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  BFH-Urteil vom 29.11.2000 (I R 102/99) BStBl. 2001 II S. 195

1. Führt der Arbeitgeber für zunächst als steuerfrei behandelten Arbeitslohn nachträglich Lohnsteuer an das FA ab, so fließt dem Arbeitnehmer hierdurch zusätzlicher Arbeitslohn zu. Das gilt unabhängig davon, ob die nachträglich lohnversteuerten Einkünfte tatsächlich sachlich steuerpflichtig waren oder nicht.

2. Nach Art. 15 DBA-Zypern in Zypern zu besteuernde Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nicht von der deutschen Einkommensteuer freigestellt, wenn sie nach dem Steuerrecht Zyperns nicht der dortigen Einkommensteuer unterliegen.

EStG § 11 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1, § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 38; DBA-Zypern Art. 15 Abs. 1 und 2; Protokoll zum DBA-Zypern.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 2000, 74)

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die nachträgliche Abführung von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) zu steuerpflichtigen Einkünften des Klägers führt. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang streitig, ob die Zahlung der Lohnsteuer deshalb nicht zu einem steuerpflichtigen Vorteil des Klägers geführt hat, weil die der Lohnsteuer unterworfenen Einkünfte des Klägers durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 9. Mai 1974 (DBA-Zypern) von der deutschen Einkommensteuer freigestellt waren.

Der Kläger war in den Jahren bis 1989 für die in Deutschland ansässige X-AG nichtselbstständig tätig. In der Zeit vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Juli 1991 wurde er in einer in Zypern tätigen Tochtergesellschaft der X-AG eingesetzt. Für diese Zeit zog der Kläger, der bis dahin im Inland gewohnt hatte, mit seiner Familie nach Zypern. Seine inländische Wohnung behielt der Kläger bei; nach dem Abschluss der Tätigkeit in Zypern kehrte die Familie in diese Wohnung zurück.

Während seines Aufenthalts in Zypern überwies die X-AG dem Kläger einen Teil seines Arbeitslohns nach Zypern. Der größere Teil des Arbeitslohns wurde demgegenüber weiterhin auf ein im Inland unterhaltenes Bankkonto des Klägers überwiesen. Einen Lohnsteuerabzug nahm die X-AG weder hinsichtlich der nach Zypern noch hinsichtlich der auf das inländische Konto geleisteten Zahlungen vor. Ursache hierfür war eine vom Betriebsstätten- Finanzamt (FA A) erteilte Lohnsteuer-Anrufungsauskunft des Inhalts, dass der für die Tätigkeit in Zypern gezahlte Arbeitslohn des Klägers gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Zypern im Inland nicht dem Steuerabzug unterliege. In seinen Einkommensteuererklärungen 1989 bis 1991 erklärte der Kläger den ihm für seine Tätigkeit in Zypern gezahlten Arbeitslohn ebenfalls nicht.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der X-AG vertrat das FA A die Auffassung, dass der auf das inländische Konto des Klägers gezahlte Teil des Arbeitslohns der deutschen Einkommensteuer unterliege. Daraufhin entrichtete die X-AG im Streitjahr (1993) für den betreffenden Arbeitslohn Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschläge nach, ohne sie beim Kläger zurückzufordern. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ gegenüber dem Kläger in den Jahren 1994 und 1995 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1989 bis 1991, in denen er die auf das inländische Konto überwiesenen Lohnanteile als steuerpflichtige Einnahmen erfasste und zugleich die von der X-AG nachgezahlten Beträge anrechnete. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Bei der Veranlagung für das Streitjahr behandelte das FA die von der X-AG geleisteten Steuernachzahlungen als im Streitjahr zugeflossene Einnahmen des Klägers. Einspruch und Klage gegen den auf dieser Basis erlassenen Steuerbescheid hatten im Streitpunkt keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 74 abgedruckt.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 11, 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der Vorschriften des DBA- Zypern.

Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1993 unter Berücksichtigung eines um 129.524,08 DM niedrigeren zu versteuernden Einkommens festzusetzen.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Zahlung der Lohnsteuer durch die X-AG eine steuerpflichtige Einnahme des Klägers darstellt und dass diese dem Kläger im Streitjahr zugeflossen ist. Der Besteuerung dieser Einnahme stehen die Regelungen des DBA-Zypern nicht entgegen:

1. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Einkommensteuer unterliegen, gehören u.a. sowohl die Gehälter als auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). In diesem Zusammenhang ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Die im Streitfall zu beurteilende Zahlung der X-AG ist hiernach als steuerpflichtiger Vorteil des Klägers anzusehen. Das folgt schon daraus, dass durch sie für den Kläger ein Anspruch auf Erstattung oder Anrechnung des von der X-AG gezahlten Betrages entstanden ist:

a) Nach § 38 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben, soweit dieser - wie im Streitfall - von einem inländischen Arbeitgeber (§ 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) gezahlt wird. Der Arbeitgeber ist u.a. zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet (§ 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Er handelt hierbei aber für Rechnung des Arbeitnehmers, der Schuldner der Lohnsteuer ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die auf diese Weise erhobene Steuer wird bei der Veranlagung des Arbeitnehmers auf dessen Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG).

Die hiernach vorgesehene Anrechnung eines vom Arbeitgeber abgeführten Lohnsteuerbetrags hängt nicht davon ab, ob die Lohnsteuer tatsächlich geschuldet wurde und der Arbeitgeber zur Abführung verpflichtet war. Sie findet vielmehr auch dann statt, wenn die der Lohnsteuer unterworfenen Einkünfte in Wahrheit nicht sachlich steuerpflichtig waren und die Lohnsteuer deshalb zu Unrecht abgeführt worden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 2000 VII R 3/00, BFHE 192, 398, BStBl II 2000, 581). Diese Sachbehandlung stimmt wertungsmäßig mit der Regelung in § 37 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) überein, nach der ein Anspruch auf Rückzahlung eines zu Unrecht geleisteten Betrages demjenigen zusteht, für dessen Rechnung die betreffende Leistung erfolgt ist. Denn auch dann, wenn der Arbeitgeber eine nicht geschuldete Lohnsteuer abführt, leistet er sowohl aus seiner eigenen Sicht als auch aus derjenigen der Finanzbehörde für Rechnung des Arbeitnehmers; die Zahlung stellt sich also in dieser Situation für den Leistenden wie für den Empfänger als Leistung des Arbeitnehmers dar (vgl. zur Haftung für Lohnsteuer insoweit auch BFH-Urteil vom 29. Oktober 1993 VI R 26/92, BFHE 172, 472, BStBl II 1994, 197, unter II. 1. b).

Hieraus folgt für den Streitfall, dass die Zahlung der X-AG unabhängig davon zu einer steuerpflichtigen Einnahme des Klägers führte, ob dessen Einkünfte aus der Tätigkeit in Zypern der Einkommensteuer unterlagen oder nicht. Deshalb kann insbesondere die zwischen den Beteiligten streitige Frage nach dem abkommensrechtlichen Besteuerungsrecht für diese Einkünfte hier offen bleiben. Jedenfalls erlangte der Kläger durch die genannte Zahlung einen Anspruch auf Anrechnung und ggf. Rückzahlung des für seine Rechnung geleisteten Betrags. Das ist ein geldwerter Vorteil, der - wie keiner weiteren Darlegung bedarf - auf dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der X-AG beruht. Damit sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Streitfall erfüllt.

b) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus den Rechtsgrundsätzen zur "aufgedrängten Bereicherung". Denn eine solche liegt im Streitfall nicht vor:

Nach der Rechtsprechung des BFH spricht es gegen die Annahme von Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil derart aufdrängt, dass dieser sich dem nicht ohne Inkaufnahme von Nachteilen entziehen kann (BFH-Urteile vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39, 42; vom 2. Februar 1990 VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472, 473; vom 9. März 1990 VI R 48/87, BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711, 714). Ein solches Vorgehen ist ein Indiz dafür, dass der Arbeitgeber nicht oder allenfalls nachrangig im Interesse des Arbeitnehmers, ganz überwiegend aber in seinem eigenen (eigenbetrieblichen) Interesse handelt. Tritt aber die Vorteilsgewährung gegenüber dem Arbeitnehmer ganz oder nahezu vollständig hinter das Interesse des Arbeitgebers zurück, so kann dessen Leistung nicht als Arbeitslohn gewertet werden (BFH-Urteile vom 20. September 1985 VI R 120/82, BFHE 144, 435, BStBl II 1985, 718, 719; vom 4. Juni 1983 VI R 95/92, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687, 689).

