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  BFH-Urteil vom 13.3.1997 (VII R 39/96) BStBl. 1997 II S. 522

Fehlt in der Abtretungsanzeige, nach der die Erstattungsansprüche von Ehegatten aus der Einkommensteuer-Veranlagung abgetreten worden sind, die Unterschrift eines Ehegatten, so wird dadurch die Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs, soweit er auf den Ehegatten entfällt, der die Anzeige unterschrieben hat, nicht berührt.

AO 1977 § 37 Abs. 2, § 46 Abs. 2 und 3, § 282 Abs. 3; ZPO § 804 Abs. 3; BGB § 814.

Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1996, 842)

Sachverhalt

Ein Kreditinstitut (Sparkasse) reichte am 14. Januar 1993 bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) eine Abtretungsanzeige der Eheleute F. auf amtlichem Vordruck ein. Als Abtretende des Erstattungsanspruchs u. a. aus der Einkommensteuer-Veranlagung für 1992 waren Heinz (H.F.) und Gertrud (G.F.) F bezeichnet. Hinsichtlich des Umfangs der Abtretung war angekreuzt "Vollabtretung", als Grund "Sicherungsabtretung". Der abgetretene Betrag sollte auf ein Konto der G.F., das mit der Kontonummer und der Bankleitzahl bezeichnet war, überwiesen werden. Die Abtretungsanzeige war nur von H.F. als Abtretenden und von den Vertretern der Sparkasse als Abtretungsempfängerin unterschrieben worden. Das FA sah die Abtretung wegen der fehlenden Unterschrift der G.F. als unwirksam an und sandte das Original der Anzeige mit einem Fragezeichen bei der fehlenden Unterschrift versehen an die Eheleute F. zurück. Am 21. September 1993 ging die Abtretungsanzeige nunmehr auch mit der Unterschrift der G.F. versehen wieder beim FA ein.

Am 2. Juli 1993 war dem FA ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) betreffend u. a. den Erstattungsanspruch des H.F. aus der Einkommensteuer-Veranlagung 1992 zugestellt worden. Da das FA die zuvor, am 14. Januar 1993, eingegangene Abtretungsanzeige für unwirksam hielt, zahlte es nach Durchführung der Einkommensteuer-Zusammenveranlagung 1992 den auf H.F. entfallenden Erstattungsbetrag an die Klägerin aus. Später schloß sich das FA der Rechtsauffassung der Oberfinanzdirektion (OFD) als Aufsichtsbehörde an, daß die Abtretung aufgrund der Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993 hinsichtlich des H.F. wirksam gewesen sei. Es zahlte nunmehr den auf H.F. entfallenden Erstattungsanspruch an die Sparkasse aus und forderte ihn von der Klägerin (Pfändungsgläubigerin) mit Abrechnungsbescheid zurück.

Die Klage der Klägerin führte zur Aufhebung des ihr erteilten Abrechnungsbescheids und der zurückweisenden Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Die Auszahlung des Einkommensteuer-Erstattungsbetrages des H.F. an die Klägerin sei nicht gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ohne Rechtsgrund erfolgt. Gegenüber ihrer Pfändung sei die Abtretung zugunsten der Sparkasse vom 14. Januar 1993 nicht vorrangig gewesen, weil sie zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unwirksam gewesen sei. Daran ändere auch die im September 1993 eingegangene formgerechte Abtretungserklärung nichts, weil diese der Pfändung gegenüber nachrangig sei. Die auf der ursprünglichen Abtretungsanzeige fehlende Unterschrift der G.F. als (Mit-)Erstattungsberechtigte des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs 1992 habe aufgrund der Gesamtumstände im Streitfall (keine Teilabtretung nur des Ehemannes, sondern Vollabtretung; Anweisung zur Zahlung nur auf das Konto der Ehefrau; Vereinfachungs- und Schutzzweck der formalisierten Abtretungsanzeige) die angezeigte Abtretung nicht wirksam werden lassen (§ 46 Abs. 2 und 3 AO 1977). Ferner seien die formellen Anzeigeerfordernisse insoweit nicht erfüllt, als die Anzeige nicht von den Gläubigern (den Zedenten H.F. und G.F.), sondern von der Sparkasse (Zessionarin) gemacht worden sei (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Eine formgerechte Bevollmächtigung der Sparkasse zur Vorlegung der Abtretungsanzeige bzw. eine (nachträgliche) Genehmigung durch die Eheleute F. liege mangels Unterschrift der Ehefrau nicht vor.

