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  BFH-Urteil vom 6.3.2001 (IX R 64/97) BStBl. 2001 II S. 796

Die Bescheinigung i.S. des § 82i Abs. 2 EStDV und deren Bindungswirkung erstreckt sich nicht auf die Frage der persönlichen Abzugsberechtigung, also nicht darauf, wer die Aufwendungen getragen hat und wem sie als Abzugsberechtigten zuzurechnen sind.

EStDV § 82i; EStG § 52 Abs. 21 Sätze 6, 7.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1997, 1521)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden in den Jahren 1989 bis 1994 (Streitjahre) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Der Kläger, ursprünglicher Alleineigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks, übertrug mit notariellem Vertrag vom September 1988 einen halben Miteigentumsanteil daran auf die Klägerin. Das Gebäude ist seit Juli 1984 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Nachdem das ursprünglich für das Grundstück bestehende Mietverhältnis zum 30. Juni 1986 beendet worden war, wurde das Gebäude mit einem Kostenaufwand von insgesamt 371.635,97 DM renoviert und saniert (und zwar 1987: 110.318,38 DM; 1988: 224.451,02 DM; 1989: 30.660,33 DM; 1990: 6.206,24 DM).

Zur Finanzierung der Baumaßnahmen, die nach den von der Stadt als unterer Denkmalbehörde gemäß § 40 des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) erteilten und allein an den Kläger adressierten Bescheinigungen i.S. der §§ 82i und 82k der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren, hatten die Kläger gemeinsam Darlehen in Höhe von ursprünglich 330.000 DM aufgenommen. Aus öffentlichen Mitteln erhielten sie zudem Zuschüsse in Höhe von insgesamt 104.620 DM.

Seit dem 1. Juli 1988 (= Datum der Bezugsfertigkeit) ist die eine Wohnung (Nutzfläche 62 qm) vermietet, die andere Wohnung (Nutzfläche 185 qm) wird von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

In ihren Einkommensteuer-Erklärungen für die Jahre 1988 bis 1994 machten die Kläger erhöhte Absetzungen nach § 82i EStDV in Höhe von jeweils 10 v.H. der angefallenen Baukosten (abzüglich der erhaltenen Zuschüsse) geltend, und zwar entsprechend dem Verhältnis von Fremd- und Eigennutzung zu 25 v.H. als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und zu 75 v.H. als Sonderausgaben gemäß § 52 Abs. 21 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte für die Jahre 1989 bis 1994 unter Hinweis auf die unentgeltliche Übertragung des halben Miteigentumsanteils auf die Klägerin den gemäß § 52 Abs. 21 Satz 7 EStG i.V.m. § 82i EStDV geltend gemachten Sonderausgabenabzug im entsprechenden Umfang.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1997, 1521).

Mit der Revision rügt das FA einen Verstoß gegen § 52 Abs. 21 Satz 7 EStG.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat den Klägern im Ergebnis zu Recht die auf die von ihnen zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung entfallenden erhöhten Absetzungen als Sonderausgaben zuerkannt.

1. Nach § 52 Abs. 21 Satz 7 i.V.m. Satz 6 EStG (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) können Herstellungskosten, die nach dem 31. Dezember 1986 und vor dem 1. Januar 1991 aufgewendet werden und im Fall der Vermietung nach § 51 Abs. 1 Nr. 2y i.V.m. § 82i EStDV zur Vornahme von erhöhten Absetzungen berechtigen würden, im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Kalenderjahren jeweils bis zu 10 v.H. wie Sonderausgaben abgezogen werden. Das FG hat diese Voraussetzungen im Ergebnis zu Recht (sowohl in der Person des Klägers als) auch in der Person der Klägerin als erfüllt angesehen.

a) Entgegen der Auffassung des FG findet § 11d Abs. 1 Sätze 1, 3 EStDV im Rahmen des § 82i EStDV i.V.m. § 52 Abs. 21 Satz 7 i.V.m. Satz 6 EStG weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung. § 11d Abs. 1 EStDV regelt lediglich die Bemessungsgrundlage und den Abzugszeitraum und ist keine selbstständige Anspruchsgrundlage für den Einzelrechtsnachfolger zum Abzug von erhöhten Absetzungen. Bezogen auf den unentgeltlichen (Teil-)Erwerb lässt sich aus § 52 Abs. 21 Satz 7 i.V.m. Satz 6 EStG nichts anderes herleiten (siehe Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1991 X R 116/89, BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736; vom 5. November 1996 IX R 105/93, BFH/NV 1997, 339).

