| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 10.4.1997 (IV R 12/96) BStBl. 1997 II S. 718

Trägt ein Ehegatte vereinbarungsgemäß alle Aufwendungen für die Errichtung eines Gebäudes auf dem Grund und Boden des anderen Ehegatten und ist zwischen den Eheleuten festgelegt, daß der andere Ehegatte das ihm zuwachsende Eigentum an dem Gebäude ausgleichen muß, dann kann der den Bau finanzierende Ehegatte seine Aufwendungen wie ein materielles Wirtschaftsgut aktivieren. Dem steht nicht entgegen, daß das Gebäude im Betrieb beider Ehegatten genutzt wird.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 6b Abs. 3; BGB § 951.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die beiden Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Jedem gehörte ursprünglich ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb. Die Land- und Forstwirtschaft wurde von der Hofstelle des Klägers aus bewirtschaftet. Im Wirtschaftsjahr 1980/81 veräußerte die Klägerin ihren 81 ha großen Hof bis auf eine Fläche von ca. 4 ha. Diese Restfläche und den Veräußerungserlös von rd. 3 Mio. DM führte sie - so die Formulierungen des Finanzgerichts (FG) - dem Betrieb des Klägers zu. Der Veräußerungserlös wurde größtenteils zur Tilgung von Betriebsschulden verwandt; in Höhe des Restbetrages wurde eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildet und nach entsprechenden Anschaffungen größtenteils gewinneutral aufgelöst.

Aufgrund einer Vereinbarung vom 1. Juli 1981 wurden auf dem Grund und Boden des Klägers ein Altenteiler-Wohnhaus (Fertighaus) und ein (schlüsselfertig erworbenes) Betriebsleiter-Wohnhaus errichtet. Die Klägerin sollte dabei als Bauherrin auftreten und sämtliche Baukosten tragen. Tatsächlich beantragte der Kläger die Baugenehmigung für das Altenteilerhaus im eigenen und für das Betriebsleiter-Wohnhaus in beider Namen. Nach Fertigstellung sollte die Klägerin ideelle Eigentumsanteile von 50 v. H. an den entsprechenden Grundstücksparzellen erhalten; dazu kam es aber aus rechtlichen Gründen nicht. Die Klägerin schloß außerdem zusammen mit dem Kläger einen Kaufvertrag über eines der aufzustellenden Fertighäuser ab, trat aber ansonsten nach außen nicht in Erscheinung.

Die Klägerin betrachtete sich als Eigentümerin, zumindest als alleinige Nutzungsberechtigte der beiden Gebäude. Die seinerseits noch nicht verbrauchte § 6b-Rücklage wurde auf die gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten übertragen.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die § 6b-Rücklage nur mehr zu 50 v. H. an. Er nahm an, die Wohnhäuser seien von beiden Klägern gemeinsam errichtet worden. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte in seinem Urteil (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1996, 583) u. a. aus, das FA habe zu Recht die Übertragung der nach § 6b EStG gebildeten Rücklage nur für 50 v. H. der von ihr aufgewandten Herstellungskosten anerkannt. Die Klägerin sei weder zivilrechtlicher Eigentümer noch wirtschaftlicher Eigentümer der Gebäude. Das Einverständnis des Klägers mit der Errichtung der Gebäude reiche nicht aus. Die nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 3. Mai 1985 (BStBl I 1985, 188) erforderliche Voraussetzung für die Annahme eines Nutzungsrechts bei Bauten auf fremdem Boden sei nicht erfüllt.

Mit der - vom erkennenden Senat - zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht (§ 6b Abs. 3 Satz 2 EStG).

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil sowie die Bescheide betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1980 und 1981 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. August 1989 aufzuheben und die Einkünfte für 1980 auf 163.803 DM und für 1981 auf 230.399 DM sowie die Anteile der Klägerin entsprechend der Gewinnminderung herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und der Klage stattgegeben. FG und FA sind zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Klägerin die gebildete Rücklage nicht gemäß § 6b Abs. 3 EStG in vollem Umfang auf die von ihr allein finanzierten Baumaßnahmen auf den Grundstücken des Klägers hat übertragen können. Die Klägerin konnte ihre entsprechenden Aufwendungen wie ein materielles Wirtschaftsgut aktivieren.

