| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 14.8.1997 (III R 68/96) BStBl. 1998 II S. 241

1. § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 (nunmehr § 33a Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz EStG) trifft eine grundsätzlich autonome steuerrechtliche Regelung der Voraussetzungen der Zwangsläufigkeit von Unterhaltszahlungen; die bürgerlich-rechtliche Belastung des Steuerpflichtigen durch Unterhaltspflichten ist steuerlich nicht unmittelbar maßgebend.

2. Nicht "gering" i. S. des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 kann auch Vermögen sein, das keine nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 anzurechnenden Einkünfte abwirft.

3. Vermögen ist im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG auch zu berücksichtigen, wenn es von einem Unterhaltsberechtigten, der sonst dauerhaft außerstande ist, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten, voraussichtlich für seinen künftigen Unterhalt benötigt wird.

EStG 1990 § 33a Abs. 1.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1997, 235)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gewährt seinem psychisch kranken volljährigen Sohn Unterstützung. Deswegen möchte er einen Freibetrag nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhalten. Der Sohn des Klägers besitzt jedoch Vermögen. Der Kläger gibt dazu an, seinem Sohn gehörten Wertpapiere im Wert von ca. 30.000 DM sowie eine fremdvermietete Eigentumswohnung. Sein Sohn sei jedoch aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage, zu arbeiten. Deshalb könne von ihm nicht verlangt werden, den Vermögensstamm für seinen Unterhalt einzusetzen. Die Wohnung sei im übrigen mit Grundpfandrechten in Höhe von 90.000 DM belastet, wobei dem Verbindlichkeiten aus der Bewirtschaftung seiner eigenen, des Klägers, Grundstücke zugrunde lägen. Der von seinem Sohn erzielte Mietzins sei gering; nach dessen Steuererklärung habe er im Streitjahr (1991) die Aufwendungen einschließlich Abschreibungen für Abnutzung nur um 4 DM überschritten. Auch die Einkünfte aus dem Wertpapiervermögen seien minimal.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte die Berücksichtigung eines Freibetrages, weil nur ein Vermögen bis zu einem gemeinen Wert von 30.000 DM als geringfügig anzusehen und deshalb nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 unberücksichtigt zu lassen sei.

Die Klage ist durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 235 veröffentlichte Urteil des Finanzgerichts (FG) abgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des Klägers, die im wesentlichen folgendermaßen begründet wird:

Es verfehle das gesetzgeberische Ziel, wenn unter dem Merkmal des geringen Vermögens generalisierend eine rein objektive Wertgröße verstanden werde. Auch für die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR), die vorschrieben, in die Wertgrenze von 30.000 DM bestimmte Vermögensgegenstände nicht einzurechnen, zähle nur Vermögen, das zumutbar verwertet werden könne. Die Zumutbarkeit sei jedoch eine nur individuell bestimmbare Anforderung. Die Beachtung des Zumutbarkeitsgesichtspunktes stehe mit dem Gesetz in Einklang. Die Zwangsläufigkeit als Merkmal einer außergewöhnlichen Belastung hänge von der individuellen Lage sowohl des Zuwendenden als auch des Zuwendungsempfängers ab. Eine Wertgrenze könne nur für den Regelfall gelten. Ein Regelfall liege jedoch bei dem Kläger nicht vor. Denn das Vermögen des Sohnes solle diesem für die Zukunft eine Sicherheit bieten, wenn die Unterhaltsleistungen des Vaters wegfallen. Der Wert der Wohnung spiele somit keine Rolle. Im übrigen würde die Verwertung der Wohnung angesichts ihrer Belastung mit Grundpfandrechten aber auch zu einer Verschleuderung führen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1991 einen Unterhaltsfreibetrag von 5.400 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Unterhaltsfreibetrages nach § 33a Abs. 1 EStG nicht für gegeben erachtet.

1. Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der einem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsenden Aufwendungen für den Unterhalt einer Person, für die weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag hat, ist nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 7. September 1990 (BGBl I 1898, BGBl I 1991, 808; vgl. jetzt § 33a Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz EStG n. F.) u. a., daß die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Diese Bestimmung steht neben der Vorschrift des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG, nach der zur Bestreitung des Unterhalts bestimmte oder geeignete Einkünfte oder Bezüge der unterhaltenen Person den - für den hier streitigen Veranlagungszeitraum maßgeblichen - Unterhaltsfreibetrag von 5.400 DM für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, vermindern, soweit sie einen Betrag von 4.500 DM übersteigen. Aus diesem Nebeneinander der Sätze 2 und 3 des § 33a Abs. 1 EStG hat das FG mit Recht gefolgert, daß die Berücksichtigung eines nicht nur geringen Vermögens der unterhaltenen Person selbständig neben die in Satz 3 vorgeschriebene Anrechnung von Einkünften und Bezügen derselben tritt und daß das Gesetz offensichtlich - seinem Wortlaut entsprechend - mit einem "geringen Vermögen" ein Vermögen von einem bestimmten Wert ungeachtet der durch seinen Einsatz von der unterhaltenen Person erzielten oder erzielbaren Erträge meint.

Es wäre auch nicht sachgerecht, bei der steuerlichen Berücksichtigung der dem Steuerpflichtigen erwachsenden Unterhaltsaufwendungen allein auf die möglichen oder gar auf die tatsächlich angefallenen Erträgnisse des Vermögens abzustellen. Denn das Merkmal des Fehlens eines mehr als geringen Vermögens konkretisiert typisierend, was § 33a Abs. 1 EStG mit der Zwangsläufigkeit der von dem Steuerpflichtigen erbrachten Unterhaltsleistungen meint (vgl. u. a. Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 33a RdNr. B 114). Zwangsläufig können Unterhaltsaufwendungen jedoch nur sein, wenn die unterhaltene Person unfähig ist, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Ob das der Fall ist, hängt nicht allein von ihren Einkünften und Bezügen ab; auch wenn sie damit ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten kann, ist es ihr, wenn sie vermögend ist, im allgemeinen möglich, dies durch die Verwertung des Vermögens zu tun. Das bürgerliche Unterhaltsrecht mutet es einem Unterhaltsberechtigten auch grundsätzlich zu, sein Vermögen ggf. durch Substanzverbrauch für seinen Unterhalt einzusetzen (§§ 1602 Abs. 1, 1577 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -); es schont bei einer volljährigen Person - wie dem Sohn des Klägers - den Vermögensstamm grundsätzlich nicht (vgl. § 1602 Abs. 2 BGB, für den Geschiedenenunterhalt jedoch § 1577 Abs. 3 BGB). Hat ein volljähriger Unterhaltsberechtigter also Vermögen, beruhen gleichwohl erfolgende Unterhaltszahlungen an ihn im allgemeinen nicht auf einer bürgerlich-rechtlichen Verpflichtung und sind nicht zwangsläufig.

Die in § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG getroffene Regelung über die Berücksichtigung von Vermögen korrespondiert mit dieser bürgerlichen Rechtslage. Die bürgerlich-rechtliche Belastung des Steuerpflichtigen durch Unterhaltspflichten ist steuerlich indes nicht als solche unmittelbar maßgebend (a. A. Arndt, a. a. O., RdNr. B 117). § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG trifft eine grundsätzlich autonome steuerrechtliche Regelung der Voraussetzungen der Zwangsläufigkeit von Unterhaltszahlungen, wenn diese auch ihre Rechtfertigung und ihren sachlichen Grund im Zivilrecht findet.

