| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 6.3.2001 (VII R 38/00) BStBl. 2001 II S. 370

1. Die Festlegung der Bestehensgrenze in der Steuerberaterprüfung auf die Durchschnittsnote 4,15 entspricht höherrangigem Recht.

2. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Prüfungsrechts, wonach eine Zwischennote der besseren Note zugeordnet werden muss; das gilt auch im Hinblick auf die Feststellung des Bestehens der Prüfung anhand einer Berechnung des Durchschnitts der Noten für einzelne Prüfungsleistungen.

StBerG §§ 37a, 158 Abs. 1 Nr. 1b; DVStB § 15, § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 2001, 43)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat in der Steuerberaterprüfung 1997 die Gesamtnote 4,23 (bei richtiger Berechnung 4,21) erzielt. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Beklagten und Revisionsklägerin (Oberfinanzdirektion - OFD -) hat ihm daraufhin im Anschluss an die mündliche Prüfung mitgeteilt, dass er die Prüfung nicht bestanden habe. Eine Begründung für die schlechte Bewertung seiner Leistungen (im Schriftlichen 4,5, 3,5 und 4,0 und im Mündlichen 4,66, fünfmal 4,5 und 4,08) verlangte der Kläger auf Befragen nicht. Er erhob jedoch gegen die Prüfungsentscheidung Klage, mit der er die fehlerhafte Bewertung seiner Leistungen und Verfahrensfehler rügte.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Prüfungsentscheidung mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 43 veröffentlichten Urteil aufgehoben und die OFD verpflichtet, die Steuerberaterprüfung für bestanden zu erklären. Es hielt zwar die vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen das Prüfungsergebnis für unbegründet, die vom Prüfungsausschuss aus den (teilweise, jedoch ohne Auswirkung auf die Bestehensfeststellung auf Zehntel- und Hundertstelwerte festgesetzten) Noten gezogene Schlussfolgerung des Nichtbestehens der Prüfung indes für nicht gerechtfertigt, weil entgegen der - nach Auffassung des FG nichtigen - Regelung in § 28 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) die Prüfung bei einer Gesamtnote von 4,23 für bestanden erklärt werden müsse.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG zugelassene Revision der OFD, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Aufgrund der Ermächtigung des § 158 Abs. 1 Nr. 1 b des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) habe die in der vorgenannten Vorschrift enthaltene Regelung getroffen werden können, wonach die Prüfung als nicht bestanden gilt, wenn die durch zwei geteilte Summe aus den Gesamtnoten für die schriftliche und die mündliche Prüfung die Zahl 4,15 übersteigt. Der vom FG in seiner Argumentation verwendete Begriff der "noch ausreichenden" Prüfungsleistung finde sich weder im StBerG noch in der DVStB. § 15 DVStB betreffe nur die schriftliche und die mündliche Prüfung, nicht aber die Note für die Gesamtprüfung; eine solche Note werde nach § 28 Abs. 1 Satz 3 DVStB nicht erteilt. Die Wertungen des Notenschemas des § 15 DVStB seien deshalb weder bindend noch prägend für die Wertgrenze, die in § 28 Abs. 1 DVStB festgesetzt ist.

Aus der Entwicklung der Rechtsvorschriften über die Steuerberaterprüfung ergebe sich im Übrigen, dass der Verordnungsgeber den Durchschnittswert 4,5 nicht als Nachweis ausreichender Kenntnisse und Fähigkeiten für die ordnungsgemäße Ausübung des Steuerberaterberufes verstanden habe. Der Grenzwert für das Bestehen der Prüfung sei erstmals durch die Änderungsverordnung zur DVStB vom 5. Dezember 1973 in Anlehnung an die Prüfungsordnung für Wirtschaftsprüfer und für Steuerbeamte im Interesse einer bundeseinheitlichen Regelung festgelegt worden, nachdem bis dahin in den einzelnen Ländern unterschiedlich verfahren worden sei. Für die Ermittlung dieses Grenzwertes sei es erforderlich geworden, die Ergebnisse der beiden Prüfungsteile ziffernmäßig zu bewerten; deshalb seien in der Änderungsverordnung insoweit Ziffernangaben eingeführt worden, wobei zunächst keine Zwischennoten vorgesehen worden seien. Die Notenstufe 4 sei als eine Leistung beschrieben worden, die durchschnittlichen Anforderungen entspricht. Die Wertung "noch ausreichend" sei nicht vorgesehen gewesen. Daran habe sich erkennbar nichts dadurch ändern sollen, dass erstmals in der DVStB von 1979 Zwischennoten für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen zugelassen wurden. Der Wertmaßstab für die Bestehensgrenze habe sich dadurch nicht ändern sollen.

