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  BFH-Beschluß vom 22.4.1998 (XI R 96/96) BStBl. 1998 II S. 475

Der XI. Senat legt dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:

Ist die entgeltliche Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis als Veräußerung i. S. des § 18 Abs. 3 EStG zu beurteilen?

EStG § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1997, 342)

Sachverhalt

A. Sachverhalt, Vorentscheidung und Stellungnahme des IV. Senats

Die Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger führte bis zum 31. März 1989 eine Einzelpraxis als Internist. Zum 1. April 1989 gründete er mit Herrn Dr. W eine Gemeinschaftspraxis. Der Kläger brachte die ihm gehörenden Gegenstände der Einzelpraxis in die Gemeinschaftspraxis ein. W zahlte dem Kläger entsprechend § 8 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags 150.000 DM als Gegenleistung für die Hälfte des Werts der eingebrachten Gegenstände und die Hälfte des ideellen Praxiswerts. In dem Feststellungsbescheid vom 1. Juni 1993 rechnete der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) dem Kläger einen Gewinnanteil von 168.934 DM zu. Die Feststellungen des Feststellungsbescheides vom 1. Juni 1993 wurden im Einkommensteuerbescheid vom 16. Juni 1993 berücksichtigt. Auf Einspruch wurde der Feststellungsbescheid durch den Feststellungsbescheid vom 7. Juni 1994 geändert; es wurde dem Kläger nur noch ein Gewinnanteil von 18.934 DM zugerechnet. Unter dem 23. Juni 1994 erging ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 174 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderter Einkommensteuerbescheid. Der Anteil am laufenden Gewinn der Gemeinschaftspraxis wurde mit 18.934 DM angesetzt. Die Ausgleichszahlung von 150.000 DM wurde als laufender Gewinn der Einzelpraxis behandelt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt; das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 342 veröffentlicht. Der Einkommensteuerbescheid habe gemäß § 174 Abs. 3 AO 1977 geändert werden dürfen. Jedoch - so das FG unter Berufung auf Reiss in Kirchhof/Söhn (Einkommensteuergesetz, § 16, Rdnr. B 71 bis 73, C 66 bis 68) und auf Seeger, in Schmidt (Einkommensteuergesetz, - jetzt - 16. Aufl., 1997, § 18, Rz. 230, 231) - müsse der Gewinn in Höhe von 150.000 DM aus der hälftigen Übertragung der Einzelpraxis gemäß § 18 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG ermäßigt besteuert werden.

Gegen die Entscheidung hat das FA Revision eingelegt. Die Kläger haben sich der Revision angeschlossen.

Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes scheitere daran, daß bei der Übertragung des Anteils nicht alle stillen Reserven aufgedeckt worden seien, denn § 24 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG), der auch auf die Einbringung von freiberuflich betriebenen Praxen anzuwenden sei, verlange die Aufdeckung aller stiller Reserven (Urteil des FG Düsseldorf vom 26. September 1995 14 K 1772/92 E, EFG 1996, 180). Im Streitfall sei weder das gesamte Betriebsvermögen mit seinem Teilwert in die Gemeinschaftspraxis eingebracht noch der Einbringungsgewinn auf der Grundlage einer Einbringungs- oder einer Eröffnungsbilanz ermittelt worden. Diese Voraussetzung sei auch für den Fall der Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Personengesellschaft unabdingbare (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1979 IV R 69/74, BFHE 129, 380, BStBl II 1980, 239, und vom 5. April 1984 IV R 88/80, BFHE 141, 27, BStBl II 1984, 518). Für eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei angesichts der Regelung des § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG kein Raum.

Im Hinblick auf die Anschlußrevision der Kläger ist das FA der Auffassung, daß der Bescheid bereits gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 habe geändert werden können (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1986 IV R 175/84, BFHE 148, 119, BStBl II 1987, 89), so daß eine Anwendung des § 174 Abs. 3 AO 1977 dahinstehen könne.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlußrevision der Kläger zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision des FA zurückzuweisen und im Wege der Anschlußrevision das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 23. Juni 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 1995 die Einkommensteuer auf 74.870 DM herabzusetzen.

Zur Begründung ihrer Anträge tragen die Kläger im wesentlichen vor:

In bezug auf den Veräußerungsgewinn sei der Auffassung des FG zu folgen.