Die Eigenständigkeit der steuerrechtlichen Regelung gegenüber dem bürgerlichen Unterhaltsrecht zeigt sich schon darin, daß das BGB den Begriff des geringen Vermögens im Unterhaltsrecht nicht verwendet. Auch Rechtsprechung und Schrifttum zum Unterhaltsrecht stellen nicht alleinentscheidend darauf ab, ob der Unterhaltsberechtigte nur ein geringes Vermögen besitzt, sondern lassen Ausnahmen von dem Grundsatz, daß nicht unterhaltsbedürftig ist, wer von der Substanz seines Vermögens leben kann, aufgrund einer umfassenden Abwägung der Interessen des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten nach den Umständen des einzelnen Falles zu (vgl. Köhler in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl., § 1602 RdNr. 8, mit Nachw. für den Kindesunterhalt; für den Anwendungsbereich des § 1577 Abs. 3 BGB und für den Unterhalt bei Getrenntleben von Eheleuten nach § 1361 BGB bestehen diesbezüglich ausdrückliche gesetzliche Vorgaben). Diese umfassende Bewertung der betroffenen Interessen bei der steuerlichen Veranlagung des Unterhaltsverpflichteten nachzuvollziehen, würde das steuerliche Verfahren mit unangemessenen Schwierigkeiten belasten und zudem ein Eindringen in die persönlichen Verhältnisse der vom Steuerpflichtigen unterhaltenen Person erfordern. Dies hat der Gesetzgeber des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG vermieden, indem er vereinfachend auf den Wert des Vermögens der unterhaltenen Person abstellt.

Die Eigenständigkeit dieser steuerrechtlichen Regelung des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG wird dadurch unterstrichen, daß diese Vorschrift trotz der insoweit abweichenden Regelungen der §§ 1602 Abs. 2, 1577 Abs. 3 BGB zwischen volljährigen Kindern und sonstigen kraft Verwandtschaft Unterhaltsberechtigten einerseits - bei welchen die Vorschrift freilich in erster Linie anzuwenden sein wird - und minderjährigen unverheirateten Kindern sowie dem geschiedenen Ehegatten des Steuerpflichtigen andererseits bei der Vermögensanrechnung keinen Unterschied macht. Es kann dabei offenbleiben, ob § 33a Abs. 1 EStG im Hinblick auf die Berücksichtigung eines nicht nur geringen Vermögens der unterhaltenen Person unter Berücksichtigung der vorgenannten Vorschriften des BGB unter Umständen korrigierend auszulegen ist (dagegen Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, 20. Aufl., § 33a EStG RdNr. 105; s. hingegen Arndt, a. a. O., RdNr. B 117). Der Steuergesetzgeber ist jedenfalls grundsätzlich zu einer gegenüber dem bürgerlichen Recht vereinfachenden Regelung mit Rücksicht auf verfahrensökonomische Belange und Einfachheit in der Bestimmung des steuerlichen Belastungsgrundes berechtigt; denn er ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Ausgestaltung der Regelungen über die steuerliche Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen das bürgerliche Unterhaltsrecht gleichsam abzubilden oder auf dieses zu verweisen (Urteil des Senats vom 15. Mai 1997 III R 4/96, BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720) und damit allen Besonderheiten der Belastungssituation im Einzelfall gerecht zu werden.

2. Bis zu welchem Betrag ein Vermögen i. S. des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG nur gering ist, brauchte die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht abschließend zu entscheiden. In dem Urteil vom 4. April 1986 III R 19/85 (BFHE 148, 132, BStBl II 1987, 127) hat der erkennende Senat ein Barvermögen von gut 3.000 DM als jedenfalls noch gering bezeichnet. Er hat dahinstehenlassen, ob die darüber wesentlich hinausgehende Auffassung der Finanzverwaltung zutrifft, die - seit dem Jahre 1975 unverändert (vgl. schon LStR 1975 Abschn. 67 Abs. 2 Satz 4; bis dahin galt ein Betrag von 15.000 DM) - ein Vermögen von bis zu 30.000 DM "in der Regel" als ein noch geringes Vermögen ansieht. Der Senat brauchte auch nicht zu der Richtlinienregelung Stellung zu nehmen, nach der zusätzlich - in Anlehnung an § 88 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) - bestimmte für die private Lebensführung eingesetzte Vermögensgegenstände sowie nur durch "Verschleuderung" verwertbares Vermögen unberücksichtigt zu lassen sind (vgl. Abschn. 190 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -; Abschn. 96 Abs. 4 Sätze 4 und 5 LStR 1993).