Das Gleiche gelte für die 1979 erstmalig eingeführte Zahl 4,5 als Grenze für die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Zuvor sei dafür in der Verordnung u.a. der Fall angeführt gewesen, dass eine der schriftlichen Arbeiten mit 4, die anderen beiden mit 5 bewertet worden seien, der Notendurchschnitt also bei 4,66 gelegen habe. Mit der Einführung der Zahl 4,5 sei der Erkenntnis Rechnung getragen worden, dass im steuerberatenden Beruf auf ein Mindestmaß der Befähigung zur schriftlichen Bearbeitung nicht verzichtet werden könne. Dies entspreche nicht dem Ziel der Steuerberaterprüfung, wie es später in § 37a StBerG definiert worden sei, nämlich dass der Bewerber durch die Prüfung darzutun habe, dass er in der Lage ist, den Beruf eines Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Der Verordnungsgeber habe den Wert 4,5 nicht als "noch ausreichend" in dem vom FG behaupteten Sinne verstanden. In der Begründung der Änderungsverordnung sei zu § 25 Abs. 3 DVStB vielmehr ausdrücklich hervorgehoben worden, dass die Note 4,5 ausnahmsweise als ausreichend gelte, und zwar nur im Zusammenhang mit der Zulassung zur mündlichen Prüfung.

Darüber hinaus könne aber dem Urteil des FG auch aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

In § 37a StBerG seien einzelne Prüfungsgebiete benannt, die der Prüfling zum Teil umfassend, zum Teil in den Grundzügen beherrschen müsse. In den Kernbereichen des Steuerrechts seien detailliertere Kenntnisse erforderlich als in weniger bedeutsamen Bereichen. Bei einer Bestehensgrenze von 4,5 sei der Nachweis, dass der Prüfling die erforderlichen Kenntnisse in den Kernbereichen habe, nicht gewährleistet. Zwar sei auch bei einer Bestehensgrenze von 4,15 bei einer entsprechenden Notenkonstellation denkbar, dass ein Prüfling den Wert erreiche, ohne in den Kernbereichen eine ausreichende Leistung zu erbringen. Dies sei aber weniger wahrscheinlich als bei einem Wert von 4,5.

Die Festlegung der Bestehensgrenze auf 4,15 sei nicht unverhältnismäßig. In dem Notenschema des § 19 DVStB 1973, mit welchem jener Wert eingeführt worden sei, sei 4 als eine Leistung definiert gewesen, die durchschnittlichen Anforderungen entspricht. An dieser Entscheidung habe sich der Verordnungsgeber offensichtlich bei der Festlegung der Bestehensgrenze orientiert; dass er die Grenze nicht auf 4, sondern auf 4,15 festgelegt habe, trage dem Gebot Rechnung, den Zugang zum Beruf nicht unverhältnismäßig einzuschränken. Wenn einem Prüfling mit der Note 4,5 im schriftlichen Prüfungsteil, welche Note entgegen der Auffassung des FG keine "noch ausreichende" Prüfungsleistung belege, die Möglichkeit gegeben werde, seine Leistung in der mündlichen Prüfung auf die als ausreichend geltende Bestehensgrenze von 4,15 zu verbessern, dann trage dies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung.

Die OFD beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat sich zu dem Verfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision ist mit dem Ergebnis der Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) begründet. Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB ist die Steuerberaterprüfung nicht bestanden, wenn die durch zwei geteilte Summe aus den Gesamtnoten für die schriftliche und die mündliche Prüfung die Zahl 4,15 übersteigt. Die durch zwei geteilte Summe aus den vom Kläger für die schriftliche und die mündliche Prüfung erzielten Gesamtnoten übersteigt die Zahl 4,15. Der Kläger hat daher die Steuerberaterprüfung nicht bestanden. Die Ansicht des FG, § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB sei insoweit mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nichtig, als die dort als Bestehensquorum festgesetzte Zahl nicht 4,15, sondern 4,5 lauten müsse, ist unzutreffend und mit Bundesrecht nicht zu vereinbaren.

