| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 15.7.1998 (I R 24/96) BStBl. 1998 II S. 728

Die Verpflichtung einer Bank zur Leistung einer Sparprämie, die am Ende der Laufzeit eines Sparvertrages gutgeschrieben wird, ist als zusätzliche Verzinsung für das angesparte Kapital anzusehen, für die eine Rückstellung gebildet werden kann. Die rückzustellenden Beträge sind nach der Zinsstaffelmethode zu ermitteln und überdies auf die Laufzeit des Sparvertrages abzuzinsen.

EStG § 5 Abs. 1 und 6, § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 3; HGB § 249 Abs. 1, § 253.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1996, 578)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine öffentlich-rechtliche Sparkasse, schließt mit ihren Kunden unter anderem Prämiensparverträge in den Sonderformen des S-Prämiensparvertrages sowie des vermögenswirksamen Sparvertrages mit S-Prämie ab. Der Sparer wird hierdurch verpflichtet, für die Dauer von sechs Jahren monatlich gleichbleibende Sparbeiträge zu leisten, während die Klägerin verpflichtet wird, neben dem jeweils gültigen Zinssatz für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist, am Ende der siebenjährigen Gesamtlaufzeit des Vertrages eine unverzinsliche Prämie zu zahlen. Diese betrug bei Verträgen, die seit Einführung dieser Sparform durch Beschluß des Vorstandes der Klägerin vom 15. Dezember 1981 bis zum 4. Juni 1990 abgeschlossen worden sind, 16 %, bei danach abgeschlossenen Sparverträgen 14 % der Summe der eingezahlten Sparbeiträge. Die S-Prämiensparverträge sind nicht, die vermögenswirksamen Sparverträge mit S-Prämie sind nur eingeschränkt kündbar. Werden die vereinbarten Sparbeiträge nicht mehr erbracht, ist der Sparvertrag zu unterbrechen. Der Sparer erhält dann auf die bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Sparbeiträge am Ende der Festlegungsfrist die Sparprämie. Verfügt der Sparer vorzeitig über die Sparbeiträge, verfällt der Prämienanspruch.

Die Klägerin bildete in ihrer Handels- und Steuerbilanz für die Verpflichtung zur Zahlung der S-Prämien eine entsprechende Rückstellung. Diese Rückstellung ermittelte sie mit dem Betrag, der kapital- und zeitanteilig auf die abgelaufene Festlegungsfrist entfällt (sog. zinszahlproportionale Verteilung nach der Zinsstaffelmethode). Zwischenzinsen sind nicht berücksichtigt worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat nach Durchführung einer Außenprüfung unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 18. November 1991 IV B 2 - S 2137- 58/91 (Der Betrieb - DB - 1992, 67; siehe auch Oberfinanzdirektion Frankfurt a. M., Verfügung vom 23. März 1995 S 2175 A - 4 - St II 20, Betriebs-Berater - BB - 1995, 1346) die Auffassung, die Rückstellung für die S-Prämien sei - neben einer zwischen den Beteiligten unstreitigen Kürzung von 60.000 DM wegen eines sog. Fluktuationsabschlags - um einen Abzinsungsbetrag zu kürzen. Die S-Prämie sei neben der laufenden Verzinsung als Entgelt für die Überlassung des Sparkapitals anzusehen. Da eine Geldleistungsverpflichtung vorliege, die erst am Ende der Vertragslaufzeit fällig werde, sei die ausgewiesene Verpflichtung abzuzinsen. Die Abzinsung sei aus Gründen des Vertrauensschutzes erstmals zum 31. Dezember 1991 vorzunehmen. Ihr sei ein Zinssatz von 5,5 % zugrunde zu legen.

Die gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide erhobene Sprungklage blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 578 wiedergegeben.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und das zu versteuernde Einkommen und die Körperschaftsteuer 1991 unter Berücksichtigung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zur Zahlung der S-Prämien festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat die Rückstellungen für die von der Klägerin zu erbringenden Sparprämien zu Recht mit den ratierlich angesammelten und sodann abgezinsten Beträgen angesetzt.