Wegen der Begründung des FG im einzelnen wird auf den Urteilsabdruck in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 842 bis 844 Bezug genommen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen (Verstoß gegen §§ 76 Abs. 1 Satz 1, 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und materiellen Rechts (§ 37 Abs. 2, § 46 AO 1977).

Das FA meint, die nur von einem Ehegatten unterschriebene Abtretungsanzeige sei - entgegen der Auffassung des FG - nicht wegen Formmangels insgesamt unwirksam, sondern führe zur Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehegatten, der unterschrieben habe. Das folge daraus, daß bei der Einkommensteuer-Zusammenveranlagung keine Gesamtgläubigerschaft hinsichtlich eines einheitlichen Erstattungsanspruchs bestehe, sondern zwei einzelne Erstattungsansprüche der Ehegatten (Teilgläubigerschaft) im Verhältnis der jeweils von diesen geleisteten Steuerabzugsbeträge bzw. Vorauszahlungen gegeben seien. Das in dem amtlichen Vordruck verwendete Begriffspaar "Vollabtretung" bzw. "Teilabtretung" beziehe sich auf die betragsmäßige Höhe des jeweils abgetretenen Erstattungsanspruchs und nicht auf die Frage, ob bei der Einkommensteuer-Zusammenveranlagung von Ehegatten, deren einzelne Erstattungsansprüche vollständig oder nur für einen von beiden abgetreten werden sollten.

Daß im Streitfall der Erstattungsbetrag auf ein Konto der Ehefrau fließen sollte, obwohl deren Unterschrift gefehlt habe, stehe der Annahme einer wirksamen Abtretung des Anspruchs des Ehemannes nicht entgegen, denn eine derartige Zahlungsanweisung gehöre nicht zu den in § 46 Abs. 2 und 3 AO 1977 genannten Formerfordernissen einer Abtretungsanzeige. Auch der Vereinfachung und Rationalisierungszweck der formalisierten Abtretungsanzeige werde - entgegen der Auffassung des FG - im Streitfall nicht dadurch verfehlt, daß zum Zeitpunkt der Einreichung der Abtretungsanzeige nicht klar gewesen sei, welcher Betrag an den Abtretungsempfänger abzuführen sei, wenn man - wegen dessen alleiniger Unterschrift - nur von der Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehemannes ausgehe. Die Ungewißheit über die Höhe des abgetretenen Anspruchs bestehe in allen Abtretungsfällen bis zur Durchführung der Veranlagung; sie habe mit den formalen Anforderungen an die Abtretungsanzeige nichts zu tun.

Der Wirksamkeit der Abtretung stehe auch nicht entgegen, daß die Abtretungsanzeige nicht durch die Gläubiger, sondern durch die Sparkasse als Abtretungsempfängerin dem FA eingereicht worden sei. Da eine formgerechte Abtretungsanzeige nur des Ehemannes vorliege, reiche es aus, daß dieser den Anzeigenvordruck wissentlich und willentlich der Sparkasse überlassen und diese damit zur Einreichung der Anzeige beim FA bevollmächtigt habe.

Da das FA hier infolge einer irrtümlich falschen rechtlichen Würdigung der Wirksamkeit der vorrangigen Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993 den Erstattungsbetrag des Ehemannes an die Klägerin als nachrangige Pfändungsgläubigerin ausgezahlt habe, sei gegen diese als Nichtberechtigte ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 gegeben. § 814 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) stehe dem nicht entgegen, weil das FA im Zeitpunkt der Zahlung nicht gewußt habe, daß es nach der objektiven Rechtslage zur Leistung an die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs des FA gegen die Klägerin gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 verneint.

1. Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO 1977 an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Für die Finanzverwaltung ergibt sich aus dieser Vorschrift ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für eine Steuererstattung von Anfang an fehlt, oder später weggefallen ist.

Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den Leistungsempfänger. Hat das FA - wie im Streitfall - aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Pfändungsgläubiger gezahlt, so kann dieser als Empfänger der Leistung bei rechtsgrundloser Erstattung in Anspruch genommen werden (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 37 AO 1977 Tz. 31 b; Hoffmann in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 37 Rz. 14). Die Inanspruchnahme der Klägerin als Pfändungsgläubigerin und Leistungsempfängerin durch den angefochtenen Abrechnungsbescheid des FA vom 30. März 1995 (Einspruchsentscheidung vom 4. September 1995) ist jedenfalls deshalb nicht ermessensfehlerhaft, weil der nunmehr gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 auch gegen den Pfändungsschuldner (hier: H.F.) bestehende Rückforderungsanspruch erst durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I, 1250) eingeführt worden ist (Tipke/Kruse, a. a. O., § 37 AO 1977 Tz. 31 c).

Ist ein Erstattungsanspruch - wie im Streitfall - sowohl abgetreten als auch gepfändet worden, so richtet sich die Befugnis zur Einziehung (Empfang) des Erstattungsbetrages nach dem zeitlichen Vorrang der steuerlich wirksamen Abtretung bzw. des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Prioritätsgrundsatz; § 282 Abs. 3 AO 1977, § 804 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung - ZPO -; Urteil des Senats vom 6. Februar 1990 VII R 97/88, BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671, m. w. N.; ebenso: Mink, Abtretung von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen nach § 46 AO, Der Betrieb - DB - 1994, 702, 707). Daraus folgt, daß das FA den ausgezahlten Erstattungsbetrag von dem nachrangig berechtigten Leistungsempfänger als Nichtberechtigten gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 zurückfordern kann, wenn es den Vorrang eines anderen Abtretungsempfängers bzw. Pfändungsgläubigers übersehen oder rechtlich fehlerhaft beurteilt hat und deshalb diesem gegenüber nochmals zur Leistung verpflichtet ist. Für den hier vorliegenden Fall der irrtümlichen Zahlung des FA aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, obwohl diesem eine Abtretung der Forderung zeitlich vorausgegangen und dem Drittschuldner (FA) angezeigt worden war, hat der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671, 672 unter Hinweis auf die Rechtsprechung und das Schrifttum zum zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch ausgeführt, daß eine rechtsgrundlose Leistung des Drittschuldners an den Vollstreckungsgläubiger mit der Folge der Entstehung eines Bereicherungs- bzw. steuerlichen Rückforderungsanspruchs anzunehmen ist. Ebenso wie in der zitierten Entscheidung dargelegt, ging auch im Streitfall die Pfändung und Überweisung des Erstattungsanspruchs des H.F. zur Einziehung durch die Klägerin vom 2. Juli 1993 aufgrund der vorangegangenen Abtretung des Steuererstattungsanspruchs an die Sparkasse ins Leere. Das FA leistete somit auf eine nicht bestehende Einziehungsbefugnis der Klägerin. Da dem FA - entgegen der Vorentscheidung und der Auffassung der Klägerin - die Abtretung des Erstattungsanspruchs des H.F. (Ehemannes) aus der Einkommensteuer-Veranlagung 1992 bereits vor der Pfändung des Anspruchs durch die Klägerin am 14. Januar 1993 wirksam angezeigt worden war (§ 46 Abs. 2 und 3 AO 1977; vgl. die nachfolgenden Ausführungen unter 2.), kann es den ohne rechtlichen Grund an die Klägerin ausgezahlten Erstattungsbetrag nach § 37 Abs. 2 AO 1977 von dieser zurückverlangen.

2. Die nach dem Inhalt der Abtretungsanzeige von den Beteiligten beabsichtigte Abtretung der Steuererstattungsansprüche beider Eheleute F aus ihrer Einkommensteuer-Veranlagung 1992 an die Sparkasse ist - vor der Pfändung des Erstattungsanspruchs des H.F. (Ehemannes) durch die Klägerin - hinsichtlich des Erstattungsanspruchs der Ehefrau nicht wirksam geworden, weil deren Unterschrift auf der am 14. Januar 1993 eingegangenen Abtretungsanzeige fehlte (§ 46 Abs. 2 und 3 AO 1977). Das hindert aber nicht die Wirksamkeit der Abtretung des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs 1992, soweit dieser auf den Ehemann entfällt und hinsichtlich dessen es hier allein auf die Frage der Vorrangigkeit der Abtretung gegenüber der Pfändung ankommt.

a) Die Abtretung eines Erstattungsanspruchs wird steuerrechtlich erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der in § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben (Satz 2). Hinsichtlich des Steuererstattungsanspruchs des Ehemannes waren aufgrund der am 14. Januar 1993 beim FA eingegangenen formalisierten Abtretungsanzeige sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abtretung - einschließlich der vorgeschriebenen Unterschrift - erfüllt. Die fehlende Unterschrift der Ehefrau auf der Abtretungsanzeige machte nur die ebenfalls beabsichtigte Abtretung auch deren Erstattungsanspruchs unwirksam; auf die Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehemannes hatte dies keinen Einfluß.