1. § 28 Abs. 1 DVStB beruht auf § 158 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StBerG in der hier noch anzuwendenden, bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. Steuerberatungsänderungsgesetz - 7. StBÄndG -, BGBl I 2000, 874, 1389) geltenden Fassung. Danach ist die Bundesregierung ermächtigt, Bestimmungen über die Durchführung der Steuerberaterprüfung zu erlassen. Die gesetzlichen Vorgaben, die dabei, soweit es hier interessiert, zu beachten sind, ergeben sich aus § 37a StBerG. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 gliedert sich die Prüfung in einen schriftlichen Teil aus drei Aufsichtsarbeiten und in eine mündliche Prüfung, die ebenfalls aus mehreren zunächst gesondert bewerteten Einzelleistungen besteht. Wie sich aus § 37a Abs. 1 StBerG ergibt, müssen die Leistungen des Bewerbers in den drei Aufsichtsarbeiten und in der mündlichen Prüfung insgesamt das Urteil rechtfertigen, dass der Bewerber in der Lage ist, den Beruf eines Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Nähere Vorgaben, wie dies zu ermitteln ist, insbesondere ob dabei ein bestimmtes Notenschema anzuwenden ist und in welcher Weise sich der Prüfungsausschuss (§ 37a Abs. 2 Satz 2 StBerG) aufgrund der von dem Bewerber in den drei Aufsichtsarbeiten und in der mündlichen Prüfung erbrachten Einzelleistungen das erforderliche Gesamturteil darüber bilden soll, ob der Bewerber die Voraussetzungen des § 37a Abs. 1 StBerG erfüllt, enthält das Gesetz - abgesehen von der Festlegung der Prüfungsgebiete in § 37a Abs. 3 StBerG - nicht. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats hat § 37a Abs. 1 StBerG entnommen, der Prüfling habe in der Prüfung darzutun, dass er Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten besitze, die für eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen auf den in § 1 StBerG genannten Gebieten erforderlich sind. Wie dies im Einzelnen festzustellen ist, wie Noten zu vergeben und bei der Feststellung des Ergebnisses der Prüfung zu berücksichtigen sind, hatte der Senat bisher nicht zu entscheiden.

2. Der Verordnungsgeber war mangels gesetzlicher Vorgaben von Gesetzes wegen weitgehend frei, ein Bewertungsschema für die einzelnen Prüfungsleistungen festzulegen und Vorschriften darüber zu erlassen, wie aus den Einzelbewertungen ein Gesamturteil abzuleiten ist. Er hat hiervon zunächst in § 15 Abs. 1 DVStB dahin Gebrauch gemacht, dass er sechs Notenstufen festgelegt hat, wobei die Note "4", deren Bedeutung die Verordnung mit dem Begriff "ausreichend" kennzeichnet, einer Leistung zugeordnet ist, die, abgesehen von einzelnen Mängeln, durchschnittlichen Anforderungen entspricht. Nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift ist eine Bewertung mit halben Zwischennoten zulässig. Deren Bedeutung wird in der Verordnung nicht näher erläutert. Sie ergibt sich jedoch aus der Struktur des Bewertungsschemas. Mangels einer abweichenden Vergaberegel ist nach dem Sinngehalt einer aus aufsteigenden ganzen Zahlen bestehenden Benotungsskala die Zwischennote für eine Leistung zu vergeben, die den Anforderungen der höheren Note nicht mehr entspricht, die aber auch noch nicht in vollem Umfang die Merkmale einer Leistung der nächstniedrigeren Notenstufe aufweist. Die Bewertung einer Leistung mit einer Zwischennote ist mit anderen Worten Ausdruck eines annähernden Patts der für ihre Zuordnung zu der einen oder zu der anderen Note sprechenden Gesichtspunkte.