b) Der Abzug der erhöhten Absetzungen wie Sonderausgaben nach § 82i EStDV i.V.m. § 52 Abs. 21 Satz 7 i.V.m. Satz 6 EStG steht der Klägerin jedoch aus eigenem Recht zu. Denn sie wäre im Fall der Vermietung zur Vornahme von erhöhten Absetzungen nach § 82i EStDV berechtigt gewesen.

Zwar war die Klägerin zum Zeitpunkt der mit der Durchführung der Baumaßnahmen anfallenden Kosten weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche (Teil-) Eigentümerin des Grundstücks. Das schließt jedoch die Berücksichtigung der von ihr getragenen Aufwendungen nicht aus. Hat nämlich ein Steuerpflichtiger sich an den Herstellungskosten für ein im Alleineigentum des Ehepartners stehendes Gebäude beteiligt und nutzt er das Gebäude zur Erzielung von Einkünften, so kann er diese Herstellungskosten als eigene Aufwendungen durch erhöhte Absetzungen grundsätzlich als Werbungskosten abziehen (vgl. BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778). Zwar werden nach Auslaufen der Nutzungswertbesteuerung und ohne Inanspruchnahme der sog. großen Übergangsregelung (§ 52 Abs. 21 Satz 2 EStG) bei der Selbstnutzung von Wohneigentum keine (fiktiven) Einkünfte mehr erzielt (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 X R 89/90, BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295). § 52 Abs. 21 Satz 7 EStG knüpft jedoch nach Wortlaut ("würden"), Sinnzusammenhang ("im Fall der Vermietung") und Zweck (Fortgeltung der Subventionsgewährung) notwendig an einen nur gedachten "Fall der Vermietung" an.

Diese Voraussetzung ist im Streitfall in der Person der Klägerin erfüllt. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin - gemeinsam mit dem Kläger - die Herstellungskosten für das Gebäude getragen, sodass sie - bei unstreitigem Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 82i EStDV (zum Umfang der Bindungswirkung der Bescheinigung siehe nachfolgend unter 2.) - als finanziell Mitbeteiligte im Fall der Vermietung die erhöhten Absetzungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 21 Abs. 1 EStG abziehen könnte.

2. Dem stehen - entgegen der Auffassung des FA - die nur an den Kläger gerichteten Bescheinigungen i.S. des § 82i Abs. 2 EStDV nicht entgegen.

Nach § 82i Abs. 2 EStDV können die erhöhten Absetzungen nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Gebäude ... und für die Erforderlichkeit der Herstellungskosten durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweist. Die Bindungswirkung einer solchen Bescheinigung (Grundlagenbescheid i.S. der §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) beschränkt sich - ausweislich des Wortlauts der Vorschrift - nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92, BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176, und vom 5. November 1996 IX R 42/94, BFHE 181, 482, BStBl II 1997, 244) auf die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Danach erstreckt sich die Bescheinigung und deren Bindungswirkung nicht auf die Frage der persönlichen Abzugsberechtigung, also nicht darauf, wer die Aufwendungen getragen hat und wem sie als Abzugsberechtigtem zuzurechnen sind (Stuhrmann in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 7i Rz. 26; Kleenberg, in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 7h Rdnr. C 2; a.A.: Siebenhüter in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz, § 7i Anm. 35). Diese Frage haben die Finanzbehörden in eigener Kompetenz zu entscheiden.

Danach ist im Streitfall unerheblich, dass die nach § 82i Abs. 2 EStDV erforderliche Bescheinigung nur an den Kläger adressiert ist; denn entscheidend kommt es darauf an, dass die von der Klägerin getragenen Aufwendungen als Herstellungskosten für Baumaßnahmen an einem Gebäude, für das eine Bescheinigung i.S. des § 82i EStDV vorliegt, verwendet wurden.