Das vorstehende - auch von der Revision vertretene - Auslegungsergebnis des Begriffs "Gläubiger" i. S. des § 46 Abs. 2 AO 1977 ergibt sich daraus, daß bei Erstattungsansprüchen aus der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer - wie im Streitfall - keine Gesamtgläubigerschaft der Ehegatten, sondern eine Teilgläubigerschaft besteht. Der bzw. die Erstattungsansprüche stehen jeweils dem Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an die Finanzbehörde bezahlt hat oder auf dessen Rechnung bezahlt worden ist. Der auf den einzelnen Ehegatten entfallende Teil des Erstattungsbetrags bemißt sich demnach nach dem Verhältnis der für ihn einbehaltenen Steuerabzugsbeträge und/oder für ihn entrichteten Vorauszahlungen, wobei letztere - wie der erkennende Senat entschieden hat - im Zweifel nach Köpfen aufzuteilen sind (Senatsurteile vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, 42; vom 5. April 1990 VII R 2/89, BFHE 160, 400, BStBl II 1990, 719, 720; Böker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 46 AO 1977 Rz. 48; Tipke/Kruse, a. a. O., § 37 AO 1977 Tz. 20 bis 20 b; Mink, DB 1994, 702, 705). Somit liegt kein einheitlicher Erstattungsanspruch der zusammenveranlagten Ehegatten vor, sondern es bestehen gesonderte Erstattungsansprüche für jeden von ihnen, die auch hinsichtlich der Wirksamkeit ihrer Abtretung jeweils gesondert zu beurteilen sind.

Dieser Auslegung entspricht auch der amtliche Vordruck der Abtretungsanzeige, in dem für Ehegatten als Abtretende gesonderte Angaben (Spalten) vorgesehen sind und hinsichtlich der Unterschriften darauf hingewiesen wird, daß im Falle der Abtretung der "Ansprüche" (Plural) beider Ehegatten "unbedingt erforderlich (ist), daß beide Ehegatten persönlich unterschreiben". Im Hinblick darauf, daß es sich um gesonderte Ansprüche verschiedener Erstattungsgläubiger handelt, ist deshalb mit der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung davon auszugehen, daß die fehlende Unterschrift eines Ehegatten auf dem Abtretungsformular - wie im Streitfall - die Abtretung nicht insgesamt unwirksam macht; sie ist vielmehr (nur) wirksam hinsichtlich des Erstattungsanspruchs, der auf den Ehegatten entfällt, der das Anzeigeformular unterschrieben hat (Böker, a. a. O., § 46 AO 1977 Rz. 48; Hoffmann in Koch/Scholtz, a. a. O., § 46 Rz. 7; Mink, DB 1994, 702, 707; ebenso: FG Berlin, Urteil vom 24. Juni 1991 VIII 163/89, EFG 1992, 103, 104, für den Fall der Fälschung der Unterschrift eines Ehegatten: Die Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs des anderen Ehegatten wird dadurch nicht berührt).

b) Im Streitfall ist demnach mit dem Eingang der Abtretungsanzeige beim FA am 14. Januar 1993 die Abtretung des Erstattungsanspruchs des H.F. (Ehemannes) wirksam geworden. Entgegen der Auffassung des FG stehen die "Gesamtumstände des Streitfalles" der Wirksamkeit dieser Abtretung nicht entgegen.