Wie eine Zwischennote bei der Bildung einer Gesamtnote oder der Feststellung des Bestehens der Prüfung zu berücksichtigen ist, hängt ebenso wie die Frage, ob eine solche Zwischennote überhaupt zugelassen wird, von den Regelungen des einschlägigen Prüfungsrechts ab, bei dessen Ausgestaltung der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber Regelungsermessen in Anspruch nehmen kann. Denn entgegen der Ansicht des FG gibt es keinen "allgemeinen Grundsatz", wonach die Zwischennote noch der besseren Note, die Note 4,5 also der Note ausreichend zugeordnet werden muss, mithin mit dieser Note nach dem Notenschema des § 15 Abs. 1 Satz 2 DVStB bewertete Leistungen durchschnittlichen Anforderungen an einen angehenden Steuerberater entsprechen. Es ist nicht nachvollziehbar, woraus das FG den vorgenannten allgemeinen Grundsatz meint herleiten zu können. Das Urteil des FG setzt sich insbesondere nicht mit der von der Revision angedeuteten Erwägung auseinander, dass eine nach dem Bewertungsschema des § 15 Abs. 1 Satz 2 DVStB schlechter als mit der Note 4,0 bewertete Leistung eine Leistung ist, die die Prüfer bzw. die Prüfungskommission offenbar nicht als eine durchschnittlichen Anforderungen entsprechende Leistung anerkannt haben, wenn sie sich auch nicht entschließen mochten, sie als eine eindeutig mangelhafte Leistung einzustufen. Überdies spricht auch wenig dafür - geschweige denn, dass es vom FG für den Streitfall festgestellt worden wäre -, dass die Notenskala von den Prüfern und Prüfungsausschüssen in dem Sinne gehandhabt worden wäre, den das FG als richtig erkannt zu haben meint. Ist aber die Notenvergabe durch die Prüfer infolge (angeblich) fehlerhafter Anwendung der Zwischennote 4,5 rechtswidrig, kann die beklagte OFD nicht für verpflichtet gehalten werden, eine Prüfung allein deshalb für bestanden zu erklären, weil die Prüfungskommission auf der Grundlage dieser fehlerhaft festgesetzten Zwischennoten eine Gesamtnote errechnet hat, die bei der (angeblich) richtigen Handhabung der Notenskala eine für das Bestehen der Prüfung ausreichende (Gesamt-)Leistung kennzeichnen würde.

3. Das Notenschema des § 15 Abs. 1 Satz 2 DVStB gilt im Übrigen, wie sich aus der Vorschrift eindeutig ergibt, unmittelbar nur für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen. Für die Bewertung des Gesamtergebnisses der Prüfung, für die "Noten" nicht vergeben werden, gilt es nicht und es ergibt sich dafür unmittelbar aus ihm auch sinngemäß nichts. Soll die Einzelbewertung der drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten und der mündlichen Prüfungsleistungen Sinn haben, kann es bei der Feststellung des Gesamtergebnisses nicht um eine unmittelbare Bewertung der Gesamtheit der Leistungen des Prüflings, sondern vielmehr in erster Linie nur darum gehen, aus den Noten für die einzeln bewerteten Prüfungsleistungen mit Hilfe einer mathematischen Rechenoperation oder eines sonstigen, an diese Einzelnoten anknüpfenden, sie möglicherweise unterschiedlich gewichtenden oder einzelnen von ihnen ausschlaggebende Bedeutung zumessenden Verfahrens das Gesamturteil darüber abzuleiten, ob der Prüfling dargetan hat, dass er die Voraussetzungen des § 37a Abs. 1 StBerG erfüllt, die Prüfung also bestanden hat. Allenfalls mag dann noch in einem zweiten Schritt eine gleichsam zusammenfassende Bewertungskorrektur anhand des Gesamteindrucks der Prüfungsleistungen in Betracht kommen, wie sie in manchen Prüfungsordnungen vorgesehen ist, von der DVStB jedoch nicht zugelassen wird.

Die Revision hat freilich mit Recht sinngemäß darauf hingewiesen, dass ein Kandidat mit einer errechneten Gesamtnote von 4,5 u.U. in zentralen, für die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen unerlässlichen Gebieten keine Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt, die durchschnittlichen Anforderungen entsprechen, und er daher so gesehen mit Recht und ohne dass er sich über eine Verletzung seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) beschweren könnte, vom Zugang zum Beruf des Steuerberaters ausgeschlossen werden dürfte. Der Verordnungsgeber hat allerdings strenge Anforderungen dahin, dass der Prüfling auf allen oder zumindest bestimmten, besonders wichtigen Prüfungsgebieten mindestens ausreichende Leistungen erbringen müsse, nicht gestellt; er hat sich vielmehr damit begnügt, ein bestimmtes Notenquorum - 4,15 - vorzuschreiben, das der Bewerber im Durchschnitt seiner Leistungen erreichen muss, um die Prüfung zu bestehen. Der Verordnungsgeber hat für das Gesamturteil insbesondere der Frage keine Bedeutung beigelegt, ob der Prüfling ein insgesamt ausgeglichenes (obgleich schlechtes) Leistungsbild gezeigt hat oder ob er in einzelnen Fächern völlig versagt hat und ob ein solches völliges Leistungsdefizit z.B. in Prüfungsfächern festgestellt worden ist, die für die ordnungsgemäße Berufsausübung besonders wichtig sind oder deren Beherrschung sogar für einen Steuerberater schlechthin unerlässlich ist.