Die hiermit beschriebenen Regeln über die "aufgedrängte Bereicherung" greifen indessen nicht, wenn die Leistung des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer einen individuellen und konkreten Vorteil bringt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. März 1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726; in BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472, 473, und in BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687, 689). Einen solchen hat der Kläger im Streitfall erlangt. Bei dem Anrechnungs- oder Erstattungsanspruch gegenüber dem FA handelte es sich nämlich um einen Geldanspruch gegen einen solventen Schuldner, der für den Kläger ohne weiteres verwertbar war und in der Folge - im Wege der Anrechnung auf die festgesetzte Einkommensteuer 1989 bis 1991 - tatsächlich verwertet worden ist. Der Nutzen dieses Anspruchs für den Kläger tritt selbst dann, wenn die X-AG vorrangig ihrer eigenen Abführungspflicht nachkommen wollte, jedenfalls nicht vollständig hinter dieses Interesse der Arbeitgeberin zurück. Damit aber liegt Arbeitslohn vor. Vor diesem Hintergrund kann erneut offen bleiben, ob die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit in Zypern der deutschen Einkommensteuer unterlagen und ob deshalb der Kläger durch die Lohnsteuerzahlung von einer bestehenden Steuerschuld frei geworden ist.

2. Der hiernach vorliegende Arbeitslohn ist bei der Besteuerung für das Streitjahr zu berücksichtigen, da er dem Kläger im Streitjahr zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Annahme des Klägers, dass ein Zufluss erst bei Erlass der geänderten Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 erfolgt sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es ist zwar richtig, dass erst im Rahmen dieser Bescheide die Lohnsteuerzahlung mit Steuerschulden des Klägers verrechnet worden ist. Darauf kommt es aber für den Zufluss des Lohnsteuerbetrags nicht an:

Ein Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn der Empfänger einer Leistung die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Leistungsobjekt erlangt (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1985 VIII R 15/83, BFHE 145, 538, BStBl II 1986, 342, m.w.N.). Dafür reicht es zwar in der Regel nicht aus, dass ein Anspruch auf die Leistung besteht; ein Zufluss beim Gläubiger der Leistung tritt vielmehr zumeist erst mit der Erfüllung des Anspruchs ein (BFH-Urteil vom 12. November 1997 XI R 30/97, BFHE 184, 505, BStBl II 1998, 252; BFH-Beschluss vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684; Thomas, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1999, 710, 711). Hiervon zu unterscheiden ist jedoch der Fall, in dem die Leistung darin besteht, dass der Leistende eine Forderung des Leistungsempfängers gegen einen Dritten begründet. In dieser Situation erfolgt der Zufluss nicht erst mit der Leistung des Dritten auf die Forderung, sondern schon mit deren Entstehung. Das gilt auch dann, wenn die Erfüllung der Forderung durch den Dritten nicht sofort verlangt werden kann, sondern von bestimmten Bedingungen abhängt.

So herrscht insbesondere Einigkeit darüber, dass die Überweisung eines Geldbetrages auf ein Bankkonto den Zufluss des Betrages bei dem Kontoinhaber bewirkt (Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 11 EStG Anm. 46; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 11 Rz. 30 "Überweisungen"). Dasselbe gilt aber auch im Fall der Zahlung auf ein zunächst gesperrtes Konto (BFH-Urteil vom 23. April 1980 VIII R 156/75, BFHE 131, 41, BStBl II 1980, 643) oder auf ein Notaranderkonto (BFH-Urteil vom 30. Januar 1986 IV R 125/83, BFHE 146, 59, BStBl II 1986, 404). Ebenso führt die Zahlung eines Arbeitgebers an eine Versorgungseinrichtung zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn die Versorgungseinrichtung dem Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch auf Versorgung gewährt (BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246, m.w.N.). Im Streitfall muss dasselbe gelten.