1. Hat ein Ehegatte die Herstellungskosten für ein im Miteigentum beider Ehegatten stehendes Gebäude allein getragen und darf er dieses Gebäude aufgrund einer Vereinbarung mit dem anderen Ehegatten unentgeltlich für seine betrieblichen Zwecke nutzen, kann er die Aufwendungen wie ein materielles Wirtschaftsgut aktivieren und abschreiben (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281; Senatsurteil vom 9. November 1995 IV R 60/92, BFHE 179, 103, BStBl II 1996, 192, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 242, m. Anm.). In gleicher Weise ist ein materielles Wirtschaftsgut anzunehmen, wenn ein Ehegatte allein die Herstellungskosten für ein auf dem Grund und Boden des anderen Ehegatten errichtetes Gebäude trägt und ihm dieser das alleinige Nutzungsrecht an dem Gebäude eingeräumt hat. Zwar gehören Gebäude regelmäßig zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), mit der Folge, daß der Eigentümer des Grundstücks auch Eigentümer des von einem anderen errichteten Gebäudes wird (§ 946 BGB). Der Ausgleich für den an den eingebauten Sachen eintretenden Rechtsverlust erfolgt durch § 951 BGB. Danach kann derjenige, der den Rechtsverlust erleidet, zwar nicht die Wiederherstellung des früheren Zustandes, wohl aber Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen (§ 951 Abs. 1 BGB).

Obwohl der Rechtsverlust damit nur durch schuldrechtliche Ansprüche ausgeglichen wird, hat die Rechtsprechung seit langem anerkannt, daß Baumaßnahmen eines Steuerpflichtigen auf fremdem Grund und Boden wie materielle Wirtschaftsgüter zu aktivieren sind (vgl. Urteile des BFH vom 10. August 1984 III R 98/83, BFHE 142, 90, BStBl II 1984, 805; vom 11. Dezember 1987 III R 188/81, BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493, sowie Senatsurteile vom 13. Juli 1989 IV R 137/88, BFH/NV 1990, 422, und vom 15 März 1990 IV R 30/88, BFHE 160, 244, BStBl II 1990, 623). Die Finanzverwaltung hatte sich dem angeschlossen (BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 188). Sie hat daran nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 ausdrücklich festgehalten (BMF-Schreiben vom 5. November 1996, BStBl I 1996, 1257 Tz. 1; R 42 Abs. 5 Satz 3 Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 1995). Dementsprechend kann auf ein solches Gebäude auch eine Rücklage nach § 6b EStG übertragen werden. Das gilt selbst für ein Gebäude, das ein Mitunternehmer für die betrieblichen Zwecke der Mitunternehmerschaft auf fremdem Grund und Boden errichtet und an dem er allein das Nutzungsrecht hat; das Gebäude ist allein sein Sonderbetriebsvermögen (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1990 IV R 44/89, BFH/NV 1991, 599).

2. Die Kläger machen zu Recht geltend, daß die Klägerin die nach der Veräußerung ihrer eigenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebäude und Grundstücke gebildete Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG auf die durch ihre Baumaßnahmen geschaffenen Nutzungsrechte übertragen konnte.

a) Das FG hat im angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten, bei Baumaßnahmen eines Ehegatten auf dem Grundstück des anderen Ehegatten könne ein alleiniges Nutzungsrecht des Nichteigentümers nur angenommen werden, wenn dieser nicht nur selbst die Herstellungskosten in vollem Umfang trage, sondern er müsse außerdem als Bauherr nach außen auftreten und die Baumaßnahmen selbst durchführen.

b) Dem kann der erkennende Senat auch für den vorliegenden Fall nicht zustimmen.

