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  BFH-Urteil vom 29.7.1997 (VIII R 80/94) BStBl. 1997 II S. 727

Eine nicht wesentliche, im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wird nicht dadurch insgesamt zu einer wesentlichen Beteiligung, daß der Steuerpflichtige einzelne Geschäftsanteile unentgeltlich erlangt hat, die ihrerseits Bestandteil einer wesentlichen Beteiligung bei dem Rechtsvorgänger gewesen und deshalb im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG auch beim Steuerpflichtigen steuerverhaftet geblieben sind. Ein im Rahmen einer Kapitalerhöhung übernommener weiterer Geschäftsanteil wird ebensowenig steuerlich durch den zuvor unentgeltlich erlangten, steuerverhafteten Geschäftsanteil infiziert.

EStG 1986 § 17 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4; FGO § 96 Abs. 1 Satz 2; GmbHG §§ 15 Abs. 2, 55 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1995, 212)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist in den Streitjahren 1984 und 1986 mit seiner Ehefrau (Klägerin und Revisionsklägerin - Klägerin -) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Der Kläger hatte im Jahr 1982 einen Geschäftsanteil in Höhe von 262.500 DM der Firma W-GmbH mit einem Stammkapital von 1,5 Mio. DM unentgeltlich erworben. Im Zuge einer Erhöhung des Stammkapitals auf 3 Mio. DM erwarb der Kläger einen weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 262.500 DM. Der Kläger war somit jeweils zu 17,5 v. H. an der W-GmbH beteiligt. Der Kläger veräußerte seine Beteiligung im September 1985 zu 90 v. H. und im März 1986 zu 10 v. H. Außerdem verzichtete er auf eine als kapitalersetzend angesehene Darlehensforderung gegen die W-GmbH in Höhe von 151.278 DM. Der Kläger machte einen Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wie folgt geltend:

a) Anschaffungskosten:
des Rechtsvorgängers

262.500 DM

eigene

262.500 DM

525.000 DM

b) Notariatskosten aus 1982

695 DM

c) Darlehensverzicht

151.278 DM

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Gesamtverlust

676.973 DM

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ den Verlust lediglich zur Hälfte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG a. F. zum Abzug zu, und zwar in Höhe von 304.638 DM für 1985 (90 v. H. aus 338.487 DM) und in Höhe von 33.849 DM für 1986.

Die Einkommensteuer für 1983 und 1985 setzte das FA jeweils auf 0 DM fest (Bescheide vom 14. September 1988), die Einkommensteuer für 1984 (Bescheid vom 14. September 1988) setzte es - unter Berücksichtigung eines Verlustrücktrages - auf 13.630 DM, die Einkommensteuer für 1986 (Bescheid vom 12. Oktober 1988) auf 58.674 DM fest.

Zu dem vom Kläger eingeleiteten Einspruchsverfahren zog das FA die Ehefrau nach § 360 der Abgabenordnung (AO 1977) notwendig zum Verfahren hinzu. Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für 1984 und 1986 wies das FA hinsichtlich des Streitpunktes als unbegründet zurück.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) ebenfalls - mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 212 veröffentlichtem Urteil - als unbegründet ab.

Mit der - vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung - zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung). Bei der Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG sei nicht von der zivilrechtlichen Selbständigkeit der Geschäftsanteile auszugehen, sondern von der prozentualen Quote an Vermögen bzw. Erlös der Gesellschaft. § 17 EStG solle, wie auch verschiedene Vorschriften des Umwandlungs-Steuergesetzes, sicherstellen, daß die im Unternehmen vorhandenen stillen Reserven nicht der Besteuerung entzogen werden würden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. November 1992 VIII R 40/89, BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222). Die stillen Reserven hingen indessen in der Regel von der quotalen Beteiligung ab, weshalb der BFH in der vorgenannten Entscheidung im Leitsatz auch auf die v. H.-Sätze abstelle. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG gebiete keine Differenzierung danach, ob der Beteiligte selbst wesentlich beteiligt sei. Vielmehr rechne er die wesentliche Beteiligung uneingeschränkt dem unentgeltlichen Erwerber hinzu. Dies entspreche auch dem gesetzgeberischen Willen, die Besteuerung der stillen Reserven sicherzustellen. Im Streitfall müsse der geltend gemachte Verlust deshalb in voller Höhe anerkannt werden.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil des FG vom 15. September 1994 VI 149/92 aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1984 vom 14. September 1988 und für 1986 vom 12. Oktober 1988 i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 1992 einen Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG a. F. in voller Höhe anzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es schließt sich den Rechtsausführungen des FG im angefochtenen Urteil in vollem Umfang an.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat im Ergebnis zu Recht einen 1986 bzw. im Wege des Verlustrücktrags 1984 zu berücksichtigenden höheren Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 1 und 2 EStG verneint (§ 126 Abs. 4 FGO).