Denn hier hat die X-AG durch die streitige Zahlung einen Anspruch des Klägers gegen das FA begründet, das - aus der Sicht der Leistungsbeziehung zwischen der X-AG und dem Kläger - Dritter war. Ihre für Rechnung des Klägers erfolgte Zahlung ist letztlich genau so zu beurteilen, wie wenn die X-AG den entsprechenden Betrag an den Kläger ausgezahlt und dieser ihn sodann an das FA A weitergeleitet hätte. Dass der durch die Zahlung bewirkte Anspruch des Klägers gegen das FA nicht sofort, sondern erst im Anschluss an den Erlass entsprechender Bescheide erfüllt werden musste, hindert den sofortigen Zufluss ebenso wenig wie z.B. die Eintragung eines Sperrvermerks auf dem Empfängerkonto.

3. Für die Bestimmung des Zuflusszeitpunkts unerheblich ist der Vortrag des Klägers, dass er mit der X-AG eine Nettolohn- Vereinbarung getroffen habe. Insbesondere könnte eine solche Vereinbarung nicht dazu führen, dass der streitige Lohnsteuerbetrag dem Kläger schon im Zeitpunkt der jeweiligen Lohnzahlung - also in den Jahren 1989 bis 1991 - zugeflossen ist. Zwar hat der VI. Senat des BFH entschieden, dass im Fall der Nettolohnvereinbarung der bei der Veranlagung anzusetzende Nettolohn um die vom Arbeitgeber zu übernehmende Steuer zu erhöhen ist (Urteil vom 26. Februar 1982 VI R 123/78, BFHE 135, 211, BStBl II 1982, 403, 404 m.w.N.). Dahinter steht aber erkennbar die Einschätzung, dass bei Bestehen einer solchen Vereinbarung der Steuerbetrag dem Arbeitnehmer schon mit der Auszahlung des Nettolohns zufließt (Blümich/Thürmer, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 39b EStG Rz. 131). Im Streitfall kann dies jedoch nicht gelten.

Denn die genannte Sachbehandlung beruht auf dem Gedanken, dass einerseits der Arbeitgeber mit der Auszahlung des Nettolohns zugleich die auf einen entsprechenden Bruttolohn entfallende Lohnsteuer einbehält (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1985 VI R 238/80, BFHE 145, 198, BStBl II 1986, 186, 187; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 38 Rdnr. D 26 "Nettolohn") und dass andererseits die Einbehaltung durch den Arbeitgeber die Steuerschuld des Arbeitnehmers erlöschen lässt (BFH in BFHE 145, 198, BStBl II 1986, 186, 187; Trzaskalik, a.a.O., § 38 Rdnr. D 6; Blümich/Thürmer, a.a.O., § 38 EStG Rz. 111, m.w.N.). Diese Überlegung greift nicht, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags - wie im Streitfall - den gezahlten Arbeitslohn für steuerfrei halten. Denn dann hat der Arbeitgeber erkennbar keine Veranlassung zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer, so dass für die Annahme eines Erlöschens der Steuerschuld des Arbeitnehmers kein Anknüpfungspunkt besteht. Die Lage ähnelt vielmehr derjenigen, in der der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten und abgeführt hat und sich nach Aufdeckung dieses Umstands zur Übernahme der zusätzlichen Steuer entschließt. Dort wird der Verzicht auf Rückgriffsansprüche gegen den Arbeitnehmer als eigenständiger Vorgang verstanden, der insbesondere zu einem gesonderten Zufluss des Steuerbetrags im Zeitpunkt des Verzichts führt (BFH-Urteil vom 27. September 1957 VI 24/56 U, BFHE 65, 480, BStBl III 1957, 418). In der hier zu beurteilenden Konstellation muss dasselbe gelten. Mithin ist auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts die nachgezahlte Lohnsteuer dem Kläger im Zeitpunkt der Zahlung - also im Streitjahr - zugeflossen.