Das FA sei nicht berechtigt gewesen, den Änderungsbescheid auf § 174 Abs. 3 AO 1977 zu stützen. § 174 Abs. 3 AO 1977 setze voraus, daß ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar nicht berücksichtigt worden sei, weil er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei. Der Sachverhalt sei jedoch im Streitfall nicht seitens des FA unberücksichtigt gelassen, sondern entgegen der Rechtslage falsch gewürdigt; § 174 Abs. 3 AO 1977 könne daher keine Anwendung finden. Auch eine Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 komme insoweit nicht in Betracht.

Der vorlegende Senat hat mit Beschluß vom 27. August 1997 angefragt, ob der IV. Senat einer Abweichung von den Urteilen vom 26. Februar 1981 IV R 98/79 (BFHE 133, 186, BStBl II 1981, 568) und in BFHE 141, 27, BStBl II 1984, 518 zustimme. Der IV. Senat hat mit Beschluß vom 19. Februar 1998 IV ER - S - 1/97 entschieden, daß er an seiner bisherigen Rechtsauffassung mehrheitlich festhalte.

Die Mehrheit des IV. Senats sei zwar mit dem vorlegenden Senat der Auffassung, daß die Aufnahme eines Partners in eine bestehende Einzelpraxis vom Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG nicht erfaßt werde; eine der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils entsprechende Beurteilung sei aber nicht möglich. Die Rechtsprechung stelle die Übertragung eines Bruchteils an einem Mitunternehmeranteil der Übertragung des Mitunternehmeranteils selbst gleich. Diese Rechtsprechung lasse sich allenfalls als Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen; sie könne nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf andere Sachverhalte ausgedehnt werden.

Auch lasse sich aus der Entstehungsgeschichte des § 16 EStG nicht dessen Lückenhaftigkeit ableiten. Der in § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1925 verwendete Begriff "Teil des Gewerbebetriebs" sei im Sinne von "Teilbetrieb" zu verstehen.

Eine Minderheit im IV. Senat hat sich hingegen der Auffassung des vorlegenden Senats angeschlossen. Die Einordnung der Teilveräußerung als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils könne nicht in Zweifel gezogen werden. Der IV. Senat selbst habe sie wiederholt bejaht (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 36/95, BFHE 182, 533, BStBl II 1997, 498). Im übrigen dürfe die Steuerbelastung nicht vom Formulierungsgeschick der Beteiligten abhängen.

Entscheidungsgründe

B. Rechtliche Würdigung durch den XI. Senat.

I. Revision des FA

Der Senat bejaht die Vorlagefrage und hält die Revision des FA für unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger einen Veräußerungsgewinn i. S. des § 18 Abs. 3 EStG erzielt hat, auf welchen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

1. Gemäß § 18 Abs. 3 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. Vergleichbar gehören gemäß § 16 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs (Nr. 1) oder des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (Nr. 2).

Im Streitfall ist W gegen Zuzahlung in die Praxis des Klägers eingetreten. Zivilrechtlich bedeutet dieser Vorgang die Gründung einer Personenhandelsgesellschaft, bei der der bisherige Praxisinhaber seinen Betrieb als Einlage in die Gesellschaft einbringt und zugleich einen Teil des Betriebs veräußert; die Einbringung auf Rechnung eines Dritten ist ein Veräußerungsvorgang (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1994 IV R 82/92, BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599).

2. Der Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG erfaßt nicht die Veräußerung eines nichtselbständigen Teils des Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient. Jedoch ist die Vorschrift auf diesen Veräußerungsfall entsprechend anzuwenden (vgl. Seeger, in Schmidt, a. a. O., § 18, Rz. 231; zur vergleichbaren Regelung in § 16 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG, Reiss in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 16, Rz. C 68; a. A. Urteil des FG Hamburg vom 11. Oktober 1996 V 59/95, EFG 1997, 542, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 1997, 154, Rev IV R 89/96).

a) Die gesetzliche Regelung ist planwidrig lückenhaft. § 18 Abs. 3 EStG erfaßt den Gewinn aus der Veräußerung des (ganzen) Vermögens oder eines Anteils am Vermögen; der zwischen diesen Fällen liegende Fall, nämlich die Veräußerung eines "Teils des ganzen Vermögens" ist hingegen nicht geregelt. Die Veräußerung eines Anteils am Vermögen und die Veräußerung eines Teils des ganzen Vermögens unterscheiden sich aber nur dadurch, daß im ersten Fall bereits mehrere Personen am Vermögen beteiligt sind. Der Gegenstand der Veräußerung ist derselbe; es handelt sich um einen Teil bzw. Anteil, nicht um einzelne Wirtschaftsgüter.

