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  BFH-Urteil vom 25.7.2000 (VIII R 35/97) BStBl. 2001 II S. 566

1. Ein Kfz-Händler, der sich bei der Veräußerung von Fahrzeugen an Leasinggesellschaften verpflichtet, die Fahrzeuge am Ende der Leasingzeit zu einem bestimmten, verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, kann bei drohenden Verlusten aus einzelnen Geschäften Rückstellungen bilden (Anschluss an BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 16/97, BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249).

2. Die Verluste, die aus einzelnen Rücknahmegeschäften erzielt werden, können nach den -den Besonderheiten dieser Hilfsgeschäfte zum Neuwagengeschäft angepassten- Grundsätzen der retrograden Bestimmung des Teilwerts aus den voraussichtlichen Verkaufspreisen der Gebrauchtwagen ermittelt werden.

EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 (zu beachten jedoch § 5 Abs. 4a EStG); HGB § 249, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1997, 790)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, veräußert Fahrzeuge an eine GmbH, die die Fahrzeuge an ihre Kunden verleast. Bei Vertragsabschluss verpflichtet sich die Klägerin gegenüber der GmbH, die verkauften Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit zu einem verbindlich festgesetzten Preis zurückzukaufen. Aus dem Rückkauf und dem anschließenden Weiterverkauf erzielte die Klägerin -je nach dem Zustand des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Rückgabe- einen Gewinn oder einen Verlust.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1992 bildete die Klägerin für drohende Verluste aus dem Rückkaufsgeschäft eine Rückstellung in Höhe von 362.113 DM. Dieser Rückstellung lag folgende Berechnung zugrunde:

Fahrzeugrücknahmen in 1992 insgesamt

160

   
davon herausgenommen  
wegen Sondertatbeständen

3

   
verbleiben

157

   
davon mit Gewinn  
weiterveräußerte Fahrzeuge

39=24,84%

   
mit Verlust veräußerte Fahrzeuge

118=75,16%

   
Gesamtverlust der 118 Verlustgeschäfte  
nach pauschalem Abzug der Verkaufs-  
kosten (10% bzw. 15%,  
durchschnittlich 12%)

182.916,02 DM

   
= durchschnittlicher Verlust  
je Verlustgeschäft

1.550,14 DM

   
umlaufende Leasingfahrzeuge  
am 31. Dezember 1992

388

   
davon Verlustgeschäfte = 75,16%

292

   
Rückstellung für 292 Fahrzeuge  
mit je 1.550,14 DM =

452.640,88 DM

   
Abschlag von 20% entsprechend  
einer Vorjahre betreffenden Einigung  
mit dem Beklagten

90.528,18 DM

   
Rückstellung (gerundet)

362.113,00 DM

Den dieser Berechnung zugrunde gelegten durchschnittlichen Verlust des einzelnen Geschäfts ermittelte die Klägerin in Anlehnung an die für die Teilwertabschreibung von Warenbeständen anerkannte sog. retrograde Bewertungsmethode.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) vertrat demgegenüber die Ansicht, dass die Klägerin bei der Schätzung des Rückstellungsbetrags auch die Gewinn bringenden Geschäfte hätte berücksichtigen müssen. Danach sei von folgender Berechnung auszugehen:

Aus Leasinggeschäften in 1992  
erzielter Gewinn insgesamt

76.854,51 DM

   
(=durchschnittl. Gewinn je Fahrzeug  
bei 39 Gewinn bringend verkauften  
Fahrzeugen: 1.970,63 DM)M`;  
   
Verlust aus den ausschließlich  
mit Verlust verkauften Fahrzeugen

182.916,02 DM

   
Gesamtverlust unter Einbeziehung  
des Gewinns

106.061,51 DM

   
durchschnittl. Verlust je Fahrzeug  
(106.061,51 : 157) = 675,55 DM;  
umgerechnet auf den Bestand  
am 31. Dezember 1992 : 388 x 675,55

=262.113,40 DM

   
Rückstellung (aufgerundet)