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493 ist bei Baumaßnahmen eines Ehegatten auf dem Grundstück des anderen Ehegatten ein alleiniges Nutzungsrecht des Bauenden anzunehmen, wenn dieser die Herstellungskosten allein getragen hat, der andere Ehegatte mit der alleinigen betrieblichen Nutzung durch den Bauenden einverstanden ist und in der Übernahme der Baukosten keine Schenkung zu sehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 17. März 1989 III R 58/87, BFHE 157, 83, BStBl II 1990, 6, und vom 6. März 1991 X R 6/88, BFH/NV 1991, 525). Danach ist es für die Entstehung des wie ein Gebäude anzusetzenden Wirtschaftsgutes allein entscheidend, daß ein Anspruch gemäß § 951 BGB gegen den Eigentümer besteht und die Baumaßnahme mit eigenen finanziellen Mitteln des Bauenden durchgeführt wird. Entgegen der Auffassung des FG ist für die Frage der Aktivierung des Wirtschaftsguts nach den genannten BFH-Urteilen nicht darauf abzustellen, daß der Nutzungsberechtigte nach außen aufgetreten ist, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr gehandelt hat. Allerdings ist Grundvoraussetzung für die Entstehung eines Anspruchs nach § 951 BGB, daß die Baumaßnahme demjenigen zuzurechnen ist, der den Rechtsverlust erleidet. Deshalb waren die vom FA genannten Kriterien in den genannten BFH-Urteilen auch gegeben, weil nur so festgestellt werden konnte, ob die Baumaßnahmen dem Nichteigentümer zuzurechnen waren. Im Streitfall hatte aber der Kläger der Klägerin durch die Vereinbarung vom 1. Juli 1981 gestattet, die beiden betrieblich genutzten Wohngebäude auf seinem Grund und Boden zu errichten. Auch war festgelegt, daß die Klägerin die gesamten Baukosten tragen mußte und im Innenverhältnis nur sie allein die Bauherrin sein sollte. Nur darauf kommt es an. Unerheblich ist, ob die Klägerin auch nach außen aufgetreten ist.

c) Der erkennende Senat hat in seinen Urteilen in BFHE 179, 103, BStBl II 1996, 192 und vom 23. November 1995 IV R 50/94, (BFHE 179, 303, BStBl II 1996, 193) für die Zurechnung des Wirtschaftsgutes Gebäude ebenfalls nur darauf abgestellt, ob ein Ehegatte allein oder ob beide Ehegatten die Baumaßnahmen finanziert hatten. Etwas anderes folgt auch nicht aus den nicht bindenden Hinweisen im Senatsurteil in BFH/NV 1991, 599. Denn dort ging es um die Errichtung von Gebäuden auf im Miteigentum beider Ehegatten stehenden Grundstücken, ohne daß die Frage, wer ein Nutzungsrecht haben solle, geregelt war. Wie aber der Große Senat des BFH in seinem Beschluß in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 für eine beiden Ehegatten gehörende Arztpraxis klargestellt hat, will der Ehegatte, der die Praxis allein als Arzt nutzt und die Baumaßnahmen allein finanziert hat, dem anderen Ehegatten nichts zuwenden, sondern er tätigt diese Aufwendungen im eigenen Interesse nur für seinen eigenen Betrieb (vgl. auch Senatsurteil vom 19. Oktober 1995 IV R 136/90, BFH/NV 1996, 306). Das muß folgerichtig selbst dann gelten, wenn - wie im Streitfall - der die Baumaßnahme auf fremdem Grund vereinbarungsgemäß allein finanzierende Ehegatte und der Ehegatte, dem das Grundstück gehört, Mitunternehmer eines gemeinsamen Betriebes sind, es also um das Sonderbetriebsvermögen eines Ehegatten geht. Denn auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen der Ehegatten getrennt (§ 1363 Abs. 2 BGB; Senatsurteil in BFHE 179, 303, BStBl II 1996, 193, unter 4.). Im Streitfall liegt auch keine sogenannte unbenannte (ehebedingte) Zuwendung vor, weil die Klägerin die Baumaßnahmen auf dem Grundstück des Klägers gerade nicht aufgewandt hat, um dem Kläger im Hinblick auf die bestehende Ehe etwas zuzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366). Durch die Vereinbarung vom 1. Juli 1981 war nämlich zwischen den beiden Klägern festgelegt worden, daß der Kläger das ihm durch die von der Klägerin allein finanzierten Baumaßnahmen zuwachsende Eigentum an den beiden Gebäuden ausgleichen mußte (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 92/92, Finanz-Rundschau 1997, 261, mit Anm. Weber-Grellet). Dem steht nicht entgegen, daß die Gebäude für den gemeinsamen Betrieb genutzt werden.

3. Die Sache ist spruchreif. FG und FA sind zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Klägerin kein alleiniges Nutzungsrecht an den beiden von ihr allein finanzierten Gebäuden zusteht. Sie konnte daher gemäß § 6b EStG die gebildete Rücklage auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der beiden Gebäude übertragen.

Dem FA wird aufgegeben, die Höhe des festzustellenden Betrages sowie die Gewinnanteile der beiden Kläger zu berechnen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).