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  BFH-Urteil vom 30.7.1997 (II R 9/95) BStBl. 1997 II S. 635

1. Vermögensteuerbescheide für Kalenderjahre vor 1997 unterliegen wie bisher der (revisions-)gerichtlichen Überprüfung, weil das VStG für Veranlagungszeiträume bis 31. Dezember 1996 fortgilt.

2. Besteht bei einer beschränkt vermögensteuerpflichtigen natürlichen Person das erweiterte Inlandsvermögen aus Festgeld, das aus einem Veräußerungserlös stammt und dazu dienen soll, die durch den Veräußerungsvorgang ausgelöste, aber zunächst bestrittene Einkommensteuerschuld zu tilgen, ist diese Schuld nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AStG i. V. m. § 121 Abs. 3 Satz 2, § 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG - jeweils in der bis zum JStG 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) geltenden Fassung - abziehbar. Es fehlt am wirtschaftlichen Zusammenhang.

3. Wird im Einspruchsverfahren die Herabsetzung der Steuer beantragt, läßt § 171 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 eine Verböserung nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist trotz § 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 nicht zu.

VStG 1974; BVerfGG § 31 Abs. 2; AStG (vor JStG 1997) § 3 Abs. 1 Satz 2, BewG (vor JStG 1997) § 121 Abs. 3 Satz 2, § 118 Abs. 1 Satz 1; AO 1977 § 171 Abs. 3 Satz 2, § 367 Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (Kläger) verlegte im Jahr 1983 seinen Wohnsitz von X nach Y/Schweiz. Im Oktober 1981 hatte er seinen Geschäftsanteil an der H GmbH für einen Preis von 57.412.000 DM veräußert. Die Käufer behielten 2 v. H. des Preises wegen möglicher Gewährleistungsansprüche ein. Der Einbehalt war mit 10 v. H. zu verzinsen. Den Anspruch auf Auszahlung des Einbehalts trat der Kläger mit Vertrag vom 27./28. Dezember 1982 an den in den Niederlanden wohnenden Dr. T ab.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) kam es zum Streit darüber, ob der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils dem Veranlagungszeitraum 1981 oder 1982 zuzuordnen sei. Das FA ordnete den Gewinn dem Jahr 1981 zu und setzte die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 1981 entsprechend herauf, gewährte aber eine Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistungen in der Form, daß der Kläger den streitigen Steuerbetrag auf ein Festgeldkonto einzahlte und die Forderung gegen die Bank sicherungshalber an das FA abtrat. Das Geld hatte er dem Veräußerungserlös entnommen. 1988 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) den Streit um die Einkommensteuer-Vorauszahlungen 1981 endgültig zuungunsten des Klägers. Durch zwischenzeitliche Zahlungen hatte sich die Steuerschuld bis zum 1. Januar 1984 auf 2.428.246 DM verringert. Gleichzeitig war dadurch das Festgeldguthaben auf 2.350.000 DM zurückgegangen. Es hatte im Jahr 1984 Zinsen in Höhe von 127.080 DM erbracht, die dem Kläger zustanden.

Das FA unterwarf den Kläger wegen des Festgeldes der erweiterten beschränkten Vermögensteuerpflicht und setzte gegen ihn im Wege der Nachveranlagung auf den 1. Januar 1984 durch Bescheid vom 4. Dezember 1987 die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 11.775 DM fest. Dabei war die Einkommensteuerschuld wegen angeblich fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht abgezogen, aber zusätzlich Inlandsvermögen gemäß § 121 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung in Höhe von 114.380 DM berücksichtigt worden. Während des anschließenden Einspruchsverfahrens gelangte das FA zu der Ansicht, daß auch der (nicht verbrauchte) Gewährleistungseinbehalt von 1.148.240 DM der erweiterten beschränkten Vermögensteuerpflicht unterliege. Es setzte daher die Vermögensteuer nach vorheriger Ankündigung durch die Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 1993 auf 17.195 DM herauf. Die Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Einbehalts sei rechtsmißbräuchlich i. S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) gewesen. Festsetzungsverjährung habe der Verböserung nicht entgegengestanden.