262.114,00 DM

Das FA änderte den Gewinnfeststellungsbescheid 1992 entsprechend. Der Einspruch blieb erfolglos. Den aus anderen Gründen während des Klageverfahrens geänderten Feststellungsbescheid erklärte die Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens. Sie beantragte, den Feststellungsbescheid mit der Maßgabe abzuändern, dass der Gewinn um einen Rückstellungsbetrag in Höhe von 452.640,88 DM (ohne den bisher berücksichtigten Abschlag von 20 v.H. des Rückstellungsbetrags) gemindert wird.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1997, 790). Es ist der Ansicht, dass die Verrechnung der Verluste aus den einzelnen Rückkaufsgeschäften mit Erträgen aus solchen Geschäften dem Grundsatz der Einzelbewertung widerspreche. Bei der Ermittlung der Höhe des Rückstellungsbetrages verwies es auf die Schätzung der Klägerin.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG-). Diese Vorschrift gebiete es, dass der geschätzte Rückstellungsbetrag durch Mittelwertbildung aus allen Rücknahmegeschäften der Vergangenheit abgeleitet werde. Hilfsweise rügt das FA eine Verletzung der Denkgesetze; das FG habe den Durchschnittsverlust je Verlustgeschäft methodisch fehlerhaft berechnet.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Ein Kfz-Händler, der sich bei der Veräußerung von Fahrzeugen an Leasinggesellschaften verpflichtet, die Fahrzeuge am Ende der Leasingzeit zu einem bestimmten, verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, kann bei drohenden Verlusten aus einzelnen Geschäften Rückstellungen bilden. Verluste, die aus einzelnen Rücknahmegeschäften erzielt werden, sind mit den zu erwartenden Gewinnen aus anderen Rücknahmegeschäften nicht zu saldieren. Es gilt der Grundsatz der Einzelbewertung (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 15. Oktober 1997 I R 16/97, BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249). Der erkennende Senat verweist zur Begründung auf diese Entscheidung.

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Rückstellungsbetrag zutreffend berechnet ist. Das FG hat den von der Klägerin geschätzten Betrag übernommen. Der von ihm mitgeteilte Sachverhalt lässt jedoch nicht erkennen, ob dieser Berechnung eine zutreffende Schätzung zugrunde liegt.

a) Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung war jedes Geschäft daraufhin zu überprüfen, ob aus ihm ein Verlust droht. Das ist dann der Fall, wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass der Wert der eigenen Verpflichtungen aus dem Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (sog. Verpflichtungs- oder Aufwendungsüberschuss, BFH-Beschluss vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, unter B. I. 4. der Gründe, m.w.N.). Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Rückstellung unter Berücksichtigung der jeweiligen Rückkaufspreise und des jeweiligen Werts der zurückgenommenen Kfz zu bilden ist. Maßgebend sind die Teilwerte im Rückkaufszeitpunkt (BFH-Urteil in BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249, unter II. 2. der Gründe und die entsprechenden Verwaltungsvorschriften der Finanzverwaltung, vgl. u.a. Erlass des Sächsischen Finanzministeriums vom 6. April 1992 32-S 2137-6/5-8087, Der Betrieb -DB- 1992, 1020, und Verfügung der Oberfinanzdirektion -OFD- Düsseldorf vom 9. Juli 1992 S 2137 A-St 113, Finanz-Rundschau -FR- 1992, 560). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Verlustrückstellungen bei Geschäften über die Beschaffung aktivierungsfähiger Wirtschaftsgüter (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 20. Januar 1993 I R 115/91, BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373, unter II. 5. b der Gründe, und Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 5 Rz. 466, m.w.N.). Danach ist die Rückstellung für drohende Verluste aus Warenbeschaffungsgeschäften eine vorweggenommene Teilwertabschreibung auf die noch nicht gelieferten Waren.

b) Die (künftigen) Teilwerte sind nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag zu ermitteln; sind diese -wie bei den zurückzunehmenden Gebrauchtwagen regelmäßig- nicht bekannt, müssen sie geschätzt werden.

aa) Bei Waren und sonstigen Vorräten entspricht der Teilwert im Zeitpunkt der Anschaffung den Anschaffungskosten, später grundsätzlich den Wiederbeschaffungskosten. Der (künftige) Wiederbeschaffungswert von Gebrauchtfahrzeugen ist jedoch im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung regelmäßig noch nicht bekannt; der Teilwert der Fahrzeuge kann deshalb nicht vom Beschaffungsmarkt, sondern allenfalls vom Absatzmarkt her bestimmt werden. Danach kann sich bei Waren und sonstigen Vorräten ein im Vergleich zu den Wiederbeschaffungskosten (hier: Rückkaufspreisen) niedrigerer Teilwert ergeben, wenn der voraussichtliche künftige Veräußerungserlös die Selbstkosten und einen im Betrieb üblichen Unternehmergewinn nicht mehr deckt. In diesem Fall kann in Höhe des ungedeckten Betrags eine Teilwertabschreibung von den Anschaffungskosten vorgenommen werden (sog. retrograde Bewertungsmethode; ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1983 IV R 143/80, BFHE 139, 282, BStBl II 1984, 35, m.w.N.; vom 24. Februar 1994 IV R 18/92, BFHE 174, 149, BStBl II 1994, 514; vom 9. November 1994 I R 68/92, BFHE 176, 239, BStBl II 1995, 336, m.w.N.; vom 29. April 1999 IV R 14/98, BFHE 189, 51, BStBl II 1999, 681).