1. Eine abzugsfähige Schuld kann sich auch aufgrund eines schwebenden Dauerschuldverhältnisses ergeben (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Dezember 1989 II R 11/87, BFHE 159, 218, BStBl Il 1990, 150, m. w. N.; vom 20. Januar 1993 I R 115/91, BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373). Voraussetzung dafür ist, daß der wertmäßige Ausgleich zwischen Anspruch und Verbindlichkeit bei der einzelnen Vertragspartei deshalb nicht (mehr) gegeben ist, weil ihr Anspruch z. T. schon erfüllt ist, ohne daß sie bis zum Stichtag auch schon ihre Leistung in einem entsprechenden Umfang erbracht hätte. So verhält es sich im Streitfall.

2. Aus den schwebenden Sparverträgen bestand ein Erfüllungsrückstand der Klägerin (BFH-Urteile vom 24. August 1983 I R 16/79, BFHE 140, 167, BStBl II 1984, 273; vom 8. Oktober 1987 IV R 18/86, BFHE 151, 153, 159, BStBl II 1988, 57).

Ein Erfüllungsrückstand liegt bei Dauerschuldverhältnissen vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte (BFH in BFHE 151, 153, BStBl II 1987, 57, 60). Der Begriff des Erfüllungsrückstandes knüpft eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung an (BFH-Urteile vom 26. Mai 1976 I R 80/74, BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622; vom 12. August 1982 IV R 184/79, BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696; in BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57, 60; Heußner, BB 1988, 2417, 2424). Dabei ist die Frage eines Erfüllungsrückstandes zwar grundsätzlich nach dem rechtlichen, insbesondere schuldrechtlichen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu beurteilen (BFH in BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622; in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696, und in BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57, 60). Der VIII. Senat des BFH hat darüber hinaus auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1991 VIII R 88/87, BFHE 167, 322, BStBl II 1993, 89), allerdings vorausgesetzt, mit der zukünftigen Zahlung wird nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten (Senatsurteil in BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373).

Davon ausgehend hat das FG zutreffend angenommen, daß eine Rückstellung (§ 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes, § 249 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -) für die Verpflichtung zur Zahlung der S-Prämie nur insoweit in Betracht kommen kann, als die künftige Prämienzahlung auf den am jeweiligen Bilanzstichtag abgelaufenen Teil der gesamten Festlegungsfrist entfällt. Denn nur insoweit liegt ein Erfüllungsrückstand vor: Bei der S-Prämie handelt es sich um die Zusatzvergütung für die gesamte Laufzeit des jeweiligen Sparvertrages, der wirtschaftlich gesehen Zinscharakter zukommt (vgl. z. B. Gabler, Bank-Lexikon, 11. Aufl., Stichwort "Bonus": Zinszuschlag, Stichwort "Prämiensparen": Sonderzinsvergütung; Büschgen, Das kleine Bank-Lexikon, 2. Aufl., Stichworte "Bonussparen" und "Sparplan"). Sie stellt die Gegenleistung dafür dar, daß der jeweilige Sparer die von ihm aufgebrachten Sparbeiträge der Klägerin während der gesamten siebenjährigen Festlegungsfrist überläßt. Folglich wird die S-Prämie zum jeweiligen Bilanzstichtag immer nur anteilig durch den zurückliegenden Zeitraum wirtschaftlich verursacht. Dies erfordert es, die künftig zu leistenden Prämien kapital- und zinsanteilig nach Maßgabe der Zinsstaffelmethode zu verteilen, und zwar durch Bildung einer entsprechenden Rückstellung. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt stehen die zu erbringenden Prämienleistungen der Klägerin im Bilanzzeitpunkt noch nicht fest, sie sind noch ungewiß. Die Verwaltungspraxis trägt dem Rechnung (ebenso Heußner, BB 1988, 2417, 2427; siehe auch BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 II R 179/87, BFHE 160, 573, BStBl II 1990, 878 zur bewertungsrechtlichen Lage); ihr ist zwischenzeitlich auch die Klägerin gefolgt.