aa) Daß nach den Angaben im Abtretungsformular eine "Vollabtretung" gewollt war, hindert nicht die Wirksamkeit der Abtretung des auf den Ehemann entfallenden Erstattungsanspruchs. Da für zusammenveranlagte Ehegatten jeweils gesonderte Erstattungsansprüche entstehen, bezieht sich der Begriff der Vollabtretung, wenn - wie im Streitfall - nur die Abtretung des Anspruchs eines Ehegatten wirksam angezeigt worden ist, auf den Erstattungsanspruch dieses Ehegatten (hier des Ehemannes), der dann betragsmäßig als in voller Höhe abgetreten anzusehen ist. Da jeder Ehegatte aus der Zusammenveranlagung einen eigenen Erstattungsanspruch erlangt (Teilgläubigerschaft), wäre das Ankreuzen des Kästchens "Teilabtretung" als Gegensatz zur Vollabtretung bezogen auf den Anspruch nur eines Ehegatten zumindest mißverständlich. Jedenfalls entspricht es der natürlichen Betrachtungsweise, von der gewollten Abtretung des Erstattungsanspruchs des einen Ehegatten in voller Höhe auszugehen, auch wenn die Eheleute mit der Wahl der "Vollabtretung" die Abtretung beider Erstattungsansprüche beabsichtigt haben sollten, sie aber nur hinsichtlich des Anspruchs eines Ehegatten ordnungsgemäß angezeigt haben.

bb) Wie die Revision zutreffend ausführt, steht auch die in der Abtretungsanzeige enthaltene Zahlungsanweisung, nach der der abgetretene Betrag auf ein Bankkonto der Ehefrau überwiesen werden sollte, obwohl deren Unterschrift auf dem Formular fehlte, der Annahme einer wirksamen Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehemannes nicht entgegen. Denn eine derartige Zahlungsanweisung gehört nicht zu den in § 46 Abs. 3 AO 1977 aufgeführten Formerfordernissen einer Abtretungsanzeige und hat deshalb auf die Wirksamkeit der Abtretung keinen Einfluß. Im übrigen ist es nicht - wie das FG meint - in sich unschlüssig, wenn der gesamte Erstattungsbetrag (Vollabtretung) auf das Konto der Ehefrau fließen sollte, obwohl diese die Abtretungsanzeige gerade nicht unterschrieben hatte. Bei dem angegebenen Konto handelte es sich - wie aus der Bankleitzahl hervorgeht und auch für das FA aus dem Begleitschreiben der Sparkasse zu der von ihr eingereichten Abtretungsanzeige ersichtlich war - um ein Konto der Ehefrau bei der Sparkasse. Zudem sollte nach dem angegebenen Abtretungsgrund die Abtretung der Sicherung von Ansprüchen der Sparkasse als Abtretungsempfängerin gegenüber den Abtretenden dienen. Unter diesen von vornherein erkennbaren Umständen ist es durchaus schlüssig, daß bei einer vergessenen Unterschrift der Ehefrau zumindest der Erstattungsbetrag des Ehemannes auf das in der Abtretungsanzeige genannte Konto fließen soll, wenn schon beabsichtigt war, daß sogar die Erstattungsansprüche beider Eheleute auf dieses Konto überwiesen werden sollten.

cc) Auch der vom FG angeführte Schutzzweck der gemäß § 46 Abs. 3 AO 1977 formalisierten Abtretungsanzeige zugunsten der Finanzbehörde zwingt im Streitfall nicht zu der Annahme der Vorinstanz, die Abtretung sei wegen der fehlenden Unterschrift der Ehefrau insgesamt unwirksam. Die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks soll u. a. die schnelle Abwicklung der Erstattungsanträge durch EDV-gerechte Aufarbeitung der Buchungsanweisungen erleichtern (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, BStBl II 1985, 572, unter Hinweis auf die amtliche Begründung in der BTDrucks 7/2852, S. 47). Das mit der Abtretungsanzeige (mit-)verfolgte Ziel, dem FA im Zusammenhang mit der Abtretung der Erstattungsansprüche die Arbeit zu erleichtern, wird durch die vorstehend dargestellte Auslegung des Senats nicht berührt. Wenn die Abtretungsanzeige - wie das FG ausführt - der Finanzbehörde die Prüfung zivilrechtlicher Fragen ersparen und die Unsicherheit über den Erstattungsberechtigten von vornherein auf solche Fragenkomplexe beschränken soll, welche die Finanzbehörde übersehen kann, so hindert das nicht die Annahme der Wirksamkeit der Abtretung im Streitfall, beschränkt auf den Erstattungsanspruch des Ehemannes. Denn hinsichtlich dessen Erstattungsanspruchs waren in der Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993 alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt, während eine wirksame Abtretung des Anspruchs der Ehefrau nicht gegeben war, weil deren Unterschrift fehlt.

Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, das allein aus dem Rechtsgrundsatz folgt, daß auch zusammenveranlagte Ehegatten keine Gesamtgläubiger sind, bedurfte es für das FA weder der ergänzenden Auslegung der Abtretungsanzeige noch der Prüfung zivilrechtlicher Fragen noch brauchte es bereits im Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeige Überlegungen über den Umfang der Erstattungsberechtigung des jeweiligen Ehegatten anzustellen. Denn zu diesem Zeitpunkt genügte für das sachgerechte nachfolgende Verhalten des FA in der Abwicklung des Erstattungsantrags und auch als möglicher (Dritt-)Schuldner gegenüber späteren Abtretungen und Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen die Erkenntnis, falls sich ein solcher aus der Einkommensteuer-Veranlagung 1992 ergeben sollte, wirksam abgetreten war. Auch die im Abtretungsformular angekreuzte "Vollabtretung" sowie die Anweisung zur Auszahlung des abgetretenen Betrages auf ein Bankkonto der Ehefrau machte - wie oben ausgeführt - für das FA als Empfänger der Anzeige keine Nachprüfungen und rechtlichen Überlegungen erforderlich, die unter Berücksichtigung der mit der formalisierten Abtretungsanzeige bezweckten Arbeitserleichterung die Annahme der Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehemannes hindern könnten.

Soweit die Vorentscheidung auf der Grundlage der am 14. Januar 1993 eingereichten Abtretungsanzeige eine wirksame Abtretung des Erstattungsanspruchs des Ehemannes deshalb verneint hat, weil zu diesem Zeitpunkt mangels Vorlage der Einkommensteuer-Erklärung 1992 der Eheleute F weder erkennbar gewesen sei, ob eine Zusammenveranlagung durchzuführen sei noch welche Erstattungsbeträge auf jeden einzelnen Ehegatten entfielen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ob überhaupt und in welcher Höhe ein Erstattungsanspruch besteht, steht im Zeitpunkt der Einreichung der Abtretungsanzeige für das FA regelmäßig noch nicht fest, sondern ergibt sich erst nach Durchführung der Einkommensteuer-Veranlagung. Diese Ungewißheit über den Bestand und die Höhe des Erstattungsanspruchs macht aber dessen Abtretung nicht unwirksam; sie hat jedenfalls keinen Einfluß auf die formalen Anforderungen, die an die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige zu stellen sind. Das gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - nur der Erstattungsanspruch eines Ehegatten wirksam abgetreten worden ist. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, im Streitfall sei das für die Abtretung maßgebliche Bestimmtheitserfordernis nicht gewahrt, weil nicht ersichtlich gewesen sei, welcher Anspruch abgetreten werde.

Das FA hat demgemäß nach Durchführung der Einkommensteuer-Veranlagung 1992 im Jahre 1994 die auf die Eheleute entfallenden Erstattungsbeträge nach den Grundsätzen des § 37 Abs. 2 AO 1977 auf diese aufgeteilt und den an die Sparkasse wirksam abgetretenen Erstattungsbetrag des Ehemannes aufgrund seiner damaligen fehlerhaften rechtlichen Beurteilung zu Unrecht an die Klägerin als nachrangige Pfändungsgläubigerin ausgezahlt.

c) Der Senat vermag ferner der Ansicht des FG und der Klägerin nicht zu folgen, daß die streitige Abtretung auch deshalb unwirksam sei, weil die Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993 nicht - wie in § 46 Abs. 2 AO 1977 vorgeschrieben - durch die Gläubiger (Eheleute F), sondern durch die Sparkasse (Abtretungsempfängerin) dem FA eingereicht worden ist.