Das Schrifttum tritt dieser Gesetzeshandhabung der Verwaltung im allgemeinen nicht entgegen (vgl. u. a. Arndt, a. a. O.; Frost in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a RdNr. 14; Öpen in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 33a EStG RdNr. 106) oder billigt sie ausdrücklich (Fitsch in Lademann/Söffing, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a RdNr. 43, der allerdings unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1953 IV 503/52 U, BFHE 57, 737, BStBl III 1953, 281 Kindesvermögen offenbar in noch weitergehendem Umfang schonen will). Im neueren Schrifttum ist der Höchstbetrag von 30.000 DM jedoch vereinzelt als nicht mehr ausreichend angesehen worden, weil er seit 1975 nicht "fortgeschrieben" worden sei (Schmieszek in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a RdNr. 84). Auch nach Ansicht des FG Düsseldorf (Urteil vom 27. Oktober 1995 14 K 2060/95 E, EFG 1996, 59) ist für die Veranlagungszeiträume 1992 und 1993 ein höherer Betrag, nämlich ein Betrag von bis zu 80.000 DM, noch als geringes Vermögen anzusehen.

Der Streitfall verlangt indes keine abschließende Erörterung der Frage, ob die von der Finanzverwaltung in Abschn. 190 Abs. 4 EStR, Abschn. 96 Abs. 4 Sätze 4 und 5 LStR getroffene gesetzesauslegende Regelung grundsätzlich oder jedenfalls im Hinblick auf die Geldwertentwicklung im Streitjahr zu beanstanden ist. Allerdings neigt der erkennende Senat zu der Ansicht, daß trotz der seit 1975 eingetretenen Geldentwertung ein Betrag von 30.000 DM nicht die Grenze unterschreitet, bis zu der nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG im Streitjahr 1991 Vermögen als gering unberücksichtigt zu bleiben hatte. Ein solches Vermögen macht immerhin ein Mehrfaches des zur Sicherung des Existenzminimums jährlich Benötigten aus und stellt allemal einen "Notgroschen" dar, der den Unterhaltsberechtigten in die Lage versetzt, eine unvorhergesehene Bedarfslage aus eigener Kraft zu bewältigen. Ein Betrag von mehr als 30.000 DM wäre hingegen nicht nur nach dem allgemeinen Sprachverständnis kaum als "gering" anzusehen; auch Sinn und Zweck der steuerrechtlichen Vermögensanrechnung, die vereinfachend die bürgerlich-rechtliche Unterhaltsbelastung des Steuerpflichtigen berücksichtigen soll, dürften es nicht gebieten, einen höheren Betrag anzusetzen. Der nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG hinsichtlich der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person nicht zu berücksichtigende Betrag ergibt allerdings entsprechend § 12 Abs. 3 Satz 2 des Bewertungsgesetzes nach Maßgabe eines erzielbaren Zinses von 5,5 % kapitalisiert einen deutlich höheren Betrag als 30.000 DM (vgl. FG Düsseldorf in EFG 1996, 61). Das ist in diesem Zusammenhang jedoch ohne entscheidende Bedeutung. Denn auch wenn ein Vermögen so gering ist, daß es keine nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG anzurechnenden Einkünfte abwirft oder bei entsprechender Anlage abwerfen würde, kann seine Substanz verwertet werden und muß sie, wie dargelegt, nach bürgerlichem Recht jedenfalls von einem volljährigen, kraft Verwandtschaft Unterhaltsberechtigten grundsätzlich verwertet werden, bevor Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden können. Nach bürgerlichem Recht nicht geschuldeter Unterhalt kann jedoch nicht als i. S. des § 33a Abs. 1 EStG (aus rechtlichen Gründen) zwangsläufig angesehen werden. Ein durch eine entsprechende Auslegung des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG zu bereinigender unerträglicher (Wertungs-)Widerspruch zwischen der Strenge, mit der das Gesetz Vermögen zu berücksichtigen vorschreibt, und dem gesetzlich festgesetzten Betrag nicht anzurechnender Einkünfte und Bezüge von 4.500 DM besteht nicht. Die - gemessen am bürgerlichen Recht großzügig geregelte - Anrechnungsfreiheit von Einkünften und Bezügen dürfte sich rechtfertigen lassen, ohne daß sie die Anrechnungsfreiheit entsprechender Vermögensbeträge zur Folge haben müßte.