Der Verordnungsgeber der DVStB hat das Problem der Bildung des Gesamturteils auf der Grundlage von Einzelnoten, ohne deren Bedeutung unterschiedlich zu gewichten oder einzelnen Prüfungsfächern bzw. Prüfungsleistungen sogar ausschlaggebende Bedeutung beizulegen, gleichsam rein numerisch dahin gelöst, dass er in § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB eine schlichte Durchschnittsbildung aus der Note für die mündliche Prüfung und der Gesamtnote für die schriftliche Prüfung anordnet, welche nach § 25 Abs. 1 DVStB - und zwar durch Bildung einer Durchschnittsnote - zu errechnen ist. Der Verordnungsgeber konnte dabei davon ausgehen, dass bei gleichsam pauschalierender Betrachtung in einem solchen Fall ungeachtet der in einzelnen Prüfungsteilen erzielten Einzelnoten davon ausgegangen werden kann, dass der Bewerber die Voraussetzungen des § 37a Abs. 1 StBerG erfüllt. Diese Erwartung und damit die vom Verordnungsgeber in § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB gefundene Regelung lassen sich dadurch rechtfertigen, dass ein Kandidat, der einen solchen Notendurchschnitt erzielt, entweder in allen Prüfungsteilen Leistungen erbracht haben wird, die wenigstens annähernd der Definition der Note 4 entsprechen und die daher jedenfalls bei wohlwollender Beurteilung auf für die Berufsausübung ausreichende Kenntnisse und Fertigkeiten schließen lassen, oder dass er ein solches Leistungsniveau zwar in einem oder mehreren Prüfungsteilen verfehlt haben wird, so dass er insoweit die nötige Qualifikation für den Beruf des Steuerberaters (noch) nicht besitzt, dass er dann jedoch in anderen Prüfungsteilen die Qualifikationsanforderungen so deutlich übertroffen haben wird, dass erwartet werden kann, er werde durch Erfahrung und ergänzendes Studium seine Lücken auf den Prüfungsgebieten, in denen er versagt hat, ohne weiteres schließen können.

Der Verordnungsgeber hat sich damit in Ausübung seines gesetzgeberischen Ermessens für eine der denkbaren Methoden entschieden, mit deren Hilfe auf der Grundlage von Einzelleistungen das Gesamturteil der Prüfungskommission in je für sich gesetzmäßiger Weise gebildet werden kann. Es liegt indes nach dem eben Ausgeführten auf der Hand und bedarf daher keiner weiteren Erörterung, dass eine solche (unter Berücksichtigung des § 25 Abs. 1 und des § 27 Abs. 3 DVStB gleichsam doppelte) Durchschnittsberechnung nur einen groben, annäherungsweisen und mit zahlreichen Unsicherheiten behafteten Aufschluss darüber geben kann, ob der Prüfungskandidat die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt, die für eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen erforderlich sind.