Mit der Klage wandte sich der Kläger gegen die Zurechnung des Festgeldes sowie des Gewährleistungseinbehalts und machte darüber hinaus geltend, wenn ihm schon beide Forderungen zugerechnet würden, müsse folgerichtig die Einkommensteuerschuld abgezogen werden. Die Forderung auf Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts dürfe aus dem weiteren Grund nicht angesetzt werden, daß bezüglich einer darauf entfallenden Vermögensteuer bei Ergehen der Einspruchsentscheidung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur insoweit statt, als es den Abzug der Einkommensteuerschuld 1981 für geboten hielt. Sowohl das Festgeldguthaben als auch der Anspruch auf den Gewährleistungseinbehalt seien dem Kläger zuzurechnen. Dies ergebe sich bezüglich des Festgeldes aus § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 und bezüglich des Gewährleistungseinbehalts aus § 42 AO 1977. Beide Aktivposten, nämlich das Festgeld und das Recht auf den Gewährleistungseinbehalt, stünden in dem nach § 121 Abs. 3 BewG erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkommensteuerschuld. Die beiden Wirtschaftsgüter seien durch die Anteilsveräußerung an die Stelle der Anteile getreten. Die Einkommensteuerschuld wiederum sei durch die Anteilsveräußerung ausgelöst worden. Das Aktivvermögen und die Steuerschuld gingen auf denselben Veräußerungsvorgang zurück. Hinsichtlich des Festgeldes komme hinzu, daß seine Anlage im Inland durch das Bestehen der Einkommensteuerschuld veranlaßt worden sei. Die Frage der Festsetzungsverjährung im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung stelle sich nicht, weil die Vermögensteuer wegen des Abzugs der Einkommensteuerschuld ohnehin niedriger als im angefochtenen Bescheid festzusetzen sei.

Mit der vom FG zugelassenen Revision wendet sich das FA gegen den Abzug der Einkommensteuerschuld. Er verstoße gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 BewG. Der dort geforderte wirtschaftliche Zusammenhang fehle. Die Steuerschuld sei nicht durch das Festgeld ausgelöst worden; das Guthaben sei für die Entstehung der Steuerschuld nicht kausal. Daß umgekehrt die Anlage des Festgeldes durch die Steuerschuld bedingt gewesen sei, reiche ebensowenig aus wie die Tatsache, daß das Guthaben aus dem Erlös für die Anteile gespeist worden sei, deren Veräußerung die Steuer ausgelöst habe.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Der Kläger tritt dem entgegen und macht seinerseits im Wege einer Anschlußrevision geltend, da nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) das Vermögensteuergesetz (VStG) nach dem 31. Dezember 1996 nicht mehr anwendbar sei, seien alle noch nicht bestandskräftigen Vermögensteuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab dem 1. Januar 1983 aufzuheben. Infolgedessen könne der angefochtene Vermögensteuerbescheid auch insoweit keinen Bestand haben, wie er das Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG betreffe. Abgesehen davon beruhe die Vorentscheidung hinsichtlich des Gewährleistungseinbehalts auf einer fehlerhaften Anwendung des § 42 AO 1977 sowie der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung. Zu Unrecht habe das FG nicht berücksichtigt, daß bei Erlaß der verbösernden Einspruchsentscheidung bezüglich der Vermögensteuer, die sich aus der Hinzurechnung des Gewährleistungseinbehalts zum erweiterten Inlandsvermögen ergebe, bereits die Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1984 vom 4. Dezember 1987 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 1993 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist nur zum Teil begründet. Die Anordnung des BVerfG, das bisherige Vermögensteuerrecht nur bis zum 31. Dezember 1996 weiter anzuwenden, hindert einen Erfolg der Revision nicht. Zutreffend hält das FA daran fest, daß die Einkommensteuerschuld 1981 in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem erweiterten Inlandsvermögen steht und daher nicht abziehbar ist. Jedoch stand der Verböserung im Einspruchsverfahren die mittlerweile abgelaufene Festsetzungsfrist entgegen. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung war bezüglich der auf die nachträgliche Berücksichtigung des Gewährleistungseinbehalts entfallenden Vermögensteuer bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Das war zum Zweck der Saldierung von Amts wegen sowie unabhängig von der Anschlußrevision zu prüfen. Wegen dieser Verjährung ist die Revision des FA teilweise unbegründet.