3. Diese Fragen können indes letztlich unentschieden bleiben, weil der Sohn des Klägers nicht nur ein Vermögen von über 30.000 DM, sondern ein noch erheblich größeres Vermögen besitzt.

Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich sinngemäß die den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindende Feststellung, daß das Vermögen des Sohnes des Klägers sich auf (mindestens) 120.000 DM beläuft. Der Sohn des Klägers besitzt nämlich außer einem jederzeit verwertbaren Wertpapiervermögen von 30.000 DM nach den Feststellungen des FG eine Eigentumswohnung, deren Wert das FG sinngemäß mit mindestens 90.000 DM angenommen hat. An der Vertretbarkeit dieses Wertansatzes ändert es nichts, daß die Wohnung mit einem Grundpfandrecht belastet ist. Denn abgesehen davon, daß der Kläger die von ihm geltend gemachte außergewöhnliche Belastung durch Unterhaltszahlungen zugunsten seines Sohnes insoweit dadurch hätte abwenden können, daß er dessen Eigentumswohnung freigibt, wird das betreffende Wohnungseigentum durch seine dingliche Belastung nicht zu einem nur nominellen, nicht werthaltigen Vermögensgegenstand. Da das Grundpfandrecht nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Forderungen sichert, die sich gegen den Kläger richten, hat dessen Sohn auf die Freigabe der Wohnung Anspruch. Denn ein Rechtsgrund für die Belastung seines Vermögens zur Sicherung von Schulden seines Vaters besteht offenkundig nicht. Er ergibt sich jedenfalls nicht etwa daraus, daß dieser ihm in der Vergangenheit Unterhalt geleistet haben mag; denn selbst wenn der Kläger die Rückzahlung solchen seinem Sohn bisher geleisteten Unterhalts sollte verlangen können, weil dieser wegen seines Vermögens keinen Unterhaltsanspruch hatte (vgl. jedoch § 814 BGB), begreift sich, daß der Kläger eine dingliche Sicherung eines solchen Anspruchs, dessen er sich offenbar berühmen will, durch Zugriff auf das Vermögen seines Sohnes nicht beanspruchen könnte.

Daß ein solches Vermögen von (mindestens) 120.000 DM dem Betrage nach gering ist, will offenbar auch die Revision nicht geltend machen. Es bedarf auch keiner weiteren Ausführung, daß dies weder nach dem Wortlaut des Gesetzes ernstlich in Betracht kommen könnte noch nach seinem Sinn und Zweck, der sich, wie dargelegt, aus dem bürgerlichen Unterhaltsrecht ergibt und der Unterhaltszahlungen an einen vermögenden Verwandten steuermindernd zu berücksichtigen im allgemeinen nicht gestattet.

4. Ein geringes Vermögen kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht in einem Fall wie dem vorliegenden aufgrund der Überlegung angenommen werden, der Kläger entspreche einer sittlichen Pflicht, wenn er seinem kranken Sohn Unterhalt leiste und diesen nicht auf sein Vermögen verweise. Denn aufgrund einer sittlichen Pflicht i. S. des § 33 Abs. 2 EStG und damit zwangsläufig i. S. des § 33a Abs. 1 EStG handelt nur, wer sich einer unabwendbaren Verpflichtung gegenübersieht, die ähnlich einer Rechtspflicht von außen her als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft derart auf den Steuerpflichtigen einwirkt, daß ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Mißachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig angesehen wird (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 24. Juli 1987 III R 208/82, BFHE 150, 351, BStBl II 1987, 715, und vom 27. Oktober 1989 III R 205/82, BFHE 158, 431, BStBl II 1990, 294). Es ist indes nicht sittlich anstößig und wird von der Gemeinschaft nicht mit Sanktionen im gesellschaftlichen Bereich beantwortet, wenn ein Unterhaltsverpflichteter von dem Unterhaltsberechtigten die Erfüllung seiner bürgerlich-rechtlichen Obliegenheiten und damit die vorrangige Verwertung dessen eigenen Vermögens verlangt und erst, sollte dieses erschöpft sein, selbst mit Unterhaltsleistungen eintritt.