Der Verordnungsgeber hatte deshalb einen umso weiteren Gestaltungsspielraum, bei welcher Durchschnittsnote er das pauschalierende Gesamturteil für gerechtfertigt hält, die Prüfung sei bestanden. Die äußerste Grenze dieses Gestaltungsspielraums wird allenfalls durch die Durchschnittsnote 4,0 gekennzeichnet. Würde nämlich bestimmt, dass die Prüfung von Bewerbern, die diese Gesamtnote bei der in § 28 Abs. 1 DVStB festgelegten Berechnungsmethode erreicht haben, schon wegen dieses Notenschnitts für nicht bestanden zu erklären ist, so würden damit u.U. Kandidaten von dem Zugang zum Beruf des Steuerberaters ausgeschlossen, die auf allen tatsächlich geprüften Prüfungsgebieten in allen Einzelabschnitten der Prüfung Leistungen erbracht haben, die durchschnittlichen Anforderungen entsprechen. Da dies hingegen bei Bewerbern, die einen Durchschnitt von unter 4,0 erzielt haben, nicht der Fall ist, solche Bewerber also zumindest in einem einzelnen Prüfungsteil Leistungen gezeigt haben, die durchschnittlichen Anforderungen nicht mehr entsprachen, kann ein Bestehensquorum von unter 4,0 grundsätzlich nicht beanstandet werden. Allenfalls mag insofern noch die Frage gestellt werden, ob das festgelegte Quorum dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, ob der Verordnungsgeber also mit der Festlegung des Quorums überzogene, vor dem Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung des Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigende pauschalierende Anforderungen an den Qualifikationsnachweis in der Steuerberaterprüfung gestellt hat, etwa weil das Quorum schon bei geringfügigen Leistungsausfällen nicht erreicht wird. Diese Frage ist indes nach Ansicht des erkennenden Senats bei einem Bestehensquorum von 4,15 zu verneinen; überzogene Anforderungen an die Gesamtleistung eines Prüflings, der Zugang zum Beruf des Steuerberaters erhalten möchte, kommen darin nicht zum Ausdruck. Auch das FG führt keine erwägenswerten Gesichtspunkte dafür an, dass diese Frage anders zu beantworten sein könnte.

Entgegen der Ansicht des FG gibt es, wie ausgeführt, keinen "allgemeinen Grundsatz", wonach eine Zwischennote noch der besseren Note, die Note 4,5 also der Note ausreichend zugeordnet werden muss. Das gilt auch im Hinblick auf die Bestehensgrenze, mithin im rechnerischen Durchschnitt des Mündlichen und des Schriftlichen mit dieser Note nach dem Notenschema des § 15 Abs. 1 Satz 2 DVStB bewertete Leistungen nicht als durchschnittliche Anforderungen an einen angehenden Steuerberater entsprechend anzusehen sind. Abgesehen davon nämlich, dass die für das Bestehen der Steuerberaterprüfung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB (allein) ausschlaggebende Durchschnittsnote aus der Durchschnittsnote für die schriftlichen Arbeiten und der Bewertungsnote der mündlichen Prüfung für die Feststellung der Voraussetzungen des § 37a Abs. 1 StBerG, wie ausgeführt, ohnehin nicht unmittelbar ergiebig ist, ist für den vorgenannten Grundsatz weder vom FG eine rechtliche Grundlage angegeben worden noch sonst ersichtlich.

4. Aus § 15 Abs. 2 DVStB in der inzwischen erneut geänderten Fassung der Verordnung zur Änderung der DVStB vom 19. August 1991 (DVStB a.F.) lässt sich, anders als das FG meint, kein Gesichtspunkt dafür gewinnen, dass eine mit schlechter als 4,0 bewertete Einzelleistung oder gar eine mit der Gesamtnote 4,5 bewertete Gesamtleistung in der Steuerberaterprüfung eine für die Zulassung zum Beruf des Steuerberaters "noch" ausreichende Leistung ist. Die dahin gehende Ansicht des FG lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch sonst nicht nach den Regeln juristischer Methodik ausreichend begründen.

Nach der vorgenannten Vorschrift "gilt" die Note 4,5 allerdings "noch als ausreichend". Die Revision hat jedoch mit Recht darauf hingewiesen, dass sich daraus schon deshalb nichts Wesentliches für die Rechtsansicht des FG herleiten lässt, weil § 15 Abs. 2 Satz 3 DVStB a.F. in einem Regelungszusammenhang zu § 25 DVStB a.F., nicht zu § 28 DVStB steht, wie in der auch vom FG angeführten Begründung der Bundesregierung zu der Verordnung (BRDrucks 341/91) ausdrücklich angemerkt wird. § 15 Abs. 2 Satz 3 DVStB a.F. betraf also nicht die Bildung einer Gesamtnote, von der das Bestehen der Prüfung abhängt, sondern die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Dementsprechend wurde die Vorschrift, worauf das FG selbst bereits zutreffend hingewiesen hat, überflüssig und vom Verordnungsgeber gestrichen, sobald in der einschlägigen Bestimmung, nämlich in § 25 Abs. 2 DVStB, die Voraussetzungen für die Zulassung zur mündlichen Prüfung dahin geregelt wurden, dass die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung die Zahl 4,5 nicht übersteigen dürfe. Für den erkennenden Senat ist nicht nachvollziehbar, warum, wie offenbar das FG annehmen möchte, die Entscheidung des Verordnungsgebers, Prüfungskandidaten mit einer durchschnittlich nicht schlechter als 4,5 bewerteten schriftlichen Prüfungsleistung zur mündlichen Prüfung zuzulassen, zur Folge haben sollte, dass die Prüfung von Kandidaten für bestanden erklärt werden muss, die eine solche Durchschnittsnote nach Maßgabe der Berechnungsregel des § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB in der gesamten Prüfung erzielt haben. Es ist auch nicht nahe liegend, geschweige denn zwingend, dass eine für den Eintritt in den mündlichen Prüfungsabschnitt "noch ausreichende" Leistung auch den für das Bestehen der Prüfung aufzustellenden Anforderungen genügt.