Der Gläubiger (Abtretender) kann sich bei seiner Anzeige der Abtretung des Abtretungsempfängers oder einer anderen Person als Vertreter oder Boten bedienen (Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 h; Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 46 Anm. 14). Der erkennende Senat hat im Urteil vom 22. März 1994 VII R 117/92 (BFHE 174, 112, BStBl II 1994, 789, 790) hierzu ausgeführt, daß sich im Regelfall aus einer formgerechten, vom Gläubiger (Abtretenden) unterschriebenen Abtretungsanzeige auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck, die der Abtretende dem Abtretungsempfänger wissentlich und willentlich überläßt, auf die Bevollmächtigung des Abtretungsempfängers schließen läßt, diese Anzeige zum Wirksamwerden der Abtretung dem FA zu übermitteln. Dies ist aus Praktikabilitätsgründen schon deshalb anzunehmen, weil für das FA in vielen Fällen nicht erkennbar ist, wer ihm die Abtretungsanzeige übermittelt hat (ebenso FG Berlin, EFG 1992, 103, 104). Diese Auffassung wird auch im Schrifttum überwiegend vertreten (Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 h; Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 46 AO 1977 Anm. 2; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 46 Anm. 3; Hoffmann in Koch/Scholtz, a. a. O., § 46 Rz. 5; Mink, DB 1994, 702, 705). Ferner kann nach der zitierten Entscheidung des Senats aus nachträglichen Erklärungen des Abtretenden auf eine bereits zum Zeitpunkt der Aushändigung der Abtretungsanzeige an den Abtretungsempfänger vorliegende, schlüssige Bevollmächtigung zur Einreichung der Anzeige geschlossen werden, und schließlich kommt auch eine nachträgliche Genehmigung der Anzeige der Abtretung durch den Abtretungsempfänger als Vertreter ohne Vertretungsmacht mit rückwirkender Heilung in Betracht (§ 177 Abs. 1, § 180 Satz 1 und 2, § 184 Abs. 1 BGB; ebenso Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 4 h).

Im Streitfall ist demnach davon auszugehen, daß der Ehemann H.F., dessen Abtretungsanzeige der Form des § 46 Abs. 3 AO 1977 entspricht und dessen Abtretung des Erstattungsanspruchs deshalb wirksam ist, die Sparkasse bevollmächtigt hat, die von ihm unterschriebene Anzeige zum Wirksamwerden der Abtretung dem FA zu übermitteln. Da die Beteiligten nichts anderes vorgetragen haben und Anhaltspunkte für einen anderen Geschehensablauf und eine abweichende Willensbetätigung nicht vorliegen, muß aus der Tatsache, daß die Abtretungsanzeige dem FA von der Sparkasse (Abtretungsempfängerin) übermittelt worden ist, geschlossen werden, daß H.F. der Sparkasse die Anzeige nach seiner Unterschriftsleistung wissentlich und willentlich zum Zwecke der Einreichung beim FA überlassen hat, zumal das Anzeigeformular zuvor noch mit den Unterschriften der Vertreter der Abtretungsempfängerin zu versehen war. Weiterer Feststellungen zur Bevollmächtigung der Sparkasse zum Einreichen der Abtretungsanzeige beim FA durch den Ehemann H.F. bedarf es nicht, da auch das FG in seinem Urteil die Möglichkeit einer tatsächlichen Schlußfolgerung auf eine Vollmacht der Sparkasse zur Vorlage der Abtretungsanzeige angesprochen, deren Vorliegen aber allein deshalb verneint hat, weil die Unterschrift der Ehefrau auf der Abtretungsanzeige fehlte. Auch die erneute Einreichung der vom FA zurückgeschickten Abtretungsanzeige nach Nachholung der Unterschrift durch die Ehefrau am 21. September 1993 spricht für eine schlüssige Bevollmächtigung der Abtretungsempfängerin zur Einreichung der Anzeige am 14. Januar 1993 jedenfalls durch den Ehemann, dessen Abtretung schon damals formwirksam vollzogen war.