Während § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Veräußerungsgegenstand den Anteil eines Gesellschafters bezeichnet, nennt § 18 Abs. 3 EStG nur den Anteil am Vermögen. Wäre nicht § 18 Abs. 3 EStG als sprachlich verkürzte Fassung des § 16 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG zu verstehen (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407), könnte man daher bereits im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis gelangen, daß der "Anteil am Vermögen" auch den Teil des ganzen Vermögens umfaßt.

Die Lückenhaftigkeit kommt schließlich auch darin zum Ausdruck, daß sowohl der I. Senat in dem Urteil in BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407, als auch der IV. Senat in dem Urteil in BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599 den Teil eines Anteils als Veräußerungsgegenstand anerkannt haben. Wenn aber der Teil eines Anteils Gegenstand einer Veräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein kann, dann muß dies zwangsläufig auch für den einem Anteil am Vermögen entsprechenden Teil des Vermögens gelten.

Versteht man wie die Mehrheit des IV. Senats (unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Strutz, Einkommensteuergesetz 1925, 1929, § 30 Anm. 7, S. 385) unter "Teil des Gewerbebetriebs" i. S. des § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1925 nur einen Teilbetrieb, so zeigt sich gerade bei dieser Interpretation die Lückenhaftigkeit des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Erfaßt § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes und dessen Nr. 2 die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, so fehlte bereits 1925 und fehlt noch heute eine Regelung für eine Veräußerung, die zur Entstehung von Anteilen führt.

b) Die Lücke ist dem Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechend in der Weise zu schließen, daß die Veräußerung eines Teils des gesamten Vermögens, der einem Anteil am gesamten Vermögen entspricht, der Veräußerung eines bestehenden Mitunternehmeranteils gleichgestellt wird. Das bedeutet, daß die entgeltliche Aufnahme eines Sozius" in eine Einzelpraxis zu einem Veräußerungsgewinn i. S. des § 18 Abs. 3 EStG führt. Im Fall der Aufnahme eines Sozius" wird nicht ein bereits vorhandener Anteil veräußert, sondern durch die Aufnahme wird ein Anteil aus dem (alle Anteile umfassenden) ganzen Vermögen abgespalten. Gegenstand der Veräußerung ist nicht ein vorhandener, sondern ein im Wege der Abspaltung erst entstehender Anteil. Die Abspaltung eines Anteils durch entgeltliche Aufnahme eines Sozius" in eine Einzelpraxis bedeutet nichts anderes als die Veräußerung eines Anteils des noch ungeteilten Betriebs. In sachlicher Hinsicht besteht kein Anlaß, diese Tatbestände (Veräußerung eines Mitunternehmeranteils - Veräußerung eines Unternehmeranteils) einkommensteuerrechtlich unterschiedlich zu werten. Dies gilt um so mehr, als bereits der Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG ("Anteil am Vermögen") diese Beurteilung nahelegt.

Entgegen der Ansicht des IV. Senats beruht die Auffassung des vorlegenden Senats nicht entscheidend auf der Gleichbehandlung der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils auf der einen und der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf der anderen Seite. Für den vorlegenden Senat ist vielmehr wesentlich, daß sowohl die Veräußerung im ganzen als auch die Veräußerung eines (bestehenden) Mitunternehmeranteils begünstigt sind. Dann muß auch die Veräußerung eines Teils, die zur Entstehung eines Mitunternehmeranteils führt, begünstigt sein. Für den vorlegenden Senat ist weiterhin von Bedeutung, worauf auch die Minderheit des IV. Senats zutreffend hinweist, daß anderenfalls die Zahlung des ersten Sozius" nicht, die des zweiten und jedes weiteren neu eintretenden Sozius" hingegen begünstigt wäre. Dieses Ergebnis kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Im übrigen ist der vorlegende Senat der Auffassung, daß die Einordnung der Teilveräußerung als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils - in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des I. und des IV. Senats (vgl. Urteile in BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407, und in BFHE 182, 533, BStBl II 1997, 498) - aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Zweifel gezogen werden kann.

Die Lösung des vorlegenden Senats macht auch das sog. Zweistufenmodell entbehrlich. Danach soll der bisherige Einzelunternehmer in einem ersten Schritt dem neuen Gesellschafter nur eine Minimalbeteiligung gegen geringe Ausgleichszahlung einräumen und dann in einem zweiten Schritt einen Bruchteil seines durch den ersten Schritt entstandenen Mitunternehmeranteils tarifbegünstigt an den neuen Gesellschafter veräußern (vgl. Schmidt in Schmidt, a. a. O., § 16, Rz. 565, m. w. N.; Stuhrmann in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 18, Rz. D 27).