Die Anschlußrevision des Klägers ist unzulässig, soweit sie über die identischen Anträge im Einspruchs- und Klageverfahren (Herabsetzung der Steuer auf 570 DM) hinausgeht. Insoweit ist die Steuerfestsetzung bereits bestandskräftig. Außerdem ist eine Erweiterung des Klageantrags im Revisionsverfahren nicht zulässig (§ 123 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Darüber hinaus - nämlich in dem Umfang, wie der Kläger vor dem FG unterlegen ist - ist die Anschlußrevision unbegründet, weil das VStG im Streitfall weiterhin anwendbar ist und insoweit die vom Kläger geltend gemachte Festsetzungsverjährung nicht zum Tragen kommt.

A. Revision des FA

1. Der Beschluß des BVerfG in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, nach dem § 10 Nr. 1 VStG mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist, steht dem Revisionsbegehren des FA, die Vermögensteuer unter Aufhebung der Vorentscheidung wieder heraufzusetzen, nicht entgegen. Der Tenor des Beschlusses, der nach § 31 Abs. 2 i. V. m. § 13 Nr. 11 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) Gesetzeskraft hat (BGBl I, 1191), enthält in Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 die Anordnung, daß das bisherige Vermögensteuerrecht längstens bis zum 31. Dezember 1996 weiterhin anwendbar ist. Zu den Rechtsfolgen des Beschlusses für den damaligen Ausgangsfall hat das BVerfG ausgeführt, das vorlegende FG könne für die Veranlagungszeiträume 1983 bis 1986 noch das bisherige Vermögensteuerrecht zugrunde legen. Einen dieser Zeiträume betrifft auch der hier angefochtene Vermögensteuerbescheid. Bildet aber das bisherige Vermögensteuerrecht noch die Rechtsgrundlage für die finanzgerichtliche Entscheidung, muß dies bei einer Revision auch für das Revisionsgericht gelten. Dabei ist unerheblich, ob die Entscheidung vor 1997 oder erst nach 1996 ergeht. Die zeitliche Befristung der weiteren Anwendbarkeit des bisherigen Vermögensteuerrechts ist nämlich dahin zu verstehen, daß es für alle vor 1997 endenden Veranlagungszeiträume unabhängig davon fortgilt, wann und durch wen im Einzelfall über die Steuerfestsetzung für diese Zeiträume entschieden wird.

Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß das BVerfG nicht die Nichtigkeit der geprüften Rechtsnorm, sondern lediglich deren Unvereinbarkeit mit dem GG ausgesprochen und zugleich ihre befristete Weitergeltung angeordnet hat. Folge einer Nichtigkeitserklärung wäre u. a. gewesen, daß das VStG mit dem Ergehen des Beschlusses nicht mehr hätte angewendet werden können, in bereits abgeschlossenen Steuerfällen jedoch die Steuer nicht erstattet worden wäre (§ 79 BVerfGG). Damit hinge die endgültige steuerliche Belastung der einzelnen Steuerpflichtigen im Ergebnis vom jeweiligen zufälligen Verfahrensstand bei Ergehen des BVerfG-Beschlusses ab. Sinn und Zweck der bloßen Unvereinbarkeitserklärung verbunden mit der Anordnung, die geprüfte Rechtsnorm für eine bestimmte Zeit weiter anzuwenden und zugleich die verfassungsrechtliche Rechtfertigung ist es jedoch gerade, diese unerwünschte Folge einer Nichtigkeitserklärung zu vermeiden und durch eine verfassungsnähere, insbesondere den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung stärker berücksichtigende Folge zu ersetzen (vgl. dazu Löwer in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 2, § 56 Rdnr. 108). Dies ist nur dadurch zu erreichen, daß alle innerhalb eines bestimmten Zeitraums verwirklichten Sachverhalte rechtlich gleich behandelt werden. Dazu muß die befristete Anordnung der Weiteranwendung des für verfassungswidrig erkannten Rechts als eine Regelung über dessen zeitlichen Geltungsbereich mit der Folge verstanden werden, daß es für alle innerhalb dieses zeitlichen Geltungsbereichs verwirklichte Sachverhalte noch Rechtswirkung erzeugt. Jede andere Auslegung liefe dem Sinn und Zweck einer Unvereinbarkeitserklärung, die mit der Anordnung einer befristeten Weiteranwendung der beanstandeten Rechtsnorm verbunden ist, zuwider (so Senats-Beschluß vom 18. Juni 1997 II B 33/97, BFHE 182, 379, BStBl II 1997, 515; im Ergebnis ebenso unter Heranziehung weiterer Gesichtspunkte Urteil des FG Hamburg vom 22. Mai 1997 II 160/95, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1997, 838).

2. Zu Recht wendet sich die Revision gegen den Abzug der Einkommensteuerschuld 1981 durch das FG.

Aufgrund des durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) entfallenen, aber im Streitfall noch einschlägigen § 3 Abs. 1 des Außensteuergesetzes (AStG) waren gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 VStG beschränkt vermögensteuerpflichtige natürliche Personen unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG über das Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG hinaus mit allem Vermögen steuerpflichtig, dessen Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nichtausländische Einkünfte i. S. des § 34c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wären. Die §§ 110, 111 und 121 Abs. 3 BewG waren entsprechend anzuwenden.

a) Die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen dieser erweiterten beschränkten Vermögensteuerpflicht hat das FG bezüglich des Festgeldguthabens des Klägers zutreffend als erfüllt angesehen. Revisionsgründe sind dagegen nicht vorgebracht worden. Den ursprünglichen Einwand, das Festgeld könne ihm nicht zugerechnet werden, hat der Kläger zu Recht fallengelassen. Die Zurechnung entspricht § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977. Das Festgeld erbrachte auch Einkünfte von jährlich über 120.000 DM, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht zu den ausländischen Einkünften i. S. des § 34c Abs. 1 EStG gehörten. Damit hatte der Kläger wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland zumindest i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 2, Alternative 2 AStG.

b) Dagegen hat das FG zu Unrecht das erweiterte Inlandsvermögen um die Einkommensteuerschuld 1981 gemindert. Insoweit war die Vorentscheidung auf die Revision des FA aufzuheben.

aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AStG i. V. m. § 121 Abs. 3 Satz 2, § 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG ist das erweiterte Inlandsvermögen um die Schulden zu mindern, die wirtschaftlich mit ihm zusammenhängen. Solch ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, wenn die Schulden nach Entstehung und Zweckbestimmung mit dem erweiterten Inlandsvermögen verknüpft sind und dieses Vermögen oder Teile davon wirtschaftlich belasten (BFH-Urteile vom 19. Mai 1967 III 319/63, BFHE 89, 244, BStBl III 1967, 596, sowie vom 21. Juli 1972 III R 44/70, BFHE 107, 147, BStBl II 1973, 3). Die Entstehung der Schulden muß ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruhen, die das erweiterte Inlandsvermögen betreffen (vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1972 III R 108/70, BFHE 104, 563, BStBl II 1972, 414 unter 3., sowie vom 18. Dezember 1990 VIII R 1/88, BFHE 163, 444, BStBl II 1991, 911 unter 3.). Steuerschulden insbesondere müssen durch das am Stichtag vorhandene erweiterte Inlandsvermögen ausgelöst worden sein (so BFH-Beschluß vom 27. Juni 1980 III B 5/80, nicht veröffentlicht). Das ist stets der Fall, wenn die Steuerschuld durch den Erwerb oder Besitz des erweiterten Inlandsvermögens bedingt ist (Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Aufl., 1995, § 121 BewG Anm. 53; Steinhardt, Bewertungsgesetz, Vermögensteuergesetz, Kommentar, § 121 Anm. 19). So hängt rückständige Erbschaftsteuer mit dem ererbten Inlandsvermögen oder rückständige Einkommensteuer mit dem Inlandsvermögen wirtschaftlich zusammen, das zu den besteuerten Einkünften geführt hat (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 2. April 1936 III A 322/35, RStBl 1936, 618).