Selbst wenn aber dem FG darin gefolgt werden könnte, dass der Verordnungsgeber der vorgenannten Änderungsverordnung bei einer (Gesamt-)Note von 4,5 eine i.S. der Notenskala des § 15 Abs. 1 Satz 2 DVStB ausreichende Prüfungsleistung angenommen hat, also von einer Leistung ausgegangen ist, die, abgesehen von einzelnen Mängeln, durchschnittlichen Anforderungen entspricht, und selbst wenn dem FG auch darin beizupflichten sein sollte, dass der Verordnungsgeber in diesem Falle nicht hätte vorschreiben dürfen, die Prüfungsleistung entspreche trotz einer solchen Note nicht dem, was von einem angehenden Steuerberater verlangt werden muss und von Verfassungs wegen verlangt werden darf, fehlte es an einer tragfähigen Grundlage für die Schlussfolgerung des FG, der Verordnungsgeber der Änderungsverordnung vom 25. Juli 1996, der § 15 Abs. 2 Satz 3 DVStB gestrichen hat, habe an der Nomenklatur des § 15 Abs. 2 Satz 3 DVStB a.F. festhalten wollen. Denn diese Annahme steht in offenkundigem Widerspruch dazu, dass er in § 28 Abs. 1 Satz 2 DVStB ein Bestehensquorum von 4,15 festgesetzt bzw. an dieser Festsetzung, die sich bereits in früheren Verordnungen fand, festgehalten hat. Es ist vernünftigerweise auszuschließen, dass der Verordnungsgeber ein solches Bestehensquorum festgelegt hat, weil er meinte, er könne Kandidaten den Zugang zum Beruf nur bei durchschnittliche Anforderungen übertreffenden und von einem angehenden Steuerberater im Interesse des Schutzes des Rechtsuchenden vor mangelhaft qualifizierten Beratern an sich nicht unbedingt zu verlangenden Kenntnissen und Fähigkeiten eröffnen.

5. Sachwidrig wäre es, wegen der - auch dem erkennenden Senat bekannten - hohen Misserfolgsquote in der Steuerberaterprüfung bei einer nach Maßgabe der verordnungsrechtlichen Bewertungsvorschriften den durchschnittlichen Anforderungen nicht genügenden Leistung durch eine Veränderung der Berechnungsregeln oder des festgesetzten Bestehensquorums das Prüfungsergebnis zu verbessern. Auch das angebliche Bewertungsverhalten der Prüfungsausschüsse, welche, wie das FG meint festgestellt zu haben, ihren prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum ebenso wie die Prüfungsbehörde selbst bei der Bestimmung des Schwierigkeitsgrades der Prüfung "zu Lasten der Kandidaten restriktiv wirkend ausschöpfen", könnte dies nicht rechtfertigen. Es ist nämlich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats Aufgabe der Prüfer bzw. der Prüfungsausschüsse, im Rahmen ihres (gerichtlicher Kontrolle freilich zugänglichen) prüfungsspezifischen Beurteilungsvorrechts die Bewertungsmaßstäbe unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabe festzulegen und im Einzelfall die Bewertung der Prüfungsleistung des Kandidaten vorzunehmen, ohne dass sich aus statistischen Betrachtungen über die Misserfolgsquote insoweit brauchbare Kontrollmaßstäbe gewinnen ließen (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 8. Februar 2000 VII R 52/99, BFH/NV 2000, 755).