Eine Teilwertermittlung auf der Basis von Verkaufswerten ist im Streitfall möglich. Die künftigen Anschaffungskosten für die Gebrauchtwagen sind mit dem gebundenen Rückkaufspreis bekannt. Unklar ist lediglich, wann und zu welchem Preis sich die Fahrzeuge verkaufen lassen. Es bestehen jedoch keine Bedenken gegen die Annahme, dass das Verhältnis der in der Vergangenheit erzielten Verkaufspreise zu den Rücknahmepreisen in etwa den künftigen Verhältnissen entsprechen wird.

bb) Die retrograde Ermittlung des Teilwerts der Waren und sonstigen Vorräte von ihrem voraussichtlichen Veräußerungserlös her steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu den Verlustrückstellungen im Beschaffungsbereich. Der erkennende Senat hat zwar in seinem Urteil vom 19. Juli 1983 VIII R 160/79 (BFHE 139, 244, BStBl II 1984, 56, unter II. 3. b der Gründe) ausgeführt, dass Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nur den Überschuss der Aufwendungen über die Erträge aus diesen Geschäften vorwegnehmen sollen, den Aufwendungen aber kein entgehender Gewinn als kalkulatorischer Kostenbestandteil zugeschlagen werden dürfe. Bei dem im Rahmen der retrograden Ermittlung des Teilwerts zu berücksichtigenden durchschnittlichen Unternehmergewinn handelt es sich um einen solchen kalkulatorischen Kostenbestandteil.

Das Verbot des Ansatzes kalkulatorischer Kosten bei der Bildung von Verlustrückstellungen gilt jedoch nicht für die verlustfreie Bewertung von Vorräten. Das Urteil des erkennenden Senats in BFHE 139, 244, BStBl II 1984, 56 ist zu einem Nutzungsverhältnis ergangen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass bei den Rückstellungen im Beschaffungsbereich zwischen Geschäften über die Beschaffung aktivierungsfähiger Wirtschaftsgüter und Geschäften über nicht bilanzierungsfähige Leistungen zu unterscheiden ist (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373, unter II. 5. b der Gründe, m.w.N.; vom 27. Juli 1988 I R 133/84, BFHE 154, 121, BStBl II 1988, 999; vom 16. Dezember 1987 I R 68/87, BFHE 152, 250, BStBl II 1988, 338, unter 6. der Gründe; vom 25. Februar 1986 VIII R 377/83, BFHE 146, 146, BStBl II 1986, 465). Bei Nutzungsverhältnissen und Dienstleistungsgeschäften fehlt der Bezug zu einzelnen, möglicherweise wertgeminderten Wirtschaftsgütern. Bei Warengeschäften ist dieser Bezug gegeben. Das hat zur Folge, dass bei der Schätzung des drohenden Verlustes aus diesen Geschäften die Auswirkungen einer Teilwertabschreibung vorweggenommen werden; es muss nicht abgewartet werden, bis nach dem Zugang der Waren die Bestandsabschreibung an die Stelle einer -ggf. von kalkulatorischen Kostenbestandteilen bereinigten- Rückstellung tritt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 25. Januar 1984 I R 7/80, BFHE 140, 449, BStBl II 1984, 344, unter 5. der Gründe, und zur Abgrenzung BFH-Urteil in BFHE 152, 250, BStBl II 1988, 338, unter 6. der Gründe, m.w.N.).

c) Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall bei der Ermittlung des Teilwerts der zurückgekauften Gebrauchtwagen auszugehen.