1. a) Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 v. H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als 1/4 unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war.

Veräußerungsverlust ist entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den die Anschaffungskosten und evtl. vom Veräußerer getragene Veräußerungskosten den Veräußerungspreis unterschreiten.

Das FG hat allerdings keine nachvollziehbaren Feststellungen zu diesen Tatbestandsmerkmalen des § 17 Abs. 1 EStG getroffen (vgl. zum Vorliegen eines materiell-rechtlichen Mangels bei fehlenden ausreichenden Feststellungen BFH-Urteil vom 8. Juni 1995 IV R 80/94, BFHE 178, 147, BStBl II 1995, 776, 778 a. E.), so u. a. zur Frage, ob der vom Kläger 1982 unentgeltlich erlangte Geschäftsanteil an der W-GmbH beim Rechtsvorgänger Teil einer innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Übertragung durch den Kläger im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung gewesen ist. Das FG hat darüber hinaus auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob überhaupt eine Veräußerung der Geschäftsanteile i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG durch den Kläger vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung wird der Tatbestand der Veräußerung nur im Fall einer entgeltlichen Übertragung erfüllt (vgl. BFH-Urteile vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630, 631, m. w. N.; vom 28. Februar 1990 I R 43/86, BFHE 160, 180, BStBl II 1990, 615, 616; vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648, 649; vom 17. Juli 1980 IV R 15/76, BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11). Ob bzw. welche Gegenleistung zwischen den am Übertragungsgeschäft Beteiligten vereinbart worden ist, läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. In dem - vom FG in Bezug genommenen - notariellen Vertrag über die Unternehmensübernahme durch Geschäftsanteilsübertragung vom 17. September 1985 ist unter Ziff. III hinsichtlich des Angebots auf Abtretung der restlichen 10 v. H. der Beteiligung des Klägers ausdrücklich vereinbart worden, die Abtretung sei unentgeltlich. Das Angebot ist mit notarieller Urkunde vom 25. März 1986 laut Ziff. II "vollinhaltlich" angenommen worden. Bezüglich der zuvor erfolgten Übertragung von 90 v. H. der Beteiligung ist eine Gegenleistung dem notariellen Vertrag vom 17. September 1985 nicht zu entnehmen. Eine Übertragung eines wertlosen GmbH-Anteils ohne Gegenleistung zwischen Fremden kann freilich eine Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG unter den vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung genannten Voraussetzungen darstellen (vgl. dazu BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630, 631; BFH-Urteile vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158, 159; vom 25. Juli 1995 VIII R 25/94, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1996, 119, 121, m. w. N.; ferner Carl, Finanz-Rundschau - FR - 1992, 431 f.).

Das FG braucht sich darüber hinaus im Ergebnis nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob durch die Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens die Höhe der Beteiligung beeinflußt wird. Unbeschadet der Frage, ob die Voraussetzungen für ein kapitalersetzendes Darlehen vorlagen, bleibt davon die Höhe der Beteiligung des Klägers i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG unberührt. Ebensowenig wird dadurch eine "ähnliche" Beteiligung i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG begründet (vgl. BFH-Urteile vom 19. Mai 1992 VIII R 16/88, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902, 903; vom 18. Dezember 1990 VIII R 158/86, BFH/NV 1992, 15, 16).

Im Ergebnis zutreffend hat das FG indessen eine Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in dem von den Klägern begehrten erweiterten Sinne, daß eine Beteiligung, auch wenn sie i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG a. F. nicht wesentlich ist, diese Eigenschaft dadurch erlangt, daß einzelne, unentgeltlich erworbene Geschäftsanteile Bestandteil einer wesentlichen Beteiligung beim Rechtsvorgänger gewesen sind, abgelehnt.