Etwas anderes gilt auch nicht dann, wenn nicht auszuschließen oder sogar zu erwarten ist, daß der Unterhaltsberechtigte - wie offenbar der Sohn des Klägers infolge seines psychischen Zustandes - dauerhaft nicht in der Lage ist, seinen Unterhalt anders als durch Vermögenserträge selbst zu bestreiten. Auch in diesem Fall ist sein Vermögen steuerrechtlich nicht etwa für den Fall zu schonen, daß er den Unterhaltsverpflichteten überlebt und nicht z. B. im Erbwege ausreichende Vermögensgegenstände erhält, durch die sein künftiger Unterhalt gesichert ist. Denn solche ungewissen zukünftigen Ereignisse lassen sich im Besteuerungsverfahren nicht mit gehöriger Sicherheit feststellen oder voraussagen und ihre steuerliche Berücksichtigung würde die Steuerfestsetzung ebenfalls mit vom Gesetzgeber offenkundig nicht gewollten Schwierigkeiten belasten. Überdies wurden die von der Revision in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen zur Erforderlichkeit einer Zukunftssicherung des Unterhaltsberechtigten durch Erhaltung seines Vermögens, konsequent zu Ende geführt, die Folge haben, daß von dessen Vermögen bei der Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG soviel steuerlich unberücksichtigt zu lassen ist, daß er nach dem Wegfall der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen und ggf. anderer Unterhaltsverpflichteter seinen Unterhalt noch bestreiten kann; das müßte in der Regel mehr als nur ein "geringer" Betrag sein, den unberücksichtigt zu lassen dem Wortlaut des Gesetzes ebenso wie seinem Sinn widerspräche.

Auch das Sozialhilferecht läßt im übrigen vorhandenes Vermögen nicht deshalb außer Ansatz, weil es voraussichtlich für den zukünftigen Unterhalt des Hilfebedürftigen benötigt wird. Soweit das BSHG das selbstgenutzte ("angemessene") Wohnhaus schont (zu den steuerrechtlichen Folgerungen aus dieser gesetzgeberischen Entscheidung s. das BFH-Urteil vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104), geschieht dies vielmehr in erster Linie, um dem Bedürftigen seine private Lebensumwelt zu erhalten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 4. September 1979 7 RAr 115/78, BSGE 49, 30; Schellhorn in Schellhorn/Jirasek/Seipp, Kommentar zum Bundessozialhilfegesetz, 14. Aufl. 1993, § 88 RdNr. 55), nicht um ihm Vermögen zu belassen, damit er daraus seinen künftigen Unterhaltsbedarf bestreiten kann. Ebensowenig wie das bürgerliche Unterhaltsrecht kann überdies das Sozialhilferecht für die Bestimmung dessen, was ein geringes Vermögen i. S. des § 33a Abs. 1 EStG ist, unmittelbar herangezogen werden. Mit seinen in § 88 BSHG und in der zu dessen Abs. 2 Nr. 8 ergangenen Durchführungs-Verordnung (BGBl I 1988, 150 mit späteren Änderungen) enthaltenen Vorschriften über Vermögen, das vom Hilfebedürftigen nicht verwertet werden muß und dessen (öffentlich-rechtlichen) Hilfeanspruch daher nicht ausschließt, verfolgt es nicht ohne weiteres gleiche Ziele wie das EStG, das sich unbeschadet der Eigenständigkeit seiner Regelung insoweit an den bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen orientiert. Insbesondere der die Regelungen des Sozialhilferechts prägende Gedanke, die Fähigkeit und Bereitschaft des Hilfesuchenden zu erhalten und zu fördern, sich möglichst weitgehend selbst helfen zu können und möglichst bald wieder ohne Sozialhilfe seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, kann für die Besteuerung eines unterhaltspflichtigen Steuerpflichtigen nicht den Ausschlag geben. Denn diese muß sich entscheidend an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen orientieren; die Leistungsfähigkeit in dem insoweit maßgeblichen Sinne wird jedoch durch Unterhaltsverpflichtungen nur gemindert, wenn sie unausweichlich sind und der Gewährleistung des Existenzminimums nach bürgerlichem Recht unterhaltsberechtigter Personen dienen.