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  BFH-Urteil vom 28.9.2000 (V R 14, 15/99) BStBl. 2001 II S. 78

Der Betreiber eines Sportzentrums, der den Besuchern gegen Pauschalentgelt nicht nur die Möglichkeit eröffnet, die Anlagen im Sportzentrum zu benutzen, sondern auch die Nutzung einer Sauna gestattet, erbringt eine Leistung eigener Art. Diese ist nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG 1993 (Verabreichung von Heilbädern) begünstigt.

UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 9.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 514)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese betrieb in den Streitjahren 1994 und 1995 eine sog. Freizeit-Sport-Fitness-Anlage. Dazu gehörten in dem sog. Trockenbereich neben einem Fitnessraum mit Kraftgeräten eine Halle mit Kraftgeräten, ein Gymnastikraum, ein Kinderspielraum und Solarien und in dem sog. Nassbereich eine Sauna mit Kaltwasserraum sowie ein Ruhe- und Aufenthaltsraum. Die Bereiche wurden durch Umkleideräume, Duschen und Toiletten getrennt.

Die Anlagen der GbR standen überwiegend ihren als Vereinsmitgliedern bezeichneten Kunden zur Verfügung. Diese konnten wählen, ob sie ausschließlich den Fitness- und Gymnastikbereich oder nur den Saunabereich oder ob sie beide Bereiche benutzen wollten. Die Mitglieder, die sowohl den Fitness- als auch den Saunabereich benutzen wollten, zahlten neben einer Aufnahmegebühr einen Monatsbeitrag von 79 DM bei einem Jahresabonnement bzw. bei einem Halbjahresabonnement einen Monatsbeitrag von 99 DM an die GbR. Diese teilte den Beitrag zur Hälfte auf die Nutzung des Trocken- und des Nassbereichs auf.

Mitglieder, die nur einen der beiden Bereiche nutzen wollten, entrichteten dafür ermäßigte Beiträge. Im Streitjahr 1994 benutzten zwei (im Streitjahr 1995 waren es drei) Mitglieder ausschließlich den Saunabereich. Außerdem konnten Nichtmitglieder Tageskarten sowohl für den Fitness- und für den Gymnastikbereich als auch ausschließlich für den Saunabereich erwerben. Durchschnittlich setzte die Klägerin in den Streitjahren monatlich 20 Saunatageskarten für jeweils 16 DM ab.

Abweichend von den Umsatzsteuererklärungen der GbR für die Streitjahre besteuerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Entgelte, die Mitglieder für die Nutzung sowohl des Fitness- als auch des Saunabereichs entrichtet hatten, insgesamt mit dem allgemeinen Steuersatz und wies die dagegen eingelegten Einsprüche zurück.

Dagegen setzte das Finanzgericht (FG) die jeweilige Umsatzsteuer antragsgemäß herab (vgl. Urteil 14 K 190/98 in Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1999, 514). Es sah die Möglichkeit, sowohl den Trocken- als auch den Nassbereich zu benutzen, nicht als einheitliche Leistung, sondern als zwei selbständig zu beurteilende Leistungen an, weil die GbR sie getrennt angeboten und damit den Mitgliedern und den Tagesgästen die Möglichkeit geboten habe, ausschließlich Saunaleistungen in Anspruch zu nehmen. Sie habe gegenüber den Kunden, die zur Nutzung beider Bereiche berechtigt gewesen seien, die Entgelte für Sauna- und Fitnessleistungen getrennt ausgewiesen. Die Aufteilung der Entgelte durch die Klägerin beanstandete das FG nicht.

Mit den Revisionen rügt das FA unrichtige Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993. Es ist der Auffassung, die GbR habe eine einheitliche Leistung durch die Gestattung erbracht, ihre sämtlichen Einrichtungen zu benutzen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und die Klagen gegen die Steuerfestsetzungen für 1994 und 1995 abzuweisen.

Die Klägerin ist den Revisionen entgegengetreten. Sie hält die Vorentscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Senat hält es für zweckmäßig, die Verfahren V R 14/99 (betrifft das Streitjahr 1994) und V R 15/99 (betrifft das Streitjahr 1995) zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

2. Die Revisionen sind begründet.

a) Soweit die Klägerin mit dem Hinweis, der Sachverhalt sei "nicht sauber" dargestellt worden, Verfahrensrügen hätte erheben wollen, genügt ihr Vorbringen nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

b) Die GbR hat durch die Zulassung von Mitgliedern zur Benutzung sowohl des Fitness- als auch des Saunabereichs Leistungen erbracht, die dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG 1993) unterliegen.

Mit den bezeichneten Leistungen erfüllte die GbR nicht die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG 1993. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern (§ 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG 1993).

Der Senat hat zu dieser Vorschrift entschieden, dass der Betreiber eines Sportzentrums, der sog. Clubmitgliedern neben einer Sauna noch weitere nicht von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG 1993 erfasste Einrichtungen und Leistungen gegen ein monatliches Pauschalentgelt unabhängig von der wirklichen Inanspruchnahme zur Verfügung stellt, keine Heilbäder verabreicht (Urteile vom 28. Januar 1999 V R 88/98, BFH/NV 1999, 992; vom 8. September 1994 V R 88/92, BFHE 175, 471, BStBl II 1994, 959). Mit einer solchen Leistung wendet der Betreiber dem Empfänger das Recht zu, die Einrichtungen und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten in der Gesamtheit in Anspruch zu nehmen. Die insoweit einheitliche Leistung überschreitet den in § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG 1993 gesetzten Rahmen. Dies geschieht auch in den Streitfällen.

c) Diese einheitliche Leistung der Zulassung zur Nutzung einer Gesamtanlage mit Trocken- und Nassbereich kann auch nicht durch eine getrennte Aufzeichnung ihrer Bestandteile oder durch die kalkulatorische Aufspaltung des Entgelts auf die Leistungsbestandteile wieder in mehrere einzelne Leistungen zerlegt werden, die z.T. die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG 1993 erfüllen würden. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der einheitlichen Leistung durch Einräumung der Nutzung sämtlicher Bereiche der Klägerin wird nicht dadurch geändert, dass einzelne Leistungsempfänger nur den Saunabereich benutzen.

d) Es braucht deshalb auch nicht vertieft zu werden, ob Leistungen durch Zulassung zur Benutzung einer Sauna in einer Freizeit-Sport-Fitness-Anlage überhaupt die Voraussetzungen erfüllen, unter denen "Heilbäder verabreicht" werden und ob insoweit "Thermalbehandlungen" i.S. des Art. 12 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG in der in den Streitjahren geltenden Fassung i.V.m. Anlage H Nr. 16 vorliegen.

e) Die Vorentscheidungen, die von anderen Grundsätzen ausgegangen sind, werden aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Gegen die Steuerfestsetzungen in den angefochtenen Steuerbescheiden sind andere als die geprüften Einwendungen nicht erhoben worden.