Da der erkennende Senat - ebenso bereits das FG - daran gehindert ist, die Kläger gegenüber dem Zustand vor Klageerhebung schlechter zu stellen (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO; BFH-Urteile vom 31. Juli 1991 I R 57/90, BFH/NV 1992, 200, 201; vom 18. Dezember 1970 VI R 313/68, BFHE 102, 202, BStBl II 1971, 591, 593, m. w. N.; von Groll/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 96 Rz. 5), bedarf es im Revisionsverfahren keiner Zurückverweisung.

b) Das FG ist revisionsrechtlich fehlerfrei bei der Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG zu dem Ergebnis gelangt, daß nach dieser Vorschrift lediglich diejenigen Anteile entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerverhaftet sind, die von einem wesentlich beteiligten Rechtsvorgänger unentgeltlich erworben worden sind, nicht hingegen weitere eigene Anteile eines nicht wesentlich Beteiligten.

Dieses Ergebnis leitet sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ab. Es entspricht der Systematik sowie Sinn und Zweck des besonderen Besteuerungstatbestandes in § 17 Abs. 1 EStG, der grundsätzlich nur die Besteuerung wesentlich Beteiligter als besteuerungswürdig einstuft und schließlich wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG bestätigt.

aa) Ist der Inhaber von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft - wie im Streitfall nach mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG - selbst nicht wesentlich i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG beteiligt, fehlt eine entscheidende Voraussetzung für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen/-verlusten in der Person des Steuerpflichtigen. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG erfaßt seinem Wortlaut nach nur solche - veräußerten - Anteile, die der selbst nicht wesentlich beteiligte Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich von einem Rechtsvorgänger erworben hat, der seinerseits innerhalb dieses Zeitraums wesentlich beteiligt gewesen ist. Der Tatbestand erfaßt also - anders als § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG - nicht alle Anteile einer Beteiligung ("von Anteilen"), sondern nur die in besonders qualifizierter Weise erlangten Anteile. Er verweist ("so gilt Satz 1 entsprechend") auch nicht allgemein auf § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, sondern lediglich entsprechend auf die Rechtsfolge des Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift, wonach der Gewinn/Verlust aus der Veräußerung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört. Die Beteiligung bleibt eine unwesentliche Beteiligung. Es handelt sich um eine Rechtsfolgen- und nicht um eine Rechtsgrundverweisung. Der Veräußerer muß sich lediglich die Verhältnisse seines Rechtsvorgängers bezüglich der in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG bestimmten Anteile zurechnen lassen. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG ist objektbezogen (vgl. BFH-Urteile jeweils vom 13. Dezember 1989 I R 39/87, BFHE 159, 182, BStBl II 1990, 379, 381, und I R 40/87, BFHE 159, 185, BStBl II 1990, 381, 382).

bb) Die Regelung entspricht der Systematik des Steuertatbestandes in § 17 Abs. 1 EStG, der zwar an eine bestimmte Beteiligungsquote bei der Grundsatzentscheidung der Steuerwürdigkeit in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG anknüpft. Der Gesetzgeber sieht sie ab einer Beteiligung von mehr als 1/4 als gegeben an. Tatbestandlich bleibt jedoch der einzelne Anteil sowohl gesellschaftsrechtlich (§ 15 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -; Baumbach/Hück, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 15 Rdnr. 17) als auch nach § 17 Abs. 1 EStG steuerrechtlich selbständig (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693, 695; Beschluß vom 20. Dezember 1995 VIII B 83/95, BFH/NV 1996, 468, 469, ständige Rechtsprechung; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., § 17 Rz. 162). Übernimmt ein der Gesellschaft bereits angehörender Gesellschafter eine Stammeinlage auf das erhöhte Kapital, erwirbt er - abweichend von § 5 Abs. 2 GmbHG - einen weiteren Geschäftsanteil (vgl. § 55 Abs. 3 GmbHG; Baumbach/Hück, a. a. O., § 55 Rz. 27 und 28).

