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  BFH-Beschluß vom 18.1.1999 (VIII B 80/98) BStBl. 1999 II S. 486

Für den Besteuerungstatbestand des § 17 Abs. 1 EStG ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Anteilsrechte entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat und für welchen Zeitraum ihm die Anteilsrechte steuerrechtlich zuzurechnen waren, sofern er nur zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der Fünfjahresfrist wesentlich beteiligt war. Diese Grundsätze sind auch im Erbfall zu beachten mit der Folge, daß der Berechnung des Veräußerungsgewinns des Erben die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers (hier: Erblasser) zugrunde zu legen sind (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG 1992; Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

EStG § 17.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) - Herr K - sowie seine Mutter - Frau K - waren zu jeweils 25 v. H. am Kapital sowohl der A GmbH als auch der B GmbH beteiligt. Herr K war Alleinerbe seiner am 15. Oktober 1991 verstorbenen Mutter. Mit notariellem Vertrag vom 8. April 1992 veräußerte er sämtliche Anteilsrechte an den Kapitalgesellschaften.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1992 erfaßte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) den auf die Anteile entfallenden Veräußerungsgewinn in Höhe von rd. 3,6 Mio. DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Über den hiergegen erhobenen Einspruch hat das FA noch nicht entschieden.

Die auch wegen weiterer Streitpunkte beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA hinsichtlich der Besteuerung nach § 17 EStG ab.

Der daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellte Aussetzungsantrag (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) blieb gleichfalls ohne Erfolg. Mit der von der Vorinstanz zugelassenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat (§§ 128 Abs. 3, 130 Abs. 1 FGO), macht der Antragsteller u. a. geltend, daß Frau K bereits am 4. Mai 1991 den Erlös aus der beabsichtigten Veräußerung der Gesellschaftsanteile an ihn abgetreten habe. Diese Vorausverfügung habe nicht nur die Wertlosigkeit der Anteile ("wirtschaftlich völlig entleerte Hülse"), sondern auch zur Folge gehabt, daß der Erwerb durch Erbfall nicht geeignet sei, eine wesentliche Beteiligung i. S. von § 17 EStG zu begründen, da dies nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine "Beteiligung an der Substanz" erfordere (Hinweis auf Senatsurteil vom 16. Mai 1995 VIII R 33/94, BFHE 178, 197, BStBl II 1995, 870, 873). Hinzu komme, daß der Übergang wertloser Anteilsrechte nicht als unentgeltlicher Erwerb zu qualifizieren sei und der durch den Erbfall eingetretene Verlust der Forderung auf den Veräußerungserlös zu Anschaffungskosten des Antragstellers geführt habe. Zu dem nämlichen Ergebnis führe die zum Teil in der Literatur vertretene Ansicht, nach der bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht auf die historischen Anschaffungskosten, sondern auf den gemeinen Wert der Gesellschaftsrechte zum Zeitpunkt des erstmaligen Eintritts der Steuerverhaftung (hier: Erbfall) abzustellen sei. Im übrigen gebiete auch der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, nur die zwischen dem Erbfall und der Veräußerung eingetretene Wertsteigerung als Einkunft i. S. von § 17 EStG zu erfassen. Aus den nämlichen Erwägungen sei schließlich die Wertsteigerung der Anteile, die dem Antragsteller bereits vor dem Tod seiner Mutter zustanden, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auszuscheiden.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses der Vorinstanz sowie des Ablehnungsbescheids des FA vom 5. September 1997 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1992 auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Da der Antragsteller nicht vorgetragen hat, daß die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1992 eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. BFH-Beschluß vom 31. August 1987 V B 57/86, BFH/NV 1988, 174; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Tz. 105, m. w. N.), könnte der Beschwerde nur dann stattgegeben werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheids bestünden (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, daß bei (überschlägiger) Prüfung des Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. die Nachweise bei Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 69 Rz. 88). Zu Recht hat das FG diese Voraussetzung im Streitfall als nicht gegeben erachtet.