3. Ist § 18 Abs. 3 EStG auf die Veräußerung eines Teils des gesamten Vermögens entsprechend anzuwenden, sind auch die weiteren Folgerungen, die sich aus der Anwendung des § 18 Abs. 3 EStG ergeben, zu ziehen. Das bedeutet, daß der Gewinn, der sich aus der Veräußerung eines Teils des gesamten Vermögens ergibt, von § 34 Abs. 2 EStG erfaßt wird, so daß die sich aus der Veräußerung ergebenden Einkünfte als außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 1 EStG zu beurteilen sind.

4. Entgegen der Auffassung des FA steht der Anwendung der §§ 18 Abs. 3, 34 Abs. 2 EStG nicht entgegen, daß das gesamte Betriebsvermögen nicht mit dem Teilwert in die Gemeinschaftspraxis eingebracht wurde und daß keine Einbringungs- oder Eröffnungsbilanz erstellt wurde. Diese Voraussetzungen sind nur in den Fällen der Einbringung gemäß § 24 UmwStG 1977/1995 von Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, BStBl II 1994, 458; Schmidt in Schmidt, a. a. O., § 16, Rz. 566, m. w. N.; vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599).

II. Anschlußrevision der Kläger

Die Anschlußrevision der Kläger hält der XI. Senat gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO für begründet.

1. Zwar war das FA gemäß § 174 Abs. 3 AO 1977 berechtigt, den Einkommensteuerbescheid vom 23. Juni 1994 zu erlassen. Der Veräußerungsgewinn ist in dem Einkommensteuerbescheid zunächst erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, daß er in dem Feststellungsbescheid, der ein "anderer Steuerbescheid" i. S. des § 174 Abs. 3 AO 1977 ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1996 XI R 61/96, BFHE 181, 408, BStBl II 1997, 170 zum Fall des § 174 Abs. 2 AO 1977), zu berücksichtigen sei. Diese Annahme hat sich als unrichtig herausgestellt, so daß der Einkommensteuerbescheid vom 16. Juni 1993 auch insoweit geändert werden durfte. Die Feststellungsfrist war zum Zeitpunkt des Ergehens des Einkommensteuerbescheides vom 23. Juni 1994 gemäß §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1, 181 Abs. 1 AO 1977 noch nicht abgelaufen.

2. Jedoch hat das FG den Veräußerungsgewinn nicht zutreffend berechnet und allein den Bruttobetrag der Zuzahlung der Besteuerung zugrunde gelegt. Gemäß §§ 18 Abs. 3 Satz 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 EStG ist aber der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten um den Wert des (veräußerten) Anteils am Betriebsvermögen zu mindern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599). Dieser Beurteilung steht das BFH-Urteil in BFHE 141, 27, BStBl II 1984, 518 nicht entgegen, daß in dieser Entscheidung ein Veräußerungstatbestand i. S. der §§ 16 und 18 Abs. 3 EStG gerade verneint wurde.

C. Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für den Ausgang des Revisionsverfahrens entscheidungserheblich. Folgte man der Auffassung der Mehrheit des IV. Senats wäre der Revision des FA (teilweise) stattzugeben; würde dagegen die Zahlung, die der Kläger für die Aufnahme des W von diesem erhalten hat, zu einem Veräußerungsgewinn i. S. des § 18 Abs. 3 EStG führen, so wäre die Revision des FA zurückzuweisen. Auch für die Anschlußrevision der Kläger ist die vorgelegte Rechtsfrage von Bedeutung, da von ihrer Beantwortung die steuerliche Belastung des Veräußerungsgewinns abhängt.

D. Rechtsgrund der Vorlage

Der Senat stützt seine Vorlage auf § 11 Abs. 3 FGO. Der IV. Senat vertritt in den Urteilen in BFHE 133, 186, BStBl II 1981, 568, und in BFHE 141, 27, BStBl II 1984, 518 die Auffassung, daß bei einer Praxiseinbringung mit Ausgleichszahlung diese Zahlung nicht gemäß § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG begünstigt ist. Dieser Auffassung des IV. Senats folgt der XI. Senat aus den unter B. dargestellten Gründen nicht.