teilbarkeit in Geld bestehender Kapitalanlagen (etwa einer Darlehensforderung) ergibt sich, daß die betreffende Einkunftsquelle auch teilweise versiegen kann. Dies trifft in dem bereits angesprochenen Fall der Teilveräußerung der Darlehensforderung ebenso zu wie bei deren Teilerfüllung. Auch im Falle der teilweisen - z. B. ratenweisen - Begleichung einer refinanzierten verzinslichen Darlehensforderung des Steuerpflichtigen entfällt der wirtschaftliche Zusammenhang der für den Refinanzierungskredit aufgewendeten Schuldzinsen mit den Zinseinkünften aus dem betreffenden Darlehen grundsätzlich in dem Verhältnis des Tilgungsbetrags zur ursprünglichen Darlehensvaluta. Hat etwa der Steuerpflichtige (mit Überschußerzielungsabsicht) ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 100.000 DM gewährt, das er zu 100 v. H. refinanziert hat, so führt der Teileinzug der Darlehensforderung in Höhe von 20.000 DM grundsätzlich dazu, daß fortan nur noch 80 v. H. der für den Refinanzierungskredit aufgewendeten Schuldzinsen als Werbungskosten bei dieser Kapitalanlage abgezogen werden können. Der Anteil in Höhe von 20 v. H. (20.000 DM) der ursprünglichen Kapitalanlage existiert nicht mehr, so daß die darauf entfallenden Mittel aus dem Refinanzierungskredit (= 20.000 DM) künftig grundsätzlich nicht mehr der Erzielung von Einnahmen aus dieser Kapitalanlage dienen können (vgl. auch Urteil des FG Bremen vom 3. März 1994 1 89 286 K 1, EFG 1994, 964, rechtskräftig). Der dagegen von einem Teil der Literatur erhobene Einwand, "die analoge Anwendung der zur Veräußerung ergangenen Rechtsprechung auf Tilgungen (sei) abzulehnen" (Meyer-Scharenberg, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1994, 1213, 1214, li. Sp.), überzeugt nicht. Entscheidend für den hier eingenommenen Standpunkt spricht der Umstand, daß sich der Steuerpflichtige seiner Einkunftsquelle ganz oder teilweise entäußert. Dies geschieht beim Einzug oder Teileinzug einer Darlehensforderung in gleicher Weise wie bei deren (Teil-)Veräußerung. Beide Konstellationen müssen daher rechtlich gleich beurteilt werden.

dd) Ein zusätzliches Problem stellt sich dann, wenn der Steuerpflichtige - wie auch im Streitfall - nur einen Teil der Kapitalanlage refinanziert und für den übrigen Teil der Kapitalanlage Eigenmittel eingesetzt hat. Für diesen Fall wird die Ansicht vertreten, daß eine teilweise Tilgung des vom Steuerpflichtigen gewährten Darlehens dem Werbungskostenabzug der für den Refinanzierungskredit aufgewendeten Schuldzinsen solange nicht entgegenstehe, als der noch nicht erfüllte Teil der Darlehensforderung des Steuerpflichtigen den noch valutierenden Refinanzierungskredit übersteige (vgl. Rundverfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Berlin vom 8. Februar 1988, DStR 1989, 321, am Ende; ebenso Verfügung der OFD Münster vom 5. Dezember 1989, Finanz-Rundschau - FR - 1990, 61 = Der Betrieb - DB - 1990, 19). Hierbei wird stillschweigend unterstellt, daß die auf das vom Steuerpflichtigen "gedanklich zunächst auf das eingesetzte Eigenkapital zu verrechnen (seien)" (vgl. Meyer-Scharenberg, DStR 1994, 1213, 1214, li. Sp.).

Diese Unterstellung geht indessen fehl: Das vom Steuerpflichtigen auf der Grundlage eines einzigen - einheitlichen - Vertrags gewährte, teils mit Eigen- und teils mit Fremdmitteln finanzierte Darlehen kann nicht allein wegen der unterschiedlichen Mittelherkunft in einen eigen- und einen fremdfinanzierten Teil aufgespalten werden, so als ob es sich um zwei getrennte Darlehen handeln würde, von denen das eine ausschließlich mit Eigenmitteln und das andere allein mit Fremdmitteln finanziert worden wäre. Hat der Steuerpflichtige mit seinem Schuldner nicht zwei getrennte Darlehensverträge, sondern nur einen (einheitlichen) Darlehensvertrag geschlossen, so ist diese zivilrechtliche Gestaltung auch der steuerrechtlichen Beurteilung zugrundezulegen (so schon das ebenfalls ein Berlin-Darlehen betreffende Senatsurteil in BFHE 129, 342, BStBl II 1980, 352, 353, unter 1. der Gründe). Dies hat zur Folge, daß die Tilgungsleistungen auf das vom Steuerpflichtigen gewährte einheitliche Darlehen die ursprünglich bestehenden Eigenmittel- und Fremdmittelquoten nicht verändern können. Diese Tilgungsleistungen reduzieren die zur Einkünfteerzielung eingesetzte einheitliche Kapitalanlage. Von dieser Verringerung werden der eigenfinanzierte und der fremdfinanzierte Kapitalanteil gleichermaßen und in dem Verhältnis betroffen, der der ursprünglichen Relation zwischen Eigen- und Fremdkapitalanteil entspricht (ebenso FG Bremen in EFG 1994, 964).