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr (1992) geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 v. H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Nach Satz 4 der Vorschrift ist eine wesentliche Beteiligung dann gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

Dem FA ist darin beizupflichten, daß der Antragsteller durch den Erbfall Inhaber einer wesentlichen Beteiligung i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 und 4 EStG geworden ist und demgemäß aus der Veräußerung sowohl der ererbten als auch der ihm bereits vor dem Erbfall zustehenden GmbH-Anteile den bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1992 angesetzten und rechnerisch zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen Gewinn erzielt hat.

2. Diese Beurteilung beruht auf der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der es entsprechend dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen zum einen für den Besteuerungstatbestand des § 17 Abs. 1 EStG unerheblich ist, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Anteilsrechte entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat und für welchen Zeitraum ihm die Anteilsrechte steuerrechtlich zuzurechnen waren, sofern er nur zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der Fünfjahresfrist wesentlich beteiligt war (Senatsurteile vom 7. Juli 1992 VIII R 54/88, BFHE 169, 49, BStBl II 1993, 331, m. w. N.; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25, m. w. N.). Zum anderen hat das FA der Berechnung des Veräußerungsgewinns zutreffend die Anschaffungskosten des Antragstellers und - soweit er die unentgeltlich erlangten Anteilsrechte veräußerte - die Anschaffungskosten seiner Mutter zugrunde gelegt (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG 1992; vgl. hierzu BFH-Urteile vom 25. November 1965 IV 216/64 S, BFHE 84, 303, BStBl III 1966, 110; vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312). Diese Grundsätze sind auch im Erbfall zu beachten (BFH-Urteile vom 12. Juni 1980 IV R 128/77, BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646, zu Abschn. 3: betr. Erbengemeinschaft; vom 18. September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55, betr. Alleinerbe).

a) Soweit der Antragsteller einwendet, von einem unentgeltlichen Erwerb könne im Streitfall bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil infolge der Vorausabtretung des Erlösanspruchs die Anteilsrechte wertlos gewesen seien (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. November 1997 VIII R 36/96, BFH/NV 1998, 691, zu Abschn. 1, m. w. N.), vermag sich der Senat weder dem Ausgangspunkt noch den rechtlichen Folgerungen dieser Beurteilung anzuschließen. Ersterem deshalb nicht, weil die Vorausabtretung des Veräußerungserlöses (zur zivilrechtlichen Wirksamkeit, vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Aufl., § 398 Rz. 11; § 518 Rz. 10) keine Minderung der mit den Anteilen verbundenen Gesellschaftsrechte, sondern lediglich zur Folge hatte, daß der Antragsteller Inhaber des Kaufpreisanspruchs werden sollte. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeschrift liegt es auf der Hand, daß durch die Zession der Gesellschaftsanteil der Mutter nicht zur "wirtschaftlich wertlosen Hülse" wurde; vielmehr ist auch im Streitfall davon auszugehen, daß der Wert der abgetretenen Forderung sich unmittelbar nach der Werthaltigkeit der zu veräußernden Anteilsrechte bestimmte. Anhaltspunkte dafür, daß im Falle einer Veräußerung zu Lebzeiten der Mutter ein geringerer als der vom Antragsteller nach Eintritt des Erbfalls vereinbarte Erlös erzielt worden wäre, sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen. Hinzu kommt, daß selbst dann, wenn der GmbH-Anteil der Mutter im Zeitpunkt des Erbfalls wertlos gewesen wäre, sich hieraus kein Argument gegen die Unentgeltlichkeit des Erwerbs durch den Antragsteller ableiten ließe. Die in der Beschwerdeschrift zitierte Rechtsprechung, nach der die Übertragung eines wertlosen Anteils an einer Kapitalgesellschaft in der Regel als Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG zu qualifizieren ist, zielt - wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18. August 1992 VIII R 13/90 (BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34, zu Abschn. 1) dargelegt hat - im Grenzbereich zwischen dem Verkauf der Anteile zu einem Preis von null DM einerseits sowie einer Schenkung andererseits darauf, die ertragsteuerlichen Rechtsfolgen eines Wertverlusts entsprechend dem Zweck des § 17 EStG dem Steuerpflichtigen zuzuordnen, der den Verlust erlitten hat, vorausgesetzt, die Anteilsübertragung beruht nicht auf einer durch persönliche Umstände bestimmten und deshalb unentgeltlichen Zuwendung. Diese Erwägungen sind erkennbar auf den Erwerb durch Erbfall nicht übertragbar. Es fehlt nicht nur an einem Vorgang der Wertfindung durch Erblasser und Erbe; zudem ist zu berücksichtigen, daß der Erbfall ausschließlich der Privatsphäre zuzurechnen ist und bereits dies der Annahme eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts entgegensteht (BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 47/90, BFHE 170, 566, BStBl II 1994, 619; ständige Rechtsprechung).