aa) Insbesondere steht dieser Beurteilung nicht das Urteil des BFH in BFHE 189, 51, BStBl II 1999, 681 entgegen, in dem der IV. Senat entschieden hat, dass ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens, mit dessen Verkauf wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen im Ganzen verbunden sind, auch dann mit den Anschaffungskosten und nicht mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten ist, wenn der Verkaufspreis bewusst nicht Kosten deckend kalkuliert ist (sog. Verlustprodukt). Die Klägerin hat die Verkaufspreise für die Geschäfte, die sich später als Verlust bringend herausstellten, nicht bewusst als Verlustgeschäfte kalkuliert; es war nicht absehbar, bei welchen dieser Geschäfte ein Verlust eintreten wird. Dementsprechend muss sich die Klägerin -wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249 unter Hinweis auf den Grundsatz der Einzelbewertung näher ausgeführt hat- nicht entgegenhalten lassen, dass sie bei anderen gleichartigen Geschäften einen Gewinn erzielt hat, der die Verluste ganz oder teilweise kompensiert.

Die Klägerin muss sich auch nicht entgegenhalten lassen, dass sie diese Verluste im Interesse des (positiven) Gesamtergebnisses aus dem Leasinggeschäft billigend in Kauf genommen habe. Der Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Das kann bei den sog. Verlustprodukten die Annahme rechtfertigen, dass ihre Aufnahme in das Warensortiment auf einer betriebspolitischen Entscheidung beruht, die auch der Erwerber des Betriebs so getroffen hätte, um den kalkulierten Betriebsgewinn zu erzielen. Bei den hier zu beurteilenden Verlustgeschäften ist dies jedoch anders (zur gebotenen differenzierenden Beurteilung von Verlustgeschäften vgl. u.a. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 6 EStG Anm. 1014, m.w.N.). Bei ihnen stellt sich später heraus, dass sie, jedes für sich, auf einer Fehlmaßnahme im Rahmen des Neuwagengeschäfts beruhten; denn bei den festgesetzten Rücknahmepreisen handelt es sich letztlich um verdeckte Preisnachlässe. Die Gewinne aus diesen Verkäufen hat die Klägerin bereits realisiert. Ein Käufer des Betriebs wäre deshalb nicht bereit, in die Rückkaufverträge einzutreten und für die Gebrauchtwagen einen, seinen künftigen Aufwand (Selbstkosten) nicht mehr deckenden Kaufpreis zu zahlen.

bb) Der Anwendung der retrograden Methode zur Teilwertermittlung steht auch nicht entgegen, dass die zurückzunehmenden Kfz keinen im Wesentlichen gleichartigen Warenbestand bilden.

Die verlustfreie Bewertung von Waren und sonstigem Vorratsvermögen ist nicht auf die Bewertung großer Warenlager beschränkt, bei denen es technisch schwierig ist, die Wareneinstandspreise im Einzelnen zu ermitteln (vgl. dazu BFH-Urteil vom 5. Juni 1985 I R 65/82, BFH/NV 1986, 204, m.w.N.); sie kann auch bei individualisierbaren Wirtschaftsgütern mit bekannten Anschaffungskosten und selbst dann eine geeignete Methode zur Ermittlung des Teilwerts sein, wenn am Bilanzstichtag der kalkulierte oder der nach den Erfahrungen der Vergangenheit voraussichtlich erzielbare Veräußerungserlös den Anschaffungskosten entspricht oder darunter liegt (BFH-Urteil in BFHE 176, 239, BStBl II 1995, 336, unter II. 1. a der Gründe). Das war hier für einen Großteil der Weiterverkäufe anzunehmen.

d) Die Klägerin durfte für diese Fälle aber die retrograde Bewertungsmethode nicht in der bei einer Herabsetzung des Verkaufspreises von Waren üblichen Form anwenden.

Die nach dem Bilanzstichtag entstehenden (tatsächlichen oder durchschnittlichen) Selbstkosten und eventuelle kalkulatorische Kostenbestandteile können nur insoweit berücksichtigt werden, als auch der gedachte Erwerber sie berechtigterweise geltend machen könnte. Das ist hinsichtlich eines kalkulatorischen Unternehmergewinns dann nicht der Fall, wenn auch er -wie der Veräußerer des Betriebs- für bestimmte Geschäfte keinen Gewinn kalkuliert hätte. Dementsprechend ist die retrograde Bewertungsmethode dort zu modifizieren, wo der An- und Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter lediglich als Hilfs- oder Nebengeschäft dazu dienen soll, andere (Gewinn bringende) Geschäfte zu ermöglichen. Werden für diese Wirtschaftsgüter keine Unternehmensgewinne kalkuliert, darf bei der Teilwertermittlung von den Veräußerungserlösen auch kein kalkulatorischer (durchschnittlicher) Unternehmergewinn abgezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 176, 239, BStBl II 1995, 336, unter II. 1. b, c der Gründe).