Der dagegen in der Literatur erhobene Einwand, der Steuerpflichtige könne nicht nur im Investitionszeitpunkt frei entscheiden, wieviel Eigenkapital und wieviel Fremdkapital er einsetzen wolle, sondern er könne auch "das Fremdkapital länger stehenlassen ... als das Eigenkapital" und müsse deshalb auch bestimmen können, daß die auf seine Darlehensforderung geleisteten Teilzahlungen zunächst dem eigenfinanzierten Teil des Darlehens zuzuordnen seien (Meyer-Scharenberg, DStR 1994, 1213, 1214, re. Sp. unten f.), greift nicht durch. Es geht im vorliegenden Fall nicht um die zweifelsohne zu bejahende Dispositionsfreiheit des Steuerpflichtigen in bezug auf das "Stehenlassen von Eigen- oder Fremdkapital", sondern um die durch Teilerfüllung bewirkte Reduzierung einer (einheitlichen) Darlehensforderung als eines "aktiven Vermögenswerts" und den Einfluß dieser Reduzierung auf die unterschiedliche Mittelherkunft aus Eigen- und Fremdmitteln (vgl. auch das BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 57/90, BFHE 165, 545, BStBl II 1992, 141).

b) Mit diesen Grundsätzen steht das angefochtene Urteil nicht im Einklang. Es war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine (ausreichenden) Feststellungen darüber getroffen, in welchem Umfang die vom Kläger gewährten Berlin-Darlehen in den Jahren 1987 bis 1991 getilgt wurden und zu welchen Zwecken die vom Kläger vereinnahmten Tilgungsbeträge verwendet wurden. Die Sache wird zwecks Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückverwiesen.

Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu beachten haben, daß die Teilrückzahlungen der vom Kläger gewährten Berlin-Darlehen nicht zwangsläufig dazu führen mußten, daß die dem Kläger fortan im Zusammenhang mit den Refinanzierungskrediten entstehenden Aufwendungen (Schuldzinsen, Kreditkosten) in Höhe von 83 v. H. der Tilgungsleistungen nicht mehr als Werbungskosten bei den Zinseinkünften aus den entsprechenden Berlin-Darlehen abziehbar sind.

aa) Keine Kürzung der als Werbungskosten anzuerkennenden Refinanzierungskosten kommt zum einen dann in Betracht, wenn der Kläger - was nach Lage des Streitfalles aber unwahrscheinlich ist - die empfangenen Tilgungsleistungen in Höhe von mindestens 83 v. H. unverzüglich zur Rückführung der betreffenden Refinanzierungskredite verwendet hat. Entsprechendes gilt aber auch dann, wenn der Kläger zumindest 83 v. H. der vereinnahmten Tilgungszahlungen zur Bestreitung von Werbungskosten im Zusammenhang mit den Berlin-Darlehen, etwa zur Zahlung der im Zusammenhang mit den Refinanzierungsdarlehen entstandenen Schuldzinsen und Kreditkosten, verwendet hat. Dies folgt aus der Erwägung, daß die im Zusammenhang mit der Finanzierung von Werbungskosten entstehenden Kreditkosten ihrerseits Werbungskosten darstellen. Die Teileinziehung der Berlin-Darlehensforderung führt in diesem Fall deshalb nicht zu einem partiellen Wegfall des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Refinanzierungskosten mit den Einkünften aus der Darlehensgewährung nach den oben (unter 2. a, bb bis dd) dargestellten Grundsätzen, weil die Tilgungsbeträge als Surrogate der entfallenden Darlehensforderung wiederum für Zwecke der Einkünfteerzielung aus derselben Kapitalanlage eingesetzt werden.

bb) Entsprechendes kann dagegen nicht auch für den Fall gelten, daß der Kläger die vereinnahmten Tilgungsbeträge zur Leistung der Beiträge zu den von ihm im Zusammenhang mit der Aufnahme der Refinanzierungskredite abgeschlossenen Lebensversicherungen verwendet hat; denn die Beiträge zu diesen Lebensversicherungen stellen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus den Berlin-Darlehen, sondern Sonderausgaben dar (vgl. z. B. Frotscher, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 9 Rdnr. 66, m. w. N.).