b) Der Senat vermag der Beschwerdeschrift nicht darin zu folgen, daß dem Antragsteller bezüglich der geerbten Anteile Anschaffungskosten entstanden seien, weil er aufgrund des Erbfalls das an ihn abgetretene Forderungsrecht verloren habe. Zwar ist es zutreffend, daß im Falle der Abtretung künftiger Forderungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Zession dann gegenstandslos wird, wenn die abgetretene Forderung nicht oder nicht in der Person des Zedenten entsteht (BGH-Urteil vom 14. Juli 1997 II ZR 122/96, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht - ZIP - 1997, 1589; Palandt, a. a. O., Rz. 11, m. w. N.). Gleichwohl kann hieraus nicht der Ansatz von Anschaffungskosten abgeleitet werden. Dem steht sowohl die dargelegte Zuordnung des Erbfallerwerbs zur privaten Sphäre als auch - hiermit korrespondierend - der Umstand entgegen, daß der eingetretene Rechtsverlust die Folge des Erbfalls war und der Antragsteller damit keine Aufwendungen tätigte, um die Geschäftsanteile der Mutter zu erwerben (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 11. Dezember 1996 X R 262/93, BFHE 182, 149, BStBl II 1998, 100). Demnach kann dahinstehen, ob - mangels Vorliegens von Aufwendungen - ein Anschaffungsvorgang bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil der Antragsteller infolge des Erbfalls Inhaber sämtlicher mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte wurde. Auch kann offenbleiben, ob Sachverhaltskonstellationen denkbar sind, in denen Aufwendungen, die ein Erbe zu Lebzeiten des Erblassers für den Erwerb des Forderungsrechts auf den Erlös aus der Anteilsveräußerung tätigt, als nachträgliche Anschaffungskosten der ererbten Anteilsrechte zu berücksichtigen sein könnten. Im Streitfall verbietet sich eine solche Annahme jedenfalls deshalb, weil der Antragsteller den künftigen Anspruch auf den Veräußerungserlös von seiner Mutter unentgeltlich erlangt hat.

3. Zutreffend hat das FA schließlich der Berechnung des Veräußerungsgewinns nicht den gemeinen Wert der Anteilsrechte zum Zeitpunkt des Eintritts der Steuerverhaftung zugrunde gelegt. Die hiervon abweichende Ansicht des Antragstellers stützt sich im Kern auf die Erwägung, daß die durch § 17 EStG angeordnete Durchbrechung der Nichtsteuerbarkeit privater Vermögenszuwächse ihren inneren Sinn aufgrund der Vergleichbarkeit der wesentlichen Beteiligung mit einem Mitunternehmeranteil erhalte. Demgemäß sei auch im Rahmen des § 17 EStG nur der Wertzuwachs der Besteuerung zu unterwerfen, der in der Zeit der Steuerverhaftung der Anteilsrechte eingetreten sei (vgl. insbesondere Crezelius, Der Betrieb - DB - 1997, 195; Schmidt, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1996, 300, und Finanz-Rundschau 1994, 158, jeweils m. w. N.).

a) Der BFH hat sich mit dieser Auffassung bereits mehrfach auseinandergesetzt und in ständiger Rechtsprechung betont, daß die Auslegung des § 17 EStG an seinem Wortlaut auszurichten und es nicht Aufgabe der Gerichte sei, die hierbei gewonnenen Ergebnisse aufgrund einer anderen rechtspolitischen Einschätzung zu korrigieren. Letzteres komme nur dann in Betracht, wenn die Wortlautinterpretation zu sinnwidrigen Steuerbelastungsfolgen führen würde (Urteil vom 30. März 1993 VIII R 44/90, BFH/NV 1993, 597).

