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  BFH-Beschluß vom 28.10.1997 (VII R 4-7/97) BStBl. 1998 II S. 35

Fahrzeuge zur Reinigung der unter Straßen befindlichen Straßenentwässerungseinrichtungen dienen der "Reinigung von Straßen". Das Halten von Fahrzeugen, die äußerlich erkennbar hierzu bestimmt sind, ist bei ausschließlicher Verwendung zu diesem Zweck weiterhin kraftfahrzeugsteuerfrei.

KraftStG 1994 § 3 Nr. 4.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1997, 307)

Entscheidungsgründe

Der Senat hält einstimmig die Revisionen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. ... (Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

Der Senat hält indessen, unter Absehen von einer weiteren Begründung, die Darstellung der folgenden Erwägungen für veranlaßt:

1. Zu billigen ist die Rechtsauffassung der Vorinstanz (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 307 f.), daß das Halten der vier Kanalreinigungs- und Hochdruckspülfahrzeuge (mit Wasserrückführungstechnik) der revisionsbeklagten Stadt kraftfahrzeugsteuerfrei ist gemäß § 3 Nr. 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung.

Der Begriff "Reinigung von Straßen" (§ 3 Nr. 4 KraftStG) kann sowohl in einem engeren Sinne - bezogen nur auf die Straßenoberfläche - verstanden werden (so die Finanzverwaltung) als auch in einem weiteren, den Straßenuntergrund einschließlich der Entwässerungsanlagen umfassenden Sinne (so die Vorinstanz unter Heranziehung irrevisiblen Landesrechts, hier § 2 Abs. 2 Nr. 1 des nordrhein-westfälischen Straßen- und Wegegesetzes i. d. F. vom 23. September 1995, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1995, 1028). Maßgebend ist die Auslegung, die dem im Wortlaut des Gesetzes in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht (z. B. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84, BFHE 150, 130, 132 f., BStBl II 1987, 670, m. w. N.). Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist einer großzügigen Begriffsauslegung der Vorzug zu geben.

Begünstigter Zweck war ursprünglich die Fahrzeugverwendung "zur Reinigung von Straßen oder Abwasseranlagen" (§ 3 Nr. 4 Buchst. a KraftStG 1979 in der bis einschließlich 1990 geltenden Fassung = § 2 Nr. 3 a KraftStG 1972 i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1978, BGBl I 1978, 2063, BStBl I 1979, 65; dazu amtliche Begründung in BTDrucks 8/1679, S. 17). Dieser Befreiungstatbestand entfiel zunächst mit Wirkung ab 1. Januar 1991 (Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 15 Abs. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 vom 20. Dezember 1988, BGBl I 1988, 2262, BStBl I 1989, 19). Rückwirkend zum 1. Januar 1991 wurde die Steuerbefreiung - beschränkt auf die Verwendung zur Reinigung von Straßen - wieder eingeführt (Art. 11 des Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 25. August 1992, BGBl I 1992, 1548, BStBl I 1992, 552, 567), nachdem festgestellt worden war, daß die Abschaffung dieser Steuerbegünstigung nicht gerechtfertigt war (BTDrucks 12/2691, S. 2 f. - Vorschlag des Bundesrats). Die Steuerbegünstigung für die Verwendung zur Straßenreinigung ist damit in vollem Umfang wiederhergestellt worden; nur für die Reinigung von Abwasseranlagen verblieb es beim Wegfall der Begünstigung entsprechender Fahrzeugverwendungen.

Hinsichtlich des - wieder - begünstigten Zwecks ist zu berücksichtigen, daß zur Straßenreinigung auch die Reinigung von unter den Straßen befindlichen Kanalisationsanlagen und von Sinkkästen gerechnet wurde (vgl. Egly/Mösslang, Kraftfahrzeugsteuer, 3. Aufl. 1981, S. 167). Dem liegt zugrunde, daß auch die sog. polizeimäßige Straßenreinigung (neben der "verkehrsmäßigen" Reinigung; zur Unterscheidung BFH, Urteil vom 2. August 1972 II R 43/71, BFHE 106, 565, 569, BStBl II 1972, 867) als begünstigt und die Kanäle unter der Straße als deren "wesentlicher Bestandteil" angesehen wurden (zu letzterem schon Reichsfinanzhof - RFH -, Urteil vom 15. April 1930 II A 225/30, RStBl 1930, 320). Diese - nach Ansicht des Senats zutreffende - Betrachtungsweise war durch die frühere Erweiterung der Begünstigung auf Fahrzeugverwendungen zur Reinigung von Abwasseranlagen (§ 3 Nr. 4 Buchst. a KraftStG 1979) nicht in Frage gestellt worden. Durch die Einbeziehung dieses Zwecks sollten lediglich Zweifelsfragen - z. B. wegen Befreiung auch bei Fahrzeugeinsatz außerhalb des Straßennetzes - behoben werden (Egly/Mösslang, a. a. O.). Entgegen der von der Finanzverwaltung vertretenen Meinung rechtfertigt der Wegfall dieser Begünstigung es nicht, den Begriff "Reinigung von Straßen" einzuengen und ihn lediglich auf die Reinigung der Straßenoberfläche zu beziehen. Die gestrichene Steuerbefreiung für die Verwendung zur Reinigung von Abwasseranlagen betraf nur die Nutzung zur Säuberung von Anlagen, die nicht Straßenbestandteil waren. Im übrigen gilt die fortbestehende Steuerbefreiung für das Halten von Straßenreinigungsfahrzeugen, die ihrem Sinn nach auch Fahrzeuge der hier vorliegenden Art begünstigt.

2. Aufgrund der Vorentscheidungen ist auch davon auszugehen, daß die Fahrzeuge "ausschließlich" zum steuerbegünstigten Zweck verwendet werden und daß sie äußerlich als dafür bestimmt erkennbar sind (§ 3 Nr. 4 Satz 2 KraftStG). Die Finanzverwaltung stellt die ausschließliche Verwendung für die Straßenreinigung in Frage und verweist auf die Rechtsprechung des RFH (a. a. O.), nach der die Steuerfreiheit voraussetzt, daß praktisch nur die von der Straßenoberfläche in die Kanalisation gelangten Stoffe, nicht aber auch Zuführungen durch Haus-Kanalanschlüsse, beseitigt werden. Wortlaut und Zweck der geltenden Steuerbefreiungsvorschrift gebieten eine entsprechende Einschränkung indes nicht. Begünstigt ist das Halten von Fahrzeugen, durch deren Verwendung die Straßen "in Ordnung gehalten werden" (Egly/Mösslang, a. a. O., S. 166). Ob die zu beseitigenden Stoffe ohne menschliches Zutun oder durch willkürliches - erlaubtes oder verbotenes - Handeln auf oder unter die Straße gelangt sind, macht für die Zweckerfüllung keinen Unterschied. In jedem Falle werden die Stoffe von der Straße durch "Straßenreinigung" entfernt. Es bedarf mithin nicht der von der Finanzverwaltung vermißten Feststellung, ob die Fahrzeuge nur zur Säuberung der der "eigentlichen Straßenentwässerung" dienenden Teile der Kanalisationsanlagen eingesetzt werden. Selbst dann, wenn auch durch Hausanschlüsse in die Kanalisation gelangte Stoffe mitentfernt würden (was nach dem Vorbringen der Klägerin infolge Trennung der Entwässerungssysteme ausgeschlossen ist), handelte es sich ausschließlich um Straßenreinigung. ...