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  BFH-Urteil vom 12.11.1997 (XI R 44/95) BStBl. 1998 II S. 774

Die Vermietung nur eines Wohnmobils an wechselnde Mieter ist in der Regel keine gewerbliche Tätigkeit, sondern führt zu Einkünften im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG.

EStG § 15, § 22 Nr. 3.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der hauptberuflich als Lehrer tätig ist, erwarb im März 1989 einen Kastenwagen mit Hochdach für 24.900 DM, ließ dieses Fahrzeug bei einem Fachhändler zum Wohnmobil ausbauen (Gesamtkosten: 41.953,29 DM) und meldete die "Wohnmobilvermietung" als Gewerbebetrieb an. Im Jahr 1989 vermietete der Kläger das Wohnmobil viermal für insgesamt 56 Tage und im Jahr 1990 fünfmal für insgesamt 70 Tage an insgesamt vier verschiedene Interessenten. Der Tagesmietpreis betrug 100 DM. Als sich herausstellte, daß das Fahrzeug auch im ausgebauten Zustand den Ansprüchen seiner Mieter an Wärmeisolation und Komfort nicht genügte, veräußerte er dieses im Oktober 1990 für 19.900 DM und schaffte für rd. 46.500 DM ein neues Wohnmobil an. Dieses vermietete er im Jahr 1991 viermal für insgesamt 92 Tage an dieselben Personen wie in den Vorjahren. Die Tagesmietpreise betrugen in der Vor- und Nachsaison jeweils 145 DM und im übrigen 180 DM. Der Kläger ermittelte in den Jahren 1989 und 1990 Verluste von ./. 4.863 DM (1989) bzw. ./. 13.875 DM (1990) und in den Jahren 1991 bis 1994 Gewinne von 2.495 DM (1991), 262 DM (1992) bzw. 1.356 DM (1993). Für 1994 ermittelte er einen vorläufigen Gewinn (Erlöse bis November) von 1.794 DM. Dabei ging er jeweils von einer fünfjährigen Nutzungsdauer der Wohnmobile aus.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte in den Streitjahren 1989 und 1990 zunächst den Angaben des Klägers und setzte die aus der Wohnmobilvermietung erklärten Verluste vorläufig (1989) bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (1990) fest. Im Rahmen einer Überprüfung der Steuerfestsetzungen nahm das FA einen privaten Nutzungsanteil von 40 % an, ermittelte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb neu und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens gegen diese Bescheide, in dem der Kläger sich gegen die Höhe des privaten Nutzungsanteils wandte, vertrat das FA nunmehr die Auffassung, daß der Kläger mit der Vermietung des Wohnmobils keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt habe.

Die gegen die Einspruchsentscheidung erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kam zu dem Ergebnis, daß die vom Kläger durchgeführte Wohnmobilvermietung nach der Verkehrsanschauung als typische gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren sei, die den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreite. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß lediglich ein Fahrzeug vermietet worden sei. § 22 Nr. 3 EStG sei im Streitfall nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur Leistungen erfasse, die nicht bereits unter andere Einkunftsarten fielen. Daß der Kläger sich wie ein gewerblicher Autovermieter verhalten habe, ergebe sich insbesondere daraus, daß er an einen ständig wechselnden Personenkreis vermietet und die Pflege und Wartung des Fahrzeugs übernommen habe. Auch die Anschaffung des neuen Wohnmobils aufgrund der gewachsenen Ansprüche der Mieter mache dies deutlich. Unschädlich sei, daß der Kläger keine Werbung betrieben habe und kein Geschäftslokal besitze. Das FA stelle zu Unrecht einen Vergleich mit dem Beherbergungsgewerbe an. Anders als bei der Vermietung von Ferienwohnungen böten gewerbliche Vermieter von Reise- oder Wohnmobilen ihre Leistungen weder hotelmäßig noch mit Nebenleistungen an, die über die Wartung und Pflege der Fahrzeuge hinausgingen. Der Kläger habe auch mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Bereits ab dem dritten Jahr habe er einen Überschuß erwirtschaftet.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 15 und 22 Nr. 3 EStG. Im Streitfall sei die Vermietung des Wohnmobils als beweglicher Gegenstand unter die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG einzuordnen; die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung seien nicht überschritten.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Vermietung des Wohnmobils durch den Kläger zu Unrecht als Gewerbebetrieb beurteilt.

1. Gewerbebetrieb ist jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn diese Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als andere selbständige Arbeit anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG). Hinzukommen muß als ungeschriebenes negatives Tatbestandsmerkmal, daß die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1995 XI R 43 - 45/89, BFHE 179, 353, BStBl II 1996, 232 unter III. 2., m. w. N.). In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, 90, BStBl II 1995, 617 unter C. I.). Von diesen Grundsätzen ist das FG bei seiner Entscheidung zwar ausgegangen. Es hat jedoch zu Unrecht angenommen, daß der Kläger mit seiner Vermietungstätigkeit bereits den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten hat.

2. Ebenso wie die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen erfüllt auch die Vermietung von beweglichen Gegenständen grundsätzlich die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG, geht jedoch in der Regel über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht hinaus (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1988 III R 37/86, BFH/NV 1990, 36). Die Einkünfte aus der Vermietung von beweglichen Gegenständen sind deshalb regelmäßig den sonstigen Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 EStG zuzurechnen. Auch bei der Vermietung beweglicher Gegenstände kann eine Tätigkeit im Rahmen eines Gewerbebetriebes erst dann angenommen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Vermieterleistung als Ganzes das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gibt, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Gegenstandes in den Hintergrund tritt (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1990 III R 31/87, BFHE 159, 199, BStBl II 1990, 383 zur Vermietung einer Ferienwohnung).

Solche Umstände sind bei der Vermietung von nur einem Wohnmobil kaum denkbar. Sie könnten allenfalls gegeben sein, wenn der Vermieter im Zusammenhang mit der Vermietung Sonderleistungen in einem solchen Umfang erbringt, daß die Erbringung der Gesamtleistung eine einem gewerblichen Autovermieter vergleichbare unternehmerische Organisation erfordert.

3. Im vorliegenden Fall sind solche Umstände nicht erkennbar. Der Kläger hat lediglich ein einziges Wohnmobil zeitweise vermietet. Der Kreis seiner Mieter beschränkte sich in den Streitjahren sowie im Jahr 1991 auf lediglich vier Personen, die das Fahrzeug mehrfach, teilweise zweimal in einem Jahr nutzten. Insgesamt war das Wohnmobil 1989 und 1991 nur viermal sowie 1990 fünfmal vermietet.

Über die Vermietungstätigkeit hinausgehende, ins Gewicht fallende Zusatz- oder Sonderleistungen hat der Kläger nicht erbracht. Denn die Pflege und Wartung des vermieteten Objekts gehört zu den Leistungen, die dem Vermieter üblicherweise obliegen (BFH-Urteil vom 14. Februar 1989 IX R 109/84, BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922 unter II., m. w. N.).

4. Hat der Kläger mit der Vermietung seines Wohnmobils somit den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten, sind die Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit den sonstigen Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zuzuordnen. Der die Einnahmen übersteigende Werbungskostenbetrag darf bei der Ermittlung des Einkommens des Klägers nicht abgezogen werden (§ 22 Nr. 3 Satz 3 EStG).