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  BFH-Urteil vom 14.10.1998 (X R 129/97) BStBl. 1999 II S. 135

Aufwendungen für eine Wohnung, die im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme zusammen mit dem Gebäude selbst hergestellt wird, sind nicht für Baumaßnahmen "an einem Gebäude" entstanden und deshalb nicht nach § 10h EStG begünstigt.

EStG § 10h.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1998, 460)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) - Eheleute, die im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden - ließen auf ihrem zuvor erworbenen Grundstück (Kaufpreis 420.516 DM) ein Zweifamilienhaus errichten (Herstellungskosten 1.037.839 DM). Für die von ihnen seit dem 1. Juli 1994 eigengenutzte Wohnung machten sie einen Abzugsbetrag nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 19.800 DM sowie Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 18.196 DM geltend. Unter Hinweis darauf, daß eine Wohnung ihrer Mutter bzw. Schwiegermutter unentgeltlich überlassen wurde, beantragten sie zusätzlich einen Abzugsbetrag in Höhe von 18.839 DM gemäß § 10h EStG. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte im Einkommensteuerbescheid für 1994 die Vergünstigung nach § 10h EStG, weil hiernach nur Baumaßnahmen an einem bereits bestehenden Gebäude begünstigt seien. Von den geltend gemachten Vorkosten ließ das FA nur 12.692 DM zum Abzug zu, da die Aufwendungen nur insoweit auf die eigengenutzte Wohnung entfielen (69,75 v. H.).

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Auffassung des FA: Die Vorschrift des § 10h EStG begünstige nach Wortlaut und Zweck nur die Schaffung von Wohnraum durch Ausbau, Umbau oder Aufstockung an einem bereits vorhandenen Gebäude. Nicht begünstigt sei dagegen die Errichtung einer Wohnung, die im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme zusammen mit dem Gebäude hergestellt werde. Vorkosten seien nur nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar, soweit sie auf den Flächenanteil der eigengenutzten Wohnung entfielen.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Sie sind der Auffassung, der Wortlaut schließe die von ihnen vertretene Auslegung nicht aus, denn dort heiße es lediglich "an einem Gebäude im Inland", nicht jedoch an einem "bestehenden Gebäude". Dem Gesetzeszweck entspreche es - entgegen der Auffassung des FG - auch, wenn bereits bei der Errichtung eines Gebäudes eine zusätzliche Wohnung für Angehörige gebaut werde. Der Hinweis des FG, die gleichzeitige Inanspruchnahme von § 10e EStG und § 10h EStG sei nicht gewollt, überzeuge nicht.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1994 dahingehend zu ändern, daß Abzugsbeträge nach § 10h EStG in Höhe von 18.839 DM sowie weitere Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 5.504 DM berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Aufwendungen für eine Wohnung, die im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme zusammen mit dem Gebäude selbst hergestellt wird, sind nicht nach § 10h EStG begünstigt.

1. Die Begünstigung nach § 10h EStG setzt gemäß Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift voraus, daß die Baumaßnahmen an einem Gebäude im Inland durchgeführt worden sind, in dem der Steuerpflichtige im jeweiligen Jahr des Begünstigungszeitraums eine eigene Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Begünstigt ist nach dem Wortlaut also die Schaffung von Wohnraum durch Baumaßnahmen (Ausbau, Umbau oder Aufstockung) an einem bereits vorhandenen Gebäude. Nicht begünstigt ist dagegen die Schaffung einer Wohnung im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes selbst (ebenso Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10h EStG Rz. 2, 3; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10h Rdnr. 6; Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl., § 10h Rz. 3, m. w. N.; vgl. auch Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10h EStG Rdnr. 22; anderer Auffassung, allerdings ohne Begründung, Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 10h EStG Rz. 16).

2. Die im Wortlaut des § 10h Satz 2 Nr. 2 EStG zum Ausdruck kommende Beschränkung auf Baumaßnahmen an bereits bestehenden Gebäuden entspricht auch dem Zweck der Regelung:

Durch diese Steuerbegünstigung wollte der Gesetzgeber Reserven im Eigenheimbereich mobilisieren, dadurch den Wohnungsmarkt entlasten und das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach fördern (vgl. BTDrucks 12/1506, S. 171). Einen vergleichbaren Anreiz, vorhandene Gebäudeflächen zu Mietwohnungen um- oder auszubauen, enthält § 7c EStG. Beide Vorschriften begünstigen ersichtlich die Gestaltung, daß bereits überbaute Flächen durch Schaffung zusätzlicher Wohnungen in bereits vorhandenen Gebäuden intensiver für Wohnzwecke genutzt werden.

Die Einschränkung der Förderung auf Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude mag in den Fällen unbefriedigend erscheinen, in denen der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - nicht nur für sich eine Wohnung herstellt, sondern von vornherein den Wohnbedarf von Angehörigen i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung (AO 1977) mitbedenkt, deshalb gleichzeitig eine zusätzliche Wohnung für sie erstellt und anschließend Angehörigen unentgeltlich überläßt. Dem Gesetzgeber steht jedoch bei Regelungen, die eine steuerrechtliche Förderung zum Gegenstand haben, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Beschränkung auf Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden ist ersichtlich an dem erkennbaren Ziel orientiert, Baumaßnahmen zu fördern, die zu einer intensiveren Nutzung bereits überbauter Flächen führen. Der Ausschluß von Neubauten ist deshalb auch sachlich gerechtfertigt.

3. Weil die Kläger für die unentgeltlich überlassene Wohnung die Grundförderung nach § 10h EStG nicht beanspruchen können, steht ihnen insoweit auch kein Vorkostenabzug nach § 10h Satz 3 i. V. m. § 10e Abs. 6 EStG zu.