bb) Dieser Zusammenhang fehlt im Streitfall. Die Einkommensteuerschuld 1981 ist nicht durch das erweiterte Inlandsvermögen ausgelöst worden. Sie ist weder durch dessen Erwerb bedingt, noch beruht ihre Entstehung ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen, die das erweiterte Inlandsvermögen betreffen. Die Einkommensteuerschuld ist nicht entstanden, weil der Kläger die als Festgeld angelegten Mittel erworben hat oder weil er Inhaber dieser Mittel ist; vielmehr haben beide - nämlich die Steuerschuld und das erweiterte Inlandsvermögen - lediglich eine gemeinsame Wurzel. Dieser Umstand aber, daß sich das Inlandsvermögen und die Steuerschuld auf denselben Vorgang der Veräußerung des Geschäftsanteils zurückführen lassen, ergibt keine Verknüpfung beider in dem Sinne, daß das erweiterte Inlandsvermögen die unmittelbare Ursache dafür gesetzt hat, daß die Einkommensteuerschuld entstanden ist. Im Unterschied zur Erbschaftsteuer, die den Anfall des ererbten Vermögens besteuert, oder zur Grunderwerbsteuer, die den Erwerb eines Grundstücks erfaßt, beruht die Einkommensteuerschuld des Klägers nicht auf dem Anfall oder Erwerb seines im Inland verbliebenen Vermögens, sondern auf der Veräußerung seines Geschäftsanteils.

Dieser Unterschied ist - entgegen der Ansicht des FG - nicht dadurch zu überbrücken, daß dem Veräußerungserlös die Eigenschaft eines Surrogats des Geschäftsanteils beigemessen wird. Abgesehen davon, daß sich damit allenfalls ein Zusammenhang der Steuerschuld mit dem gesamten Veräußerungserlös von 57.412.000 DM und nicht lediglich mit dessen im Inland verbliebenen Teil herstellen ließe, beträfe die Steuerschuld den Wegfall des ursprünglichen Wirtschaftsguts und nicht das Surrogat. Sie wird weder durch das Surrogat ausgelöst noch entsteht sie, weil der Geschäftsanteil in anderer Gestalt, nämlich in der des Veräußerungserlöses, fortbestünde.

Der geforderte wirtschaftliche Zusammenhang der Steuerschuld mit dem erweiterten Inlandsvermögen ergibt sich auch nicht daraus, daß das Festgeld angelegt worden ist, um die Steuerschuld zu tilgen. Damit ist zwar das Vorhandensein des erweiterten Inlandsvermögens nach Entstehung und Zweckbestimmung mit der Einkommensteuerschuld 1981 verknüpft; hierbei handelt es sich jedoch um eine Verknüpfung mit umgekehrter Reihenfolge. Für den wirtschaftlichen Zusammenhang gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 BewG ist es nicht gleichgültig, ob die Schuld, um deren Abzug es geht, mit dem Inlandsvermögen nach Entstehung und Zweckbestimmung verknüpft ist oder ob umgekehrt das Inlandsvermögen sein Vorhandensein der Schuld verdankt. Wäre auch eine Verknüpfung mit solchermaßen umgekehrten Vorzeichen ausreichend, müßte jede beliebige Schuld unabhängig von ihrem Entstehungsgrund berücksichtigt werden, wenn sie aus dem vorhandenen Inlandsvermögen getilgt werden soll.

c) Das Streichen des Steuerabzugs führte für sich allein zu einer Vermögensteuer, die diejenige übersteigt, die im ursprünglich angeforderten Bescheid vom 4. Dezember 1987 festgesetzt worden war. Einem Heraufsetzen der Steuer über diesen ursprünglichen Betrag hinaus steht jedoch der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Die Forderung auf Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts durfte dem erweiterten Inlandsvermögen nicht mehr hinzugerechnet werden.

Gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 begann die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 für die auf den 1. Januar 1984 festzusetzende Vermögensteuer mit Ablauf des Jahres 1985, weil die Erklärung im Januar dieses Jahres eingereicht worden war. Sie endete daher bei normalem Verlauf mit Ablauf des Jahres 1989. Der noch vor Ablauf der Frist im Januar 1988 eingelegte Einspruch führte zwar gemäß § 171 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 zu einer Ablaufhemmung; aber diese Hemmung trat nur insoweit ein, als der Antrag des Klägers reichte (BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 76/91, BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995, sowie Kühn/Hofmann, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., 1995, § 171 AO 1977 Bem. II. 3. b sowie § 367 AO 1977 Bem. 4. c). Nach Ablauf der Festsetzungsfrist kann der Steuerbescheid auch im Einspruchsverfahren trotz der Prüfungspflicht des FA gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 nur noch in dem betragsmäßigen Rahmen geändert werden, der sich aus dem Rechtsbehelfsantrag ergibt (so Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Stand Juni 1994, § 171 Anm. 32). Zielt der Antrag - wie im Regelfall - auf eine Herabsetzung der Steuer ab, können nachträgliche Steuererhöhungen nicht von der Ablaufhemmung erfaßt sein (so unter Aufgabe entgegenstehender Rechtsprechung BFH-Urteil vom 27. März 1996 I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl II 1997, 449; vgl. auch BFH-Beschluß vom 23. September 1992 IX B 134/91, BFH/NV 1993, 171).

Aus diesem Grunde war im Streitfall eine Verböserung im Einspruchsverfahren nicht mehr zulässig. Der Kläger hatte eine Herabsetzung der Vermögensteuer beantragt. Folglich war hinsichtlich einer über den angefochtenen Bescheid hinausgehenden Steuer Teilfestsetzungsverjährung eingetreten. Wegen dieser Teilfestsetzungsverjährung kann auf sich beruhen, ob der Vorinstanz darin zu folgen wäre, daß die Abtretung der Forderung auf den Gewährleistungseinbehalt einen Gestaltungsmißbrauch i. S. des § 42 AO 1977 darstellte.

B. Anschlußrevision des Klägers

Die Anschlußrevision des Klägers ist teils unzulässig, teils unbegründet. Die auf das Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG entfallende Vermögensteuer in Höhe von 570 DM ist bereits bestandskräftig festgesetzt. Sowohl der Einspruchsantrag als auch der ursprüngliche Klageantrag bezogen sich lediglich auf das erweiterte Inlandsvermögen. Am Ende seiner Einspruchsschrift beantragt der Kläger ausdrücklich, die Steuer entsprechend seinen Ausführungen neu festzusetzen. Dies bedeutete, daß es bei der auf das Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG entfallenden Steuer bleiben sollte. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ist eine Steuerherabsetzung lediglich bis auf den Betrag beantragt worden, der auf das Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG entfällt. In Höhe dieses Betrages ist die Anschlußrevision darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil sie einer nach § 123 Abs. 1 FGO unzulässigen Klageerweiterung gleichkommt (vgl. BFH-Urteil vom 25. August 1993 XI R 6/93, BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23, 26). Im übrigen ist die Anschlußrevision unbegründet, weil - wie oben ausgeführt - auf den Streitfall nach wie vor das bisherige Vermögensteuerrecht anwendbar ist. Das Begehren des Klägers, die Steuerfestsetzung aufzuheben, ist daher ohne Rechtsgrundlage.