Davon ist auch im Streitfall auszugehen. Bei den vereinbarten, im Vorhinein fest bestimmten Rückkaufspreisen handelt es sich, wie ausgeführt, um verdeckte Preisnachlässe beim Verkauf der Neuwagen an die Leasinggesellschaft. Die Verpflichtung zum Ankauf der Gebrauchtwagen ist ein (selbständiges) Hilfsgeschäft im Rahmen des Neuwagengeschäfts. Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch ein gedachter Erwerber des Betriebs der Klägerin bei einem Teil dieser Hilfsgeschäfte auf die Erzielung eines Unternehmergewinns verzichtet hätte. Soweit deshalb die Klägerin bei der Berechnung des durchschnittlichen Verlustes der Veräußerungsgeschäfte von den Veräußerungserlösen auch ihren durchschnittlichen Unternehmergewinn abgezogen haben sollte, wäre die Schätzung unzutreffend.

e) Dagegen war ein Teilwert mindernder Ansatz derjenigen Kosten, die anlässlich der Verwertung der Gebrauchtwagen nach dem Bilanzstichtag noch zu erwarten waren, geboten (zum Ausschluss der bis zum Bilanzstichtag bereits angefallenen Aufwendungen vgl. BFH-Urteile in BFHE 176, 239, BStBl II 1995, 336, unter II. 1. b der Gründe, m.w.N.; in BFHE 189, 51, BStBl II 1999, 681). In Betracht kommen hier insbesondere die noch anfallenden Verkaufs-, Vertriebs- und Reparaturkosten. Ggf. gehören zu den berücksichtigungspflichtigen Selbstkosten aber auch anteilige betriebliche Fixkosten. Bei dem offenbar erheblichen Umfang des Leasing- und Gebrauchtwagengeschäfts ist davon auszugehen, dass diese Kosten kein unbedeutendes Gewicht haben (zum Abzug von anteiligen Fixkosten vgl. allgemein Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Anm. 1009; BFH-Urteile vom 13. März 1964 IV 236/63 S, BFHE 79, 529, BStBl III 1964, 426, und in BFHE 176, 239, BStBl II 1995, 336, unter II. 1. b der Gründe).

f) Nach diesen Grundsätzen lagen im Streitfall Verlustgeschäfte vor, wenn die Summe aus dem Rücknahmepreis der Gebrauchtwagen und der am Bilanzstichtag noch nicht angefallenen weiteren Selbstkosten höher war als der nach den Erfahrungen der Vergangenheit geschätzte Wert der jeweiligen Gebrauchtwagen. Auf dieser Grundlage konnte die Höhe der Verlustrückstellung in der Weise berechnet werden, dass die Anzahl der im jeweiligen Streitjahr mit Verlust verkauften Kfz festgestellt, diese Anzahl ins Verhältnis zu den insgesamt bestehenden preisgebundenen Rücknahmeverpflichtungen gesetzt und die in dieser Weise ermittelten künftigen Verlustgeschäfte mit dem durchschnittlichen Verlust der bereits abgewickelten Verlustgeschäfte multipliziert wird. Die einzelnen zum Verlust führenden Geschäfte können rechnerisch im Rahmen einer Durchschnittsberechnung zusammengefasst werden (BFH-Urteil in BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249).

Die Klägerin ist zwar in dieser Weise vorgegangen. Es lässt sich aber nicht abschließend klären, ob sie die Anzahl der Verlustgeschäfte und den der Rückstellung zugrunde gelegten durchschnittlichen Verlust zutreffend ermittelt hat. Beides hängt davon ab, welche Methode der Teilwertermittlung sie angewandt und ob sie -soweit sie von der retrograden Bewertungsmethode ausgegangen ist- die Selbstkosten zutreffend nach ihren betriebsindividuellen Verhältnissen errechnet und von den durchschnittlichen Netto-Verkaufspreisen der Gebrauchtwagenverkäufe des Streitjahres abgezogen hat. Das FG hat dazu keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Insbesondere ist unklar geblieben, welcher Anteil der pauschal angesetzten "Verkaufskosten" auf nach dem Bilanzstichtag noch zu erwartende Aufwendungen und welcher Teil auf kalkulatorische Kosten entfällt (zur Unterscheidung der verschiedenen Kostenbestandteile vgl. u.a. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Anm. 1009, m.w.N.). Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.