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  BFH-Beschluss vom 21.4.1999 (I B 99/98) BStBl. 2000 II S. 254

Honorare, die Künstler und Schriftsteller für die Teilnahme als Interviewpartner in Talkshows erhalten, führen grundsätzlich nicht zu Einkünften aus der Ausübung oder Verwertung einer entsprechenden selbständigen Tätigkeit i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 18 EStG und unterliegen deshalb nicht dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d und Nr. 3, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist ein inländischer Fernsehsender. Sie streitet mit dem Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt - FA -) darum, ob Vergütungen, die sie in den Jahren 1988 bis 1991 ausländischen Künstlern und Schriftstellern für die Mitwirkung an Fernsehsendungen in Talkshows und bei Interviews gezahlt hat, inländische Einkünfte der beschränkt steuerpflichtigen Personen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d und/oder Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begründen. Das FA bejaht dies. Es ist der Auffassung, die Klägerin sei gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG zum Steuerabzug verpflichtet und dürfe durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Die dagegen gerichtete Klage hatte in dem hier noch interessierenden Streitpunkt Erfolg.

Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision, der das Finanzgericht (FG) nicht abgeholfen hat, macht das FA die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m.w.N.). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein.

2. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wird vom FA nicht aufgeworfen. Denn das angefochtene Urteil entspricht der eindeutigen Gesetzeslage.

a) Die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen wird, soweit hier einschlägig, im Wege des Steuerabzugs bei Einkünften erhoben, die aus der im Inland ausgeübten oder verwerteten Tätigkeit als Künstler oder Schriftsteller im Rahmen selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielt werden (§ 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine solche künstlerische Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Februar 1987 IV R 105/85, BFHE 149, 231, BStBl II 1987, 376; vom 22. März 1990 IV R 145/88, BFHE 160, 253, BStBl II 1990, 643). Eine schriftstellerische Tätigkeit hat die Rechtsprechung bejaht, wenn in selbständiger Gestaltung Gedanken schriftlich für die Öffentlichkeit niedergelegt werden (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1975 IV R 142/72, BFHE 117, 456, BStBl II 1976, 192, m.w.N.). Nach den tatrichterlichen Feststellungen des FG, die vom FA nicht mit Verfahrensrügen angegriffen werden und die in einem nachfolgenden Revisionsverfahren für den BFH bindend wären (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), haben sich die im Streitfall in die Haftung als Vergütungsgläubiger einbezogenen Künstler und Schriftsteller nicht in der vorbeschriebenen Weise im Inland betätigt. Ihre Auftritte als Interviewpartner in den von der Klägerin veranstalteten Talkshows stellen keine solchen Tätigkeiten dar, auch wenn Grund für die Einladungen die Bekanntheit und Beliebtheit als Künstler und Schriftsteller gewesen sein wird und wenn die Auftritte den Künstlern und Schriftstellern Gelegenheit boten, sich in ihrer Person der Öffentlichkeit darzustellen. Das FG hat jedoch ausdrücklich festgestellt, dass diese Selbstdarstellungen in allen in Rede stehenden Fällen isoliert erfolgten, nicht mit der Präsentation bestimmter künstlerischer oder schriftstellerischer Leistungen in Zusammenhang standen und deshalb als solche auch keine künstlerischen oder schriftstellerischen Leistungen waren. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden; sie entspricht den tatbestandlichen Vorgaben des § 18 EStG. Damit aber steht für ein etwaiges Revisionsverfahren zugleich fest, dass im Inland keine künstlerischen oder schriftstellerischen Tätigkeiten i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeübt oder verwertet worden sind. Vielmehr handelte es sich um Leistungen der besagten Künstler und Schriftsteller, die im Rahmen der ihnen gewährten Honorarvergütungen zu sonstigen Einkünften i.S. des § 22 Nr. 3 EStG führten und die nicht der beschränkten Steuerpflicht (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG) und dem Steuerabzug unterfallen. Soweit im Schrifttum eine hiervon abweichende Auffassung vertreten worden ist (vgl. Kessler, Finanz-Rundschau 1984, 172, und Kumpf in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 50a EStG Rz. 81), ist dem nicht zu folgen.

b) Die Regelungen in § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ändern daran nichts. Zum einen fehlt es an dafür erforderlichen gewerblichen Tätigkeiten (§ 15 EStG). Zum anderen werden die Einkünfte, die durch die Talk-show-Teilnahme erzielt werden, von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ebenfalls nicht erfasst, weil sie nicht im Sinne dieser Vorschrift mit Leistungen aus künstlerischen oder ähnlichen Darbietungen zusammenhängen. Das wäre nur dann der Fall, sofern sie unmittelbar und anlässlich der eigentlichen Darbietungen erfolgten. Trennbare Leistungen, die unabhängig von solchen Darbietungen erbracht werden, gehören nicht dazu (vgl. Lüdicke in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 49 Rz. 478; Maßbaum in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 49 EStG Rz. 543).