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn und soweit bereits die mittels der Tilgungsbeträge aus den Berlin-Darlehen geleisteten Beiträge zu den Lebensversicherungen zu einer (teilweisen) Tilgung der Refinanzierungsdarlehen geführt hätten. Ein solcher Effekt wäre allerdings nur ausnahmsweise dann eingetreten, wenn der Kläger seine Ansprüche aus den Lebensversicherungen den Refinanzierungsbanken an Erfüllungs Statt und nicht - was im Zweifel anzunehmen ist (vgl. z. B. Heinrichs in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 8, m. w. N.) - erfüllungshalber im Wege der Sicherungszession) abgetreten hätte.

cc) Sollten die Feststellungen seitens des FG ergeben, daß die von der B-Bank bis Ende des Streitjahres geleisteten Tilgungsbeträge zwar nicht für Zwecke der Erzielung von Einkünften aus derselben Kapitalanlage (Berlin-Darlehen) "reinvestiert" wurden, wohl aber anderweitigen Zwecken der Einkünfteerzielung zugeführt wurden (z. B. Einlage der Tilgungsbeträge in ein Betriebsvermögen oder deren Verwendung zum Erwerb einer anderen Kapitalanlage oder zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung), so können die entsprechenden Teile der Refinanzierungsdarlehen (83 v. H. der Tilgungsbeträge) in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen Einkünften stehen und dementsprechend die darauf entfallenden Kreditkosten, soweit diese im Streitjahr als Werbungskosten (§ 11 Abs. 2 EStG) bzw. Betriebsausgaben zu erfassen waren, nunmehr Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) bei diesen Einkünften sein (vgl. dazu etwa die BFH-Urteile in BFH/NV 1985, 69; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14, betreffend Veräußerung eines bislang zu Vermietungszwecken genutzten Hausgrundstücks und Anlage des Veräußerungserlöses zur Erzielung von Festgeldzinsen; vgl. ferner z. B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 34/88, BFH/NV 1991, 593, betreffend die Veräußerung eines mit Darlehensmitteln erworbenen Mitunternehmeranteils und Anlage des Veräußerungserlöses zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen; in BFH/NV 1991, 734, betreffend die Veräußerung einer mit Darlehensmitteln erworbenen, bislang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Eigentumswohnung und Anlage des Veräußerungserlöses zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen; vom 23. Januar 1991 X R 37/86, BFHE 163, 376, BStBl II 1991, 398, betreffend Veräußerung eines mit Darlehensmitteln erworbenen Einfamilienhauses auf Leibrentenbasis; vom 11. September 1991 XI R 15/90, BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404, betreffend Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH gemäß § 20 des Umwandlungs-Steuergesetzes 1977 unter Zurückbehaltung von - bisherigen Betriebsschulden des Einzelunternehmens; vom 15. Dezember 1992 VIII R 27/91, BFH/NV 1993, 599, 602, unter 4. b der Gründe; BFH-Beschluß vom 19. Mai 1993, I B 172/92, BFH/NV 1994, 227, betreffend Verwendung des Erlöses aus der Veräußerung eines mit Hilfe von Darlehensmitteln erworbenen Hausgrundstücks zur Ablösung einer Betriebsschuld; BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 9/94, BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697, betreffend Verwendung der zunächst zu einem Grundstückserwerb vorgesehenen Kreditmittel zum Erwerb einer Festgeldanlage).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß die vom Kläger im Zusammenhang mit den Aufnahmen der Refinanzierungsdarlehen abgeschlossenen Lebensversicherungen als Kapitalanlagen in diesem Sinne nur dann in Betracht kämen, wenn und soweit die daraus erzielten (außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen) Zinsen der Einkommensbesteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG unterlägen.

dd) Im übrigen weist der Senat auf folgendes hin: Sollte der Kläger, der insoweit die Feststellungslast trägt, behaupten, die auf die Berlin-Darlehen empfangenen Tilgungsbeträge für einen der unter aa) bis cc) genannten Zwecke verwendet zu haben, so muß er dies anhand objektiver Indizien - etwa mit Hilfe der die Zahlungszu- und -abflüsse dokumentierenden Bankkontoauszüge - (zweifelsfrei) nachweisen bzw. glaubhaft machen.