3. Mit welchem Wert Vermögensgegenstände und Schulden in der Steuerbilanz anzusetzen sind, bestimmt sich grundsätzlich nach den Vorschriften über die Bewertung in § 6 EStG i. V. m. § 5 Abs. 6 EStG. Nur soweit die Regelungen des § 6 EStG lückenhaft sind, greifen nach dem Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 EStG ergänzend die als Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB) zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts (§§ 252 ff. HGB; vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1964 IV 456/61 U, BFHE 80, 138, BStBl III 1964, 525).

a) § 6 EStG enthält zwar keine ausdrückliche Regelung über die Bewertung von Rückstellungen. Es besteht allerdings Einigkeit darüber, daß die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung von Verbindlichkeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG) sinngemäß für den Ansatz von Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten anzuwenden sind. Denn beide Passivposten unterscheiden sich nur hinsichtlich der Gewißheit über Grund und/oder Höhe der Schuld (BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437; vom 8. Juli 1992 XI R 50/89, BFHE 168, 329, BStBl II 1992, 910; vom 12. Dezember 1990 I R 18/89, BFHE 163, 157, BStBl Il 1991, 485). Steuerrechtlich ist deshalb bei der Bewertung der Rückstellung ebenso wie beim Ansatz der Verbindlichkeit von den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert auszugehen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 EStG). § 6 EStG enthält allerdings auch keine Regelung darüber, wie die Anschaffungskosten von Verbindlichkeiten festzustellen sind. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist deshalb - insoweit - Rückgriff auf die handelsrechtlichen GoB zu nehmen. Danach ist bei Geldschulden (nicht anders als bei Geldforderungen) grundsätzlich der Nennbetrag (Rückzahlungsbetrag) einer Verbindlichkeit als Anschaffungskosten anzusetzen (vgl. § 253 Abs. 1 HGB; siehe BFH-Urteile vom 4. März 1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380; vom 31. Januar 1980 IV R 126/76, BFHE 130, 372, BStBl II 1980, 491, 493; vom 7. Juli 1983 IV R 47/80, BFHE 139, 154, BStBl II 1983, 753; in BFHE 163, 146, 155, BStBl II 1991, 479).

b) Die Bewertung mit dem Rückzahlungsbetrag ist auch dann maßgeblich, wenn eine empfangene Geldleistung erst nach längerer Zeit unverzinslich in gleicher Höhe zurückzugewähren ist (BFH-Urteil in BFHE 163, 146, 155, BStBl II 1991, 479; Clemm/Nonnenmacher in Beck'scher Bilanzkommentar, 3. Aufl., § 253 HGB Rz. 161). Eine Abzinsung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Anderenfalls würde die bis zum Zeitpunkt der Erfüllung der Verbindlichkeit erzielte Zinsersparnis des Schuldners bereits im Zeitpunkt der Bilanzierung der Verbindlichkeit als Gewinn ausgewiesen, obwohl dieser erst in der Folgezeit realisiert wird (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 5 IX l.; Moxter in Festschrift für L. Schmidt, 1993, 195, 204 f.). Eine Abzinsung ist steuerrechtlich deshalb nur dann erforderlich, wenn im Rückzahlungsbetrag ein (verdeckter) Zinsanteil enthalten ist (BFH-Urteile vom 25. Februar 1975 VIII R 19/70, BFHE 115, 514, BStBl II 1975, 647; in BFHE 139, 154, BStBl II 1983, 753; in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; Moxter, a. a. O., 195, 205 f.). Handelsrechtlich gilt nichts anderes. Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HGB in der ab 1. Januar 1985 geltenden Fassung dürfen Rückstellungen nur abgezinst werden, soweit die ihnen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthalten. Durch die Einfügung des zweiten Halbsatzes in § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit Gesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1630) ist gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand keine Änderung eingetreten; die Neuregelung hat lediglich klarstellende Bedeutung (BTDrucks 12/7646, 2; vgl. Karrenbrock, DB 1994, 1941; Kropp/Weisang, DB 1995, 2485).