4. Der Besteuerung des (zusätzlichen) Arbeitslohns steht das DBA- Zypern nicht entgegen.

Bei der Anwendung dieses Abkommens ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zuflusses abzustellen. Damals war der Kläger in Deutschland ansässig. Ob bei dieser Sachlage nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Zypern die Zahlung der X-AG in Zypern besteuert werden darf und ob die betreffenden Einkünfte im Fall ihrer Besteuerung in Zypern von der deutschen Besteuerung ausgenommen werden müssten (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Zypern), kann im Streitfall offen bleiben. Denn das deutsche Besteuerungsrecht ist abkommensrechtlich jedenfalls deshalb nicht ausgeschlossen, weil die streitige Zahlung nach zyprischem Recht nicht der dortigen Besteuerung unterliegt. Das ergibt sich aus Nr. 2 des Protokolls zum DBA-Zypern:

a) Die genannte Regelung hat, soweit im Streitfall von Interesse, folgenden Wortlaut: "Sind auf Grund einer Bestimmung der Art. 6 bis 21 des Abkommens Einkünfte, die aus einem Vertragsstaat stammen ..., in diesem Staat von der Steuer befreit und werden diese Einkünfte nach dem in dem anderen Vertragsstaat geltenden Recht unter Zugrundelegung des Betrages ... besteuert, der in den anderen Staat überwiesen oder dort bezogen wird, nicht aber unter Zugrundelegung des vollen Betrages der Einkünfte, so gilt die nach dem Abkommen in dem erstgenannten Staat zu gewährende Befreiung nur für den Teil der Einkünfte, der in den anderen Staat überwiesen oder dort bezogen wird." Vereinfacht ausgedrückt heißt dies: Stammen Einkünfte aus dem an sich nicht steuerberechtigten Vertragsstaat, sieht aber das nationale Steuerrecht des steuerberechtigten Vertragsstaates nur eine Besteuerung der dorthin überwiesenen oder dort bezogenen Einkünfte vor, so können die hiernach in jenem Staat nicht zu besteuernden Einkünfte in dem anderen Staat (Quellenstaat) besteuert werden. Diese Bestimmung trägt dem Steuerrecht Zyperns Rechnung, das ausländische Einkünfte nur dann für steuerpflichtig erklärt, wenn sie entweder nach Zypern überwiesen oder dort vereinnahmt werden oder sich ihre Quelle in Zypern befindet (vgl. Müller in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Zypern Rz. 15 f.). Sie soll verhindern, dass es wegen dieser Besonderheit des zyprischen Steuerrechts zu einer vollständigen Nichtbesteuerung von Einkünften kommt.

b) Die im Streitfall zu beurteilende Lohnsteuerzahlung durch die X-AG unterliegt der im Protokoll getroffenen Sonderregelung. Sie stammt aus Deutschland, da sie von einer hier ansässigen Arbeitgeberin gezahlt worden ist. Sie ist weder nach Zypern überwiesen noch dort entgegengenommen worden; im Zeitpunkt der Zahlung befanden sich vielmehr sowohl der unmittelbare Zahlungsempfänger - das FA A - als auch der Kläger im Inland. Im weiteren Verlauf ist der gezahlte Betrag ebenfalls nicht nach Zypern gelangt, weshalb nicht die zwischen den Beteiligten streitige Frage erörtert werden muss, wie ein zunächst in Deutschland entgegengenommener und sodann nach Zypern weitergeleiteter Arbeitslohn abkommensrechtlich zu behandeln wäre. Vielmehr ist im Ergebnis davon auszugehen, dass es sich um einen Vorgang handelt, der nach zyprischem Recht nicht der dortigen Besteuerung unterliegt und deshalb nach Nr. 2 des Protokolls in Deutschland besteuert werden kann. Hiermit stimmt überein, dass auch der Kläger nicht behauptet hat, in Zypern mit diesen Einkünften der Steuer unterworfen worden zu sein.

5. Im Ergebnis hat das FA deshalb zu Recht die streitige Zahlung in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer für das Streitjahr einbezogen. Sonstige Rechtsfehler des angefochtenen Bescheids sind weder aus den Feststellungen des FG abzuleiten noch vom Kläger geltend gemacht worden. Damit erweisen sich der angefochtene Bescheid und das FG-Urteil als richtig, so dass die Revision gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückgewiesen werden muss.