Da - wie oben ausgeführt - die Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993 nur hinsichtlich des Ehemannes als Abtretenden den Formerfordernissen des § 46 Abs. 3 AO 1977 entspricht und allein die Wirksamkeit der Abtretung von dessen (gesonderten) Erstattungsanspruch zu beurteilen ist, kann auch für die Frage der Bevollmächtigung der Sparkasse zur Einreichung des Anzeigeformulars allein auf die Person des Ehemannes als Abtretenden und Vollmachtgeber abgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann das Vorliegen einer schlüssigen Bevollmächtigung der Sparkasse durch den Ehemann nicht davon abhängig gemacht werden, daß auch eine wirksame Vollmachtserteilung zur Einreichung der Anzeige durch die Ehefrau vorliegt. Da für beide Ehegatten gesonderte Erstattungsansprüche bestehen, die hinsichtlich der Wirksamkeit ihrer Abtretung getrennt zu beurteilen sind, vermag der Senat der Auffassung des FG nicht zu folgen, wonach die nach dem Inhalt der Anzeige beabsichtigte Abtretung der Ansprüche beider Ehegatten stillschweigend die Abrede beinhalte, daß die Sparkasse von der Vorlage der Abtretungsanzeige nur dann Gebrauch machen dürfe, wenn beide Ehegatten die Abtretungsanzeige unterschrieben hätten. Die beabsichtigte Abtretung (auch) des Erstattungsanspruchs der Ehefrau ist fehlgeschlagen, weil deren Unterschrift auf der Abtretungsanzeige fehle. Das steht aber der Wirksamkeit der Abtretung des gesonderten Erstattungsanspruchs durch den Ehemann, hinsichtlich dessen sowohl die Formerfordernisse des § 46 Abs. 3 AO 1977 als auch eine schlüssige Bevollmächtigung der Abtretungsempfängerin zur Einreichung der Abtretungsanzeige gegeben sind, nicht entgegen.

Da bereits eine stillschweigende Vollmacht der Sparkasse zur Vorlage der Abtretungsanzeige beim FA am 14. Januar 1993 anzunehmen ist, die die Abtretung des Erstattungsanspruchs durch den Ehemann hat wirksam werden lassen (§ 46 Abs. 2 und 3 AO 1977), braucht der Senat nicht zu prüfen, ob H.F. später die Anzeige der Abtretung seines Steuererstattungsanspruchs durch die Sparkasse gegenüber dem FA auch genehmigt hat (§ 177 Abs. 1, § 180 Satz 1 und 2, § 184 BGB). Im übrigen wäre eine etwaige Genehmigung der Anzeige durch den Abtretenden, die nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Klägerin am 2. Juli 1993 erfolgt ist, dieser gegenüber als Vollstreckungsgläubigerin unwirksam (§ 184 Abs. 2 BGB).

3. Der aufgrund der vorrangigen Abtretung des Erstattungsanspruchs des H.F. an die Sparkasse bestehende Rückforderungsanspruch des FA gegenüber der Klägerin als nachrangiger Pfändungsgläubigerin und Leistungsempfängerin (§ 37 Abs. 2 AO 1977; vgl. oben 1.) wird - entgegen der Auffassung der Klägerin - durch den in § 814 BGB enthaltenen Rechtsgedanken (Leistung in Kenntnis der Nichtschuld) nicht ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob die dem zivilrechtlichen Bereicherungsrecht zugehörige Vorschrift des § 814 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungs- bzw. Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 unmittelbar oder analog angewendet werden kann (generell verneinend: Tipke/Kruse, a. a. O., § 37 AO 1977 Tz. 25 ff., m. w. N.). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen im Streitfall jedenfalls nicht vor.

Gemäß § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war. Leistung in Kenntnis der Nichtschuld bedeutet aber, daß eine positive Kenntnis der objektiven Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung vorliegen muß. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der bloßen Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt; der Leistende muß vielmehr auch wissen, daß er nach der Rechtslage nichts schuldet. Jeder Rechts- oder Tatsachenirrtum schließt die Anwendung des § 814 BGB aus. Auch ein "Kennenmüssen" genügt zum Ausschluß des Rückforderungsanspruchs nicht, selbst wenn die Unkenntnis der Sach- und/oder Rechtslage auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bloße Zweifel an der Sach- und Rechtslage stehen der positiven Kenntnis nicht gleich (Palandt/Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl., § 814 Rz. 3, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).

Im Streitfall erfolgte die Auszahlung des gepfändeten Erstattungsbetrages des H.F. an die Klägerin infolge falscher rechtlicher Würdigung der Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsbetrages an die Sparkasse aufgrund der zeitlich vorhergehenden Abtretungsanzeige vom 14. Januar 1993. Mangels positiver Kenntnis des FA im Zeitpunkt seiner Leistung an die Klägerin, daß es nach der objektiven Rechtslage wegen der Wirksamkeit der vorrangigen Abtretung des Erstattungsanspruchs zur Auszahlung an die Klägerin als nachrangige Pfändungsgläubigerin nicht verpflichtet war, kommt somit ein Ausschluß des Rückforderungsanspruchs nach dem Rechtsgedanken des § 814 BGB nicht in Betracht.