Ein verdeckter Zinsanteil setzt allerdings das Bestehen eines verdeckten Kreditgeschäfts voraus. Zwischen der Begründung der Verbindlichkeit und ihrer Fälligkeit muß ein größerer Zeitraum liegen. Es ist dann - auch ohne ausdrückliche entsprechende Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien und selbst wenn die Verbindlichkeit tatsächlich als unverzinslich deklariert wurde - aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze anzunehmen, daß die Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthalten, der seinen Veranlassungsgrund in dem (verdeckten) Kreditgeschäft hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 115, 514, BStBl II 1975, 647; in BFHE 139, 154, BStBl II 1983, 753; vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553; Groh, BB 1988, 1919; Werndl in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 6 Rdnr. D 120 "Abzinsung" und D 22 ff.; Lambrecht, ebd., § 5 Rdnr. D 224 f.; siehe auch Küting/Kessler, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1997, 1665, 1672 f.). Diese Annahme bezieht ihre Rechtfertigung aus dem allgemeinen Grundsatz, daß ein einheitliches Gesamtentgelt, das für zwei Leistungen - die Kreditgewährung infolge Stundung einerseits, die dafür zu zahlende Verzinsung andererseits - gewährt wird, unabhängig von den Motiven und Gestaltungsabsichten der Beteiligten stets beiden Leistungen zuzurechnen ist. Beide Leistungen sind nach dem Einzelbewertungsgrundsatz zu bewerten.

c) Bezogen auf den Streitfall hat dies zur Folge, daß die Rückstellungsbeträge abzuzinsen sind. Bei den den Sparern versprochenen S-Prämien handelt es sich um (verdeckte) Kreditgeschäfte. Zwischen der Begründung der Verbindlichkeiten und deren Fälligkeit besteht mit sieben Jahren ein größerer Zeitraum. Es entspricht banküblicher Geschäftspraxis, Kreditgeschäfte zu verzinsen. Ein diesen Gegebenheiten entgegenstehender Wille ist nicht erkennbar. Zwar wird die jeweilige Prämie am Ende der Sparlaufzeit verabredungsgemäß in einem einheitlichen Betrag geleistet. Da sie der Sache nach eine Verzinsung der Kreditsumme darstellt, muß sie jedoch wirtschaftlich gesehen - mit der Folge von Zinseszinsen - den einzelnen Zinsperioden zugeordnet werden (vgl. auch mit Hinweis auf das Bonussparen Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl., § 6 Rz. 396). Ein Sachaufklärungsmangel des FG liegt darin - entgegen der Annahme der Klägerin - nicht. Auch daß die Rückstellung nur in zeitanteiliger Verteilung nach der Zinsstaffelmethode zugelassen worden ist, widerspricht dem nicht. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, trägt die ratierliche Ansammlung allein dem jeweiligen Erfüllungsrückstand Rechnung. Der ungeachtet dessen bestehende Zinsanteil wird hierdurch noch nicht berücksichtigt. Erst durch die zusätzliche Abzinsung wird vielmehr dem Umstand Rechnung getragen, daß die S-Prämien nicht zeitnah in jährlichen Teilbeträgen, sondern in einer Summe nach Ablauf der siebenjährigen Festlegungsfrist auszuzahlen sind (vgl. ähnlich für Jubiläumszuwendungen: BFH- Urteil in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845). Da es allein auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten ankommt, erweist es sich schließlich als unbeachtlich, daß zivilrechtlich die Vereinbarung von Zinseszinsen nach Maßgabe von § 248 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches verboten ist.

d) Widersprüche zu der bisherigen BFH-Rechtsprechung, insbesondere zu den Urteilen vom 27. November 1968 I 162/64 (BFHE 94, 383, BStBl II 1969, 247), und vom 19. Februar 1975 I R 28/73 (BFHE 115, 218, BStBl II 1975, 480) bestehen nicht. In diesen Entscheidungen hat der BFH es zwar abgelehnt, bei der jährlichen Zuführung von geschätzten Beträgen zu einer Rückstellung für spätere Sachleistungen (Rekultivierungskosten u. ä.) Zwischenzinsen zu berücksichtigen. Auf die Bewertung von Rückstellungen für Geldleistungen sind diese Grundsätze jedoch nicht zu übertragen (BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 IV R 47/80, BFHE 139, 154, BStBl II 1983, 753). Im übrigen ging es in diesen Urteilen um die Bewertung von im Bewertungszeitpunkt noch ungewissen drohenden Verbindlichkeiten, wohingegen im Streitfall die Höhe der auszuzahlenden Prämien als fixe Endbeträge bekannt sind. Gleichermaßen wird nicht von den Urteilen des BFH vom 12. Dezember 1990 I R 153/86 (BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479) und I R 18/89 (BFHE 163, 157, BStBl II 1991, 485) abgewichen. Soweit der BFH in diesen Entscheidungen Zwischenzinsen bei zurückzuzahlenden Einlagen bzw. Abschlußgebühren von Bausparkassen verneint hat, wurde maßgeblich darauf abgestellt, daß sich ausnahmsweise Auszahlungsbetrag und Rückzahlungsbetrag deckten; für den Regelfall wurde auch hier eine Verzinslichkeit bejaht. Der Sachverhalt, der im Streitfall zu beurteilen ist, ist damit nicht vergleichbar.