cc) § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG dient dem Zweck, Anteile eines wesentlich Beteiligten nicht aus der Steuerverhaftung allein dadurch zu entlassen, daß sie unentgeltlich übertragen werden. Hingegen soll nicht der Steuertatbestand über den Regeltatbestand hinaus dahingehend erweitert werden, daß der an sich unwesentlich beteiligte Erwerber nunmehr vermittels eines "infizierten" Anteils insgesamt einem wesentlich Beteiligten gleichgestellt werden würde (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 1988 IX R 149/83, BFHE 154, 93, BStBl II 1988, 942, 944; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rdnr. 48). Eine derartige Ausweitung des Steuertatbestandes wäre zudem verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt einer sachgerechten Durchführung einer Entscheidung zugunsten einer Besteuerung ebenso bedenklich wie eine extensive Auslegung. De Gesetzgeber hat - wie ausgeführt - die Grundregel, wonach Wertsteigerungen im Bereich des Privatvermögens nicht steuerpflichtig sind, erst ab einer bestimmten Beteiligungshöhe und nur unter der Prämisse für steuerbar erachtet, daß sich die wirtschaftliche Stellung eines wesentlich beteiligten Anteilseigners derjenigen von Mitunternehmern einer Personengesellschaft nähert (vgl. BFH-Urteil in BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222). Ein solcher Sachgrund bestünde indessen nicht schon deshalb, weil ein hinzuerworbener Anteil von einem wesentlich Beteiligten stammt, ohne daß der Steuerpflichtige selbst insgesamt eine solche qualifizierte Beteiligung innehat.

dd) Schließlich bietet die Entstehungsgeschichte des Satzes 4 in § 17 Abs. 1 EStG keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber einen derart weitreichenden Tatbestand hätte schaffen wollen. Die Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 28. Januar 1972 VIII R 4/66, BFHE 104, 300, BStBl II 1972, 322) hatte bereits vor Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1965, welches zur Einfügung u. a. des Satzes 4 führte, die Zwischenschaltung einer Schenkung bei Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung als einen Gestaltungsmißbrauch angesehen. Der Gesetzgeber hat die unentgeltliche Anteilsübertragung zur Vermeidung einer andernfalls bestehenden Einkommensteuerpflicht mißbilligt und die Umgehung der Steuerpflicht durch Abspaltung einer wesentlichen Beteiligung ausschließen wollen (vgl. BTDrucks. IV/2400, Begründung S. 69; BFHE 154, 93, BStBl II 1988, 942, 944, m. w. N.). Das Schrifttum vertritt ganz einheitlich dieses Auslegungsergebnis zu § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG (vgl. Schmidt, a. a. O., § 17 Rdnr. 88; Ebling in Blümich, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rdnr. 119; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 17 EStG Rdnr. 156; Hörger in Littmann/Bitz/Meincke, a. a. O., § 17 Rdnr. 46 und 48; Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 17 Rdnr. 76; Morsbach in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 17 Rdnr. 74 bis 76; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuergesetz, Einkommensteuergesetz, § 17 EStG Rdnr. 30; Gail/Düll/Schubert, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1991, 553; Ott, GmbHR 1994, 524, 526; derselbe GmbHR 1995, 567, 573; Littmann, Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A - DStZ/A - 1966, 120, 125 sub Ziff. 4).

c) Zu Unrecht führt die Revision das Urteil des erkennenden Senats in BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, 223 als Beleg für das von ihr gewünschte weitere Auslegungsergebnis an. Der erkennende Senat hat - wie das FG in dem angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - in diesem Urteil weder zu der streitgegenständlichen Bestimmung in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG noch zu einem mit dem Streitfall überhaupt vergleichbaren Tatbestand entschieden. Die Entscheidung befaßt sich ausschließlich mit den Fragen, ob ein Steuerpflichtiger, der in der Zeitspanne von fünf Jahren vor der Veräußerung von Anteilen einmal selber wesentlich beteiligt gewesen ist, auch noch hinsichtlich der veräußerten Anteile nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerpflichtig bleibt, wenn er vor oder nach einer Kapitalerhöhung nur zu 25 v. H. beteiligt war (vgl. dazu die Anmerkung von L. Schmidt in FR 1994, 158, und die Besprechung von Paus, FR 1994, 350, der das Ergebnis jener Entscheidung allerdings ablehnt). Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach der Mehrwert von Anteilen stets dann steuerlich von § 17 EStG erfaßt wird, wenn der Steuerpflichtige in dem maßgebenden Fünf- Jahreszeitraum überhaupt einmal wesentlich beteiligt gewesen ist, unbeschadet der Frage, ob sich der Mehrwert konkret in einem Zeitraum gebildet hat, in welchem der Steuerpflichtige noch nicht oder nicht mehr wesentlich beteiligt war (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312, 314, und Anmerkung in HFR 1996, 499, mit umfangreichen Nachweisen). Ein derartiger vergleichbarer Sachverhalt ist indessen im Streitfall nicht gegeben.