Hieran ist festzuhalten. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 178, 197, BStBl II 1995, 870 betont hat, besteht der im Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 1 und 2 EStG eindeutig zum Ausdruck gebrachte Zweck der Bestimmung darin, den durch die Veräußerung des Gesellschaftsanteils eingetretenen Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit zu erfassen (vgl. hierzu ausführlich Wolff-Diepenbrock, Festschrift für F. Klein, 1994, 875). Die hiermit verbundene Besteuerung des gesamten Wertzuwachses zwischen Anschaffung der Anteile und deren Veräußerung geht zwar - worauf die eingangs dargestellte Kritik zu Recht hinweist - insofern über die Belastungsfolgen des § 16 EStG hinaus, als letztere Vorschrift nur auf eine Erfassung der Wertsteigerungen im Betriebsvermögen zielt (vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 1993, 597). Gleichwohl gibt dieser Befund keinen Anlaß zu einer einschränkenden Auslegung, da § 17 EStG Mitunternehmer und wesentlich Beteiligte nicht in jeder Hinsicht gleichstellen will. Vielmehr liegt es innerhalb der Zielsetzung des dargestellten Gesetzeszwecks, daß sie sich lediglich in typisierender Weise an die Besteuerung von Mitunternehmeranteilen anlehnt und demgemäß auch nur darauf gerichtet ist, grobe Ungleichbehandlungen auszuschließen (BFH-Urteil in BFHE 178, 197, BStBl II 1995, 870). Dies wird insbesondere auch an dem - dem anhängigen Streitfall in gewisser Hinsicht spiegelbildlichen - Sachverhalt deutlich, daß der zunächst wesentlich Beteiligte nach Ablauf der Fünfjahresfrist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die ihm verbliebenen Anteilsrechte veräußert und demgemäß - im Gegensatz zur schrittweisen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils - einen nicht der Einkommensbesteuerung unterworfenen Veräußerungsgewinn erzielt. Der Senat hat hierzu bereits in seinem Urteil vom 10. November 1992 VIII R 40/89 (BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222) ausgeführt, daß er in dieser zeitlichen Begrenzung der Steuerverhaftung einen gewissen Ausgleich für die Erfassung von Mehrwerten sieht, die sich innerhalb der Fünfjahresfrist nach Absinken der Beteiligung auf 25 v. H. (und darunter) gebildet haben. Nichts anders gilt für die vorliegend zu beurteilende und verfassungsrechtlich unbedenkliche Erfassung von Wertsteigerungen vor Erreichen der Wesentlichkeitsgrenze (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20. November 1984 1 BvR 727/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 381; BFH-Urteile in BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646; vom 5. November 1998 VIII B 30/98, nicht veröffentlicht).

b) Entgegen einzelner Stimmen in der Literatur kann die Einschränkung der Verlustberücksichtigung in § 17 Abs. 2 Satz 4 durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) nicht als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens des Inhalts gewertet werden, daß der Ermittlung von Veräußerungsgewinnen oder -verlusten durchgängig der gemeine Wert der Anteilsrechte bei Eintritt der Steuerverhaftung i. S. des § 17 EStG zugrunde zu legen sei (so Schmidt, StuW 1996, 300). Abgesehen davon, daß § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG 1996 für das Streitjahr keine Anwendung findet, dient die Bestimmung ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BRDrucks 171/95, 133) dazu, Gestaltungen zu erschweren, die es nach früherer Rechtslage ermöglichten, durch kurzfristigen Anteilszukauf "eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen". Demgemäß knüpft auch diese Vorschrift - im Sinne einer Ausnahmeregelung - an den Grundsatz an, daß sowohl der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns als auch eines Veräußerungsverlusts die (historischen) Anschaffungskosten zugrunde zu legen sind, sofern im Zeitpunkt der Veräußerung Anteilsrechte veräußert werden, die nach § 17 Abs. 1 EStG der Steuerverhaftung unterliegen (gl. A. Herzig/Förster, DB 1997, 594; Niehus/Wilke, StuW 1997, 35).