4. Der Senat war nicht gehalten, im Hinblick auf die Rechtsfrage nach der Bewertung der von der Klägerin anzusetzenden Rückstellung eine Vorentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) einzuholen (Art. 177 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft). Allerdings hat der EuGH nunmehr seine Zuständigkeit für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts auch für den Fall bejaht, daß dieses den fraglichen Sachverhalt nicht unmittelbar regelt, aber der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der Bestimmungen einer Richtlinie in nationales Recht beschlossen hat, rein innerstaatliche Sachverhalte und Sachverhalte, die unter die Richtlinie fallen, gleichzubehandeln, und seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften deshalb an das Gemeinschaftsrecht angepaßt hat (EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997 Rs. C 28/95, Leur-Bloem, Finanz-Rundschau - FR - 1997, 685). Die Frage, ob gleiches bei einer Verweisung des nationalen Gesetzgebers auf nationales, aber auf Richtlinien beruhendes Recht zu gelten hat, ist damit ausdrücklich noch nicht beantwortet. Im Streitfall kann indes unentschieden bleiben, ob es sich auch bei der in § 5 Abs. 1 EStG angeordneten Maßgeblichkeit der GoB für die Steuerbilanz um eine derartige mittelbare gesetzliche Anordnung handelt, die den Senat zur Vorlage an den EuGH verpflichten würde (so Dautzenberg, FR 1997, 690 ff.; de Weerth, Internationales Steuerrecht - IStR - 1997, 543, sowie Rainer, ebd., 544, m. w. N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 87/92, BFHE 172, 462, BStBl II 1994, 176, unter II. der Entscheidungsgründe; anders wohl Weber-Grellet, DStR 1997, 1446, 1447 unter 7.). Um einen derartigen Zusammenhang handelt es sich im Streitfall jedenfalls nicht. Die - tatsächliche - Frage danach, ob ein Kreditgeschäft einen (verdeckten) Zinsanteil enthält, und ob deshalb der maßgebliche Erfüllungsbetrag auf den Barwert abzuzinsen ist, bestimmt sich eigenständig nach steuerrechtlichen Bewertungsmaßstäben (§§ 5 Abs. 6, 6 EStG), auch wenn diese im Ergebnis mit handelsrechtlichen Grundsätzen übereinstimmen (vgl. Ahmann in Festschrift für L. Schmidt, 1993, 269, 285; Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1627; a. A. Schön in Festschrift für Flick, 1997, 573, 583; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 538). Ebenso unterliegt es keinem Zweifel, daß es eine Frage allein des nationalen Rechts ist, ob eine Verweisung auf Gemeinschaftsrecht außerhalb dessen unmittelbaren Anwendungsbereich vorliegt und wie weit diese reicht (zutreffend Rainer, a. a. O.).

Unabhängig davon bedarf es einer Vorabentscheidung des EuGH dann nicht, wenn und soweit der Inhalt der in Betracht kommenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage kein Raum bleibt (EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430; Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. August 1991 2 BvR 276/90, DB 1991, 2230). Nach Auffassung des Senats kann nicht zweifelhaft sein, daß durch die deutsche handelsrechtliche Regelung in § 253 HGB, soweit diese eine Abzinsung von Rückstellungsbeträgen zuläßt, Art. 42 der Vierten Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1978 (EWG-RL 78/660), wonach Rückstellungen nur in Höhe des notwendigen Betrages anzusetzen sind, zutreffend umsetzt.